Beschluss des XVI. Bundeskongresses II. Tagung vom 23.-24. Februar 2024
Die neoliberale Wende, die verstärkt seit den 1980er Jahren von Regierenden in den
entwickelten kapitalistischen Ländern eingeleitet worden ist und die auf eine
Kräfteverschiebung zugunsten des Kapitals und auf Kosten der Arbeit abzielte, zeigt
sich auch in der Schuldenbremse.
Die Schuldenbremse ist dabei eine verfassungsrechtliche Regelung, die die
Kreditaufnahme durch öffentliche Haushalte stark einschränkt. Sie wurde in
Deutschland erstmals 2009 auf Wirken der Großen Koalition durch eine Änderung des
Grundgesetzes im Bund verankert. Im nachfolgenden Jahrzehnt folgten viele
Bundesländer dem Beispiel des Bundes. In dieser Form ist sie in Deutschland
einzigartig. Keine andere entwickelte Industrienation verfügt über eine vergleichbare
Institution.
Durch die Schuldenbremse werden öffentliche Haushalte faktisch daran gehindert,
öffentliche Güter auszufinanzieren, Sozialleistungen bedarfsgerecht bereit zu stellen
und dringend benötigte Investitionen, wie etwa im Hinblick auf die ökologische
Transformation der Wirtschaft, zu tätigen. Sie ist eine in der Verfassung
festgeschriebene Austeritätspolitik. Das zeigt sich auch aktuell, wo die
Ampelkoalition bei vielen Sozialausgaben kürzt, um die Schuldenbremse einzuhalten.
Die dadurch vertiefte soziale Ungleichheit bildet erst den Nährboden, auf denen die
AfD ihre menschenverachtende Konkurrenzideologie ausbreiten kann. Der AfD gelingt es
dadurch, den gesellschaftlichen Diskurs sowie die Bundesregierung nach rechts zu
drängen, was sich etwa in der Verschärfung des Asylrechts zeigt.
Im Interesse der Arbeiter*innenklasse gilt es, die Schuldenbremse abzuschaffen. Dazu
ist aber eine Analyse über die ökonomische Wirkungsweise der Schuldenbremse
notwendig. Auch muss herausgearbeitet werden, welche Klassen und Klassenfraktionen
ein Interesse an einer Abschaffung der Schuldenbremse haben, um so bündnispolitische
Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
Analyse der Schuldenbremse
Im Gegensatz zu den Einschätzungen einiger linker Gegner*innen der Schuldenbremse,
wonach es sich bei der Schuldenbremse um eine irrationale Ideologie handelt, die der
Wirtschaft klassenübergreifend nur Nachteile verschaffe, stärkt die Schuldenbremse
die Verhandlungsposition des Kapitals gegenüber der Arbeit in dreifacher Hinsicht:
Erstens werden durch die Schuldenbremse Sozialausgaben gekürzt und die Ausgaben für
öffentliche Güter eingespart, wie man derzeit etwa an den Bürgergeld-Kürzungen der
Ampelkoalition sieht. Dadurch wird die Marktabhängigkeit von Arbeiter*innen erhöht.
Das bedeutet, dass Arbeiter*innen ihre Bedürfnisse im geringeren Ausmaß durch die
Inanspruchnahme von Sozialleistungen und von (meist vergünstigten oder kostenlosen)
öffentlichen Dienstleistungen decken können. Um ihre Bedürfnisse dennoch zu
befriedigen, werden Arbeiter*innen abhängiger vom Einkommen, das sie aus dem Verkauf
ihrer Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt erzielen. Dadurch sinkt der Reservationslohn,
d.h. die Mindesthöhe des Lohns, zu dem ein Arbeitnehmer gerade noch bereit ist, seine
Arbeitskraft zu verkaufen. Damit sinkt das Lohnniveau und steigen die Profite der
Kapitalist*innen. Die Arbeiterschaft wird durch die verstärkte Marktabhängigkeit
zudem diszipliniert und Arbeitskämpfe werden im Keim erstickt, was die Autorität der
Kapitalist*innen stärkt.
Zweitens verhindert die Schuldenbremse eine Wirtschaftspolitik, die für
Vollbeschäftigung sorgt. Das bedeutet, dass der Staat durch die Schuldenbremse stark
eingeschränkt wird, öffentliche Investitionen zu tätigen und den Massenkonsum zu
subventionieren, um dadurch die effektive Nachfrage bis zu einem Punkt zu steigern,
an dem Vollbeschäftigung erreicht sein würde. Wie der polnische, von Karl Marx und
John Maynard Keynes beeinflusste Ökonom Michał Kalecki allerdings bemerkte,¹ würde
durch eine Politik der Vollbeschäftigung die disziplinierende Wirkung von
Arbeitslosigkeit auf die Arbeiter*innenklasse verloren gehen. Die Drohung des Chefs,
jemanden bei allzu laxer Arbeitsmoral „aufs Pflaster zu werfen“, wäre bei
Vollbeschäftigung, bei der Arbeiter*innen ohne viel Mühe einen anderen Arbeitsplatz
finden würden, nicht sehr wirkungsvoll. Die Schuldenbremse ist damit wiederum der
bester Garant für die Aufrechterhaltung der Autorität von Kapitalist*innen in ihren
Betrieben. Auch würde mit Vollbeschäftigung die Streikbereitschaft der Arbeiter*innen
steigen. Steigende Löhne und sinkende Profite wären die Folge, was ebenfalls nicht im
Klasseninteresse der Kapitalist*innen liegt.
Drittens schränkt die Schuldenbremse ganz allgemein die Handlungsfähigkeit des
Staates ein und macht staatliche Wirtschaftspolitik abhängiger von den Wünschen der
Kapitalist*innen. In einer Rezession wird dem Staat durch die Schuldenbremse die
Möglichkeit genommen, durch öffentliche Investitionen und Ankurbelung des
Massenkonsums die Krise zu überwinden. Stattdessen muss der Staat die Bedingungen für
private Investitionen verbessern. Dies gibt den Kapitalist*innen eine mächtige
indirekte Kontrolle über die Regierungspolitik. Die Schuldenbremse zwingt die
Politiker*innen in Regierungsverantwortung automatisch nach der Pfeife des Kapitals
zu tanzen.
Darüber hinaus gibt es aus Sicht der Kapitalist*innenklasse auch gute Gründe für eine
Abschaffung der Schuldenbremse:
Erstens wird der Staat durch die Schuldenbremse in seiner Rolle als ideeller
Gesamtkapitalist eingeschränkt. Kapitalist*innen sind in vielerlei Hinsicht von einer
gut funktonierenden öffentlichen Infrastruktur abhängig sowie von – zumeist in
öffentlichen Bildungseinrichtungen – ausgebildeten Arbeitskräften. Eine mangelnde
öffentliche Infrastruktur wirkt als Bremse fürs private Geschäft.
Zweitens verhindert die Schuldenbremse öffentliche Investitionen in die ökologische
Transformation der Wirtschaft. Wie der Brandbrief von 50 namhaften deutschen
Unternehmen (u.a. Puma, Rossmann, Telekom und Thyssenkrupp) vom Januar 2024 zeigt,
haben Teile der Kapitalist*innenklasse ein Interesse an einem klimafreundlichen Umbau
der Wirtschaft. Dies tun sie aber nicht aus schlechtem Gewissen, sondern weil der
„Standort Deutschland“ in Bezug auf klimafreundliche Technologien in der
internationalen Konkurrenz abgehängt zu werden droht, wie der Verweis auf die
Vereinigten Staaten und China im Brandbrief zeigt, die „gewaltige Summen in die
Transformation“ investierten. Die unterzeichnenden Unternehmen fordern daher eine
„Weiterentwicklung der Schuldenbremse“, also eine Aufweichung dieser, wenngleich
nicht ihre Abschaffung.²
Drittens kann eine Politik, die auf eine Stärkung der Kaufkraft abzielt – die aber
durch die Schuldenbremse verhindert wird – insbesondere in Zeiten einer Rezession den
Unternehmen dabei helfen, ihren Absatz zu steigern. Davon profitieren insbesondere
Branchen, die unmittelbar für den Konsum produzieren. Es gilt allerdings zu beachten,
dass eine Stärkung der effektiven Nachfrage auch zu steigenden Löhnen auf Kosten der
Profite führt, wie oben erläutert. Insbesondere in einer exportorientierten
Wirtschaft wie der deutschen hat eine Stärkung der Binnennachfrage allein den
negativen Effekt auf die Kapitalist*innen, dass steigende Löhne die Profite
auffressen, ohne dass dadurch der Absatz gestärkt werden würde. Das liegt daran, dass
sich die Nachfrage für diese exportorientierten Industrien nicht im Inland, sondern
im Ausland befindet. Diese widersprüchliche Interessenkonstellation des Kapitals kann
auch historisch anhand des New Deal in den Vereinigten Staaten aufgezeigt werden, der
ein in der Geschichte der USA einmaliges Programm zur Steigerung der Massenkaufkraft
darstellte. Während nämlich insbesondere die Kapitalist*innen der konsumorientierten
Wirtschaftszweige, wie der Elektronik- und Bekleidungsindustrie, den keynesianischen
New Deal unterstützten, gehörten die Kapitalist*innen der arbeitsintensiven
Industrien, die von Lohnsteigerungen am meisten negativ betroffen waren, tendenziell
zu den Gegner*innen der Politik Roosevelts.³
Strategie gegen die Schuldenbremse
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass eine antizyklische Investitionspolitik in
Zeiten einer Rezession gegen rechts hilft. Während in Deutschland die
Weltwirtschaftskrise mit einer rabiaten Sparpolitik unter dem Reichskanzler Heinrich
Brüning beantwortet wurde und so dem Faschismus den Weg bereitete, gelang es
fortschrittlichen Kräften in den USA 1932 das Ruder herumzureißen. Durch ein
Klassenbündnis, das die Arbeiter*innenklasse in Form von Gewerkschaften und Teile der
Kapitalist*innenklasse umfasste, wurde unter der Präsidentschaft Franklin D.
Roosevelts der New Deal umgesetzt – ein umfassendes Investitionsprogramm in Arbeit,
Kultur, Bildung und Infrastruktur. Er erwirkte enorme Lebensverbesserungen für viele
Arbeiter*innen. Auch Teile der Kapitalist*innenklasse profitierten von einer Stärkung
der Massenkaufkraft. Damit wurde ein Weg aus der Krise aufgezeigt, der sich von der
Sparpolitik Brünings abhob und den Aufstieg faschistischer Bewegungen entgegenwirkte.
Auch heute kann eine solche Politik, die auf die Stärkung der Massenkaufkraft
abzielt, die Unzufriedenheit in breiten Teilen der Bevölkerung verringern. Damit wird
der AfD, die diese Unzufriedenheit für ihre rassistische Politik instrumentalisiert,
das Wasser abgegraben.
Weil die Kapitalist*innenklasse bei der Schuldenbremse gespalten ist, macht es für
uns als Sozialist*innen Sinn, in dieser Frage eine „Volksfrontstrategie“ zu
verfolgen. Das bedeute, dass wir bei Bündnissen gegen die Schuldenbremse neben
Gewerkschaften, Sozialverbänden und anderen Akteur*innen, die die Interessen von
Arbeiter*innen vertreten, auch die Teile der Kapitalist*innenklasse mit ins Boot
holen, die auf eine Aufweichung oder Abschaffung der Schuldenbremse hinwirken. Wie
Karl Marx und Friedrich Engels im „Manifest der Kommunistischen Partei“ schrieben,
erringt die Arbeiter*innenklasse reformerische Erfolge in ihrem Sinne auch dadurch,
„indem sie die Spaltungen der Bourgeoisie unter sich benutzt.“⁴
Zugleich hat die jahrzehntelange ideologische Indoktrination durch Politik und Medien
eine Situation geschaffen, in der ein Großteil der Bevölkerung die Beibehaltung der
Schuldenbremse befürwortet. Um diesen Zustand zu bekämpfen braucht es neben einer
klugen Bündnispolitik auch eine umfassende ökonomische „Alphabetisierung“ der
Bevölkerung und den Aufbau einer überzeugenden Gegenerzählung zur Metapher der
„schwäbischen Hausfrau“ für öffentliche Haushalte.
In linken Kontexten müssen wir zudem der keynesianisch inspirierten Erzählung
entschieden entgegentreten, wonach das Festhalten an der Schuldenbremse und eine
Sparpolitik irrational sei, weil dies der Wirtschaft klassenübergreifend nur
Nachteile verschaffe. Diese Erzählung ignoriert den Klassenwiderspruch und die
Tatsache, dass Austeritätspolitik allgemein die Verhandlungsposition der Arbeit
gegenüber dem Kapital schwächt.
—–
Anmerkungen:
¹ vgl. Kalecki, Michał [1943] (2018): Political Aspects of Full Employment.
jacobin.com. Online verfügbar unter:
https://jacobin.com/2018/05/political-aspects-of-full-employment-kalecki-job-
guarantee, zuletzt geprüft am 11.02.2024
² Zitate aus: Stiftung KlimaWirtschaft (2024): Die Transformation als
Jahrhundertprojekt. Was die Wirtschaft von der Politik braucht. klimawirtschaft.org.
