Leitantrag: Es liegt an uns

Beschluss des XVI. Bundeskongresses am 27.-29. Oktober 2023 in Frankfurt am Main

Wir müssen eine neue Strategie finden und diese gemeinsam verwirklichen. In letzter Zeit sind die Forderungen nach Veränderungen und einer neuen Ausrichtung immer lauter geworden in der Linksjugend [`solid]. Wir sind Alle Teil eines antifaschistischen, basisdemokratischen, feministischen und sozialistischen Jugendverbandes. Mit diesem Selbstverständnis ist die Basis geschaffen für die Erarbeitung einer verbandsweiten Strategie.

Um auf die Krisen unserer Zeit reagieren zu können, brauchen wir als Verband eine klare strategische Ausrichtung. Wir sind Alle Teil eines antifaschistischen, basisdemokratischen, feministischen und sozialistischen Jugendverbandes. In den letzten Jahren haben wir die Grundsteine für eine strategische Orientierung des Verbands auf massenhafte Organisierung, Selbstbefreiung und Politik, die an die Interessenlage der Menschen selbst anknüpft, gelegt. Da sich die politische Situation aber immer weiter entwickelt, ist es notwendig, diese Ausrichtung zu konkretisieren und zu aktualisieren.

Dies ist ein langer Prozess, bei welchem jegliche Strukturen und Perspektiven miteinbezogen werden müssen, um unseren basisdemokratischen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Strategie für das kommende Jahr muss inhaltliche Antworten auf anhaltende und verstärkte Krisen sowie auf einen tiefgreifenden politischen Wandel der Gesellschaft geben.

Wir befinden uns an der Schwelle zu wahrhaft dystopischen Zeiten. Es wird immer stärker erforscht, wann wir Kipp-Punkte erreichen und Forscher:innen werden dahingehend immer pessimistischer. Die aktuelle Klimakrise ist menschengemacht. Nicht, weil Menschen aus sich heraus schlecht sind, sondern weil im Kapitalismus Profit – statt den Bedürfnissen der Menschen und den Grenzen der Erde – an erster Stelle steht.

Obwohl die Uhr tickt, scheint es beinahe so, als würde die anhaltende Klimakrise in Vergessenheit geraten. Fridays for Future verliert Relevanz, linke Organisationen beteiligen sich immer weniger an der Klimabewegung, das mediale Interesse ist am Schrumpfen und auch die wahren Ursachen sowie sämtliche Ausmaße der Klimakrise werden verkannt.  Der Konflikt zwischen dem Kampf für eine gute Arbeit und gegen die Klimakrise spitzt sich zu: Viele Arbeiter:innen sehen ihre eigenen Arbeitsplätze in Grüner Klimapolitik bedroht oder haben Angst davor, dass Mehrkosten für Grünen Kapitalismus auf sie abgewälzt werden. Während es gute Ansätze gibt, wie z.B. eine wachsende Kooperation zwischen Gewerkschaften und Klimabewegung, sind diese erst in den Startlöchern.

Profitinteressen verhindern Klimaschutz und verschlimmern das Klima.

Für uns ist klar: Der Kapitalismus muss als Kernursache der Klimakrise benannt und angegriffen werden, denn diese Krise können wir innerhalb eines kapitalistischen Systems nicht überwinden. Unternehmen im Kapitalismus sind dazu gezwungen, Profit zu machen. Wenn sie sich dagegen weigern, gehen sie bankrott und verlieren ihren Standortvorteil; kurz: sie gehen im Konkurrenzkampf unter. Das Abschöpfen von Profit ist allerdings erst dadurch möglich, dass Arbeiter:innen nicht angemessen ihrer Arbeit entlohnt und nicht als die tatsächlichen Produzent:innen von gesellschaftlichem Wohlstand anerkannt werden. Kapitalismus bewegt sich dauerhaft in diesem Widerspruch, welcher ihn selbst droht, zu zerreißen: Kapitalisten sind angewiesen auf menschliche Arbeitskraft und gleichzeitig auf ihre Ausbeutung. Auch eine Klimakrise wird langfristig unbezahlbar und kurzfristige Gewinne bedeutungslos werden, wenn Kapitalismus bestehen bleibt. Und trotzdem boomen die Investitionen in fossile Rohstoffe.

Einerseits beuten Unternehmen im Kapitalismus also Natur und Menschen aus. Die Ausbeutung von Arbeitskraft ist die Basis von der Existenz von Unternehmen, die Basis von Profit und somit die Basis von Klimaschäden im Namen von Profit. Wir sagen nicht, dass wir mit einem Ende von Kapitalismus keinen Finger mehr krumm machen müssen, sondern dass wir gemeinsam planen können, wie wir auf dieser Erde leben möchten und es nicht der Markt bestimmt. Andererseits treiben die Unternehmen ein mieses Spiel, indem sie uns Grünen Kapitalismus verkaufen wollen. Versunken in Melancholie und (Des-)Illusion mag das uns zunächst wie eine okaye, wenn nicht hinnehmbare Lösung scheinen. „Klimaschutz“ ohne das Ziel, Kapitalismus zu überwinden, greift allerdings nicht Ausbeutung als Quelle von Profit und somit auch nicht Profit als Quelle von Klimaschaden an. Deshalb muss Klimaschutz den Kampf gegen Ausbeutung einschließen. Die Klimamaßnahmen, die wir fordern, müssen sozial verträglich, wenn nicht revolutionär sein.

Solange Konkurrenzzwang Unternehmen zu Profitmaximierung drängt, steht dieser über dem Klimaschutz. Im Kapitalismus steht der klimaschädliche Wachstumszwang im Mittelpunkt. Hinzu kommt, dass durch die Ausdehnung des Welthandels nach kapitalistischem Drängen Ausbeutung auf globalem Niveau intensiviert, die Abhängigkeit der Peripherie von den kapitalistischen Zentren vergrößert und der Klimawandel vorangetrieben wird. Wie eh und je ist das Ziel der Bourgeoisie, so günstig wie möglich zu produzieren, koste es die Arbeiter:innen und die Welt, was es wolle. In das Wesen vom Kapitalismus ist eingeschrieben, dass die Bourgeoisie mit Gewalt ihren Absatzmarkt ausdehnt und ihre Produktion dorthin verlagert, wo sie die Arbeiter:innen am intensivsten ausbeuten „kann“. Das hängt dann wiederum davon ab, wie hoch die Arbeitslosigkeit und der Lebensstandard vor Ort ist und wie viel Gewalt zur Erreichung dieses Ziels angewandt wird. In der zugespitzten kapitalistischen Krise setzt die herrschende Klasse in neuer Dreistigkeit auf Expansion nach Außen und Militarisierung nach Innen. Deshalb muss der Kampf gegen Imperialismus Kapitalismus angreifen und umgekehrt.

Dass die Energiekonzerne (auch in Deutschland selbst) von sich aus nicht aufhören werden, fossile Energieträger abzubauen, haben wir in Lützerath gesehen. Jedoch hat uns Lützerath ebenso gezeigt, dass wir uns in der Klimabewegung zahlreich zusammenschließen und gemeinsam gegen das System ankämpfen können. Dass die vergangenen Kämpfe um Klimagerechtigkeit in uns weiterleben und immer mehr Leute auf Basis der Klimakrise politisch aktiv werden.

