Gegen jeden Antisemitismus – Für eine konkrete Antisemitismusdefinition

Beschluss des XVI. Bundeskongresses II. Tagung vom 23.-24. Februar 2024

Die linksjugend [’solid] erkennt an, dass Antisemitismus in unserer Gesellschaft seit
 Jahrhunderten verankert ist. Viele unserer Vorfahren tragen Schuld, dass dieser
 Antisemitismus im unvergleichlichem Verbrechen am jüdischen Volk, der Shoa, gipfelte.
 Mit dem Sieg über den deutschen Faschismus wurde der Antisemitismus keineswegs
 überwunden. Antisemitische Verschwörungserzählungen beschränken sich nicht auf
 neonazistische Kleingruppen, sondern stoßen in vermeintlich über politischen
 Massenbewegungen auf breite Akzeptanz. Im Kontext des eskalierenden Nahostkonfliktes
 werden jüdische Menschen immer häufiger angegriffen und für die Politik des
 israelischen Staates verurteilt. Doch genau weil der gesellschaftliche Antisemitismus
 so anpassungsfähig und perfide ist, können seine Ausprägungen nicht erschöpfend
 aufgezählt werden. 

Als antifaschistischer Jugendverband verstehen wir es als unsere historische und
 politische Verantwortung, den gesellschaftlichen Antisemitismus in allen seinen
 Erscheinungsformen anzugreifen. Dieser Verantwortung können wir aber nur dann gerecht
 werden, wenn wir fähig sind, einen kontinuierlich veränderlichen und oft verdeckt
 auftretenden Antisemitismus als solchen zu erkennen und zu benennen. Voraussetzung
 dafür ist eine robuste und akademisch anerkannte Antisemitismusdefinition.

Als linksjugend [’solid] setzen wir unserer Analyse und Kritik von Antisemitismus
 deswegen die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus (JDA) zur Grundlage. Die JDA
 wurde von Antisemitismusforscher:innen entwickelt, und wird von vielen renommierten
 Wissenschaftler:innen unterstützt. Ziel der JDA ist es, eine präzise
 Antisemitismusdefiniton zu liefern, und anhand von Beispielen aufzuzeigen, welche
 Aussagen und Handlungen, auch im Kontext des Nahostkonfliktes, in jedem Fall
 antisemitisch sind, und welche nicht. Die Verfasser:innen und Unterstützer:innen der
 JDA vertreten unterschiedliche Positionen zum Nahostkonflikt. Ziel der JDA ist es
 nicht, in diesem Konflikt eine bestimmte Position vorwegzunehmen, sondern die
 Antisemitismusdefinition gegen Missverständnisse, Unklarheiten und politische
 Instrumentalisierung abzusichern. 

Als pluralistischer Jugendverband ist es uns wichtig, dass wir Räume schaffen, in dem
 junge Menschen miteinander Diskutieren, und ihre eigene Position herausbilden können.
 In diesen Räumen müssen inakzeptablen Aussagen klare Grenze gesetzt werden, und diese
 Grenzen begründet werden. Auf Grundlage der JDA können wir diesem Anspruch in Bezug
 auf Antisemitismus gerecht werden. Innerhalb dieser Grenzen hindert die JDA uns nicht
 daran, individuell und als Verband politische Positionen zu beziehen und nach außen
 zu vertreten, und unser Ziel ist es weiterhin unsere Positionierung selbstkritisch
 und kontinuierlich zu reflektieren, und gemeinsam an aktuelle Entwicklungen angepasst
 auszuarbeiten.

Die gesamte Jerusalemer Erklärung auf Deutsch:


https://jerusalemdeclaration.org/wp-content/uploads/2021/03/JDA-deutsch-final.ok_.pdf

Website der Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus auf Englisch, inklusive der
 Unterzeichner:innen:


https://jerusalemdeclaration.org/

Selbstbestimmung, Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden für alle im Nahen Osten

Beschluss des XVI. Bundeskongresses II. Tagung vom 23.-24. Februar 2024

Die schrecklichen Ereignisse in Israel und Palästina, die uns in den vergangenen
 Monaten tief erschüttert und bewegt haben, zeigen einmal mehr, dass ein „Weiter so!“
 unmöglich ist. Solange es keine grundlegende Lösung gibt, die die Interessen aller
 Bevölkerungsgruppen in Israel und Palästina berücksichtigt, wird es immer wieder zu
 Gewalt und Leid in unerträglichem Ausmaß kommen. Gleichzeitig verstärkt der Israel-
 Palästina-Konflikt autoritäre Tendenzen im Inneren von Israel und Palästina und trägt
 zur wachsenden Dominanz der extremen Rechten in beiden Gebieten bei. Ohne eine Lösung
 des Konflikts sind dem Kampf für Demokratie, Emanzipation und soziale Gerechtigkeit
 sowohl in Israel als auch in Palästina immer Grenzen gesetzt.


Die Linksjugend [‘solid] stellt fest:

1. Forderungen, die auf die Vertreibung entweder der jüdischen oder der
 palästinensischen Bevölkerung hinauslaufen, sind zutiefst menschenfeindlich.
 Keine politische Lösung, die massenhafte Vertreibung der derzeit dort lebenden
Menschen aus der Region voraussetzt, wird Frieden und Gerechtigkeit bringen.
2. Seit der Gründung des Staates Israel war die palästinensische Bevölkerung
 stets Subjekt einer gewalttätigen und entwürdigenden Politik. Die
 menschenverachtende Politik der aktuellen extrem-rechten Israelischen Regierung
 findet angesichts der Massakrierung und Vertreibung von Millionen
 Palästinensern im Gazastreifen einen Höhepunkt. Das riesige Ausmaß an Tod und
 Zerstörung in der Enklave betont die Wichtigkeit einer humanen und friedlichen
 Lösung des Konfliktes.
3. Sowohl Zionismus als auch palästinensische Nationalbewegung knüpfen an reale
 Unterdrückungserfahrungen der jüdischen bzw. der palästinensischen Bevölkerung
 an. Sowohl Israelis als auch Palästinenser:innen bauen ihre nationale Identität
 auf eine lange Geschichte von Präsenz in der Region auf. Wie jeder Nationalismus
 auf der Welt sind auch die jeweiligen Nationalismen hier teilweise mythologisch
 aufgeladen und interpretieren Geschichte stromlinienförmiger, als sie ist, aber
 beide nationalen Identitäten können an eine reale Geschichte von Präsenz in und
 Vertreibung aus der Region, die heute Israel und Palästina bildet, anknüpfen.
4. Es gibt sowohl in Israel als auch in Palästina bei der überwältigenden Mehrheit
 jeweils die Forderung danach, einen eigenen israelischen bzw. palästinensischen
 Staat zu haben. Ökonomisch hat man es mit zwar eng verflochtenen Gebieten zu
 tun, zwischen denen aber in Bezug auf Einkommen, Vermögen, Infrastruktur und
 Wirtschaftsstruktur ein gigantischer Graben liegt. Weder eine Ein-Staaten-Lösung
 noch zwei Staaten, die ihre Angelegenheiten vollkommen getrennt behandeln,
 scheinen also materiell lebensfähig zu sein.
5. Israel und Palästina sind beide Länder, in denen verschiedene Klassen um die
 Macht ringen, in denen es verschiedene ethnische Gruppen mit anderen
 Hintergründen gibt und in denen verschiedene politische Programme – sowohl
 generell als auch bezogen auf die Lösung des Nahostkonflikts – miteinander
 konkurrieren. Eine Positionierung zum Konflikt, die Nationen nicht als
 historisch entstandene Konstrukte, sondern als einheitlich handelnde Kollektive
 auffasst, wird der Realität also nicht gerecht.



Die Linksjugend [‘solid] beschließt deshalb:

1. Wir stehen für Selbstbestimmung, Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden in Israel
 und Palästina ein. Diese Ziele können nicht auf militärischem Weg oder durch den
 Sieg einer der kriegsführenden Strukturen errungen werden, sondern nur durch den
 gemeinsamen Kampf der israelischen und palästinensischen Arbeiter:innenklasse
 für eine politische Lösung des Konflikts und eine demokratische und soziale
 Ordnung in der Region, die Selbstbestimmung und kollektive wie individuelle
 Rechte von Israelis und Palästinenser:innen wahrt.
2. Wir treten deshalb als konkrete realpolitische Perspektive in der politischen
 Auseinandersetzung für eine von der Bewegung vor Ort geforderte Zwei-Staaten-
 Lösung ein. Neben einem demokratischen, souveränen Staat Israel steht bei dieser
 auch ein demokratischer, souveräner Staat Palästina. Diese Staaten müssen jedoch
 mit der Realität umgehen, dass sie in einem gemeinsamen Raum befinden und durch
 enge Verbindungen geprägt sind. Eine völlige Separation in allen Fragen wäre
 nicht machbar und würde zu weiterem Leid führen, weshalb Ansätze wie das „Two
 States, One Homeland“-Konzept zu berücksichtigen sind, die die Zwei-Staaten-
 Lösung mit konföderalen Elementen kombinieren. Grundsätzlich befürworten wir
 alle Lösungen, die demokratischen Rückhalt genießen und die volle Gewährleistung
 voller individueller und kollektiver Rechte garantieren. Diese müssen dabei
 nicht auf einen staatlichen Rahmen innerhalb des momentanen politischen Systems
 begrenzt sein.
3.Aufgrund der engen Verflechtungen zwischen Israel und Palästina und der
 multiethnischen Realität auf diesem Gebiet braucht es in vielen Fragen
 gemeinsame politische Institutionen, beispielsweise in der Frage der
 Wasserversorgung, in wirtschaftlichen Fragen und bzgl. gemeinsamer
 Sicherheitskonzepte.
4.Auch nach dem Erreichen einer Zwei-Staaten-Lösung werden weiterhin Menschen mit
 palästinensischer Identität in Israel und Menschen mit israelischer Identität in
 Palästina leben. Auch freundschaftliche und familiäre Bindungen werden nicht an
 der Grenze stoppen. Es braucht deshalb Bewegungsfreiheit sowie
 grenzüberschreitend gültige und durchsetzbare Rechte für alle Bewohner:innen von
 Israel und Palästina. Diese Rechte müssen sowohl Freiheitsrechte und
 demokratische Rechte als auch soziale Rechte umfassen. Zur Garantie der
 grenzüberschreitenden Gültigkeit dieser Rechte könnte ein gemeinsamer
 Gerichtshof eine mögliche Lösung sein.
5.Jerusalem als multikulturelle Stadt, die sowohl für Israelis als auch für
 Palästinenser:innen eine große Bedeutung hat und Bezugspunkt für drei
 Weltreligionen hat, muss für alle in der Region lebenden Menschen zugänglich
 sein. Gemeinsame demokratische Institutionen zur Verwaltung der Stadt sind
 essentiell dafür, hier Konflikte zu vermeiden.
6. Die Linksjugend [`solid] distanziert sich sowohl von der rechtsextremen und
 menschenrechtsverletzenden Regierung Netanjahus, als auch von der jihadistischen
 Terrororganisation der Hamas. Beide agieren reaktionär und handeln daher nicht
 im Sinne der Arbeiter:Innen bzw. der Zivilbevölkerung in Israel bzw. in
 Palästina und verdienen daher nicht die Solidarität Linker Bewegungen und
 Organisationen. Unsere Solidarität gilt der Zivilbevölkerung in beiden Gebieten,
 nicht den Regierungen.