Online verfügbar unter:
https://klimawirtschaft.org/publikationen/positionen/unternehmensappell2024, zuletzt
geprüft am 11.02.2024
³ vgl. Phillips-Fein, Kim (2009): Invisible Hands. The Businessmen’s Crusade Against
the New Deal. New York, London: W. W. Norton, Kapitel 1: Paradise Lost [ebook]
⁴ MEW 4, S. 471
Beschluss des XVI. Bundeskongresses am 27.-29. Oktober 2023 in Frankfurt am Main
Wir müssen eine neue Strategie finden und diese gemeinsam verwirklichen. In letzter Zeit sind die Forderungen nach Veränderungen und einer neuen Ausrichtung immer lauter geworden in der Linksjugend [`solid]. Wir sind Alle Teil eines antifaschistischen, basisdemokratischen, feministischen und sozialistischen Jugendverbandes. Mit diesem Selbstverständnis ist die Basis geschaffen für die Erarbeitung einer verbandsweiten Strategie.
Um auf die Krisen unserer Zeit reagieren zu können, brauchen wir als Verband eine klare strategische Ausrichtung. Wir sind Alle Teil eines antifaschistischen, basisdemokratischen, feministischen und sozialistischen Jugendverbandes. In den letzten Jahren haben wir die Grundsteine für eine strategische Orientierung des Verbands auf massenhafte Organisierung, Selbstbefreiung und Politik, die an die Interessenlage der Menschen selbst anknüpft, gelegt. Da sich die politische Situation aber immer weiter entwickelt, ist es notwendig, diese Ausrichtung zu konkretisieren und zu aktualisieren.
Dies ist ein langer Prozess, bei welchem jegliche Strukturen und Perspektiven miteinbezogen werden müssen, um unseren basisdemokratischen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Strategie für das kommende Jahr muss inhaltliche Antworten auf anhaltende und verstärkte Krisen sowie auf einen tiefgreifenden politischen Wandel der Gesellschaft geben.
Wir befinden uns an der Schwelle zu wahrhaft dystopischen Zeiten. Es wird immer stärker erforscht, wann wir Kipp-Punkte erreichen und Forscher:innen werden dahingehend immer pessimistischer. Die aktuelle Klimakrise ist menschengemacht. Nicht, weil Menschen aus sich heraus schlecht sind, sondern weil im Kapitalismus Profit – statt den Bedürfnissen der Menschen und den Grenzen der Erde – an erster Stelle steht.
Obwohl die Uhr tickt, scheint es beinahe so, als würde die anhaltende Klimakrise in Vergessenheit geraten. Fridays for Future verliert Relevanz, linke Organisationen beteiligen sich immer weniger an der Klimabewegung, das mediale Interesse ist am Schrumpfen und auch die wahren Ursachen sowie sämtliche Ausmaße der Klimakrise werden verkannt. Der Konflikt zwischen dem Kampf für eine gute Arbeit und gegen die Klimakrise spitzt sich zu: Viele Arbeiter:innen sehen ihre eigenen Arbeitsplätze in Grüner Klimapolitik bedroht oder haben Angst davor, dass Mehrkosten für Grünen Kapitalismus auf sie abgewälzt werden. Während es gute Ansätze gibt, wie z.B. eine wachsende Kooperation zwischen Gewerkschaften und Klimabewegung, sind diese erst in den Startlöchern.
Für uns ist klar: Der Kapitalismus muss als Kernursache der Klimakrise benannt und angegriffen werden, denn diese Krise können wir innerhalb eines kapitalistischen Systems nicht überwinden. Unternehmen im Kapitalismus sind dazu gezwungen, Profit zu machen. Wenn sie sich dagegen weigern, gehen sie bankrott und verlieren ihren Standortvorteil; kurz: sie gehen im Konkurrenzkampf unter. Das Abschöpfen von Profit ist allerdings erst dadurch möglich, dass Arbeiter:innen nicht angemessen ihrer Arbeit entlohnt und nicht als die tatsächlichen Produzent:innen von gesellschaftlichem Wohlstand anerkannt werden. Kapitalismus bewegt sich dauerhaft in diesem Widerspruch, welcher ihn selbst droht, zu zerreißen: Kapitalisten sind angewiesen auf menschliche Arbeitskraft und gleichzeitig auf ihre Ausbeutung. Auch eine Klimakrise wird langfristig unbezahlbar und kurzfristige Gewinne bedeutungslos werden, wenn Kapitalismus bestehen bleibt. Und trotzdem boomen die Investitionen in fossile Rohstoffe.
Einerseits beuten Unternehmen im Kapitalismus also Natur und Menschen aus. Die Ausbeutung von Arbeitskraft ist die Basis von der Existenz von Unternehmen, die Basis von Profit und somit die Basis von Klimaschäden im Namen von Profit. Wir sagen nicht, dass wir mit einem Ende von Kapitalismus keinen Finger mehr krumm machen müssen, sondern dass wir gemeinsam planen können, wie wir auf dieser Erde leben möchten und es nicht der Markt bestimmt. Andererseits treiben die Unternehmen ein mieses Spiel, indem sie uns Grünen Kapitalismus verkaufen wollen. Versunken in Melancholie und (Des-)Illusion mag das uns zunächst wie eine okaye, wenn nicht hinnehmbare Lösung scheinen. „Klimaschutz“ ohne das Ziel, Kapitalismus zu überwinden, greift allerdings nicht Ausbeutung als Quelle von Profit und somit auch nicht Profit als Quelle von Klimaschaden an. Deshalb muss Klimaschutz den Kampf gegen Ausbeutung einschließen. Die Klimamaßnahmen, die wir fordern, müssen sozial verträglich, wenn nicht revolutionär sein.
Solange Konkurrenzzwang Unternehmen zu Profitmaximierung drängt, steht dieser über dem Klimaschutz. Im Kapitalismus steht der klimaschädliche Wachstumszwang im Mittelpunkt. Hinzu kommt, dass durch die Ausdehnung des Welthandels nach kapitalistischem Drängen Ausbeutung auf globalem Niveau intensiviert, die Abhängigkeit der Peripherie von den kapitalistischen Zentren vergrößert und der Klimawandel vorangetrieben wird. Wie eh und je ist das Ziel der Bourgeoisie, so günstig wie möglich zu produzieren, koste es die Arbeiter:innen und die Welt, was es wolle. In das Wesen vom Kapitalismus ist eingeschrieben, dass die Bourgeoisie mit Gewalt ihren Absatzmarkt ausdehnt und ihre Produktion dorthin verlagert, wo sie die Arbeiter:innen am intensivsten ausbeuten „kann“. Das hängt dann wiederum davon ab, wie hoch die Arbeitslosigkeit und der Lebensstandard vor Ort ist und wie viel Gewalt zur Erreichung dieses Ziels angewandt wird. In der zugespitzten kapitalistischen Krise setzt die herrschende Klasse in neuer Dreistigkeit auf Expansion nach Außen und Militarisierung nach Innen. Deshalb muss der Kampf gegen Imperialismus Kapitalismus angreifen und umgekehrt.
Dass die Energiekonzerne (auch in Deutschland selbst) von sich aus nicht aufhören werden, fossile Energieträger abzubauen, haben wir in Lützerath gesehen. Jedoch hat uns Lützerath ebenso gezeigt, dass wir uns in der Klimabewegung zahlreich zusammenschließen und gemeinsam gegen das System ankämpfen können. Dass die vergangenen Kämpfe um Klimagerechtigkeit in uns weiterleben und immer mehr Leute auf Basis der Klimakrise politisch aktiv werden.
Obwohl der Neoliberalismus als politische Ideologie in den letzten Jahren an Einfluss verloren hat und, wie beispielsweise in Form der Corona-Hilfen, der staatlichen Intervention in die Impfstoff-Produktion oder der Einführung des Gaspreisdeckels deutlich wird, Staatsinterventionismus wieder zunimmt, scheint linke Reformpolitik grade wenig erfolgreich. Ohne den Aufbau von Gegenmacht und Hegemonie in der breiten Bevölkerung ist es illusorisch, zu denken, dass kluge Parlamentspolitik tatsächlichen Wandel bringen wird. Für DIE LINKE ist es eine Herausforderung, dass sie zwar viel fordert, aber keine Strategie hat, ihre Ziele auch durchzusetzen. Dabei ist auch ein zu unkritischer Blick auf die Rolle des Staats im Kapitalismus ein Teil des Problems.
Ganz andere Dinge machen der LINKEN ebenfalls zu schaffen: Die ständig diskutierte Abspaltung der S.W. dominiert die Medien. Dies ist zwar wenig überraschend angesichts deren Vorurteil, die gesellschaftliche Linke würde sich immer streiten und sei grundlos rebellisch. Auch die Frage nach dem Behalt des Fraktionsstatus umgibt DIE LINKE.
Dadurch wird ein Wandel der Partei DIE LINKE notwendig. Viele hoffen auf eine Erneuerung der LINKEN, wie wir als Jugendverband sie schon lange eingefordert haben. Wir werden in diesen Prozess weiterhin unsere Perspektiven einbringen, die wir in der Vergangenheit schon formuliert haben. Dabei ist für uns klar: DIE LINKE. muss trotz vergangener und bestehender Konflikte ebenso Kommunikationsbereitschaft zeigen. Wir möchten unseren Einfluss auf politische Entscheidungen der Fraktionen in den Landtagen ausweiten und sichern, indem wir auf den Listen, die die Aufstellungsversammlungen der Partei beschließen, Jugendkandidaturen aus dem Jugendverband platzieren. Jugendwahlkampagnen können eine starke Strahlkraft haben, sowohl während des Wahlkampfs als Angebot für junge Menschen DIE LINKE. zu wählen oder der Linksjugend beizutreten, als auch während der Legislatur, indem der Jugendverband so aktiv einbezogen wird ins parlamentarische Geschehen. Wir begrüßen, dass der Landesverband Thüringen nun diesem Beispiel folgt und möchten das Konzept auch auf die Landtagswahlen in Brandenburg ausweiten.
Aktuell macht uns jedoch nicht nur die Klimakrise oder die Zustände in unserer Mutterpartei DIE LINKE. zu schaffen, sondern vor allem der rasante Anstieg der gesellschaftlichen Zustimmung zu rechtsextremer Ideologie. Die COVID-Pandemie hat uns gezeigt, wie stark sich Arbeit intensivieren kann und damit auch Geschlechterunterschiede sich verschärfen. Wie schnell in Krisen Antisemitismus wieder Aufschwung gewinnen kann. Sie hat uns auch gezeigt, dass das aktuelle System an Rückhalt verliert. Und trotzdem bewegen wir uns wie Zombies durch die Welt, kaputt von unserer (Lohn-)Arbeit.
Das System von Ausbeutung, indem wir leben, verliert stark an Rückhalt und das in der gesamten Gesellschaft. Dies geht so weit, dass Menschen die Demokratie in Frage stellen. Es steht außer Frage, es braucht dringend Veränderung. Veränderungen, die es schaffen, dass wieder mehr Vertrauen in unser politisches System gesetzt werden kann. Insbesondere eine generelle Melancholie und Desillusion versperren neuen progressiven Ideen den Weg.
Sowohl im Osten wie auch im Westen Deutschlands nehmen rechte Parteien immer mehr Einfluss. Wie konnte es so weit kommen und was können wir als Linke dagegen tun? Klar ist, es braucht einen starken Zusammenhalt der gesellschaftlichen Linken, den wir aufbauen müssen. Eine schlagkräftige Strategie ist bei der Bekämpfung der Rechten wichtiger denn je. Zeitgleich muss uns bewusst sein, dass zahlreiche Wähler:innen der Rechten, diese nicht aus Überzeugung wählen, sondern aus Protest, Unwissenheit und generellen Unzufriedenheit. Hier können wir anknüpfen und müssen eine linke Perspektive sowie Lösungsansätze bieten.
Wenn wir die Hoffnung aufgeben, ist klar, dass aktuell (besonders) Unterdrückte die Arbeit übernehmen werden, die damit verbunden ist, die Klimaschäden bestmöglich zu vermindern. Und diese Arbeit wird im Kapitalismus ins Unendliche wachsen. Es ist nämlich nicht so, dass Ölvorkommen verknappen, es werden immer mehr entdeckt! Und Kipp-Punkte bewirken, dass Schäden nicht linear, sondern exponentiell auf uns zukommen, wenn wir nicht angemessen dagegen vorgehen. Noch ist nicht alles verloren!
Gerade jetzt ist es umso wichtiger, dass nicht eine winzige Minderheit sich immer mehr Reichtum aneignet und über die restliche Bevölkerung und die Welt, in der wir leben, bestimmt. Gerade weil wir an der Schwelle zu wahrhaft dystopischen Zeiten stehen, müssen wir uns jetzt dafür einsetzen, dass wir unabhängig von Profitinteressen darüber demokratisch bestimmen können, wie wir zusammenleben.
Damit wir uns organisieren können, brauchen wir Utopien. Wir brauchen gegenseitiges Vertrauen und Hoffnung – in uns gegenseitig, in die Menschheit und in uns selbst. Ein Glück, dass wir Marxist:innen sind und an die Befreiung aller glauben. In unserer Utopie gibt jeder nach seinen Fähigkeiten und erhält jede nach ihren Bedürfnissen. Arbeit wird von Abhängigkeit befreit und wir arbeiten, weil wir die Arbeit als Antrieb der Gesellschaft sehen. Und haben trotzdem mehr Zeit für uns: Für künstlerisches Schaffen, für unsere Freunde, für gutes Essen und für Erholung. Und die Welt, in der wir leben, hindert uns nicht mehr in unserem Sein: Nicht mehr Autos bestimmen Städte, sondern die Menschen, die in ihnen wohnen.
Damit wir in unserer Organisierung nicht in Melancholie versinken oder nach dem ersten Misserfolg desillusioniert werden, müssen wir uns eine Strategie überlegen, wie wir zu einem guten Leben für alle hinkommen. Und die Möglichkeit von Veränderung erfahren, damit wir Glauben gewinnen, dass wir diese auch umsetzen können.