Krise der Parlamentsarbeit

Obwohl der Neoliberalismus als politische Ideologie in den letzten Jahren an Einfluss verloren hat und, wie beispielsweise in Form der Corona-Hilfen, der staatlichen Intervention in die Impfstoff-Produktion oder der Einführung des Gaspreisdeckels deutlich wird, Staatsinterventionismus wieder zunimmt, scheint linke Reformpolitik grade wenig erfolgreich. Ohne den Aufbau von Gegenmacht und Hegemonie in der breiten Bevölkerung ist es illusorisch, zu denken, dass kluge Parlamentspolitik tatsächlichen Wandel bringen wird. Für DIE LINKE ist es eine Herausforderung, dass sie zwar viel fordert, aber keine Strategie hat, ihre Ziele auch durchzusetzen. Dabei ist auch ein zu unkritischer Blick auf die Rolle des Staats im Kapitalismus ein Teil des Problems.

Ganz andere Dinge machen der LINKEN ebenfalls zu schaffen: Die ständig diskutierte Abspaltung der S.W. dominiert die Medien. Dies ist zwar wenig überraschend angesichts deren Vorurteil, die gesellschaftliche Linke würde sich immer streiten und sei grundlos rebellisch. Auch die Frage nach dem Behalt des Fraktionsstatus umgibt DIE LINKE.

Dadurch wird ein Wandel der Partei DIE LINKE notwendig. Viele hoffen auf eine Erneuerung der LINKEN, wie wir als Jugendverband sie schon lange eingefordert haben. Wir werden in diesen Prozess weiterhin unsere Perspektiven einbringen, die wir in der Vergangenheit schon formuliert haben. Dabei ist für uns klar: DIE LINKE. muss trotz vergangener und bestehender Konflikte ebenso Kommunikationsbereitschaft zeigen. Wir möchten unseren Einfluss auf politische Entscheidungen der Fraktionen in den Landtagen ausweiten und sichern, indem wir auf den Listen, die die Aufstellungsversammlungen der Partei beschließen, Jugendkandidaturen aus dem Jugendverband platzieren. Jugendwahlkampagnen können eine starke Strahlkraft haben, sowohl während des Wahlkampfs als Angebot für junge Menschen DIE LINKE. zu wählen oder der Linksjugend beizutreten, als auch während der Legislatur, indem der Jugendverband so aktiv einbezogen wird ins parlamentarische Geschehen. Wir begrüßen, dass der Landesverband Thüringen nun diesem Beispiel folgt und möchten das Konzept auch auf die Landtagswahlen in Brandenburg ausweiten.

Das System verliert Rückhalt, aber Rechte gewinnen ihn immer mehr…

Aktuell macht uns jedoch nicht nur die Klimakrise oder die Zustände in unserer Mutterpartei DIE LINKE. zu schaffen, sondern vor allem der rasante Anstieg der gesellschaftlichen Zustimmung zu rechtsextremer Ideologie. Die COVID-Pandemie hat uns gezeigt, wie stark sich Arbeit intensivieren kann und damit auch Geschlechterunterschiede sich verschärfen. Wie schnell in Krisen Antisemitismus wieder Aufschwung gewinnen kann. Sie hat uns auch gezeigt, dass das aktuelle System an Rückhalt verliert. Und trotzdem bewegen wir uns wie Zombies durch die Welt, kaputt von unserer (Lohn-)Arbeit.

Das System von Ausbeutung, indem wir leben, verliert stark an Rückhalt und das in der gesamten Gesellschaft. Dies geht so weit, dass Menschen die Demokratie in Frage stellen. Es steht außer Frage, es braucht dringend Veränderung. Veränderungen, die es schaffen, dass wieder mehr Vertrauen in unser politisches System gesetzt werden kann. Insbesondere eine generelle Melancholie und Desillusion versperren neuen progressiven Ideen den Weg.

Sowohl im Osten wie auch im Westen Deutschlands nehmen rechte Parteien immer mehr Einfluss. Wie konnte es so weit kommen und was können wir als Linke dagegen tun? Klar ist, es braucht einen starken Zusammenhalt der gesellschaftlichen Linken, den wir aufbauen müssen. Eine schlagkräftige Strategie ist bei der Bekämpfung der Rechten wichtiger denn je. Zeitgleich muss uns bewusst sein, dass zahlreiche Wähler:innen der Rechten, diese nicht aus Überzeugung wählen, sondern aus Protest, Unwissenheit und generellen Unzufriedenheit. Hier können wir anknüpfen und müssen eine linke Perspektive sowie Lösungsansätze bieten.

Notwendigkeit zur Utopie

Wenn wir die Hoffnung aufgeben, ist klar, dass aktuell (besonders) Unterdrückte die Arbeit übernehmen werden, die damit verbunden ist, die Klimaschäden bestmöglich zu vermindern. Und diese Arbeit wird im Kapitalismus ins Unendliche wachsen. Es ist nämlich nicht so, dass Ölvorkommen verknappen, es werden immer mehr entdeckt! Und Kipp-Punkte bewirken, dass Schäden nicht linear, sondern exponentiell auf uns zukommen, wenn wir nicht angemessen dagegen vorgehen. Noch ist nicht alles verloren!

Gerade jetzt ist es umso wichtiger, dass nicht eine winzige Minderheit sich immer mehr Reichtum aneignet und über die restliche Bevölkerung und die Welt, in der wir leben, bestimmt. Gerade weil wir an der Schwelle zu wahrhaft dystopischen Zeiten stehen, müssen wir uns jetzt dafür einsetzen, dass wir unabhängig von Profitinteressen darüber demokratisch bestimmen können, wie wir zusammenleben.

Damit wir uns organisieren können, brauchen wir Utopien. Wir brauchen gegenseitiges Vertrauen und Hoffnung – in uns gegenseitig, in die Menschheit und in uns selbst. Ein Glück, dass wir Marxist:innen sind und an die Befreiung aller glauben. In unserer Utopie gibt jeder nach seinen Fähigkeiten und erhält jede nach ihren Bedürfnissen. Arbeit wird von Abhängigkeit befreit und wir arbeiten, weil wir die Arbeit als Antrieb der Gesellschaft sehen. Und haben trotzdem mehr Zeit für uns: Für künstlerisches Schaffen, für unsere Freunde, für gutes Essen und für Erholung. Und die Welt, in der wir leben, hindert uns nicht mehr in unserem Sein: Nicht mehr Autos bestimmen Städte, sondern die Menschen, die in ihnen wohnen.

Notwendigkeit zur Strategie

Damit wir in unserer Organisierung nicht in Melancholie versinken oder nach dem ersten Misserfolg desillusioniert werden, müssen wir uns eine Strategie überlegen, wie wir zu einem guten Leben für alle hinkommen. Und die Möglichkeit von Veränderung erfahren, damit wir Glauben gewinnen, dass wir diese auch umsetzen können.

Unsere Strategie können wir nur gemeinsam umsetzen.

Es ist wichtig, dass wir uns als Organisation finden und uns vertrauen lernen. In Zeiten wie diesen gibt uns Vertrauen Halt, macht erst Organisierung möglich und schenkt uns etwas Glück im Unglück. Vertrauen bedeutet allerdings nicht, blind auf etwas zu hoffen. Vertrauen kann erst dann wachsen, wenn die Worte von Menschen mit ihren Taten übereinstimmen und wenn alle gemeinsam Verantwortung übernehmen für unser gemeinsames Projekt: Sozialismus.