Zur Lage in Nahost

Beschluss des XVI. Bundeskongresses am 27.-29. Oktober 2023 in Frankfurt am Main

Wir verurteilen den Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober. Tausende bewaffnete Hamas-Anhänger:innen überwanden die Grenzanlagen und drangen u.a. in mehrere israelische Dörfer und Beduinensiedlungen und in die israelische Stat Sderot ein. Dort ermordeten sie brutal hunderte zufällig ausgewählte Zivilist:innen, darunter Kinder.

Ein Massaker fand auf dem Gelände eines Musikfestivals in der Nähe des israelischen Dorfs Re’im statt. Hier fiel die Hamas frühmorgens mit Lieferwagen, Motorrädern und Gleitschirmen ein, überwältigte schnell die Security und blockierte Fluchtwege.
Bisher wurden auf dem Festivalgelände über 270 Leichen gefunden, eine unbekannte Zahl von Geiseln wurde in den Gazastreifen verschleppt. Beim Angriff wurde systematisch sexuelle Gewalt als Kriegsmittel angewendet.

Die Hamas ist eine Organisation, der es nicht um Befreiung, Frieden oder
Selbstbestimmung geht. Die Hamas ist offen antisemitisch und verfolgt das Ziel eines Gottesstaats, in dem Frauen, religiöse Minderheiten, queere Menschen und politische Gegner:innen verfolgt werden. Diese Politik setzt sie auch im Gazastreifen um, wo sie seit einiger Zeit herrscht und jede Opposition unterdrückt. Gezielter Massenmord an Zivilist:innen hat nichts mit Widerstand gegen Unterdrückung zu tun.

Aber die israelische Reaktion muss kritisiert werden: Durch die nach den Angriffen eingeleitete stärkere Blockade (wie z.B. die zwischenzeitliche Einstellung von Wasserlieferungen) gegen Gaza wurde eine drastische Verschlechterung der humanitären Lage der Zivilbevölkerung erreicht, bei Luftschlägen Israels wurden große Zahlen an zivilen Toten in Kauf genommen. Mitglieder der israelischen Regierung verwenden entmenschlichende Rhetorik, der rechtsradikale Finanzminister Smotrich wird mit der Aussage „Jetzt ist es Zeit, brutal zu werden“ zitiert. Alle Bewohner:innen des Gazastreifens für die Verbrechen der Hamas zu bestrafen und dabei Tote in Kauf zu nehmen ist brutal und illegitim und wird die Region weiter weg von einem gerechten Frieden bringen. Maßnahmen, die gegen die durch das humanitäre Völkerrecht festgelegten Mindeststandards im Krieg verstoßen, sind niemals legitim und müssen immer kritisiert werden.

Frieden in der Region kann nur durch Verständigung und vollständige Anerkennung von Selbstbestimmung, Menschenrechten und körperlicher Unversehrheit aller Menschen unabhängig von Nationalität und Religion erreicht werden.

Unsere Gedanken sind bei den Toten & Verletzten und ihren Freunden & Familien. Jede Sympathiebekundung mit Angriffen auf Zivilist:innen verurteilen wir.

Rechte Strukturen zerschlagen!

Beschluss des XVI. Bundeskongresses am 27.-29. Oktober 2023 in Frankfurt am Main

Vor zehn Jahren gründete sich die Alternative für Deutschland, heute sehen wir Umfrageergebnisse von über 20 % für eine Partei, die fernab jeder Menschlichkeit steht. Doch damit nicht genug: Neben der AfD gewinnen auch weitere rechtsextremistische Parteien, wie z.B. die Basis oder Der Dritte Weg immer weiter an Zuwachs. Doch die hohen Zustimmungswerte für rechte Parteien sind nicht das Hauptproblem, sondern ein Symptom des gesamtgesellschaftlichen Rechtsrucks, welcher sich sogar bis in die SPD und Grüne zieht, wie aktuell durch rassistische Abschottungspolitik. Auch die Medien spielen hierbei eine führende Rolle, sie machen Stimmung gegen Geflüchtete und befeuern somit den Rechtsruck weiter. Sie bedienen sich dabei an der Enttäuschung vieler Menschen und schüren Narrative, der Grund für die schlechte Sozialpolitik in Deutschland liege an Dingen wie Zuwanderung. Nach der Wahl eines AfD-Abgeordneten in Sonneberg spitzte sich die Lage noch weiter zu.

Als linker Jugendverband muss es nun unser Anspruch sein, uns diesen rechten Strukturen in den Weg zu stellen und die Gesellschaft weiter darüber aufzuklären, dass Parteien wie die AfD mit ihrem Hass, der Hetze und ihrem politischen Programm keinesfalls eine positive, gesellschaftliche Veränderung für die Mehrheit der Gesellschaft anstreben, sondern einzig und allein ihr faschistische Gedankengut für die eigenen Interessen nutzen. Rechtspopulistische Parteien nutzen die Benennung von Feindbildern, um die eigene Verantwortung abgeben zu können, statt sich mit den gesellschaftlichen Problemen der Mehrheitsbevölkerung auseinanderzusetzen. Doch nicht nur innerhalb von Parteistrukturen macht sich der Rechtsruck immer weiter bemerkbar, auch außerhalb dessen, gerade in den ländlichen Strukturen, scheuen sich die alteingesessenen Rechten nicht, ihren Faschismus offen auszuleben und rufen sowohl Zuspruch als auch aus der Einschüchterung resultierendes Schweigen hervor. Hier müssen wir als antifaschistischer Jugendverband Aufklärung leisten und ihnen zeigen, dass wir den Kampf gegen Rechts auch in ländlichen Strukturen geeint führen. Im Zuge von Informationsveranstaltungen wollen wir die Bürger*innen dazu ermutigen, ihre Stimme gegen den Faschismus zu erheben. Völkische Siedler*innen, sowie Reichsbürger*innen und alle anderen rechten Gruppierungen dürfen auch in dörflichen Strukturen, sowie deren (politischen) Ehrenämtern, keinen Platz finden.  Wir scheuen diese Auseinandersetzung nicht und für uns als linker Jugendverband gilt es nun, unsere Priorität darauf zu fokussieren, den steigenden Faschismus in Deutschland und weltweit zu bekämpfen! Faschismus war 1933 keine Lösung für die Ungleichheit und wird es auch heute nicht sein!