Unsere Strategie können wir nur gemeinsam umsetzen.
Es ist wichtig, dass wir uns als Organisation finden und uns vertrauen lernen. In Zeiten wie diesen gibt uns Vertrauen Halt, macht erst Organisierung möglich und schenkt uns etwas Glück im Unglück. Vertrauen bedeutet allerdings nicht, blind auf etwas zu hoffen. Vertrauen kann erst dann wachsen, wenn die Worte von Menschen mit ihren Taten übereinstimmen und wenn alle gemeinsam Verantwortung übernehmen für unser gemeinsames Projekt: Sozialismus.
Deshalb möchten wir uns immer dagegen aussprechen, wenn Genoss:innen nicht als allererstes ein Gespräch miteinander suchen. Wir müssen nicht alle die größten Fans von unseren Persönlichkeiten sein, müssen als Genoss:innen allerdings solidarisch miteinander sein. Dazu gehört, im Zweifel uns gegenseitig zu vertrauen, bis uns das Gegenteil bewiesen wurde. Auch dann suchen wir zunächst das Gespräch und wenden uns weder an Twitter noch an einen Gossip-Kreis.
Um unseren Zusammenhalt zu stärken, ist unverzichtbar, dass wir auf Großveranstaltungen wie dem Sommercamp lange zusammenkommen und uns immer wieder daran erinnern, dass wir trotz Dissensen vor allem eins sind: Genoss:innen. Auch, wenn der Strategieprozess nie aufhört und immer wieder evaluiert werden muss, soll Grundpfeiler unserer Strategie folgendes sein:
Gemeinsam als Organisation für Sozialismus zu kämpfen, kann nicht heißen, sich von einer breiteren Bewegung zu isolieren. Eine breite Arbeiter:innenbewegung, feministische und antirassistische Bewegung muss allerdings erst einmal entstehen. Das wird sie nicht im Internet, nicht im Überzeugen von Rechten, sondern im gemeinsamen Organisieren und Druck-Aufbauen.
Damit sich eine Massenbewegung herausbilden kann, spielen Massenorganisationen eine zentrale Rolle. Organisationen, in denen nicht nur Leute, die Geisteswissenschaften studieren oder studiert haben, sich versammeln, sondern alle Arbeiter:innen. Wie genau wir dahin kommen und in welcher Organisation genau, bleibt offen. Deshalb ist wichtig, dass wir uns als Organisation nächstes Jahr damit beschäftigen, wer wir selbst sind und wer wir als Linksjugend [´solid] sein wollen.
Um dem Sozialismus näher zu kommen, müssen wir den Kapitalismus an seinen Widersprüchen angreifen, die ihn drohen, zu zerreißen. Dafür ist erstens notwendig, dass wir diese Widersprüche und ihre aktuelle Gestalt erkennen, aktuell bedeutende Kämpfe als solche wahrnehmen (lernen) oder zu bedeutenden Kämpfen machen und zweitens, gemeinsam als Linksjugend [`solid] eingreifen. Es ist wichtig, dass wir stärker auf Arbeitskämpfe setzen als die Kämpfe, die das Kapital unmittelbar unter Druck setzen und eine starke Politisierungs- und Organisationskraft haben.
Wir müssen uns überlegen, wie wir sinnvoll wo intervenieren und mit wem. Gleichzeitig lassen sich kluge Pläne nicht in stillem und isoliertem Philosophieren schmieden, sondern am besten im Kampf: Statt in Selbstbeschäftigung zu versinken, müssen wir uns stattdessen auch stärker in konkreten bedeutenden aktuellen Kämpfen beteiligen. Diese Kämpfe sollen vor allem solche sein, die uns am stärksten betreffen: Damit unsere Mitglieder sich stärker untereinander organisieren, ist es wichtig, dass wir die Bildung von Auszubildenden- und Schüler:innengruppen weiter vorantreiben. Damit wir wissen, in welchen Arbeitskämpfen unsere Mitglieder ohnehin involviert sind, weil sie ihre eigenen Jobs betreffen, führen wir eine Umfrage darüber durch, in welcher Branche unsere Mitglieder lohnarbeiten, ob sie gewerkschaftlich aktiv sind und wenn ja, in welcher Gewerkschaft.
Außerdem ist wichtig, dass unsere Landesverbände in eine stärkere Kommunikation miteinander gehen, damit wir in der Lage sind, gemeinsam Schlagkraft aufzubauen: Der Austausch über aktuelle Projekte, Strukturen und gemeinsame Ziele spielt dabei eine besonders große Rolle und dient ebenso dem Erfahrungsaustausch sowie dem Entwickeln einer gemeinsamen Praxis. Wir wollen die Zusammenarbeit von Landesverbänden und dem Bundesverband stärken, um strukturell schwache Regionen zu unterstützen. Es braucht einen starken linken Jugendverband auf allen Ebenen, von Basis über die Landesverbände bis hin zum Bundesverband, um gemeinsam für unsere Utopie zu kämpfen.
Damit wir das gemeinsam tun können, ist wichtig, dass wir unsere Sehschärfe in unseren politischen Bildungsprogrammen stärken. Diese sollen sich einerseits an Neumitglieder, andererseits an theoretisch sicherere Mitglieder richten. Wir möchten auch mehr Mitglieder für Bildungsarbeit ausbilden.
Weil wir auch in Selbstbeschäftigung und in der Auseinandersetzung in konkreten Kämpfen hin und wieder an unsere Grenzen stoßen werden, möchten wir uns stärker international mit sozialistischen Organisationen vernetzen. Wir halten ein langfristiges, mindestens jährliches Treffen mit einem Austausch über die politische Lage vor Ort und über die eigenen Organisationen für zentral.
Den Umbruch, in dem sich die Partei befindet, wollen wir als Jugendverband strategisch nutzen, um unsere Forderungen durchzubringen. Hierbei können unsere Jugendkandidaturen ein wichtiges Mittel sein. Es braucht soziale Lösungen für soziale Probleme. Wir fordern folgende Maßnahmen, um kurzfristig die Situation der präkarisierten der Gesellschaft zu verbessern, während wir langfristig für ein gutes Leben für alle in einer klassenlosen Gesellschaft kämpfen:
Wir fordern eine Abschaffung der Schuldenbremse, insbesondere für Investitionen in Bildung, Soziales und Infrastruktur. Wir unterstützen als Jugendverband die Kampagne „100 Milliarden für Bildung.“
Wir fordern einen (Alters-)Armutsfesten Mindestlohn von 16€. Außerdem fordern wir weiterhin eine Mindestausbildungsvergütung von 1400€ Brutto. Mindestlohn, Ausbildungsvergütungen und Bafög sollen jährlich an die Inflation angepasst werden.
Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für alle! Städte und Kommunen sollen ihr Vorkaufsrecht für Immobilen nutzen, damit keine Investor*innen vom Wohnungsmarkt profitieren, sondern die Kund*innen von städtischen und kommunalen Wohnungsgesellschaften. Der Wohnungsmarkt muss langfristig vergesellschaftet werden, damit Immobilien kein Spekulationsobjekt bleiben. Überall dort, wo es keine städtischen oder kommunalen Wohnungsunternehmen gibt, müssen sie gegründet werden. Zudem ist es wichtig, dass wir darauf hinwirken, dass der städtische (Sozial- )Wohnungsbau vorangetrieben wird, und nicht dem privaten Markt überlassen wird.
Kostenloser, ausfinanzierter und ausgebauter ÖPNV jetzt! Wir wollen das 49€-Ticket zum 0€-Ticket machen. Es muss endlich genug Geld für den Ausbau des ÖPNV geben. Insbesondere für Randgebiete und ländliche Gegenden. Als Linksjugend unterstützen wir die Kampagne „Wir fahren zusammen“ und sind bereits in einigen Landesverbänden mit den Organisator:innen vernetzt.
Außerdem fordern wir Steuererhöhungen für Topverdiener:innen, und Entlastungen für Arbeiter:innen. Die Vermögenssteuer braucht ein Comeback!
Wir als Mitglieder der Linksjugend [´solid] kämpfen gemeinsam für eine Befreiung aller.
Wir kämpfen für Sozialismus, ein Ende des Patriarchats und von Rassismus und für ein gutes Leben für alle. Deshalb ist wichtig, dass in unserem Verband nicht vor allem Männer aktiv sind und im Verhältnis mindestens so viele Leute aktiv sind, die von Rassismus betroffen sind, wie in der Gesamtbevölkerung, auch, wenn unser Ziel größer sein sollte. Wir müssen uns als Verband ernsthaft darüber Gedanken machen, wie wir das gemeinsam erreichen können. Schließlich liegt es vor allem im Interesse von denen, die besonders starke Unterdrückung erfahren, sich selbst zu befreien.
Lasst uns gemeinsam kämpfen – für ein gutes Leben für alle!
Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg
Die Betriebe sind leer!
Kein Wunder, warum solltest du auch eine Ausbildung anfangen, wenn du von deinem Gehalt oft nicht einmal eine eigene Wohnung, Fahrkarte oder Sprit und Essen zahlen kannst? Über Geld sparen oder Hobbies reden wir da noch nicht einmal. Wieso soll ich Erzieher:in werden, wo ich in einigen Bundesländern meine Ausbildung selbst zahlen muss? Wieso soll ich mich drei Jahre lang im Handwerk oder Büro ausbeuten lassen, wenn ich davon nicht einmal genug habe, um am Ende des Monats mit Freund:innen gemeinsam zu einem Konzert zu gehen oder eine Bar zu besuchen?
Was es braucht, ist eine radikale Verbesserung der Verhältnisse, um Ausbildungen wieder attraktiver zu machen.
Deshalb setzt sich die Linksjugend [’solid] für folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von Auszubildenden ein:
– Die Mindestvergütung für Auszubildende muss auf 1600€ brutto angehoben werden. Diese muss steuerfrei zur Verfügung gestellt werden.
– Die Bahn muss für Auszubildende bundesweit kostenlos nutzbar sein.
– Es braucht einen unkomplizierten Zugang zu Wohnungen und Wohngeld.
– Dafür müssen deutlich mehr Sozialwohnungen gebaut und auch langfristig erhalten bleiben.
– Ist das Angebot an Sozialwohnungen den lokalen Bedürfnissen entsprechend gegeben, muss die Einkommensgrenze für den Anspruch auf eben diese erhöht werden, um mehr Menschen günstigen Wohnraum zu ermöglichen.
– Es braucht einen Ausbau des ÖPNV, um kurze Wege zwischen Ausbildungsstelle und Wohnung zu ermöglichen.
Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg
Inflation und Energiekrise treffen vor allem die arme und arbeitende Bevölkerung. Dagegen braucht es Protest und Druck auf die Regierung. Die Regierungspolitik von SPD, Grünen und FDP macht die Masse ärmer, während bei Banken und Konzernen weiter die Profite sprudeln. SPD und Grüne haben damit erneut bewiesen, dass sie kapitalistische Interessen vertreten und keine Partner*innen für sozialistische Kräfte sein können. Widerstand braucht es jetzt aus den Betrieben, Schulen und Unis und von der Straße. Wir setzen uns darin für eine sozialistische Lösung der multiplen Krise ein. Die vom Bundessprecher:innenrat im Rahmen der „Nicht mit uns“-Kampagne erarbeiteten Materialien und Forderungen werden diesem Anspruch bei weitem nicht gerecht – sie verbleiben im Rahmen des kapitalistischen Systems. Der Bundeskongress der Linksjugend [‘solid] beschließt daher die nachfolgenden Forderungen. Auf lokaler und regionaler Ebene sollen Bündnisse gegen Preissteigerungen unterstützt, gegründet und aufgebaut werden. Dort tragen wir unser Programm hinein, auch wenn wir sozialistische Forderungen nicht zur Voraussetzung für gemeinsame Aktionen machen. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass die Gewerkschaften in die Offensive kommen und ihre sechs Millionen Mitglieder mobilisieren.
– Löhne, Renten, Bafög und Sozialleistungen rauf! Automatische Anpassung an die Inflationsrate!
– Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde!
– Soziale Mindestsicherung und Mindestrente von 900 Euro plus Warmmiete plus 700 Euro pro Kind – ohne Hartz-IV-Schikanen!
– Bezahlbare, staatliche Obergrenzen für Lebensmittelpreise, Energiepreise und Mieten! Aufhebung der Mehrwertsteuer auf Waren des Grundbedarfs.
– Fortsetzung des 9-Euro-Tickets im Regionalverkehr und Einführung des ÖPNV zum Nulltarif!
– Nein zu konzertierter Aktion mit Regierung und Kapital – Für eine gewerkschaftliche Kampagne gegen Preissteigerungen und für Lohnerhöhungen!
– Für kämpferische Tarifrunden und Nachschlagszahlungen innerhalb bestehender Tarifverträge. Keine Forderung unter 10% – keine Laufzeit über 12 Monaten. Einsatz der vollen gewerkschaftlichen Kampfkraft bis hin zu Urabstimmung und Erzwingungsstreiks, am besten über verschiedene Bereiche koordiniert!
– Umwidmung des 100 Milliarden – Sondervermögens für die Bundeswehr zu einem Sondervermögen für Klima und Soziales. Abrüstung statt 2-Prozent-NATO-Ziel.
– Nein zur AKW-Laufzeitverlängerung! Schnellstmögliche Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare, dezentrale Energien durch massive Investitionen finanziert durch die Gewinne und Vermögen der Energiewirtschaft!
– Effektive Sanktionen gegen Russland, welche vor allem den Machtapparat Putins sowie den militärisch-industriellen Komplex als Ziel haben.