Deshalb möchten wir uns immer dagegen aussprechen, wenn Genoss:innen nicht als allererstes ein Gespräch miteinander suchen. Wir müssen nicht alle die größten Fans von unseren Persönlichkeiten sein, müssen als Genoss:innen allerdings solidarisch miteinander sein. Dazu gehört, im Zweifel uns gegenseitig zu vertrauen, bis uns das Gegenteil bewiesen wurde. Auch dann suchen wir zunächst das Gespräch und wenden uns weder an Twitter noch an einen Gossip-Kreis.

Um unseren Zusammenhalt zu stärken, ist unverzichtbar, dass wir auf Großveranstaltungen wie dem Sommercamp lange zusammenkommen und uns immer wieder daran erinnern, dass wir trotz Dissensen vor allem eins sind: Genoss:innen. Auch, wenn der Strategieprozess nie aufhört und immer wieder evaluiert werden muss, soll Grundpfeiler unserer Strategie folgendes sein:

Unser Plan: Wir müssen eine Massenbasis aufbauen.

Gemeinsam als Organisation für Sozialismus zu kämpfen, kann nicht heißen, sich von einer breiteren Bewegung zu isolieren. Eine breite Arbeiter:innenbewegung, feministische und antirassistische Bewegung muss allerdings erst einmal entstehen. Das wird sie nicht im Internet, nicht im Überzeugen von Rechten, sondern im gemeinsamen Organisieren und Druck-Aufbauen.

Damit sich eine Massenbewegung herausbilden kann, spielen Massenorganisationen eine zentrale Rolle. Organisationen, in denen nicht nur Leute, die Geisteswissenschaften studieren oder studiert haben, sich versammeln, sondern alle Arbeiter:innen. Wie genau wir dahin kommen und in welcher Organisation genau, bleibt offen. Deshalb ist wichtig, dass wir uns als Organisation nächstes Jahr damit beschäftigen, wer wir selbst sind und wer wir als Linksjugend [´solid] sein wollen.

Um dem Sozialismus näher zu kommen, müssen wir den Kapitalismus an seinen Widersprüchen angreifen, die ihn drohen, zu zerreißen. Dafür ist erstens notwendig, dass wir diese Widersprüche und ihre aktuelle Gestalt erkennen, aktuell bedeutende Kämpfe als solche wahrnehmen (lernen) oder zu bedeutenden Kämpfen machen und zweitens, gemeinsam als Linksjugend [`solid] eingreifen. Es ist wichtig, dass wir stärker auf Arbeitskämpfe setzen als die Kämpfe, die das Kapital unmittelbar unter Druck setzen und eine starke Politisierungs- und Organisationskraft haben. 

Was wir dafür brauchen.

Wir müssen uns überlegen, wie wir sinnvoll wo intervenieren und mit wem. Gleichzeitig lassen sich kluge Pläne nicht in stillem und isoliertem Philosophieren schmieden, sondern am besten im Kampf: Statt in Selbstbeschäftigung zu versinken, müssen wir uns stattdessen auch stärker in konkreten bedeutenden aktuellen Kämpfen beteiligen. Diese Kämpfe sollen vor allem solche sein, die uns am stärksten betreffen: Damit unsere Mitglieder sich stärker untereinander organisieren, ist es wichtig, dass wir die Bildung von Auszubildenden- und Schüler:innengruppen weiter vorantreiben. Damit wir wissen, in welchen Arbeitskämpfen unsere Mitglieder ohnehin involviert sind, weil sie ihre eigenen Jobs betreffen, führen wir eine Umfrage darüber durch, in welcher Branche unsere Mitglieder lohnarbeiten, ob sie gewerkschaftlich aktiv sind und wenn ja, in welcher Gewerkschaft.

Außerdem ist wichtig, dass unsere Landesverbände in eine stärkere Kommunikation miteinander gehen, damit wir in der Lage sind, gemeinsam Schlagkraft aufzubauen: Der Austausch über aktuelle Projekte, Strukturen und gemeinsame Ziele spielt dabei eine besonders große Rolle und dient ebenso dem Erfahrungsaustausch sowie dem Entwickeln einer gemeinsamen Praxis. Wir wollen die Zusammenarbeit von Landesverbänden und dem Bundesverband stärken, um strukturell schwache Regionen zu unterstützen. Es braucht einen starken linken Jugendverband auf allen Ebenen, von Basis über die Landesverbände bis hin zum Bundesverband, um gemeinsam für unsere Utopie zu kämpfen.

Damit wir das gemeinsam tun können, ist wichtig, dass wir unsere Sehschärfe in unseren politischen Bildungsprogrammen stärken. Diese sollen sich einerseits an Neumitglieder, andererseits an theoretisch sicherere Mitglieder richten. Wir möchten auch mehr Mitglieder für Bildungsarbeit ausbilden. 

Weil wir auch in Selbstbeschäftigung und in der Auseinandersetzung in konkreten Kämpfen hin und wieder an unsere Grenzen stoßen werden, möchten wir uns stärker international mit sozialistischen Organisationen vernetzen. Wir halten ein langfristiges, mindestens jährliches Treffen mit einem Austausch über die politische Lage vor Ort und über die eigenen Organisationen für zentral.

Umbruch nutzen, Einfluss gewinnen, Linke Forderungen durchsetzen.

Den Umbruch, in dem sich die Partei befindet, wollen wir als Jugendverband strategisch nutzen, um unsere Forderungen durchzubringen. Hierbei können unsere Jugendkandidaturen ein wichtiges Mittel sein. Es braucht soziale Lösungen für soziale Probleme. Wir fordern folgende Maßnahmen, um kurzfristig die Situation der präkarisierten der Gesellschaft zu verbessern, während wir langfristig für ein gutes Leben für alle in einer klassenlosen Gesellschaft kämpfen:

Wir fordern eine Abschaffung der Schuldenbremse, insbesondere für Investitionen in Bildung, Soziales und Infrastruktur. Wir unterstützen als Jugendverband die Kampagne „100 Milliarden für Bildung.“

Wir fordern einen (Alters-)Armutsfesten Mindestlohn von 16€. Außerdem fordern wir weiterhin eine Mindestausbildungsvergütung von 1400€ Brutto. Mindestlohn, Ausbildungsvergütungen und Bafög sollen jährlich an die Inflation angepasst werden.

Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für alle! Städte und Kommunen sollen ihr Vorkaufsrecht für Immobilen nutzen, damit keine Investor*innen vom Wohnungsmarkt profitieren, sondern die Kund*innen von städtischen und kommunalen Wohnungsgesellschaften. Der Wohnungsmarkt muss langfristig vergesellschaftet werden, damit Immobilien kein Spekulationsobjekt bleiben. Überall dort, wo es keine städtischen oder kommunalen Wohnungsunternehmen gibt, müssen sie gegründet werden. Zudem ist es wichtig, dass wir darauf hinwirken, dass der städtische (Sozial- )Wohnungsbau vorangetrieben wird, und nicht dem privaten Markt überlassen wird.

Kostenloser, ausfinanzierter und ausgebauter ÖPNV jetzt! Wir wollen das 49€-Ticket zum 0€-Ticket machen. Es muss endlich genug Geld für den Ausbau des ÖPNV geben. Insbesondere für Randgebiete und ländliche Gegenden. Als Linksjugend unterstützen wir die Kampagne „Wir fahren zusammen“ und sind bereits in einigen Landesverbänden mit den Organisator:innen vernetzt.