Der neue Bundessprecher:innenrat der Linksjugend [‘solid] wird damit beauftragt, wird damit beauftragt, ergänzend zu den Kommunal-, Landtags- und Europawahlen 2024 eine Kampagne durchzuführen, welche sich inhaltlich mit dem Thema „Antifaschismus und die Notwendigkeit“ auseinandersetzt. Diese Kampagne wird den Schwerpunkt neben dem Aufzeigen offensichtlich faschistischer Elemente rechter Parteien insbesondere auf deren Sozialpolitik legen. Inhaltlich heißt das, dass die neoliberale, arbeiter:innen- und gewerkschaftsfeindliche, antifeministische und unsoziale Politik aufgezeigt wird. Zusätzlich soll es auf Grundlage der Kampagne eine Veranstaltungsreihe zu „Stadt, Land, Faschismus“ geben, welche gemeinsam mit den Landesverbänden und Basisgruppen geplant und durchgeführt werden. Ebenfalls begleitend zur Kampagne sollen Druckdateien wie Flyer o.ä. angefertigt werden, welche es ermöglichen, über die Kampagne hinaus weitreichende Aufklärungsarbeit über die AfD und sonstige rechte Parteien und Strukturen zu leisten. Damit wir dazu in der Lage sind, uns dabei stark vor Ort zu verankern, bietet der Bundessprecher:innenrat verstärkt an, auf Landesvollversammlungen, Landesmitgliederversammlungen und anderen Veranstaltungen auf Landesebene Workshops zu (Anti-)Faschismus, Organizing und rechten Strukturen zu organisieren und durchzuführen. Der Bundessprecher:innenrat wird ebenfalls dazu beauftragt, zu initiieren, dass der Verband bei zentralen Arbeitskämpfen mitwirkt, damit sich eine starke gesellschaftliche Linke als bestes Gegenmittel gegen Rechts aufbauen kann. Außerdem muss der Verband (auch auf dem Land) vermehrt in die Öffentlichkeit treten; durch Social Media, Informationsveranstaltungen oder Pressemitteilungen und generelle öffentliche Präsenz in antifaschistischen Bündnissen und in Arbeitskämpfen, welche die Faschismus-Thematik aufgreifen und Alternativen aufzeigen. Die Bündnisarbeit mit (lokalen) Organisationen und Parteijugenden mit klaren antifaschistischen Positionen muss ausgebaut werden, um den Kampf gegen Rechts führen zu können.

Rassismus und Antisemitismus im Verband verhindern und bekämpfen

Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg

Rassismus und Antisemitismus existieren auch in einem sozialistischen, antirassistischen und antifaschistischen Verband.
Diese Diskriminierung existiert auch unbewusst und muss ein Ende haben.

Deswegen wird der Bundessprecher:innenrat beauftragt, bis zum nächsten Bundeskongress mit zwei neu gegründeten AGs AG Antirassismus sowie AG Antisemitismus Konzepte zur Bekämpfung und Prävention von Rassismus und Antisemitismus sowie eine aus migrantischer Perspektive dargelegten gesellschaftlichen Analyse und Forderungen auszuarbeiten und bis zum nächsten Bundeskongress zu präsentieren.
Die AG soll primär aus interessierten betroffenen Personen zusammengesetzt sein sowie die nötigen Ressourcen für z. B. Treffen in Präsenz zur Verfügung gestellt bekommen.

Zudem soll zukünftig auf jedem Bundeskongress ein Plenum für Betroffene von Rassismus und Antisemitismus stattfinden, welches von neutralen Personen moderiert wird.

Für einen materialistischen Antirassismus!

Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg

“You can’t have capitalism without racism”
– Malcolm X


Hanau, Christchurch, Buffalo: Die Realität entlarvt den liberalen Mythos der immer fortschreitenden Toleranz als Lüge.

Die letzten Jahre zeigten uns auf brutalste Weise, dass Rassismus kein Thema der Vergangenheit ist. Ob durch rechten Terror, rassistische Polizeigewalt oder beiläufige Alltagsdiskriminierung: Von Rassismus betroffene Menschen können sich nicht sicher fühlen. Während rechtsterroristische Anschläge hauptsächlich von ideologisch halbwegs gefestigten Faschist:innen ausgehen, ist Rassismus insgesamt aber ein Phänomen, was über diese Gruppe deutlich hinausgeht – ein gesamtgesellschaftliches, systemisches Problem.

Für uns als antifaschistischen und antirassistischen Jugendverband ist klar: Wir stellen uns immer und überall gegen Rassismus und an die Seite der Betroffenen.

Doch woher kommt dieser Rassismus? Ist er ein Relikt längst vergangener Zeiten? Denken Menschen nun einmal gern in Gruppen? Oder lässt sich das vielleicht evolutionsbiologisch begründen?

Während liberale Antirassist:innen Rassismus als schlechte Idee in den Köpfen der Menschen verstehen, die man ihnen mit Anti-Rassismus-Trainings abgewöhnen und damit das Problem lösen kann, vertreten wir einen materialistisch fundierten Antirassismus.