– Einführung eines einfachen Steuersystems von direkten und progressiven Steuern auf Gewinne, Einkommen, Erbschaften und Vermögen. Wiedererhebung der Vermögenssteuer – 10 Prozent ab einer Million Euro! Einmalige Abgabe von 30 Prozent auf das Geldvermögen von Millionär:innen und Milliardär:innen!
– Überführung der großen Banken und Konzerne, begonnen mit den vom Krieg profitierenden Energie- und Rüstungskonzernen, in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung.
– Kapitalismus bedeutet Krise: Schluss mit Profitlogik! Für eine demokratisch geplante Wirtschaft, welche die Bedürfnisse der Menschen und Rettung der Umwelt in den Mittelpunkt stellt! Für sozialistische Demokratie!
Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg
Die aktuelle soziale Situation der Bevölkerung ist auf einem Höchststand der Misere, die in der Form und Tragweite seit Jahrzehnten nicht mehr aufgetreten ist. Die Inflation, sowie Krisen- und Kriegskosten haben eine massive Preissteigerung in allen Lebensbereichen zur Folge, die Klassenunterschiede in verehrendem Ausmaße alltäglich deutlich macht: Während viele von uns darum bangen müssen, ob sie noch in der Lage sind, sich grundlegendste Lebensstandards leisten zu können, knallen bei Energiekonzernen die Sektkorken, weil auf Kosten derer, die unter den Verhältnissen leiden, Milliardengewinne eingefahren werden.
Aus der sozialen Krise kann es nur einen Weg geben: Die rigorose Überwindung des Kapitalismus hin zu einer Gesellschaft von Solidarität und freier Assoziation. Soziale Missstände ernst zu nehmen bedeutet Seite an Seite für antikapitalistische Antworten auf kapitalistisches Elend einzustehen.
Dafür können wir kämpfen und wirkliche Alternativen aufzeigen bzw. Perspektiven eröffnen und egalitäre Gesellschaftsverhältnisse erstreiten, in denen wir unsere Lebensbedingungen kollektiv bestimmen.
Soziale Verbesserungen sind ein erster Schritt in diese Richtung. Allerdings gilt stets, Ursachen und Gründe der gesellschaftlichen (Welt-)Lage zu verstehen, ihre Widersprüche zu erkennen und höhere Ansprüche an ein gutes Leben zu bilden. Schon dadurch emanzipieren wir uns von den Verhältnissen und kämpfen für Veränderung. Mit den Worten Rosa Luxemburgs: „Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat.“
Die Menschen sollen sich zwischen Frieren und Hungern entscheiden, begründet mit der Wirtschaftskrise, gleichzeitig kündigen insbesondere Rüstungs- und Energiekonzerne Rekordgewinne an. Für den Reichtum der vielen statt der wenigen ist eine Umverteilung von Oben nach Unten daher zwingend erforderlich!
Die Infation treibt die Preise hoch und da die Löhne stagnieren, sind Menschen mit einem festen Einkommen besonders hart getroffen. Aber obwohl viele Menschen durch ihren Tarifvertrag regelmäßig eine Gehaltserhöhung bekommen, bringt sie das bei weitem nicht auf einen grünen Zweig. Die Infation frisst die Lohnerhöhungen komplett und sorgt sogar dafür, dass der tatsächliche Wert des Arbeitslohns sinkt. Die Nutznießer dessen sind vor allem große Konzerne und trotz dessen, dass der Mindestlohn seit dem 01. Oktober auf 12 Euro pro Stunde gestiegen ist, kämpfen Arbeiter:innen täglich mit dem Existenzminimum. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass der der Mindestlohn direkt auf 15 Euro die Stunde steigt und es hier keine Ausnahmen geben darf, wie beispielsweise für Schüler:innen.
Aber auch für Werkstätten für Menschen mit Behinderung gilt der der aktuelle Mindestlohn gar nicht; stattdessen werden die Menschen dort für bloß 1,35 Euro die Stunde ausgebeutet! Davon müssen sie ihr Mittagessen auch noch selbst bezahlen. Mittelfristig wollen wir diese Ausbeutung von Menschen mit Behinderung abschaffen und alle Werkstätten für Menschen mit Behinderung schließen lassen.
Damit es aber nicht getan, denn statt weiterhin nur auf feste Löhne zu setzen, fordern wir Indexlöhne in allen Branchen; das bedeutet, dass die Löhne an die Infationsrate gekoppelt werden und somit vor Wertverfall bei Preissteigerungen geschützt sind.
Aber auch für Behindertenwerkstätten gilt der der aktuelle Mindestlohn gar nicht; stattdessen werden die Menschen dort für bloß 1,35 Euro die Stunde ausgebeutet! Davon müssen sie ihr Mittagessen auch noch selbst bezahlen. Mittelfristig wollen wir diese Ausbeutung von behinderten Menschen abschaffen und alle Behindertenwerkstätten schließen lassen.
Damit es aber nicht getan, denn statt weiterhin nur auf feste Löhne zu setzen, fordern wir Indexlöhne in allen Branchen; das bedeutet, dass die Löhne an die Infationsrate gekoppelt werden und somit vor Wertverfall bei Preissteigerungen geschützt sind.
Arbeitskämpfe sind in diesen Tagen umso notwendiger als ohnehin schon: Die Bundesregierung setzt bei der Entlastung von Arbeiter:innen vor allem auf Einmalzahlungen in der Höhe von wenigen Hundert Euro. Diese Einmalzahlungen sind angesichts der horrenden Preissteigerungen lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein und entlasten nicht wirklich. Wir unterstützen die Tarifstreiks der Gewerkschaften in den kommenden Monaten, denn auch wir finden: Es ist ein nicht hinnehmbarer Zustand, dass die Unternehmen riesige Profite einfahren und Arbeitende nicht mehr wissen, wie sie ihre Lebensgrundlagen bezahlen sollen.
Nicht nur Arbeiter:innen leiden unter der aktuellen Situation enorm – auch die Situation für Beziehende von Sozialleistungen stellt sich gerade aktuell als besonders prekär dar.
13,8 Millionen Menschen leben in Deutschland in Armut. Trotz dessen, dass der Bericht für das Jahr 2022 noch nicht erschienen ist, ist jetzt schon klar, dass alleine durch die Pandemie im Jahr 2020 600.000 mehr Menschen in den Zustand der Armut abgerutscht sind. Bei der aktuellen Inflation und der Welle an Teuerungen ist es naheliegend, dass die Zahl der armen Menschen in Deutschland weiter steigen wird. Die Preissteigerungen liegen aktuell bei über 10% und Lebensmittelpreise sind insgesamt im Schnitt um über 20% teurer geworden; Essen wird für viele Menschen zunehmend zum Luxus. Schon jetzt verzichten aufgrund der lang anhaltenden Inflation und den steigenden Lebenshaltungskosten 16% der Betroffenen auf reguläre Mahlzeiten. Wenn sie unter 1000€ zur Verfügung haben, sind es sogar 33% – also jede dritte Person. Doch die Regelsätze bei den Sozialleistungen blieben unverändert und alles, was Beziehenden zu Gute kommt, sind lächerlich geringe Einmalzahlungen. Wie verzweifelt die Menschen mittlerweile sind, hat sich auch bereits online in den sozialen Medien gezeigt. Unter dem Hashtag #ichbinarmutsbetroffen machen immer mehr Armutsbetroffene auf ihre grassierende Armut aufmerksam und zeigten deutlich, wie sehr sie darunter leiden. Vom Staat und der Ampelregierung ist hier auch keine Hilfe zu erwarten, denn die einzige Aktion der Regierung, die wenigstens den Anschein einer Maßnahme hat, ist die Umbenennung von Hartz IV in Bürgergeld. Das hierbei bediente Narrativ dabei ist klar: Mit dem Bürgergeld soll das menschenverachtende System ersetzt und ein Leben in Würde ermöglicht werden. Tatsächlich wurde der Regelsatz einfach nur auf 502€ erhöht – das sieht die Regierung als Anlass, um sich dafür nun öffentlich zu feiern. Wie zynisch das ist merkt man, wenn man einfach mal nachrechnet: Diese Erhöhung von 53€ deckt gerade mal ein bisschen mehr als die aktuelle Inflation ab. Um Armut wirklich zu bekämpfen und Betroffenen eine Teilhabe am Leben zu ermöglichen müsste der Regelsatz für Erwachsene bei mindestens 800 Euro im Monat liegen und jährlich an die Inflation angepasst werden. Das was wir real vorfinden ist weiterhin Armut per Gesetz – nur hübscher verpackt. Seit Jahren fordern Sozialverbände eine deutliche Erhöhung der Regelsätze, aber auch diese Akteure werden weitestgehend ignoriert, während sich regierende Politiker:innen für eine Inflationsanpassung loben. Aber nicht nur das ist ein Punkt der sich dringend ändern muss: Auch die Mietobergrenzen für Wohnungen stellen eine unnötige finanzielle Hürde dar. Jeder Fünfte zahlt im Schnitt 80€ jeden Monat von seinem Regelsatz zur Miete dazu, da das Jobcenter nicht die volle Höhe übernimmt. Es ist indiskutabel, dass Wohnen ist ein Grundrecht ist und daher auch zusammen mit den anfallenden Energiekosten in voller Höhe übernommen werden muss.
Kinder und Jugendliche schauen nochmal aus einem anderen Blickwinkel auf exakt dasselbe Übel. Soziale Ausgrenzung, Verzicht und das Gefühl, nicht genug zu sein, begleitet sie von klein auf. Durch die Pandemie wurde das nochmal zusätzlich verstärkt, denn teure Geräte, um am Homeschooling teilnehmen zu können, sind für viele Familien keine Selbstverständlichkeit. Weil der Staat hier mal wieder nicht einsprang, wurden die Problemstellen von privaten Vereinen übernommen; ein erneutes Armutszeugnis der Regierung in Sachen soziale Gerechtigkeit – besonders angesichts dessen, dass die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hat, Kinderarmut wirksam zu bekämpfen. Von der Koalition wurde eine Kindergrundsicherung und die Zusammenführung bisheriger finanzielle Unterstützungen wie Kindergeld, Leistungen aus dem SGB II und dem SGB XII für Kinder, Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes sowie den Kinderzuschlag zu einer einfachen Förderleistung angepriesen. Real geschieht weiterhin nichts: Mittlerweile ist jedes 5. Kind – also 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche – von Armut betroffen. Obwohl für sie die Situation immer prekärer wird, sieht die Regierung in der Bekämpfung der Kinderarmut keine Priorität: Die Kindergrundsicherung soll erstmals in mehr als zwei Jahren, konkret: 2025, ausgezahlt werden; der Gesetzentwurf dazu soll auch erst Ende 2023 vorliegen, dann wiederum erst ins Kabinett kommen und im Anschluss gegebenenfalls verabschiedet werden. Bis dahin gibt es für die 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche lediglich einen Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro im Monat, dessen Marginalität an Zynismus nicht zu überbieten ist. Nichts an diesem Betrag bekämpft Armut ansatzweise; im Gegenteil – er steht unterhalb dessen, was eigentlich zusätzlich durch die Inflation an Preissteigerungen abgedeckt werden müsste. Exakt wie die im dritten Entlastungspaket festgelegte Erhöhung des Kindergelds ab dem 01. Januar 2023 um 18 € – auch das fällt unter die Größe der durch die Inflation aufzufangenden Kosten.
Hier braucht es uns: Als Sofortmaßnahme fordern wir deshalb einen unmittelbaren Zuschlag in Höhe von 150 € im Monat, der rückwirkend ab Januar 2022 gezahlt werden soll, sowie die generelle Erhöhung des Kindergeldes auf 328 € im Monat, ebenfalls rückwirkend ab Januar 2022. Doch nur mit einer Erhöhung des Kindergeldes und der Einführung eines Sofortzuschlages ist es nicht getan. Deshalb wollen wir, dass beim Unterhaltsvorschuss künftig auch nur noch die Hälfte des Kindergeldes angerechnet werden soll und nicht wie bisher der gesamte Betrag.
All das sind jedoch nur Übergangslösungen. Wir wollen, dass Kinderarmut der Vergangenheit angehört, und kämpfen deshalb für eine Kindergrundsicherung in einer Höhe von mindestens 700 € im Monat. Die genaue Höchstgrenze soll zusammen mit Sozialverbänden wie dem Paritätischen erarbeitet werden. Die dort ausgemachte Kindergrundsicherung soll sich dann am vier Säulen Modell der Partei DIE LINKE orientieren.
Auszubildende werden bei den Arbeitskämpfen und den Forderungen nach mehr Lohn oftmals vergessen. Ihre aktuelle Mindestausbildungsvergütung liegt bei 585 € im Monat. Hier braucht es nicht nur ebenfalls eine Anpassung an die Inflation, sondern auch eine Erhöhung auf mindestens 1400 € brutto im Monat für alle Ausbildungen direkt ab dem ersten Lehrjahr. Damit wird nicht nur das Leben der Auszubildenden unmittelbar verbessert, auch die bestehende Krise auf dem Ausbildungsmarkt wird beträchtlich eingedämmt. Doch nur mit der Erhöhung der Ausbildungsvergütung sind wir nicht zufrieden. Stattdessen brauchen wir in allen Betrieben eine Mindestausbildungsquote von zehn Prozent der gesamten Arbeitsplätze in dem jeweiligen Betrieb, einen gesetzlichen Anspruch auf einen Ausbildungsplatz und eine garantierte, unbefristete Übernahme per Gesetz nach dem Bestehen der Ausbildung. Für die Unternehmen, die nicht ausbilden, wollen wir eine Ausbildungsumlage einführen, um damit das Recht auf Ausbildung zu finanzieren.