Außerdem fordern wir Steuererhöhungen für Topverdiener:innen, und Entlastungen für Arbeiter:innen. Die Vermögenssteuer braucht ein Comeback!

Wir als Mitglieder der Linksjugend [´solid] kämpfen gemeinsam für eine Befreiung aller.

Wir kämpfen für Sozialismus, ein Ende des Patriarchats und von Rassismus und für ein gutes Leben für alle. Deshalb ist wichtig, dass in unserem Verband nicht vor allem Männer aktiv sind und im Verhältnis mindestens so viele Leute aktiv sind, die von Rassismus betroffen sind, wie in der Gesamtbevölkerung, auch, wenn unser Ziel größer sein sollte. Wir müssen uns als Verband ernsthaft darüber Gedanken machen, wie wir das gemeinsam erreichen können. Schließlich liegt es vor allem im Interesse von denen, die besonders starke Unterdrückung erfahren, sich selbst zu befreien.

Lasst uns gemeinsam kämpfen – für ein gutes Leben für alle!

Bahn für alle

Beschluss des XIV. Bundeskongresses am 26.-28. November 2021 online

Effektiver Klimaschutz braucht eine sozial-ökologische Verkehrswende. Und die kann nur mit einer leistungsfähigen Bahn sowie einem günstigen ÖPNV, der alle erreicht, gelingen. Damit die Bahn nach der Privatisierung und dem gescheiterten Börsengang aber wieder leistungsfähiger wird, braucht es eine grundlegende Bahnreform, hin zu einem Unternehmen, das sich am Gemeinwohl statt am Profit orientiert.

Deshalb fordert die Linksjugend [‘solid]:

  • die Umwandlung der DB AG in eine Anstalt öffentlichen Rechts für Infrastruktur und Betrieb mit staatlichem Auftrag zur Versorgung der Bevölkerung mit Mobilität und somit unter demokratische Kontrolle steht
  • den massiven Ausbau der Schieneninfrastruktur, u.a. durch Reaktivierung stillge- legter Strecken und Elektrifizierung sowie verpflichtenden Gütergleisanschlüssen
  • den entgeltfreien Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Schienenfernverkehr, im ersten Schritt für Schülis, Azubis und Studis, dann für alle
  • ein flächendeckendes Busnetz, das Jugendliche ohne Führerschein an das Bahnnetz anschließt

Mit Hinblick auf die Zerschlagungspläne von FDP und Grünen unterstützt der Bundesverband die Proteste von Initiativen und der Gewerkschaften (u.a. EVG) und ruft zu Demonstrationen auf

Die Linksjugend [‘solid] erklärt sich solidarisch mit den Beschäftigten bei der Bahn, deren Löhne und Arbeitsbedingungen durch eine drohende Privatisierung des Betriebs massiv gefährdet sind.

Logistik vergesellschaften: für soziale Verantwortung und Klimagerechtigkeit!

Beschluss des XIV. Bundeskongresses am 26.-28. November 2021 online

Die Erfahrung der globalen Coronavirus-Pandemie zeigt auch den Letzten: die Gesellschaft kommt nicht aus, ohne die unverzichtbaren Arbeiterinnen der Versandzentren und Warenlager, ohne die Kurierfahrerinnen, Paket- und Lieferbot*innen. Trotz der allgemeinen Abhängigkeit von diesen Menschen und der regelmäßig aufflammenden Debatte um ihre Lage kämpfen sie noch immer mit denselben Problemen: ihre Löhne sind zu niedrig, die Gründung von Betriebsräten wird ihnen je nach Beschäftigungsverhältnis und Arbeitgeber regelmäßig erschwert oder verunmöglicht, ihre Arbeitsbedingungen sind meist miserabel und die von ihnen erwarteten Leistungen zu hoch. Die Post AG ließ 2019 berühmterweise 2,3 Mrd. € Brief- und Paketsendungen durch Subunternehmer zustellen, vielmals weit unter Mindestlohn. Tarifbindung bei den Konkurrenten der Post ist selten und wenn überhaupt durch große Anstrengungen von Gewerkschaftsseite erkämpft. Überbeanspruchung und Stress bis hin zu gesundheitlichen Konsequenzen tragen zur Unbeliebtheit dieser Jobs bei.

 Unser Ziel ist das Ende dieser Ausbeutung für die Profite der Unternehmer*innen, durch den Aufbau einer sozial verantwortlichen Struktur in gesellschaftlichem Eigentum, welche die privaten Logistikunternehmen ersetzt.

 Versandunternehmer wie die Post AG und ihre Konkurrenz sind nicht nur für Lohndumping bekannt: auch die Qualität des Angebots leidet – trotz des angeblichen Wettbewerbs, den die Privatisierung erzeugen sollte. Seit dem Jahr 2000 wurden 30.000 Briefkästen abmontiert und 900 Postfilialen geschlossen. Dass Pakete geöffnet, beschädigt oder gar nicht zugestellt werden ist Alltag bei allen Anbietern.

 Zusätzlich stammen oftmals zwischen einem Zwanzigstel und mehr als einem Sechstel der Emissionen des Lebenszyklus eines Produkts aus dessen Logistik. Die Reduktion der Treibhausgase und Feinstaubausstöße der Logistik ist ein lohnender Beitrag zur Eindämmung der Klimabelastung, der weder direkt noch indirekt zu ungewollten sozialen Nachteilen führt. Zudem vermindert die Kombination optimierter Transportmittel, Verteilungsnetzwerke und intelligenter Stadtplanung, wie sie nicht von Privatunternehmen geleistet werden kann, die anderen Emissionen in Form von Lärm und nicht klimarelevanten, aber gesundheitsschädigenden Schadstoffen. Neben der Tatsache, dass Privatunternehmen in diesem Feld ungenügend sind, senkt die Aufteilung der Ressourcen und der Aufbau separater und parallel agierender Liefernetze und Transportketten die eigentlich mögliche Effizienz. Selbiges gilt für die Deutsche Bahn AG und ihre Teilunternehmen, wie DB Schenker und die DB Cargo AG: der ehemals staatliche und heute hochverschuldete DB Konzern hält die Mehrheitsbeteiligung an weit mehr als 500 Unternehmen weltweit. Hierzulande laufen 72% des Güterverkehrs über die Straße. Strom für Güterbahnen ist teuer, Diesel billig und damit ökologischer Transport unwirtschaftlich.

 Unser Ziel ist eine nicht profitabhängige Logistikstruktur, die nötige Schritte einleiten kann, um zur Abschwächung der Klimakatastrophe beizutragen, anstatt den Beschäftigten und dem Planeten aktiv zu schaden.

 Daher unterstützen wir die Wahlprogrammforderung der LINKEN, Unternehmen der Post in öffentliche oder genossenschaftliche Hand und in gesellschaftliche Eigentumsformen zu überführen. Zudem fordern wir die Vergesellschaftung sämtlicher Großkonzerne der Logistikbranche und deren Zusammenfassung in eine soziale, klimaverträgliche, effiziente und demokratische Struktur.