Rassismus ist keine „veraltete“ Sache, die sich noch in den Köpfen Rechter wiederfindet, sondern Merkmal und Produkt der kapitalistischen Ordnung, in der wir derzeit leben und deren Entstehung von Anfang an eng mit der Geschichte von Kolonialismus und Imperialismus verflochten war: Die Entstehung des Kapitalismus als eines immer auf Wachstum ausgerichteten Systems in Westeuropa war eine der entscheidenden Triebkräfte hinter der kolonialen Expansion westeuropäischer Staaten. Die entstehende europäische Textilindustrie – eine der ersten klassisch kapitalistisch organisierten Branchen – basierte ihren wirtschaftlichen Erfolg aus dem kolonialen „Dreieckshandel“, der Sklav:innen in Afrika nach Nordamerika brachte, um dort Baumwolle für Westeuropa anzubauen. Diese Ausbeutung von versklavter Arbeitskraft beschleunigte den Aufstieg des westeuropäischen Kapitalismus weiter, der seinen Expansionskurs brutal auch auf militärischem Wege fortsetzte, bis nahezu die ganze Welt kapitalistischen Logiken unterlag und wurde ergänzt durch imperialistische und koloniale Prozesse, die sich anderen Zielen widmeten: Die Kolonialisierung großer Teile Asiens, die Expansion Deutschlands und Österreichs in den Osten und Süden…

Zwar gibt es heute nur noch wenige direkte Kolonien, die imperialistische Ausbeutung und Beherrschung großer Teile der Welt geht aber weiter:
Das Verhältnis von Kolonialmächten und Kolonien, was von direkter, militärischer Herrschaft geprägt war, wandelte sich historisch (auch als Reaktion auf erfolgreiche antikoloniale Kämpfe) zu einem stärker wirtschaftlich geprägten Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen zwischen den kapitalistischen Zentren (v.a. Nordamerika, Westeuropa und Ostasien) und der Peripherie (große Teile Afrikas, Lateinamerikas und Asiens; bis zu einem gewissen Grad auch Osteuropa), wobei nicht mehr separierte Kolonialreiche die imperialistische Unterdrückung und Ausbeutung organisieren, sondern der Kapitalismus endgültig zu einem Weltsystem geworden ist.

Die Ausbeutung von rassifizierten Arbeiter:innen lässt sich dabei mit dem Begriff der Überausbeutung beschreiben: Alle Arbeiter:innen werden im Kapitalismus ausgebeutet, rassifizierte Arbeiter:innen werden aber über das „normale“ Maß hinaus überausgebeutet. Diese Überausbeutung erscheint in unterschiedlichen Formen, bspw. durch unterschiedliche Lohnniveaus, aber auch durch direkte Formen von Arbeit unter unmittelbarem Zwang, also Sklaverei.

Der globalisierte Kapitalismus hat dieses Ausbeutungsverhältnis aber nicht als eins zwischen Zentrum und Peripherie belassen:

Bewusste Anwerbung (in der BRD z.B. durch die Anwerbeabkommen für Gastarbeiter:innen), Migration aus ehemaligen Kolonien in die ehemaligen Kolonialstaaten, freiwillige Migration aus eigenem Antrieb, wirtschaftliche Zwänge und Flucht vor – oft genug von den kapitalistischen Zentren unterstützter oder direkt begonnener – Krieg sorgten dafür, dass Millionen Menschen aus der Peripherie in die Zentren migrierten. Das verbessert ihre Lage aber oft nur begrenzt:
In den Zentren werden sie rassifiziert und damit als minderwertig klassifiziert. Ihr Leben ist ständig von Polizeigewalt und rechtem Terror bedroht und sind zahlreichen Formen der Diskriminierung ausgesetzt.

Wichtig für uns als Sozialist:innen ist dabei der ökonomische Aspekte dieser Rassifizierung:
Die Überausbeutung endet nicht an den Grenzen der Peripherie, sondern setzt sich bei der Arbeit rassifizierter Menschen in den Zentren fort. Einige Autor:innen sprechen beispielsweise im Zusammenhang mit afroamerikanischen Communities in den USA deshalb von „inneren Kolonien“.

Auch und insbesondere in Deutschland ist die Überausbeutung migrantischer Arbeiter:innen eine der Säulen des hiesigen Kapitalismus: Prekäre Arbeitsbereiche wie die Leiharbeit haben einen deutlich überproportionalen Anteil an migrantischen Arbeiter:innen. Diese Bereiche sind entscheidend für die Herausbildung des hochflexiblen neoliberalen Kapitalismus, in dem wir heute leben.

Während der Corona-Pandemie wurde insbesondere auf die brutale Überausbeutung slawischer Arbeiter:innen aus den östlichen Staaten der EU ein neues Licht geworfen:
Ob es ums Spargelstechen zu Hungerlöhnen unter desaströsen Arbeitsbedingungen oder um die Unterbringung überwiegend slawischer Arbeiter:innen auf engstem Raum in den Schlachtfabriken von Tönnies geht – da, wo man besonders billige Arbeiter:innen braucht, setzt das deutsche Kapital auf (oft nur temporäre) Arbeitsmigration aus Osteuropa.

In einer der brutalsten Branchen des heutigen Kapitalismus wird dies besonders deutlich:
Prostitution ist in Deutschland wie keine andere Branche migrantisch geprägt. Über 80% der offiziell gemeldeten Prostituierten hat keine deutsche Staatsangehörigkeit, die meisten kommen aus Osteuropa (allein aus Rumänien kommen 35 % der gemeldeten Prostituierten). Nur ein kleiner Teil der Prostituierten ist offiziell gemeldet, deshalb kann man über die realen Zahlen nur spekulieren. Am Beispiel Prostitution kann man aber gut verstehen, wie Armut, Rassifizierung und Patriarchat ineinandergreifen. Ähnliche Überschneidungen verschiedener Achsen von Unterdrückung kann man in vielen Bereichen der Sorgearbeit beobachten, insbesondere in der Pflege und bei oft besonders ausbeuterischer Putz- und Haushaltsarbeit.