Auch Studierende versinken in der Krise: Während der Pandemie haben viele ihre Nebenjobs verloren und standen nicht selten vor dem Verlust ihrer gesamten Existenz. Nur noch 11% der gesamten Studierenden beziehen BAföG – bei den Fachschüler:innen sind es nochmal weniger. Doch BAföG gibt es aktuell nicht als Vollzuschuss und der Höchstsatz steht gerade einmal 3 € über dem aktuellen Regelsatz für Hartz IV. Ergo: Studierende müssen sich also zum einen verschulden und zum anderen leben sie trotzdem weiterhin und immer mehr in Armut. Die Erhöhung, die es zum diesjährigen Wintersemester gab, hat dazu nicht wirklich etwas verbessert. Als Wohnkostenzuschuss bekommen Studierende gerade einmal 360 € – dafür bekommt man in den meisten Universitätsstädten (und auch außerhalb) nicht mal ein WG-Zimmer.
Deshalb setzen wir uns als Linksjugend [’solid] dafür ein, dass BAföG zukünftig als Vollzuschuss gewährt wird und der Grundbetrag zum einen sofort auf 800€ erhöht und zum anderen jährlich an die Inflation angepasst wird. Für die Unterkunftspauschale soll die ortsübliche Miete im Durchschnitt berücksichtigt werden und nicht wie bisher pauschal 360€ gezahlt werden. Auch Semesterbeiträge sollen zukünftig auch vom BAföG abgedeckt werden. Zudem soll die Altershöchstgrenze entfallen, das BAföG generell elternunabhängig sein und für Studierende aus einkommensschwachen Familien soll eine Studienstarthilfe in Höhe von 1000 € zum Studienbeginn gezahlt werden.
In Deutschland leben alleine 4,1 Millionen pflegebedürftige Menschen, die aktuell einen Pflegegrad haben. Doch nicht alle Menschen, die eigentlich Unterstützung bräuchten aufgrund ihrer chronischen Krankheit oder ihrer Behinderung, bekommen diese auch. Aber eines haben sowohl Menschen mit Pflegegrad, als auch die ohne gemeinsam:
Bei den Entlastungen und Unterstützungen während dieser sozialen Krise werden sie konsequent vergessen. Hier gibt es keine Erhöhungen der Gelder, im Gegenteil. Im Bereich der Hilfen wird gerne gekürzt, das Pflegegeld wurde seit 5 Jahren nicht mehr erhöht und die Situation in der ambulanten und stationären Pflege ist eine Katastrophe.
Die meisten Pflegebedürftigen werden aufgrund der katastrophalen Situation in der Pflege auch von Angehörigen Zuhause versorgt, was dazu führt, dass diese nur in Teilen oder gar nicht mehr arbeiten gehen können und angewiesen sind auf Transferleistungen wie beispielsweise das aktuelle unmenschliche Hartz IV. Wir werden jetzt nicht von jetzt auf gleich das gesamte System in der Pflege revolutionieren können, aber wir können dafür kämpfen, dass Pflegebedürftige sofortige Entlastungen bekommen.
Denn in den letzten 5 Jahren wurde das Pflegegeld nicht erhöht, doch die Kosten steigen enorm. Das hat zur folge das entweder die Pflegenden auf Gelder verzichten um die Pflege sicher zu stellen, behinderte Menschen auf den Kosten einfach sitzen bleiben oder auf wichtige Hilfsleistungen verzichten. Dieser Zustand ist nicht tragbar!
Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass es eine sofortige Erhöhung des Pflegegeldes um 200 Euro gibt als erste Maßnahme. Zusätzlich muss der Betrag für Hilfsmittel wie Masken und ähnliches verdoppelt werden.
Doch mit der Erhöhung ist es nicht getan, beide Gelder müssen jährlich und automatisch an die Inflation angepasst werden.
So, wie die Krise Menschen am Anfang und im Mittelpunkt des Lebens betrifft, hat sie natürlich auch einen Einfluss auf Rentner:innen: Hier fordern wir, dass die Regelaltersgrenze, also das Renteneintrittsalter auf 60 Jahre abgesenkt wird. Weiter setzen wir uns dafür ein, dass der aktuelle Rentenwert (Ost) unverzüglich an das Westniveau angeglichen wird. Aber damit ein Leben in Würde auch im Alter möglich ist, setzen wir uns für eine solidarische Mindestrente in Höhe von 1200 Euro netto ein.
In all ihren Entlastungspaketen hat die Bundesregierung wenig gute Maßnahmen niedergeschrieben. Die Entlastung, die für alle am deutlichsten spürbar war und am meisten verändert hat, war das 9-Euro-Ticket. Zusammen in breiten Bündnissen kämpfen wir weiterhin dafür, dass das 9-Euro-Ticket auf dem Weg zu einem kostenfreien ÖPNV übergangsweise wieder eingeführt wird. Doch damit die Bahninfrastruktur nicht zusammen bricht, braucht es hier massiven Ausbau und Investitionen. Denn auch für eine klimagerechte Verkehrswende ist ein bezahlbares, günstiges Ticket für alle unverzichtbar.
Für die Lösung der sozialen Frage müssen sinnstiftende und freudige Reproduktion wie Bildung und Wissenschaft, Kultur und Sport sowie Gesundheit allen zugänglich sein. Für ein menschenwürdiges Leben für Alle und eine nachhaltige Wohlentwicklung der Gesellschaft brauchen wir deshalb eine Demokratisierung und bedarfsgerechte Finanzierung aller Bereiche des öffentlichen Lebens. . In der gemeinsamen intellektuellen Auseinandersetzung mit der Welt begegnen wir uns als Gleiche und vermenschlichen uns.
In Kindertagesstätten, Schulen, Jugendzentren und Universitäten und bilden uns zu kritischen Persönlichkeiten. Mit uneingeschränkten Besuchen von Museen, Theatern, Kinos, Bibliotheken, Konzerten, Schwimmbäder usw. eignen wir uns anhand der großen Werke der Kunst die Gesellschaft an bzw. ermächtigen uns unserer Körper. Durch eine aufklärende, flächendeckende, klassenlose, präventive und kostenlose Gesundheitsversorgung können wir uns stärker eben skizzierten, produktiven Tätigkeiten widmen. Forschung und Wissenschaft dienen ausschließlich dem Menschen und der Wahrheitsfindung, so dass wir adäquate Antworten auf die drängenden Herausforderungen unserer Zeit (Klimakrise, Armut Hunger etc.) erarbeiten und umsetzen, anstatt dem Kapitalinteresse von Konzernen nützlich zu sein.
Der Kapitalismus lebt von Krisen, um sich selbst aufrecht zu erhalten. Sinkende Löhne als vorhergehender Schritt zu steigenden Profiten wiederholt sich zyklisch. So formulierte Marx unter anderem die Phasen:
1. Stagnation/Zweite Abschwungsphase
2. Prosperität/Erste Aufschwungsphase
3. Überproduktion/Zweite Aufschwungsphase
4. Krise/Erste Abschwungsphase
Durch Modernisierung gibt es immer mehr technologische Möglichkeiten, menschliche Arbeitskraft auszutauschen und stärker vom Produkt zu entfremden, um die Produktivität drastisch zu steigern. Allerdings kommt es durch fehlende Investitionen dazu, dass Waren bei gleichgebliebener Nützlichkeit weniger Geld wert sind, zum Beispiel, wenn weniger Arbeitszeit für das gleiche Produkt gebraucht wurde, auch moralischer Verschleiß genannt. Dadurch sinkt die Profitrate, also der Mehrwert durch die Summe von Kapital für die Materialen und Maschinen und dem Lohn der Arbeiter:innen pro Produkt. Da im Kapitalismus alle Firmen zueinander in Konkurrenz stehen und ihre Technologie verbessern wollen, sinkt die Profitrate tendenziell und wirtschaftliche Krisen entstehen. Langfristig kommen also im Kapitalismus immer Krisen auf uns zu und nur Sozialismus, wo die Bedürfnisse der Bevölkerung über Profite gestellt werden, kann dies verhindern. Bis dahin gilt:
Die aktuelle Krise zeigt sich vor allem in den explodierenden Energiekosten. Schon jetzt haben viele Menschen Angst vor ihren Rechnungen egal welcher Art. In Anbetracht dessen ist es eine umso größere Dreistigkeit der Bundesregierung in ihrem dritten Entlastungspaket eine Gasumlage festzuschreiben, um die Verluste der Unternehmen auf die Verbraucher:innen umzulegen. Durch lauten Protest der Zivilbevölkerung hat die Regierung diese Umlage wieder gekippt und stattdessen die Einführung einer Energiepreisbremse angekündigt, welche wir als sozialistische Jugendorganisation in der bisher vorgelegten Form entschieden ablehnen. So sind weiterhin viele Details unklar und der Vorschlag der Expert:innenkommission, dass die Energiepreisbremse für Privathaushalte erst ab März, wenn es wieder wärmer wird, greifen soll ist purer Hohn. Ferner wird das vorgeschlagene Modell wieder einmal Wohlhabende und Vielverbraucher:innen stärker entlasten, als die breite Masse der Bevölkerung, welche ihre Rechnungen auch so kaum oder gar nicht bezahlen können.
Auch zeigt die bisherige Erfahrung mit Preisbremsen bürgerlicher Regierungen , dass diese ihren ausgelobten Zweck nicht erfüllen und wenn überhaupt die Gewinne von Banken, Konzernen und den Reichen sichern.
Forderungen nach einer sozial gerechten Gestaltung von Preisdeckeln*, besonders für Energie und Lebensmittel, sowie die Forderungen nach Übergewinn- und Reichensteuern sind prinzipiell erstmal unterstützenswert, greifen aber die Grundproblematik, den Kapitalismus, nicht konkret an und verbleiben so das sprichwörtliche Pflaster auf der klaffenden Wunde.
Entsprechend gilt es für uns als Sozialist:innen die Frage nach den Eigentumsverhältnissen zentral nach vorne zu stellen. Konkret in dieser Krisensituation bedeutet es jetzt die Vergesellschaftung der Energieproduktion und die Überführung eben jener in die Hände der Arbeiter:innenklasse zu fordern und durch die Unterstützung von Arbeitskämpfen oder von Initiativen wir ‚RWE Enteignen‘ zu forcieren. Nur so kann sichergestellt, dass sich die zukünftige Produktion an unseren Bedürfnissen ausrichtet und nicht daran, noch mehr Profit zu erwirtschaften.
Es muss klargemacht werden, dass Politik im Interesse des Kapitals bei weitem nicht alternativlos ist! Es regt sich immer mehr Protest gegen den Status quo und immer mehr Bündnisse formieren sich gegen die bestehende Verhältnisse. In unzähligen Städten gehen Organisationen unter dem Motto ‚Genug ist Genug‘, ‚Nicht mit uns‘ oder auch ‚Solidarischer Herbst‘ auf die Straße und machen der Regierung klar, dass die Protestierenden nicht weiter bereit sind, für die Krisen zu zahlen.
Als Linksjugend [’solid] sind wir in vielen Städten vor Ort aktiv Teil dieser Begehren und kämpfen zusammen mit Gewerkschaften, Verbänden und Organisationen für einen Weg, der uns solidarisch durch die Krise und raus aus dem Kapitalismus bringt.
*Ein solcher Energiepreisdeckel kann beispielsweise wie folgt aussehen: Konkret fordern wir damit ein Grundkontigent an Energie pro Haushalt, das zu festen und leistbaren Preisen zur Verfügung steht. Zur weiteren Verminderung der finanziellen Belastung der Menschen, soll dieser Preisdeckel rückwirkend ab Januar 2022 gelten. In der Umsetzung heißt das, dass pro Haushalt 7000 kWh an Erdgas und für jede weitere Person weitere 2000 kWh zur Verfügung stehen sollen; der Preis hierfür soll bei 7 ct/kWh liegen. Die Strompreise betreffend, wird Pro Haushalt ein Grundkontigent von 1500 kWh und für jede weitere Person zusätzliche 750 kWh; hier wird der Preis pro kWh auf 27 Cent gedeckelt.
Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg
In zwei Jahren ist Europawahl. Das Verhältnis von Linken zur EU ist ambivalent:
Die EU in ihrer jetzigen Form ist unerträglich, es ist aber auch keine Lösung, sich rückwärtsgewandt in die eigenen Nationalgrenzen zurück zu ziehen. Deswegen gilt es, für den Bundesverband eine Grundposition festzulegen, auf Basis derer wir in der Lage sind, Kritik zu üben, eine Kampagne zu fahren und uns nicht in undifferenzierten Standpunkten zu verlieren.
Linke Forderungen nach einem EU-Austritt der Bundesrepublik entbehren jeder Grundlage. Deutschland als Führungsmacht der EU wird die EU nie verlassen, und Forderungen, einfach zurück zu den nationalen Wohlfahrtsstaaten vor der EU zu gehen, sind weder umsetzbar noch links. Wir lehnen deshalb solche Forderungen ab und kämpfen gemeinsam mit linken Bewegungen aus anderen Teilen Europas gegen diese EU und für ein demokratisches und sozialistisches Europa.