Die Erde vorm Kapitalismus retten – Linksjugend [’solid] zur Klimapolitik

Beschluss des II. Bundeskongresses am 20.-22. März 2009 in Mannheim

Auf der Welt herrscht Einigkeit: Abgesehen von einigen verlorenen Erdöllobbyist_innen bestreitet niemand mehr, dass der menschengemachte Treibhauseffekt einen zentralen Einfluss auf das Klima hat und schon jetzt – und erst recht im kommenden Jahrhundert – bedrohliche bis katastrophale Folgen bringt beziehungsweise bringen wird. Neben der Wirtschaftskrise belegt noch eine weitere Krise die Unzulänglichkeiten des kapitalistischen Wirtschaftssystems: die „Biokrise“.

Doch nicht alle haben denselben Anteil an den Ursachen der Erderwärmung: Mindestens 90% der bisher ausgestoßenen Treibhausgase gehen auf das Konto der reichen Industriestaaten im globalen Norden, pro Person wird in Deutschland mehr als fünf mal so viel CO2 ausgestoßen wie in Brasilien und etwa tausend mal so viel wie im Tschad. Auch die Folgen des Klimawandels sind ungleich verteilt: Zusätzliche Dürren, Stürme, Überschwemmungen und andere „Natur“kathastrophen treffen viele Länder des globalen Südens zuerst und zerstören dort die ohnehin oft unsicheren Lebensgrundlagen von Millionen. Das verschärft bestehende und schafft neue Fluchtursachen. Im Gegensatz zu den Industriestaaten haben Länder im globalen Süden selten die Mittel, mit Warnsystemen, Deichen oder anderen Anpassungsmaßnahmen den Risiken entgegenzutreten. Auch innerhalb der jeweiligen Länder wohnen überdurchschnittlich oft Arme in den gefährdeten Gebieten – der Hurrikan „Kathrina“ in den USA hat gezeigt, wie wenig ihre Sicherheit im Zweifelsfall zählt.

Seit anderthalb Jahrzehnten arbeitet die UNFCC (Rahmenabkommen der Vereinten Nationen zum Klimawandel) an Lösungen – von einer Vielzahl an Konferenzen ist vor allem das Kyoto-Protokoll bekannt geworden, in dem sich die Industriestaaten zu einer lächerlich geringen Emissionsreduktion verpflichteten, die sie sogleich wieder aufweichten, erst gar nicht ratifizierten, wegen des Zusammenbruchs von Industrien des ehemaligen Ostblocks schon erreicht hatten oder einfach nicht einhielten. 

Wesentlicher Bestandteil des Protokolls sind die „flexiblen Mechanismen“, mit denen neue Märkte für das Recht, klimaschädliche Treibhausgase in die Atmosphäre auszustoßen, geschaffen wurden. Diese angeblichen Wundermittel im Kampf gegen den globalen Klimawandel schaffen bloß einen neuen Markt für transnationale Konzerne; effektive Maßnahmen zum Klimaschutz stellen sie nicht dar. 

Mit diesen „falschen Lösungen“ wollen sich die Industrieländer aus der Verantwortung kaufen und ihr Produktions- und Konsummodell fortführen, statt die notwendigenradikalen Veränderungen einzuleiten. So bauen Energiekonzerne unbeirrt neue Kohlekraftwerke und versprechen künftige CO2-Abscheidung, werden Regenwälder für angeblich „CO2-neutralen“ Agrosprit abgebrannt und Atomkraft soll als Retterin in der Not zurückkommen. Große Solarkraftwerke in der Sahara sollen nicht etwa der afrikanischen Bevölkerung zugute kommen, sondern Strom für Europa liefern. Wir glauben nicht an diese technologischen Heilsversprechen – und wir wollen keinen „grünen Kapitalismus“, in dem noch mehr Menschen hungern, weil Ackerland für Treibstoffe statt für Lebensmittel gebraucht wird. Der Klimawandel fordert keine technische, sondern eine soziale Antwort. 

Globale Klimagerechtigkeit
Die Industrieländer müssen ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 90 Prozent reduzieren. Diese Einsparungen dürfen nicht auf Schwellen- oder „Entwicklungsländer“ ausgelagert werden.
Deshalb lehnen wir den Emissionshandel und die anderen flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls ab. Technische Neuerungen für erneuerbare Energien oder Anpassungen an den schon jetzt stattfindenden Klimawandel müssen dem globalen Süden kostenlos zur Verfügung stehen – ohne Patente der Industriestaaten. 

Globale Bewegungsfreiheit
Auch angesichts der Zerstörung der Lebensgrundlagen von Millionen durch die Folgen des Klimawandels erneuern wir unsere Forderung nach globaler Bewegungsfreiheit, dem Abbau der Grenzregime und gleichen Rechten für alle Menschen. 

Demokratie statt Märkte
Wir wollen die Energiekonzerne vergesellschaften und demokratisch kontrollieren, um statt neuer Kohlekraftwerke und der Rückkehr der Atomkraft eine dezentrale, erneuerbare Energieversorgung aufzubauen. Wir wollen die Privatisierung der Bahn stoppen und einen flächendeckenden, öffentlichen und kostenlosen ÖPNV aufbauen. 

Klimapolitische Kämpfe 
…vor Ort : Wir kämpfen lokal gegen die Privatisierung und für die Rekommunalisierung der Energieversorgung, gegen neue Kohlekraftwerke, Flughafenerweiterungen und Autobahnausbauten. Wir unterstützen den bundesweiten Verkehrsaktionstag im Mai/Juni. 

…und global: Im Dezember mobilisieren wir zur Weltklimakonferenz in Kopenhagen. Wir erwarten von diesem Gipfel nicht mehr als ein neues Handelssystem für Verschmutzungsrechte – und dagegen wollen wir gemeinsam mit Bewegungen aus der ganzen Welt Druck machen. Die notwenigen Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen werden nur dann Wirklichkeit werden, wenn sie von starken sozialen Bewegungen erkämpft werden. 

Dazu wollen wir unseren Beitrag leisten – mit einer kraftvollen Großdemonstration und Aktionen des zivilen Ungehorsams im Umfeld des Gipfels. Unser Ziel in den klimapolitischen Kämpfen ist eine Gesellschaft, in der wirtschaften nicht mehr der Kapitalverwertung dient, sondern die Befriedigung der Bedürfnisse und den Erhalt der Lebensgrundlagen aller Menschen in den Mittelpunkt stellt. 

„In einer solchen [sozialistischen] Gesellschaft gehören die Produktionsmittel allen“ (Albert Einstein in „Why Socialism“). 