Dieses Ausmaß an Ausbeutung – sowohl auf globaler Ebene als auch innerhalb der kapitalistischen Zentren – ist natürlich rechtfertigungsbedürftig. Hier kommt die rassistische Ideologie ins Spiel, die für Liberale der Ausgangspunkt rassistischer Unterdrückung ist, aus unserer materialistischen Gesellschaftsanalyse heraus aber als ihr Produkt zu betrachten ist:
Um die reale, durch Ausbeutung und Unterdrückung geschaffene Ungleichheit zu rechtfertigen, haben sich mit Beginn des Kolonialismus verstärkt sogenannte „Rassenlehren“ herausgebildet, die die Ungleichheit zur Ungleichwertigkeit machen und dabei biologisieren, also zu einer „natürlichen“ Eigenschaft der Menschen machen. Mit der Wandlung weg von der klassischen kolonialen Ordnung hat die rassistische Ideologie auch Wandlungen erfahren: Heute existiert – neben immer noch verbreiteter biologistisch-rassistischer Ideologie – ein Kulturrassismus, der, statt mit angeborenen Eigenschaften mit einer angeblich rückschrittlichen kulturellen Prägung argumentiert, dabei aber genauso das Individuum nur als Vertreter:in einer konstruierten Gruppe sieht, dem bestimmte, meistens abwertende Eigenschaften am Ende auch nur wegen Herkunft zugeschrieben werden.

Rassistische Ideologie hat dabei eine Eigendynamik, die über ihre Funktionalität für den Kapitalismus hinausgeht: Bestimmte, brutale Formen des Rassismus sind für das deutsche Kapital sogar ausgesprochen schädigend, da sie die pure Präsenz rassifizierter Menschen in Deutschland ablehnen, deren Überausbeutung dem Kapital aber nutzt. Trotz dieser Widersprüche, die sich zwischen rassistisch strukturiertem Kapitalismus und rassistischer Ideologie teilweise ergeben, wird es aber immer rassistische Ideologie geben, solang der Kapitalismus nicht überwunden wird.

Diese Analyse von Rassismus als Teil der kapitalistischen Ordnung hat Auswirkungen auf die strategische Orientierung im antirassistischen Kampf:
Während Liberale glauben, rassistische Polizeigewalt durch Anti-Rassismus-Trainings in Polizeischulen bekämpfen zu können und ihren absoluten Schwerpunkt auf (natürlich auch sinnvolle) Sprachpolitik legen, muss eine auf einer materialistischen Rassismusanalyse basierende antirassistische Strategie den antirassistischen Kampf als ökonomischen Kampf verstehen. Ihr Kernansatz kann nicht sein, Nicht-Betroffene mit moralischen Argumenten davon zu überzeugen, individuelles rassistisches Verhalten einzustellen. Stattdessen muss sie darauf setzen, die politische und organisatorische Spaltung zwischen rassifizierten und nicht-rassifizierten Arbeiter:innen, die aus ihrer unterschiedlichen Stellung im Kapitalismus erwächst, aufzuheben, und eine multiethnische Arbeiter:innenbewegung aufzubauen, die ein Bewusstsein für die besondere Unterdrückung rassifizierter Menschen hat und da, wo gewollt, deren autonome Organisierung innerhalb der gemeinsamen Bewegung unterstützt.

Kein Fußbreit den Faschisten

Beschluss des I. Bundeskongresses am 4.-6. April 2008 in Leipzig

Kein Fußbreit dem Faschismus – Rassismus entwurzeln!

In den nächsten Jahren stehen wir vor ernsten Herausforderungen beim Kampf gegen den Neofaschismus und Nazismus. Rassistische, antisemitische und andere Ideologien der Ungleichheit haben bis weit in die Mitte der Gesellschaft Einzug gehalten. Mitglieder der faschistischen NPD sitzen in bundesrepublikanischen Landes- und Kommunalparlamenten. Die NPD und die mit ihr verbundenen Freien Kameradschaften haben mit ihrer Strategie der Erringung kultureller Hegemonie immer mehr Erfolge in Dörfern, Städten und ganzen Regionen.

Die Linksjugend [’solid] wendet sich entschieden gegen alle Formen der Diskriminierung “Anderer“, gegen jeden Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und gegen die zunehmende Islamophobie, die Feindschaft und Ressentiments gegen Muslime schürt. Wir sind einem konsequenten Antifaschismus verpflichtet, der nicht allein die „Stiefelnazis“ auf der Straße bekämpft, sondern auch die strukturellen Bedingungen für Unfreiheit, Ungleichheit und Ausbeutung. Es sind die bestehenden Macht- und Eigentumsverhältnisse, die faschistoiden Entwicklungen und Gefahren den Boden bereiten. Faschismus ist in der Logik des Kapitalismus selbst begründet, er radikalisiert die Entwertung des Menschen.