Was als Montanunion startete, ist mittlerweile zu einer Währungsunion mit freiem Binnenmarkt geworden. Die europäische Wirtschaft ist schon lange jenseits von Nationalgrenzen transzendiert und zielt immer mehr auf einen einheitlichen und festen europäischen Wirtschaftsraum. Was dafür sorgt, dass man auch in Westfrankreich polnische Biere zum kleinen Preis erwerben kann, ist jedoch gleichzeitig auch großes Unglück für Millionen an Menschen: Die auch nach dem kalten Krieg immer noch existente Schneise zwischen Ost- und Westeuropa äußert sich in Entwicklungsunterschieden solchen Ausmaßes, dass Arbeitskräfte aus dem struktur- und wirtschaftsschwächeren Osten Europas in Westeuropa für miserabel bezahlte Arbeiten Fuß fassen und so auf Kosten ihrer Gesundheit und Würde im – teilweise schon selbst im kapitalistischen System illegalen – Minimum des Westens ein höheres Niveau des Lebensstandards vorfinden als im Status Quo Osteuropas.
Diese menschenverachtende Ausbeutung wird durch Finanzzentren wie die EZB (Europäische ZentralBank) reguliert und am Laufen gehalten, die über Zinsraten den Charakter des Kapitalmarkts gestalten; dabei verschulden sich die Nationalstaaten immer weiter, politische Souveränität wird durch ökonomische Abhängigkeit in den Schatten gestellt und die durch die Währungspolitik der Banken unterhaltenen Spekulationsblasen können frisch und fröhlich weiter wachsen, bis sie notwendigerweise wieder in einer Krise enden und soziale Katastrophen nach sich ziehen.
Heißt das, dass es einen ethischen europäischen Kapitalismus gibt, wenn sich die EZB nur anders verhält? Absolut nicht, das systematische Problem bleibt bestehen und wird weder in den Wolkenkratzern Frankfurt am Mains noch der Kellerstube einer:s rumänischen Waldarbeiterin:s gelöst.
Auch die Politik der BRD selbst trägt einen Teil dazu bei, dass die Währungsunion kein wirtschaftlich geeintes Europa schaffen konnte.
Mit dem Ausbau des Niedriglohnsektors unter dem Narrativ wir müssten unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken sorgte die BRD dafür, dass die Inflationsrate hierzulande stets geringer war als zum Beispiel in Italien, Frankreich oder Spanien. Dies führte in der Konsequenz dazu, dass die BRD auf Kosten ihrer Partner:innen in der Währungsunion, riesige Exportüberschüsse produzierte. Das Resultat ist: die BRD wirtschaftet mit den Niedriglöhnen der eigenen Bevölkerung gegen ihre Nachbarländer.
Nur mit einer starken Linken können wir die europäische Kehrtwende hin zum guten Leben initiiert bekommen. Unsere Forderungen markieren hierzu nur die ersten Schritte.
Das derart wichtige Entscheidungen mit weitreichenden Auswirkungen einer technokratischen Institution, wie der EZB, überlassen werden, ist unhaltbar. Deshalb muss die Geldpolitik repolitisiert werden. Dazu muss Geld als gesellschaftliche Institution begriffen und einer politischen Kontrolle unterworfen werden.
Heißt das, dass es einen ethischen europäischen Kapitalismus gibt, wenn sich die EZB nur anders verhält? Absolut nicht, das systematische Problem bleibt bestehen und wird weder in den Wolkenkratzern Frankfurt am Mains noch der Kellerstube einer:s rumänischen Waldarbeiterin:s gelöst. Nur mit einer starken Linken können wir die europäische Kehrtwende hin zum guten Leben initiiert bekommen. Unsere Forderungen markieren hierzu nur die ersten Schritte.
– Die Umstrukturierung der EZB hin zu politisch gesteuerten und überwachten Wirtschaftsräten
– Die Einführung eines europaweiten Mindestlohns
– Eine europäische Wirtschaftspolitik, die darauf abzielt die Entwicklungsunterschiede, die sowohl zwischen den Mitgliedsstaaten, als auch in ihnen bestehen, abzubauen
– Europäische Tarifverträge, welche sich in ihren Mindestforderungen an den Tarifverträgen in den Ländern mit dem höchsten Lohnniveau (Frankreich, Deutschland, Schweden etc.) orientieren.
Neoliberalismus ist nicht das einzige Problem. Die Welle des Rechtspopulismus und Nationalismus, die die imperialistischen Zentren heimsucht, ist auch in Europa zuhause. In allen Ländern der EU gibt es rechte und nationalistische Parteien und fast überall feiern sie nach wie vor einen Erfolg nach dem anderen. Bei der Europawahl 2019 konnten rechtsextreme und nationalistische Parteien und Fraktionen ihre Sitze gegenüber 2014 verdoppeln. Am erfolgreichsten sind
– die französische Rassemblement National (ehemals Front National), die 2019 in ihrem Land mit Abstand stärkste Partei zu den EU Wahlen wurde und deren Vorsitzende Marine Le Pen im Frühjahr 2022 nur knapp scheiterte, französische Staatspräsidentin zu werden.
– die Lega Nord aus Italien, die das ebenfalls schafften
– die PiS in Polen, die zusätzlich sogar die polnische Regierung stellen, in der sie Rechtsstaat und Menschenrechte untergraben.
– Auch die britische Brexit-Partei, die 2019 im wesentlichen die UKIP ersetzte, wurde stärkste Kraft in ihrem Land, ist aber mittlerweile natürlich aus dem EU-Parlament ausgeschieden.
Aber auch in anderen Ländern gibt es erfolgreiche rechtsextreme und nationalistische Parteien, zu viele, um sie hier alle aufzuzählen. Der Erfolg beschränkt sich nicht nur auf die europäische Ebene, sondern wirkt genauso in nationaler und regionaler Politik. Dazu kommen Parteien, die offiziell als „konservativ“ gelten, teils aber ebenso rechts sind oder zumindest mit der extremen Rechten paktieren.
Hervorzuheben ist hier die ungarische Fidesz, geführt von Viktor Orban. Seit dem Wahlsieg von 2010 hat diese Partei schrittweise Bürger:innenrechte, Medienfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie abgebaut, um sich selbst an der Spitze zu halten. Dafür nutzt sie unter anderem ein waschechtes Propagandanetzwerk und antisemitische Verschwörungstheorien. Für diese offensichtlichen Verstöße sollte sie 2020 aus der EVP, der europäischen Fraktion der Konservativen, ausgeschlossen werden, was aber ausgerechnet von der deutschen CDU/CSU maßgeblich verhindert wurde.
Die EVP hat noch viel mehr Dreck im Kofferraum, beispielsweise war die offen faschistische Enkelin Benito Mussolinis, Alessandra Mussolini, die ihrem Großvater schamlos nacheifert, in der Wahlperiode 2014 bis 2019 Mitglied.
Diese düstere Zusammenfassung zeigt dreierlei: Die Situation ist nicht nur für Sozialist:innen, sondern für alle Demokrat:innen unterträglich. Von Konservativen kann, auch in Deutschland, keine Hilfe erwartet werden. Von alleine wird die Situation sich nicht verbessern – wir müssen aktiv werden.
Gegen Rechts hilft nur Links. Unsere Antwort auf Nationalismus ist internationale Solidarität!
Wir werden die europäische Vernetzung der linken Parteien und Jugendverbände weiter vorantreiben, sodass Sozialist:innen aus ganz Europa sich gegenseitig unterstützen können.
Wir setzen uns für eine neue EU der internationalen Solidarität statt des Neoliberalismus und erstarkendem Nationalismus ein.
– effektiven Schutz von Menschenrechten, Bürger:innenrechten, Medien- und Meinungsfreiheit sowie Demokratie in den Mitgliedsstaaten,
– den Kampf gegen Nationalismus und Korruption in den Mitgliedsstaaten, insbesondere Ungarn,
– eine Demokratisierung der EU durch transparente Entscheidungsfindung statt Absprachen hinter verschlossenen Türen und die Abschaffung jeglicher geheimen Verträge und privaten Schiedsgerichte.
Liberale Feminist:innen träumen sich die EU mit ihrer weiblichen Kommissionspräsidentin als ein ideales feministisches Projekt, doch: Eine Frau, die unterdrückt, Machtpositionen ausnutzt und Kriege führt, macht diese Sachen nicht durch ihr Geschlecht besser oder #girlboss.
Ursula von der Leyen ist bis über beide Ohren in Kriegsprofite und Vetternwirtschaft verstrickt, in Italien gewinnt die offen Sympathien zum Faschismus zur Schau stellende Giorgia Meloni die Wahl und das Geschlecht Annalena Baerbocks verhindert auch nicht das Elend, dass durch die von ihr geleiteten Institutionen verursacht wird.
Was immer vergessen wird, ist, dass der Grund für Geschlechterungerechtigkeit nicht in Kabinetten und Parlamenten, sondern in den grundlegenden Produktionsweisen unserer Gesellschaft liegt: Der patriarchalen Teilung von Produktions- und Reproduktionssphäre ist egal, ob Olaf Scholz oder Angela Merkel das Land zu einem jahrzentelangen „Weiter so!“ führt.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Verbesserungen der Lage gegen das Patriarchat ohne Systemwechsel komplett ausgeschlossen sind – sie werden aber nie den tatsächlichen Umsturz bedeuten, den wir im Endeffekt brauchen werden. Konkrete Angriffspunkte sind beispielsweise Zugänge zu Schwangerschaftsabbrüchen, geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung statt Data-Gap und eine stärkere Verfolgung von Zwangsprostitution auf Kosten der Freier und Zuhälter.
Die aktuelle Situation für Rechte von Frauen und queeren Menschen sieht bei weitem nicht gut aus: Dezidiert antifeministische Kräfte, wie die polnische PIS-Partei, die italienische Rechtsfront und in Deutschland Akteur:innen aus dem Umfeld des „Marsch für das Leben“ stellen eine große Bedrohung für Selbstbestimmung und Feminismus dar; nicht weniger zeigen mediale Hypes um Figuren wie den aus Rumänien stammenden und sich als Patriarch gebenden „Andrew Tate“ auch in Europa, wie es auch im Internet um Gleichberechtigung steht.
Wir kämpfen für eine internationale feministische Bewegung, die dem antifeministischen Backlash etwas entgegensetzt und auch auf die europäischen Institutionen Druck aufbaut, um die Rechte von Frauen und Queers durchzusetzen.
Die EU und ihre Mitgliedsländer sind zusammen eine der größten ökonomische Mächte der Welt. Sie kontrollieren einen großen Teil der Weltwirtschaft und sind direkt oder indirekt für einen großen Teil der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Sie haben von der Verbrennung fossiler Rohstoffe auf Kosten des Klimas massiv profitiert, eine Chance, die sich jetzt industrialisierende Länder nicht mehr haben. Sie haben außerdem Zugriff auf genau die Technologie, die für eine klimaneutrale Wirtschaft gebraucht wird.
Zusammengefasst haben EU und Mitgliedsländer also die Fähigkeiten und die Ressourcen, aber auch die Verantwortung und die Pflicht, ihre eigenen Volkswirtschaften zu transformieren, andere Länder bei dieser Transformation zu unterstützen und die verursachten Schäden auszugleichen.
Dabei reicht es nicht aus, schlicht die Verbrennung fossiler Rohstoffe zu beenden. Die Transformation wird unweigerlich Gewinner:innen und Verlierer:innen produzieren, weshalb Gerechtigkeit und Ausgleich unbedingt dazu gehört.
Außerdem dürfen andere Umweltprobleme wie Schadstoffbelastung, Plastikverschmutzung usw. nicht vergessen werden.
Diese Transformation ist aber ebenso eine riesige Chance, Ölbarone und Kohlekönige von ihren Thronen zu stoßen und ein gerechteres Energiesystem zu bauen.
– Nicht nur grüne Transformation, sondern gerechte Transformation (Just Transition);
– Mehr als nur Green New Deal: Wir brauchen den Red New Deal! Wir fordern einen grundlegenden Wechsel des Wirtschaftssystems, der nicht nur Energie- und Verkehrswende beinhaltet, sondern auf ein Ende des Kapitalismus hinausläuft.
– Dezentralisierte Energienetze und Kraftwerke die überwiegend in öffentlicher Hand, der Hand der Bevölkerung (zB private Solaranlagen) und der Hand der Arbeitenden (z.B. bei größeren Kraftwerken) sind.
– Einen Klimafolgenfonds, der unter anderem Katastrophen- und Wiederaufbauhilfe (siehe z.B. die Flutkatastrophen im Ahrtal oder in Pakistan) leistet, aber ebenso weltweit Projekte zum Schutz vor eben diesen Katastrophen finanziert.
– Hitzepläne für Europa. Darunter fallen unter anderem Vorkehrungen für ab jetzt regelmäßig zu erwartende Dürreperioden und gezielte Abkühlung von Städten, z.B. durch weißen Asphalt, mehr Grünanlagen und umweltbewusste Stadt- und Bauplanung.
– Die Verteilung von Subventionen, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich, vor allem nach Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit.
– Ausgleichszahlungen für wegfallende Industrie müssen direkt an die Arbeiter:innen gehen, Fortbildungen und Umschulungsprogramme direkt finanziert werden, statt Gelder an Firmen zu zahlen, um die aktuelle Praxis zu beenden, dass Konzerne für Transformationen und sozialen Ausgleich gedachte Gelder in die eigene Tasche umleiten.
– Die Streichung der geklüngelten Einstufung von Gas und Atom als nachhaltig.
Die durch und durch kapitalisierte Europäische Union zeigt sich gerne als Teil der Welt mit besonders hohen Lebensstandards und Komfort soweit das Auge reicht. Die Realität spricht jedoch eindeutig eine andere Sprache: Ballungszentren zeichnen sich dadurch aus, immer von besonders prekären Vororten ummantelt zu sein und ländliche Raume geraten seit langem durch fehlende Infrastruktur sowie abwandernde Jugendliche immer mehr in die Lage von sich im Aussterben befindlichen Rentner:innenreservaten. Doch auch im Inneren der Ballungszentren gehen Standards und Versorgung auf die Kosten mentaler, sowie physischer Gesundheit: Arbeitswahn, horrende Lebenserhaltungskosten und Anonymisierung treiben besonders Schüler:innen, Auszubildende, Arbeiter:innen und Studierende im Großstadtdschungel massenhaft in Richtung Verzweiflung und Depression.