Atomausstieg sofort beginnen

Beschluss des III. Bundeskongresses am 26.-28. März 2010 in Frankfurt am Main

Mit dem Antritt der schwarz-gelben Bundesregierung soll die Atomkraft in Deutschland eine Renaissance erleben. CDU/CSU und FDP wollen die Laufzeiten zahlreicher Atomkraftwerke verlängern und den ohnehin inkonsequenten „Atomausstieg“ aus der Zeit der SPD/Grünen-Bundesregierung endgültig verschleppen. Parallel dazu wird versucht den bereits angefallenen radioaktiven Abfall möglichst schnell in angeblich sicheren Zwischen- und Endlagern verschwinden zu lassen. Die Sicherheit dieser Lager ist jedoch mehr als zweifelhaft. Die im Bergwerk Asse II bei Wolfenbüttel gemeinsam mit Chemieabfällen und Giftmüll eingelagerten 126.000 Atommüllfässer sollen aufgrund des Versagens der Politik und der Wissenschaft für mehrere Milliarden Euro zurückgeholt werden, da die Langzeitsicherheit von Mensch und Umwelt nicht garantiert werden kann. Dabei ist die Einsturzgefahr des Bergwerkes und der stete Zufluss von Lauge den Verantwortlichen seit mehr als zwanzig Jahren bekannt. In Gorleben wurde unter dem Deckmantel der Erkundung des Salzstocks bereits weitgehend der illegale Ausbau zu einem Endlager vollzogen. Dabei haben spätestens die Asse und das benachbarte Endlager Morsleben gezeigt: Salz ist als Wirtsgestein für die Atommülllagerung ungeeignet. Trotz zahlreicher Einwendungen und kritischer Stimmen ist das ehemalige Eisenerz Bergwerk Schacht Konrad bei Salzgitter mittlerweile als neues Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll genehmigt worden, das jetzt außerdem als Ersatzlager für den Asse-Müll in Frage kommen soll. Linksjugend [„solid] lehnt die Einlagerung von Atommüll in Schacht Konrad sowie die weitere Erkundung des Salzstocks Gorleben ab! Die Politik muss aus den Fehlern der Geschichte lernen – wir machen den Weg vom Regen in die Traufe nicht mit und wollen die nächsten Generationen nicht mit desaströsen und maroden Endlagern konfrontieren Es ist vielmehr notwendig die Form der Lagerung von radioaktivem Abfall zu überdenken. Nur eine oberflächennahe, leicht zugängliche sichere und rückholbare Lagerung garantiert im Ernstfall den Zugriff auf die Abfälle. An einer für alle Zeiten sicheren Methode zur Endlagerung muss gründlich und frei von wirtschaftlichen und kurzfristigen politischen Interessen geforscht werden. Die oberste Priorität muss die Verhinderung neuer Abfälle haben! Dies geht nur unter der Prämisse eines konsequenten und unverzüglichen Atomausstiegs. Die zivile Nutzung von Kernenergie ist kein wirksamer Beitrag zum Klimaschutz, wie es die Atomlobby und die Bundesregierung gebetsmühlenartig behaupten. Das beim Abbau und bei der Anreicherung von Uran anfallende CO2 sowie die Verschmutzungen, die beim Transport und der Lagerung anfallen, werden bei der hauseigenen Klimabilanz nämlich nicht mitgerechnet. Zudem ist die Atomkraft nicht frei von Gefahren. Die Störfälle auch in deutschen Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel machen vor dem Hintergrund der Katstrophe von Tschernobyl deutlich, dass es sich um eine hochgefährliche und unkalkulierbare Technik handelt. Wir können und wollen nicht mehr warten, bis es zum nächsten GAU kommt! Der Bau von Kohlekraftwerken ist jedoch keine langfristige Alternative zur Stromerzeugung aus Kernenergie. Im Gegensatz zu Solarparks, Wasserkraftwerken und Windkraftanlagen produzieren diese neben Energie auch das umweltschädliche Kohlenstoffdioxid. Eine Energieversorgung aus erneuerbaren Energien ohne Kernenergie und ein mittelfristiger Ausstieg aus der Kohlekraft sind laut verschiedenen wissenschaftlichen Studien ohne weiteres möglich! Der „Einstieg in den Ausstieg“ muss jetzt erfolgen! Zudem ist Atomstrom nicht billig, wie oft behauptet wird, sondern eine teure Technik, die nur für die Erzeuger hochprofitabel ist, für unsere Gesellschaft jedoch milliardenschwere Entsorgungsosten und zahlreiche ungelöste Probleme aufwirft. Der “billig” erzeugte Atomstrom wird an der Strombörse teuer verkauft. Die Energiekonzerne streichen auf diese Weise jährlich Gewinne von über 300 Mio. Euro pro Atomkraftwerk ein. Atomenergie wird zudem mit Milliardenbeträgen subventioniert – so z.B. durch die fehlende Besteuerung der Kernbrennstoffe, völlig unzureichende Haftungsregelungen für den Schadensfall und steuerfreie Rückstellungen. Alles finanziert aus Gebühren und Steuern, die anderswo dringend benötigt werden und mit denen der unverzügliche Ausstieg aus der Atomenergie ohne weiteres finanzierbar wäre. International nachhaltig Wir fordern ferner, dass die westlichen Industriestaaten Entwicklungs- und Schwellenländern die finanziellen und technologischen Möglichkeiten geben müssen ihre Energieversorgung nachhaltig ohne Atomenergie auszubauen bzw. umzustellen. Schon heute wird nur drei Prozent der weltweiten Energieversorgung durch Atomkraftwerke geleistet. Dies zeigt: Eine Welt ohne Atomkraftwerke ist möglich! Wir fordern:

  • den sofortigen Atomausstieg & die unverzügliche Abschaltung aller Atomkraftwerke
  • eine Umgestaltung unserer Energieversorgung auf regenerative Energien
  • den Verzicht auf das Endlager Schacht Konrad sowie den Verzicht auf das mögliche Endlager für hochradioaktives Material in Gorleben
  • die Rückholung aller Abfälle aus dem einsturzgefährdeten Atommülllager Asse II bei Wolfenbüttel und eine sichere Schließung des Atommülllagers Morsleben
  •  die oberflächennahe, leicht zugängliche und rückholbare Lagerung von Atomabfällen bis Wissenschaft und Technik eine sichere Lagerung möglich machen
  •  ein weltweites Verbot der Uran-Anreicherung
  •  den sofortigen Stopp des Neubau von Kohlekraftwerken in Deutschland
  •  ein weltweites Verbot für den Export von Atomtechnik
  •  Bereitstellung von finanzieller und technologischer Unterstützung beim Aufbau einer regenerativen Energieversorgung jenseits von Atomenergie in Entwicklungs- und Schwellenländern durch die Industrienationen

Was folgt für uns?
Die Linksjugend [‘solid] wird sich als solidarische Bündnispartnerin in die Anti Atom Bewegung einbringen. Als ersten Schritt ruft die Linksjugend [’solid] die Umzinglung des AKWs Biblis am 24. April 2010 zu unterstützen und unterschreibt den Aufruf „Kettenreaktion“, welcher zu einer Menschenkette am 24.April zwischen den Reaktoren Krümmel und Brunsbüttel aufruft. Weiterhin mobilisiert der Bundesverband bundesweit gemeinsam mit dem niedersächsischen Landesverband zu den Castor-Protesten im November 2010 ins Wendland. Wir wollen dabei sein, wenn sich der Protest breiter Bevölkerungskreise, der umweltpolitischen Bewegung und linker AktivistInnen verbindet, um zu verdeutlichen, dass es ohne Atomausstieg keinen „Atomkonsens“ geben kann!

Systemwechsel statt Klimawandel – Dem Kapitalismus den Kampf ansagen!

Beschluss des III. Bundeskongresses am 26.-28. März 2010 in Frankfurt am Main

Es war bereits abzusehen und hat sich brutal bestätigt: Die Klimaverhandlungen in Kopenhagen haben versagt. Die Welt wurde dort kein noch so kleines Stück in eine bessere Richtung gelenkt. Alles was aus einer im Vorfeld medial hochgefeierten internationalen Großkonferenz entstand, war eine unbeholfene Erklärung, die mit größter Sicherheit folgenlos bleiben wird. Es ist Zeit, das Steuer selbst in die Hand zu nehmen und gegen den Klimagipfel vorzugehen – denn von oben wird gar nichts kommen. Die linksjugend[’solid] hat begriffen, dass Klimawandel und Kapitalismus zusammengehören und wird im nächsten Jahr die Klimafrage als zentrales Aktionsfeld behandeln.