Unsere antifaschistische Praxis ist dem Schwur von Buchenwald verpflichtet: die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Wir wehren uns gegen geschichtsrevisionistische Lügen, die die Einzigartigkeit des systematisch geplanten industriellen Massenmords an Juden und Jüdinnen aufheben wollen, die darauf aus sind, die Ermordung der Sinti und Roma, Behinderten, Homosexuellen, WiderstandskämpferInnen und ZwangsarbeiterInnen zu relativieren. Auch aus der bürgerlichen Mitte heraus werden Opfer und Täter immer wieder gleichgesetzt, die Opfer der industriellen Massenvernichtung im gleichen Atemzug genannt mit den Opfern der Bombenangriffe der Alliierten. Die Sowjetunion wird durch eine Gleichsetzung mit dem Deutschen Reich herabgewürdigt und in ihrer Rolle als Befreierin vom NSFaschismus auch vom bürgerlichen Mainstream zunehmend verleugnet. Um die Bewertung der Geschichte werden wir als Verband in permanente Auseinandersetzungen treten müssen. Gerade in einer Zeit, in der die Zahl der Zeitzeugen immer kleiner wird, gilt es, die Erinnerung an den mörderischen NS-Faschismus und die Shoa wachzuhalten.

Die Linksjugend [’solid] ist konsequent antinationalistisch. Der nationale Sozialismus, den die Neofaschisten propagieren, konstruiert eine Volksgemeinschaft, die sich mit einem rassistisch organisierten Staat gegen “raffgierige Juden und Ausländer“ schützen soll. Ihr rassistisches Weltbild ergänzen sie mit einer beschränkten Kapitalismuskritik, die bei ihnen gedanklich in den Antisemitismus mündet. Die liberale Wettbewerbsideologie „jeder gegen jeden“ meint in der NaziLogik „das Recht des Stärkeren“. Eben diesen Konkurrenzgedanken heben Nazis lediglich auf eine internationale Ebene. Mit ihrem so genannten „Sozialismus“ kämpfen nicht die Einzelnen ums Überleben, sondern die „Völker“. Ihr „nationaler Sozialismus“ bedeutet Krieg und Vernichtung und ist das exakte Gegenteil von Allem wofür dieses Wort steht.

Antifaschistische Arbeit bedeutet für uns, durch Aufklärung und direkte Aktionen die Ausbreitung der so genannten National Befreiten Zonen zu verhindern, Nazitreffpunkte und Naziläden zurückzudrängen. Wir beteiligen uns am Aufbau solidarischer wie widerstandsfähiger Milieus, wir begegnen den Nazis mit einer kulturellen Offensive von links.

Die Linksjugend [’solid] ist konsequent antirassistisch. Wir widersetzen uns deshalb auch dem staatlichen Rassismus mit seiner diskriminierenden wie menschenfeindlichen Asyl- und Migrationspolitik. Der Rechtskonservatismus, der vor der “Asylantenflut“ oder der Kriminalität junger MigrantInnen warnt, stärkt und legitimiert den gesellschaftlichen Rassismus ebenso wie die Debatten um Einwanderungsgesetze, welche die Migration nach ökonomischen Nützlichkeitskriterien steuern wollen. Der offenen wie versteckten Ausländerfeindlichkeit durch Teile der bürgerlichen Mitte wollen wir eine solidarische Gegenöffentlichkeit entgegensetzen. Wir fordern das Bleiberecht und die politische, rechtliche und soziale Gleichstellung für alle Flüchtlinge und EinwanderInnen. Wir kämpfen gegen die Illegalisierung von Flüchtlingen, gegen Abschiebungen, die rassistische Sondergesetzgebung und gegen die Sammellager.

Die herrschende Integrationspolitik ist vor dem Hintergrund des staatlichen und strukturellen Rassismus verlogen. Sie erpresst die hier lebenden MigrantInnen, die häufig einem intoleranten und ausländerfeindlichen Umfeld ausgesetzt sind, sie versteht Integration als einseitige Anpassung. Das Leitbild einer einheitlichen Kulturnation oder einer einheitlichen nationalen Identität ist nicht nur ein Mythos, er ist reaktionär. Statt einer Politik des Integrationsdiktats braucht es eine Politik, die MigrantInnen als Bereicherung aufnimmt und sie befähigt, in dieser Gesellschaft frei und selbst bestimmt zu leben.

Die Revolte von gestern für die Kämpfe von morgen…Resolution des Bundeskongresses der Linksjugend [’solid]

Beschluss des I. Bundeskongresses am 4.-6. April 2008 in Leipzig

2008 – das sind 40 Jahre 68. Und in der öffentlichen Debatte wird in diesem Jubiläumsjahr um die Deutungshoheit über die Revolte von gestern gerungen. Waren die Jugendlichen und Studierenden, die damals gegen den Vietnamkrieg und gegen die faschistische Kontinuität im Nachkriegsdeutschland auf die Straße gingen, nur frustrierte und duchgeknallte Mittelstandskiddies, waren es Spinner? War die damalige Jugendbewegung in ihrer Verblendung gar mit ihren Nazi-Eltern vergleichbar, wie der alt gewordene Achtundsechziger und jüngst mit dem Bundesverdienstkreuz honorierte Götz Aly behauptet? Oder war es einfach eine Generation, die an den alltäglichen Widersprüchen der kapitalistischen Verhältnisse geradezu verzweifelte und glaubte, diese verändern zu können und auch zu müssen?

Protest und Revolte von links sollen delegitimiert werden

In den Auseinandersetzungen um die Deutung der 68-er-Bewegung geht es um sehr viel mehr als nur um eine historische Aufarbeitung. Es geht darum, jeden Gedanken an Protest und Revolte, jeden Versuch des Widerstands gegen die Verhältnisse zu delegitimieren und zu kriminalisieren. Wer in der besten aller Ordnungen so im Quadrat springt, kann nicht ganz richtig ticken, meint der publizistische und wissenschaftliche Mainstream.

Wir werden den Deutungskampf um 68 nicht den Kontrahenten und Überläufern von damals überlassen. Mit dem vom Studierendenverband und Jugendverband organisierten 68er-Kongress vom 2. bis 4. Mai in Berlin, werden wir uns die Debatte einmischen.