In Kombination mit den durchaus großen nationalen Disparitäten zwischen EU-Nationen sorgt dies für ein europaweites Klima zunehmender Armut, gegenseitiger Ausbeutung in „Billiglohnsektoren“ und seelischer Verwahrlosung – besonders in struktur- und wirtschaftsschwachen Ländern. Corona, die wirtschaftliche Misere, die aktuell tobenden Kriege und Klimakatastrophen, wie beispielsweise das Hochwasser in West- und Mitteleuropa 2021 beschleunigen diesen Prozess nur umso mehr.
Angesichts dieses Kontextes geht es nicht darum, dass wir eine soziale Frage aufbringen wollen, es geht darum, dass sie aufgebracht werden muss!
– Europaweites, elternunabhängiges Bafög inklusive Abschaffung der Studiengebühren
– Europaweit einheitliche Sozialleistungen, die ein menschenwürdiges Leben garantieren
– Den konsequenten und rigorosen Schutz marginalisierter Gruppen wie bspw. Sinti und Roma
– Den Aufbau einer einheitlichen europäischen Gewerkschaft
– Die ausschließliche Subventionierung sozial progressiver Projekte
So sehr, wie sich die Europäische Union in der westlichen Welt festigt, festigt sie damit auch die Abgrenzung nach außen. Die Folge eines immer freieren Handelsmarktes in Europa ist nach Kontakt mit notwendigen kapitalistischen Krisen eine immer größere Abschottung. So schreibt selbst das reaktionäre und liberale Meinungsblatt „Tichys Einblick“, dass die Folgen einer schwachen EU-Wirtschaft Protektionismus und äußere Abgrenzung sein.
Was zu Vorkriegszeiten Grenzschutzbehörden in heutigen EU-Ländern waren, sind heute menschenverachtende Abwehrtrupps wie Frontex, die den europäischen Kontinent als solchen militärisch abzäunen. Dabei gilt: Je schwächer das Interieur der Festung Europa ist, desto stärker werden ihre Mauern befestigt; und je monströser ihre Abgrenzung nach außen ist, desto schlechter verhält es sich in ihrem Inneren – systemimmanente Krisen im Kapitalismus äußern sich in einem vermeintlich unaufhaltbar angestoßenen Teufelskreis aus Rezession, Protektionismus, Aufrüstung und Abschottung.
Konkret ist dies Ursachen für viele aktuelle Phänomene:
– Die generelle Militarisierung der Nordafrikanischen Küste sowie des europäischen Mittelmeeres
– Das Erstarken des Mythos einer europäischen „Wertegemeinschaft“
– Begriffe wie „Flüchtlingswellen“ als populärwissenschaftliche Fremdenfeindlichkeit
– Das Eintreten der EU in Abhängigkeitsverhältnisse mit mindestens faschistoiden Regimen, wie beispielsweise der aktuellen Regierung in der Türkei
Für uns als Linke kann ein solcher Zustand nicht hinnehmbar sein. Wenn es im Manifest der kommunistischen Partei heißt „Die Arbeiter haben kein Vaterland“, dann ist dieses Vaterland auch nicht in einer Republik Europa zu sehen. Eine sogenannte „Wertegemeinschaft“, die darauf basiert und hinausläuft, dass Diktatoren gestützt, Flüchtende massenhaft getötet werden und Rüstungskonzerne sich dumm und dämlich verdienen ist nichts weiter als hochkapitalistischer Hokus-Pokus als Fassade für die eigentlichen Auswirkungen des anhaltenden Status Quo. Unser Internationalismus endet nicht am Mittelmeer!
– Die Abschaffung von Frontex
– Eine Aufnahme aller Geflüchteten
– Eine Entmilitarisierung der EU-Außengrenzen
– Fluchtprävention in Krisenherden
Die nächste Europawahl findet voraussichtlich im Frühjahr 2024 statt. Die Vorbereitungen dafür werden bereits im Sommer 2023 beginnen und demnach in die Amtszeit von mehr als einem Bundessprecher:innenrat fallen. Um die Kampagne und alles weitere mit der Wahl zusammenhängende zu organisieren, die Bundessprecher:innenräte zu entlasten und für die notwendige Kontinuität zu sorgen, wird im Sommer 2023 eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, die dem Bundessprecher:innenrat unterstellt ist, aber eigenständig arbeiten kann. Die Treffen der AG sollen für alle Verbandmitglieder offen sein, nicht nur für berufene Mitglieder der AG.
Die aktuelle EU ist sicher keine Basis für die Revolution – sondern ein Grund dazu!
Deshalb stärken wir die sozialistische Bewegung in ganz Europa und kämpfen für Veränderung.
2024: Revolution! Επανάσταση! Revolución! Chwyldro! Révolution! Şoreş!
Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg
„Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts passiert und es gibt Wochen, in denen Jahrzehnte passieren“ – dieses Zitat wird Lenin fälschlicherweise zugeschrieben, aber trotz unklaren wahren Ursprungs erinnerten sich viele Linke im Jahr 2022 an diesen Satz. Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei und wird mittlerweile durch den Ausbruch der Affenpocken ergänzt. Die USA driften mit der Verfolgung von Schwangerschaftsabbrüchen, Drag und jugendlichen trans Menschen in vielen Bundesstaaten in eine immer dystopischere Richtung ab. In Ländern wie Italien und Frankreich setzte sich der rasante Aufstieg faschistoider Kräfte fort.
Besonders prägend war aber die Krise, die durch den brutalen Angriffskrieg des russischen Regimes auf die Ukraine ausgelöst wurde: Einen Krieg dieses Ausmaßes gab es so nah an den Zentren des kapitalistischen Weltsystems lange nicht. Und die Auswirkungen reichen weit über die Ukraine hinaus: Global hat der Krieg große Auswirkungen auf Lieferketten. Durch die Abhängigkeit des deutschen Kapitalismus von billigen fossilen Brennstoffen aus Russland trägt der Krieg mit den damit einhergehenden Sanktionen zu einer sozialen Krise bei, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht hatten – befeuert durch die großen Energiekonzerne, die die Krise noch für Extraprofite ausnutzen.
Mit tatkräftiger Unterstützung der Bundesregierung werden nicht die Superreichen und die großen Konzerne für die Kosten der Krise zur Last gezogen, sondern über die Preissteigerungen die einfache Bevölkerung.
Dagegen leisten wir Widerstand:
Wir frieren nicht für die Profite von Shell, RWE und BP. Die Verelendungspolitik der Bundesregierung ist kein Naturgesetz, sondern politisch gewollt und Ausdruck dessen, dass der Staat des Kapitalismus eben kein neutraler gemeinwohlorientierter Akteur ist, sondern das Interesse des Kapitals an immer mehr Profit vertritt.
Und hier hören die Krisen nicht auf:
Die Klimakatastrophe zeigte mit den Überflutungen in Pakistan und den Hitzewellen auch in Europa, wie real die Auswirkungen der für viele nur abstrakt erscheinenden Erderwärmung sind. Und dabei ist diese Krise nicht von den bisher geschilderten Krisen zu trennen. Der fossile Kapitalismus, der seit Jahren Diktaturen wie Russland finanzielle Handlungsfähigkeit und enormen Einfluss brachte, ist die Haupttreibkraft hinter der Klimaerwärmung. Um die selbst verschuldete Abhängigkeit von russischer Energie abzubauen, setzt die Bundesregierung auf die Stärkung einer anderen fossilen Kapitalfraktion, die die Klimakrise weiter vorantreibt: Der Kohleindustrie, insbesondere der in Deutschland starken Braunkohlekonzern. Und dieser Raubbau an der Natur bleibt nicht konsequenzenlos: Viele Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen konnten glaubhaft nachweisen, wie der Raubbau an der Natur und die Klimakatastrophe Pandemien fördern. Die Zerstörung der Regenwälder, die Änderung von Temperaturen und Extremwetterereignisse treiben bisher isolierte Tierarten aus den Urwäldern in die Städte, wo sie Krankheiten auf Menschen übertragen können. Die Massentierhaltung mit ihrer extremen Konzentration sowohl vieler Tiere als auch vieler Menschen auf winzigem Gebiet unter schlechten hygienischen Bedingungen ist nicht weniger als eine Pandemie-Produktions-Industrie.
Die diversen Krisen, unter denen wir gerade leiden, hängen also einerseits kausal miteinander zusammen, da sie alle ihren Ursprung im unterdrückerischen, ausbeuterischen Kapitalismus haben, gleichzeitig intensivieren sie sich aber gegenseitig. Diese Verflochtenheit und die immer schnellere Abfolge von Katastrophen erinnern uns an das, was der französische Marxist Daniel Bensaïd als gebrochene Zeit bezeichnet hat: Die Welt entwickelt sich nicht linear gleichmäßig weiter und es ist nicht entschieden, ob sozialer Fortschritt oder Rückschritt das Ergebnis der vergehenden Zeit ist. Krisen treten selten allein auf und manchmal kann sich innerhalb kurzer Zeit alles ändern. Dieses Verständnis von Zeit erlaubt es überhaupt erst, an die Möglichkeit von Revolutionen zu denken, denn an diesen Brüchen in der Zeit kann sozialistische Organisierung ansetzen.
Die gebrochene Zeit der Politik mit ihren plötzlich auftauchenden Krisen kennt auch plötzlich auftauchende Massenbewegungen: Die Klimabewegung und die Black Lives Matter – Proteste waren in der jüngsten Vergangenheit Beispiele dafür, wie sich innerhalb kurzer Zeit massenhaft Menschen zusammenfinden können, um ihrer Wut über den Status Quo Ausdruck zu verleihen. Ob die Sozialproteste auch so ein Ausmaß annehmen, wird sich zeigen, ist aber nicht unwahrscheinlich.
Diese spontanen Erhebungen haben große Schlagkraft und können viele Menschen politisieren. Sie haben aber die Schwäche, dass ihnen oft die Durchsetzungsperspektive fehlt. Wegen der geringen Kontinuität müssen Bewegungen oft wieder bei Null anfangen und es wiederholen sich immer wieder Fehler vorangegangener Bewegungen.
Hier kommt die Rolle von Organisationen ins Spiel:
Strukturen, die auf langfristiger Mitgliedschaft basieren, sind in der Lage, über die Schwankungen spontaner Mobilisierungen hinaus am langfristigen Wandel der Machtverhältnisse zu arbeiten. Wenn sie es schaffen, nicht als kleine Sekte nur ihr eigenes Süppchen zu kochen, sondern aktiver Teil der Massenkämpfe zu sein – nicht missionierend, sondern ehrlich und offen -, können sie in diesen Bewegungen Erfahrungen sammeln. Diese können sie gemeinsam auf Grundlage linker Gesellschaftsanalyse auswerten, um so zu Erkenntnissen zu kommen, die in den nächsten Bewegungen einen großen Beitrag zur besseren strategischen Ausrichtung leisten können. Die Organisation dient also als revolutionärer Wissensapparat und kann so linke Kämpfe erfolgreicher machen.
Deshalb ist wichtig, dass wir uns aktiv in die Sozialproteste einmischen, anstatt sie bloß von der Seite anzufeuern:
Millionen Menschen sind wütend wegen der schrecklichen sozialen Lage. Es ist unsere Aufgabe als sozialistischer Verband, diese Wut von links aufzugreifen, zu politisieren und für den politischen Kampf gegen die Ampelkoalition zu organisieren. Gerade als Antifaschist:innen ist uns klar, dass diese Unzufriedenheit von Faschist:innen zur Stärkung ihrer politischen Macht genutzt wird und dass Untätigkeit der Linken das weiter vereinfacht. Das beste Mittel gegen eine erstarkende Rechte ist eine starke Linke. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir mit einem klaren linken und solidarischen Programm in die Proteste intervenieren. Vor Ort sind wir teilweise schon an der Organisation von Protesten beteiligt. Darauf wollen wir aufbauen und solche Bestrebungen ausbauen. Als Jugendverband wollen wir insbesondere junge Menschen für die Proteste gewinnen. Da junge Menschen meistens kaum Finanzpolster haben, auf die sie zurückgreifen können, leiden sie besonders unter der Krise.
Unsere Aufgabe ist es dabei, durch führende Beteiligung an den Massenkämpfen und durch politische Bildung, die an den Alltagserfahrungen und dem Vorwissen der Menschen anknüpft, junge Menschen die Erfahrungen und das Wissen sammeln zu lassen, um diese Kämpfe anzuführen. Als überregionaler Verband wollen wir dabei auch einen Beitrag dazu leisten, ein regionsübergreifendes Narrativ und eine Strategie für die Proteste mitzuentwickeln.
Um aber darüber nachzudenken, wie wir diese Rolle wirklich erfüllen können – in diesem, aber auch in anderen Kämpfen –, müssen wir eine realistische Einschätzung des aktuellen Standes der Verbandsentwicklung haben.
Und da müssen wir leider selbstkritisch sein:
Bei uns läuft gerade nicht alles rund. Die uns nahestehende Partei DIE LINKE ist in einer existentiellen Krise und auch wir haben – vor allem durch die Coronapandemie, in der wir viele langjährige Aktive verloren haben und in der gleichzeitig vielen neueren Mitgliedern mangels bundesweiter Präsenzveranstaltungen die Arbeit oberhalb ihrer Basisgruppe nicht attraktiv erschien – derzeit einen großen Mangel an erfahrenen Mitgliedern, die über ihre Basisgruppe hinaus Verantwortung übernehmen.