Der Kapitalismus zerstört die Lebensgrundlage
Nach Kopenhagen war überall Wut und Enttäuschung zu spüren. Nicht nur wir als linksjugend[’solid] wissen, dass die Welt an einem historisch einmaligen Scheideweg steht: Es könnte alles so bleiben, wie es ist – und schlussendlich wird der Kapitalismus auch noch die biologische Lebensgrundlage zerstören. Internationale Großkonzerne im globalen Norden werden weiterhin jedes Klimaabkommen zu umgehen wissen und mit ihrem Ausstoß von Treibhausgasen die Atmosphäre immer mehr schädigen und mit der Atomkraft eine ständige tödliche Bedrohung schaffen. Im globalen Süden wird der Klimawandel weiterhin zu Landvertreibungen, Flucht und Hunger führen und weiterhin werden einige Wenige an dieser Organisation des Elends gut verdienen, während der Rest der Weltbevölkerung an den immer härter werdenden Auswirkungen der Biokrise leidet. Ein unmenschliches und unhaltbares Wirtschaftssystem wird die Lebensbedingungen in allen Teilen der Erde langsam immer unerträglicher machen, während es weiterhin unsere Lebensumgebung zerstört.

Unser Leben zurückholen
Für den anderen Weg brauchen wir sowohl eine Theorie als auch eine politische Praxis, die so radikal sind wie die Wirklichkeit, mit der wir uns konfrontiert sehen. Die Wirtschaft darf nicht weiter das Klima zerstören, sondern muss umweltfreundlich und demokratisch verwaltet für das Wohl aller Menschen statt für Konzerngewinne produzieren. Energieversorgung, Verkehrsbetriebe und andere Bereiche des öffentlichen Lebens gehören zuallererst vergesellschaftet. Offene Grenzen für alle anstelle von nationalem Abschottungswahnsinn sind notwendiger als je vorher. Landwirtschaft und Produktion müssen selbstverwaltet, dezentral und regenerativ ablaufen. Der globale Süden darf nicht weiter für den Norden ausgebeutet werden. Die Emissionen des globalen Nordens müssen um mindesten 90% gesenkt werden. Statt immer mehr zu produzieren, muss es eine bessere Form von Wachstum geben, in der kollektiv und ökologisch Luxus und Wohlstand für alle organisiert werden. Für so einen anderen Weg müssen wir kämpfen. Auf den Straßen, vor den Toren der internationalen Gipfel, in den Parlamenten und in den Medien müssen wir jetzt lauter sein als jemals zuvor. Unsere Positionen können angesichts der Lage nicht mehr vorsichtig sein: Gegen ein System, das weltweit Armut, Hunger und Zerstörung austeilt! Gegen falsche Kompromisse und die Akzeptanz des Elends! Für ein selbstbestimmtes Leben aller in Wohlstand und Freiheit! Für den Sozialismus!

Keinen Zentimeter zurück
Die linksjugend[’solid] wird im nächsten Jahr mehr denn je gegen den Klimawandel kämpfen. Wir werden im Rahmen der Vorbereitungskonferenz des nächsten UN-Klimagipfels in Bonn (31.05-12.06.2010) mit kämpferischen Aktionen des zivilen Ungehorsams die klare Ansage machen, dass zum Stoppen des Klimawandels ein entschiedener Systemwechsel notwendig ist. Wir unterstützen den Aufruf des Bonner Aktionsbündnisses „Klimawelle“ und beteiligen uns an den vielfältigen Aktionen des Bündnisses. Wir werden auf der Straße gemeinsam mit anderen Druck für eine ganz andere Klimapolitik machen, der nicht mehr ignoriert werden kann. Nebenher werden wir uns selbst weiterbilden. Im nächsten Jahr wird es bundesweite inhaltliche Veranstaltungen zum Thema Klima geben. Der nächste BSPR wird zeitnah in hoher Auflage Infomaterial zum Thema Klima drucken lassen und an die Ortsgruppen verschicken. Einen klimapolitischen Kurs wie in Brandenburg fährt, wo neue Braunkohletagebaue von der LINKEn mit durchgestimmt wurden, verurteilt der Bundeskongress der linksjugend[’solid]. Im Vorgehen gegen Klimawandel und Kapitalismus müssen wir als Linke fragend voranschreiten, und dürfen auch aus machtpolitischen Überlegungen keinen Fußbreit zurückweichen. Unser Kampf gegen die Zerstörung der Lebensgrundlage ist keine gut gemeinte Ökoattitüde, sondern ein Sachzwang, den uns das kapitalistische System aufdrückt. Wir können nicht anders, wenn wir die Lage in der Welt betrachten. Es ist eine Frage von globaler Gerechtigkeit, gutem Leben und menschlicher Würde!