Dabei geht es nicht um eine unkritische Vereinnahmung, es geht darum, zu prüfen, inwiefern die Impulse, die Erfolge wie auch die Erfahrungen aus den Niederlagen von damals für unsere politische Praxis heute genutzt werden können. 1968 war der Kristallisationspunkt einer radikalen linken Emanzipationsbewegung – diesen Bezugspunkt nehmen wir für uns mit diesem Kongress in Anspruch.

Die LINKE bringt die herrschenden Eliten derzeit aus dem Gleichschritt, der neoliberale Zeitgeist beginnt zu bröckeln. Nicht wenige Achtundsechziger von damals gehören zu den Eliten von heute, schreiben für Springer oder sitzen im Auswärtigen Amt. Sie gehören heute zu den stärksten Kritikerinnen und Kritiker der damaligen Bewegung, nicht zuletzt um sich selbst zu entlasten. Wenn die deutsche Linke diese Gesellschaft grundlegend verändern will, wird sie sich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie ein parteipolitisches Folgeprojekt dieser Bewegung ausgerechnet in der rot-grünen Regierungsperiode enden konnte, in einer Regierung, die sich den Kapitalinteressen besonders ehrgeizig angedient hat. Auch das gehört für uns zur politischen Agenda in diesem Jubiläumsjahr. Wir sehen den Kongress als Auftakt für einen Spektren übergreifenden Dialog zur Frage nach linker Organisation und linken Perspektiven.

Bambule machen – wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!

Die 68er-Bewegung war nicht wirkungslos, ihre zentralen Forderungen jedoch blieben uneingelöst. Viele Fragen von damals stellen sich heute umso eindringlicher. In den letzten Jahren wurden die durch die Achtundsechziger erkämpften Bildungsreformen zurückgedrängt, das Primat der kapitalistischen Ökonomie hat sämtliche Lebensbereiche überrollt. Wir kämpfen heute gegen ein Bildungssystem, dass sozial selektiert wie in keinem anderen westlichen Industrieland. Wir kämpfen für Freiräume einer kritischen Wissenschaft, wir widersetzen uns der zunehmenden Prekarisierung sämtlicher Lebens- und Arbeitsbereiche.

Der Kongress soll Diskussions- und Arbeitsraum für den Verband wie für unsere Bündnispartnerinnen und -partner sein. Die Auseinandersetzungen mit den SchülerInnen- und Studierendenstreiks wie mit der damaligen Azubi-Bewegung bieten die Möglichkeit, unsere politische Praxis zu qualifizieren und unsere Handlungsfelder neu ins Visier zu nehmen. Die Bambule kommt, Gründe gibt es genug.

Rechtsextreme Anti-Islam-Konferenz verhindern

Beschluss des I. Bundeskongresses am 4.-6. April 2008 in Leipzig

Der Bundeskongress beschließt einen Demo-Aufruf (mit Flyer) gegen die „Anti-Islam-Konferenz“ von Pro Deutschland. Nazis stoppen – Rechtsextreme Anti-Islam-Konferenz verhindern Seit den letzten Kommunalwahlen sitzt die selbst ernannte „Bürgerbewegung“ Pro Köln in Fraktionsstärke im Kölner Stadtrat. Dass es sich dabei in Wirklichkeit um eine rechtsextreme Gruppierung handelt, die Kontakte zur NPD und den Schlägertruppen der „freien Kameradschaften“ pflegt, wird immer klarer.

Am 19./20. September 2008 will „Pro Köln“ nun in Zusammenarbeit mit der von ihnen ins Leben gerufenen „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ in Köln-Deutz den „ersten europäischen Anti-IslamKongress“ durchführen. Die Rechtsextremisten selbst rechnen mit 1000 Teilnehmern und kündigen an, dass mit Jean-Marie LePen, Vorsitzender der französischen Rechtspartei „Front National“, HeinzChristian Strache, FPÖ-Vorsitzender, und Bart Debie, wegen Amtsmissbrauch und Gewalttaten verurteilter Polizist und Mitglied des rechten belgischen „Vlaams Belang“, die gesamte Prominenz der europäischen Rechtsextremisten dort 26 auftreten wird. Wir von der Linksjugend [‘solid] wollen nicht hinnehmen, dass ein solcher Kongress in Köln oder anderswo stattfindet.

Wir haben genug von der spalterischen, rechtsextremistischen Hetze gegen „AusländerInnen“ und Menschen anderen Glaubens. Schon die Stadtratsarbeit von „Pro Köln“ zeigt, wie viel die Rechtsextremisten auf die wirklichen Belange der Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen keine Hetze gegen MigrantInnen und andere Minderheiten, sondern eine aktive Politik für die Verbesserung der Lebensverhältnisse ALLER Menschen. Nicht die „falsche“ Religion ist Grund für Entlassungen, Lohnkürzungen und steigende Lebensmittelpreise, sondern die Banken und Konzerne. Zahlen sollen wir alle; Menschen mit oder ohne deutschen Pass, Christen genauso wie Moslems oder Menschen ohne Religionszugehörigkeit. Wir wollen weder, dass eine als „Bürgerbewegung“ getarnte rechtsextreme Organisation öffentliche Gelder bekommt, noch, dass ihr die Deutzer Wiesen in Köln oder ein anderer Veranstaltungsort zur Verfügung gestellt werden, um ihre rechtsextreme Propaganda in die Öffentlichkeit zu posaunen. Kommt zur Demo 19./20. September 2008 voraussichtlich ab 14 Uhr in Köln-Deutz.

Protesten gegen den zweiten Rassist:innen-Kongress in Köln

Beschluss des II. Bundeskongresses am 20.-22. März 2009 in Mannheim

Die Linksjugend [‘solid] beteiligt sich an den Protesten gegen den zweiten Rassist:innen-Kongress in Köln und ruft aktiv zu den Gegenprotesten auf.

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