Dieser Mangel an aktiven Mitgliedern schafft auf allen Ebenen Probleme – und wenn der Großteil der Energie auf den puren Erhalt von Strukturen verwendet werden muss, bleibt wenig Kraft für die strategische Weiterentwicklung der Organisation
In den letzten Jahren ist es uns nicht ausreichend gelungen, unsere Theorie und Praxis in realen Kämpfen zu verankern – auch, weil uns das Bindeglied von Theorie und Praxis, nämlich die Strategie, oft gefehlt hat.
Wir erreichen oft nur die Menschen, die eh schon von selbst links werden. Politische Arbeit, die an den Strukturen ansetzt, die das Leben der Menschen prägen, also betriebliche Arbeit, Arbeit in Berufsfeldern, in Schulen oder in Stadtteilen, nahm einen zu geringen Stellenwert in unserer bisherigen Arbeit ein. Statt, wie es eigentlich immer unser Ansatz war, alle Lebensbereiche zu politisieren, war Linkssein oft eher eine von der Lebensrealität getrennte Freizeitaktivität. Das wollen wir ändern.
Zu diesen Problemen kommt auch unsere finanzielle Lage:
Leider haben wir gerade große Probleme mit der Beitragsehrlichkeit und das ist auch ein politisches Problem: Als Jugendverband haben wir den Anspruch, kritisch aufzutreten, rebellisch gegen die bestehende Ordnung zu sein und auch der uns nahestehenden Partei DIE LINKE mal auf die Füße zu treten, wenn es nötig ist. Diese politische Unabhängigkeit muss aber auch materiell unterfüttert sein: Es ist für uns als sozialistischen Jugendverband keine gute Situation, stark von Geldern des Staats und der Partei DIE LINKE abhängig zu sein. Wenn jedes Mitglied ungefähr den Betrag zahlen würde, der in der Beitragstabelle vorgesehen wäre, wären wir als Verband in einer ganz anderen Lage. Hier müssen wir deshalb die Beitragsehrlichkeit stärken.
Von dieser Selbstkritik sollten wir uns aber nicht entmutigen lassen:
Trotz aller Probleme sind wir immer noch eine der größten linken Strukturen in Deutschland; trotz aller Probleme ermöglichen wir jedes Jahr einer dreistelligen Zahlen von jungen Menschen einen Einstieg in linke Politik; trotz aller Probleme sehen wir, dass sich auch jetzt noch hunderte Menschen im Verband am laufenden Band unbezahlt für eine andere Welt und einen Systemwechsel hin zum Sozialismus einsetzen.
Hier wollen wir ansetzen:
Wir wollen den Menschen, die sich jetzt schon engagieren, ermöglichen, sich schnell auf verschiedenen Ebenen einzubringen und auch das theoretische und strategische Fundament zu erwerben, um auch den alteingesessenen Häsinnen:Hasen selbstbewusst zu widersprechen, wenn sie Unsinn vorschlagen. Dafür wollen wir den dieses Jahr schon begonnenen Ausbau unserer Angebote in der politischen Bildung fortsetzen und dabei weiterhin ein differenziertes Veranstaltungsangebot machen, das sowohl für Neumitglieder als auch für erfahrenere und theoretisch versiertere Mitglieder Möglichkeiten bietet, etwas Neues zu lernen und sich auszutauschen und zu vernetzen. Im Kontext dessen versuchen wir auch, das Sommercamp als regelmäßige Großveranstaltung wiederzubeleben, wenn hier genügend Interesse im Verband herrscht. Weiterhin wollen wir aufgrund des Männerüberhangs in unserer Mitgliedschaft auch Angebote schaffen, die spezifisch Frauen und nicht-binäre Menschen fördern und ihnen ermöglicht, sich mit Theorie auseinanderzusetzen, ohne dabei nervige Theoriemacker ertragen zu müssen. Wichtig ist uns in unserer gesamten Bildungsarbeit, die theoretischen Erkenntnisse mit strategischen Überlegungen und Diskussion über praktische Umsetzbarkeit zu verknüpfen, gleichzeitig aber auch unsere praktischen Aktivitäten strategisch einzuordnen anstatt einfach irgendwas zu machen. Wie Rosa Luxemburg sagt, findet Lernen im Kampf statt.
Wir wollen den im letzten Leitantrag bereits skizzierten Weg hin zu Machtaufbau von unten und die Orientierung auf Selbstorganisation und Interessenspolitik für und durch die Unterdrückten fortsetzen. Eine Schlüsselrolle bei diesem Vorhaben soll unsere Ausbildungskampagne spielen, mit der wir versuchen, unsere betriebliche Verankerung auszubauen. Neben dieser Arbeit wird 2023 auch die Vorbereitung der Europawahl 2024 schon eine Rolle spielen. Mit einer starken Jugendwahlkampagne wollen wir zur Europawahl auch uns selbst einen Strukturtest unterziehen und versuchen, als gesamter Verband auf allen Ebenen zu zeigen, was wir draufhaben.
Im Jahr 2023 liegt viel vor uns – die Notwendigkeit einer starken Linken wird immer deutlicher. Lasst uns das gemeinsam angehen!
Beschluss des XIV. Bundeskongresses am 26.-28. November 2021 online
Die Stadt gehört allen! Möchte mensch zumindest denken. Jugendliche haben während der Pandemie aber gemerkt, dass sie nicht überall gern gesehen werden. Treffen mit Freunden waren zu Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Homeschooling fast unmöglich. Haben sich Jugendliche dennoch in Parks, also im öffentlichen Raum, getroffen, wurden in der medialen Debatte schnell Corona-Partys daraus.
Aber schon zuvor war es für Jugendliche schwer, abseits von Kommerz sich öffentlich mit Freunden zu treffen. Warum ist Bier-Trinken im Park weniger ok als Bier-Trinken in einer Bar? Musik hören auf einem Konzert mit Eintritt oder zuhause ist ok – in der Innenstadt und den Parks aber nicht?
Zu einer lebenswerten Stadt gehören Freiräume, in denen die Bewohner:innen einer Stadt sich frei entfalten können. Und zu lebenswerten Dörfern gehören mehr öffentliche Treffpunkte als eine Bushaltestelle. Besonders Jugendliche brauchen solche Freiräume.
Die Linksjugend [‘solid] positioniert sich klar für die Forderung nach mehr Freiräumen für Jugendliche in Städten und Dörfern. Der Bundessprecher:innenrat wird aufgefordert, Infomaterial (Flyer, Sticker) zu erstellen und den Landesverbänden bzw. den Basisgruppen zur Verfügung zu stellen.
Beschluss des I. Bundeskongresses am 4.-6. April 2008 in Leipzig
Längere Arbeitszeiten, höherer Druck am Arbeitsplatz, sinkende Reallöhne und zunehmende Ausbeutung kennzeichnen die Entwicklungen in der Arbeitswelt. Wer nicht das Vergnügen hat, seine Arbeitskraft verkaufen zu dürfen, dem bleibt nichts anderes übrig als die Armut durch Arbeitslosengeld II und Sozialleistungen. Dadurch wächst auch der Druck auf alle anderen, die arbeitslos sind, ihre Ausbildung machen oder andere notwendige aber unbezahlte Arbeit verrichten, wie Hausarbeit und die viel gelobten ehrenamtlichen Tätigkeiten.
Wer arbeitet, kann wenig über seine Tätigkeit und sein Leben bestimmen, nicht nur der Arbeitstag ist dem Diktat des Kapitals unterworfen, sondern auch die Freizeitindustrie muss Profit abwerfen. Frauen haben neben dem tendenziell niedrigeren Lohn auch oft noch die besonders schwierige Aufgabe Arbeit und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen, was durch gestiegene Lebenshaltungskosten und zu wenige Kitaplätze nicht einfacher wird.
Die Arbeiter:innenklasse steht zwar nicht mehr zum Großteil am Fließband, aber die Arbeitsbedingungen in der Dienstleistungsgesellschaft gleichen immer mehr denjenigen, denen Fabrikarbeiter im vorletzten Jahrhundert ausgesetzt waren. Die Ausbeutung ist nicht weniger geworden, sie hat nur ein anderes Gesicht. Die Stechuhr hat jetzt ein digitales Display und ist mit einer Magnetkarte zu bedienen und Scheinselbstständigkeit wird zur modernen Leibeigenschaft. Die Arbeitswelt hat sich in den letzten hundert Jahren stark verändert, doch die Konfliktlinien zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in oder anders gesagt zwischen Kapital und Lohnarbeit sind die Selben geblieben.
Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der nicht einige wenige entscheiden wie und unter welchen Bedingungen Arbeit verrichtet wird, welche Arbeit entlohnt wird und welche gefälligst kostenlos zu verrichten ist. Wir denken, dass jede Arbeit, die gesellschaftlich notwendig ist, auch gesellschaftlich organisiert und entsprechend bezahlt werden sollte. Wir denken dabei sowohl an die Produktion von Gütern, Dienstleistungen aber auch Wäsche waschen, kochen, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, und vieles mehr.
In einer Gesellschaft, in der die Produktionsmittel nicht mehr in der Hand einer privilegierten Schicht sind, und die Menschen selbst entscheiden, welche Arbeiten für den Erhalt und die Verbesserung der Gesellschaft nötig sind, kann auch jede notwendige Arbeit vergütet werden. Denn wir sind auch davon überzeugt, dass jede:r Einzelne etwas zu dieser Gesellschaft beisteuern kann. Wir stehen auch für einen konsequenten Bruch mit der Standortlogik der Unternehmer, die nur die zynische Wahl zwischen Lohn- und Tarifdumping einerseits und Schließung und Verlagerung der Betriebe andererseits lässt. Unsere Antwort auf Fabriksschliessungen, Produktionsverlagerungen und Massenentlassungen ist die Forderung nach Verstaatlichung unter Arbeiter:innenkontrolle. Nur die Beschäftigten selbst können garantieren, dass die Unternehmensentwicklung auf die Bedürfnisse der Gesellschaft abgestimmt ist, und nicht auf die Gewinnsucht der Aktionäre. Wir verstehen diese Verstaatlichungen einzelner Betriebe als ersten Schritt hin zu einer demokratisch geführten Wirtschaft mit gesamtgesellschaftlichem Produktionsplan.
Wir warten aber nicht auf bessere Zeiten und kämpfen auch unter kapitalistischen Bedingungen für jede Verbesserung: Ein gesetzlicher Mindestlohn, kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich, Gleichstellung der Frauen im Beruf, eine Verbesserung der Rechte der Arbeitnehmer:innen und Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das Ende der erniedrigenden Hartz IV-Gesetze sind für uns Grundbedingung für ein menschenwürdiges Leben.
Beschluss des I. Bundeskongresses am 4.-6. April 2008 in Leipzig
Demokratisierung
In der derzeit existenten repräsentativen Demokratie ist die Umsetzung der eigenen Interessen und Belange schwer möglich, wodurch auch Politikverdrossenheit in der Bevölkerung entsteht. Die Ursache für ersteres liegt darin, dass man lediglich Personen bzw. Parteien wählt, die nicht an den Willen des Wählers gebunden sind. Kontrollmöglichkeiten sind ungenügend vorhanden. Der Wähler selbst kann nur alle paar Jahre begrenzt Einfluss nehmen. Das verstehen wir nicht unter Demokratie, also der Herrschaft des Volkes. Jeder Bürger und jede Bürgerin muss die Möglichkeit haben, direkten Einfluss auf die Politik zu nehmen. Deshalb braucht es die Möglichkeit für verbindliche Volksabstimmung auf allen politischen Ebenen.
Wir fordern die Demokratisierung aller Lebensbereiche, einschließlich der Wirtschaft. Alle Abläufe in der Gesellschaft müssen für den Bürger transparent sein, damit er mündig über sie entscheiden kann. Grundlage für die freie Entscheidung des Bürgers/der Bürgerin ist seine materielle Abgesichertheit. Deshalb ist eine wirkliche Demokratie erst in einer Gesellschaft möglich, die frei ist von ökonomischen Zwängen des Marktes.
Freiheit und Selbstbestimmung
Während uns der Abbau sozialer Sicherheit als ein Gewinn an Freiheit verkauft wird, werden die im Grundgesetz festgeschriebenen Freiheitsrechte immer weiter abgebaut und eingeschränkt. Videokameras, Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchungen und zunehmender Repression auf Demonstrationen sind nur einige Zeichen eines Staates, der versucht, den katastrophalen Ergebnissen seiner neoliberalen Sozialpolitik mit verschärften Überwachungsmaßnahmen zu begegnen. Unter Vorwand der „Terrorbekämpfung“ wird sogar die Unschuldsvermutung ausgehebelt und alle Menschen werden unter einen Generalverdacht gestellt. Wir kämpfen für den Schutz und Ausbau der Grund- und Freiheitsrechte. Die Privatsphäre ist ein schützenswertes Gut, das verteidigt werden muss.
Doch der Staat mischt sich nicht nur auf so eine Weise in unser Leben ein, er verwehrt auch einen selbstbestimmten Umgang mit dem eigenen Körper. Die Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben ist Aufklärung durch Bildung. Menschen müssen sich über die Folgen ihres Handelns bewusst sein, um selbstbestimmt leben zu können.
Wir fordern die Entkriminalisierung aller KonsumentInnen von Rauschmitteln und damit untrennbar eine differenzierte Aufklärung, um einen verantwortlichen Umgang mit diesen zu fördern.