Aufruf des Bonner Klimabündnisses „Klimawelle“ zu den Aktionen im Rahmen der UN-Klimazwischenverhandlungen im Zeitraum 31. Mai bis 12. Juni 2010
Der Klimawandel ist real. Das Ansteigen der globalen Temperatur um 0,84°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau bedeutet schon heute für viele Menschen eine weitere Verschärfung ihrer ohnehin schon von Armut gezeichneten Lebensbedingungen. Diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, werden am meisten durch Dürren, Überschwemmungen, Tropenstürme und die Ausdehnung der Wüste getroffen, so dass jedes Jahr Zehntausende als Klimaflüchtlinge nach einer neuen Heimat suchen müssen. Der Klimagipfel in Kopenhagen ist grandios gescheitert. Dessen unverbindliche Abschlusserklärung zerstört jede Hoffnung auf ein verbindliches, faires und ausreichendes internationales Klimaschutzabkommen. Die Regierungspolitik, vor allem die der Industrienationen, war nicht in der Lage, sich der größten Herausforderung der Menschheitsgeschichte zu stellen. Lobby-, Wirtschaftsinteressen und nationale Engstirnigkeit haben eine vernünftige Einigung verhindert. Der friedliche Protest außerhalb der Konferenz wurde mittels Schlagstockeinsatz und präventiver Inhaftierung von weit über 1000 Aktivisten und Aktivistinnen mundtot gemacht. Auch die Nichtregierungsorganisationen sind auf der Konferenz mit ihrer Strategie der Lobbyarbeit gescheitert und wurden noch vor Ende des Gipfels auf die Straße gesetzt. Die Verhandlungsführer und -Führerinnen auf den UN Klimakonferenzen sind zu sehr in die kapitalistische Wachstumslogik eingebunden, die eine ständig steigende Ausbeutung der Natur beinhaltet und deshalb eine Ursache des Klimawandels ist. Jede präsentierte Lösung innerhalb dieser Logik kann daher niemals ein wirklicher Ausweg aus der Klimakatastrophe sein, sondern ist durch den grundlegenden Widerspruch gekennzeichnet, mehr Profit zu schaffen und gleichzeitig die natürlichen Grenzen der Erde zu berücksichtigen. Trotz aller schönen Gipfelsprüche und Absichtserklärungen setzt die Bundesregierung auf ein „weiter so“: Auf Druck der großen Energiekonzerne werden zurzeit noch über zwanzig neue Kohlekraftwerke in Deutschland gebaut oder sind in Planung. Die Folge wäre ein gigantischer zusätzlicher CO2 Ausstoß. Statt dass die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien forciert, wird die Förderung von regenerativen Energiequellen gekürzt und mit der Ausrede der „Brückentechnologie“ der schon beschlossene Ausstieg aus der Atomkraft in Frage gestellt. Dass es weltweit kein geeignetes Endlager gibt, wird schlicht ignoriert und den zukünftigen Generationen, genau wie beim Klimawandel, eine unzumutbare Verantwortung übertragen. Mindestens 18 % der Treibhausgase entstehen durch die weltweite Erzeugung und Verarbeitung tierischer Produkte wie Fleisch, Milchprodukte, Eier etc. Insbesondere für die sogenannten Nutztiere in den westlichen Ländern werden gigantische Flächen Regenwald für den Futtermittelanbau abgeholzt. Trotzdem werden Massentierhaltung, Tiertransporte sowie die Produktion und Verkauf von Fleisch und Milch weiterhin subventioniert, anstatt die vegane und vegetarische Lebensweise zu fördern. Mit Zertifikathandel und anderen „innovativen Finanzprodukten“ sollen dieselben Institutionen und Mechanismen, die die Finanzkrise mit herbeigeführt haben, uns jetzt vor dem Klimawandel bewahren. Unter dem Begriff „Geo-Engineering“ wird versucht, der Bevölkerung Technologien zu verkaufen, deren Folgen in keiner Weise wissenschaftlich geprüft sind und sogar zu weiteren Katastrophen führen könnten. So soll CO im Boden versenkt werden, die Meere gedüngt, um Algen zu erzeugen, oder künstliche Wolken, die die Erde abkühlen sollen, geschaffen werden. Vom 31. Mai bis 12. Juni wird in Bonn die nächste Zwischenkonferenz der Klimarahmenkonvention der UN tagen. Wie bisher werden falsche Lösungen und der inszenierte Aktivismus der führenden Industrienationen das Bild bestimmen. Stattdessen wären die Schritte wichtig, die auf der People’s Assembly – einer Zusammenkunft von Konferenzdelegierten aus dem globalen Süden – und KlimaaktivistInnen in Kopenhagen verabschiedet wurden: ein vollständiger Verzicht auf fossile Brennstoffe innerhalb der nächsten 30 Jahre, mit spezifischen Meilensteinen für jede 5-Jahres-Periode. Wir brauchen eine sofortige Verminderung des Treibhausgas-Ausstoßes der Industrieländer von mindestens 40% verglichen mit den Werten von 1990 bis zum Jahr 2020. Anerkennung, Bezahlung und Wiedergutmachung der Klimaschulden für den Überverbrauch und die schädlichen Folgen des Klimawandels an alle betroffenen Gruppen. Die Ablehnung rein marktbasierter und technologiefixierter falscher und gefährlicher Lösungen wie Kernkraft, Agrobenzin, CO -Abscheidung und -Speicherung, CDM-Ablasshandel (Clean Development Mechanism), Biokohle, genmanipulierter „klimafreundlicher“ Pflanzen, Geo Engineering, Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern (REDD), welche soziale und ökologische Konflikte verschärft. Echte Lösungen der Klimakrise beruhend auf sicherem, sauberem, erneuerbarem und nachhaltigem Gebrauch natürlicher Ressourcen und einen Wandel hin zu Nahrungs-, Land-, Energie- und Wassersouveränität. Millionen von Menschen – insbesondere im globalen Süden – sind unmittelbar von den Folgen des Klimachaos bedroht. Die gesellschaftlichen Entscheidungen der nächsten Jahre bestimmen darüber, ob der schon jetzt unvermeidliche Klimawandel begrenzt und eine Anpassung ermöglicht werden kann. Es steht viel auf dem Spiel: Entweder die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen bleiben erhalten oder wir steuern auf eine soziale und ökologische Katastrophe unbekannten Ausmaßes zu. Stetig dringen mehr Investoren und multinationale Konzerne auf der Suche nach neuen Quellen von fossilen Brennstoffen in wichtige Ökosysteme ein. Die Ausbeutung der letzten großen Öl-, Gas-, und Kohlevorkommen zerstört die Lebensgrundlage einer nachhaltigen Lebensweise zahlreicher indigener Völker und bedroht zusätzlich artenreiche Regionen, die für das Gleichgewicht des Weltklimas von erheblicher Bedeutung sind. Um dies zu verhindern, gilt es Klimagerechtigkeit für alle zu erkämpfen. Die Regierungen und Unternehmen haben gezeigt, dass sie dazu nicht willens und in der Lage sind. Nun ist es an uns, echte Lösungen zu entwickeln und durchzusetzen. Die Erde bietet genug Platz und Ressourcen für alle Menschen und Lebewesen. Auf unserem Klimacamp und im Klimaforum wollen wir zusammen Wege finden, wie wir global und lokal Verantwortung übernehmen können jenseits eines fremdbestimmten Lebens durch eine Verwertungslogik, die alle lebenswichtigen Güter kontrolliert. Wir wollen nach umweltfreundlichen dezentralen Alternativen der Versorgung suchen und eine nachhaltige Lebensweise dem zerstörerischen Konsumismus entgegensetzen. Gemeinsam werden wir in vielfältigen Aktionen und einer Demonstration Klimagerechtigkeit einfordern!

Leitantrag

Beschluss des III. Bundeskongresses am 26.-28. März 2010 in Frankfurt am Main

Intro
Unsere Generation lebt in einer Zeit der beschleunigten Umbrüche und verschärften Widersprüche. Die Krisenmeldungen überstürzen sich: Globale Märkte zermalmen ganze Volkswirtschaften und die Welt erlebt eine Wirtschaftskrise, die bereits das Ausmaß der großen Depression der 1930er Jahre überschreitet. Zugleich steht uns eine dramatische Erderwärmung bevor – mit radikalen Folgen für die Lebensbedingungen auf diesem Planeten.
Und doch leben wir auch in einer Zeit des politischen Stillstands. Die Krisen brechen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit ein, um scheinbar routiniert verdaut zu werden. Oft wird resigniert oder geleugnet und die herrschenden Eliten des Westens rufen das Ende der Wirtschaftskrise aus, noch bevor die Schockwellen des Finanzkollapses die Realwirtschaft vollständig erreicht haben. Zu wirksamen Regulierungen des Finanzmarktsektors ist es noch nicht gekommen. Und dabei geht es einer unvorstellbar großen Zahl von Menschen schon jetzt durch die Krise schlechter und ihre Zahl wird nochmals steigen. Weltweit verlieren viele Millionen ihre Arbeit und ihren Lebensunterhalt und auch die extreme Armut wird neue Rekordhöhen verzeichnen.
Stillstand herrscht auch in der Klimapolitik. Die dringend notwendige industrie- und energiepolitische Wende wird weiter blockiert und die Regierungen zocken lediglich um die Abwälzung der Folgekosten.
Klimawandel, Energiekrise, Ernährungskrise und Weltwirtschaftskrise – die Krisen haben System, sie müssen als Wirkung des Kapitalismus verstanden werden. Als Jugendverband kämpfen wir deshalb für eine antikapitalistische, eine sozialistische Perspektive. Wir sagen: Der Kapitalismus erleidet keine Krisen, er ist die Krise und war seit seinem Bestehen schon eine Katastrophe für Mensch und Natur. Ohne Profit, ohne Ausbeutung und Ausgrenzung ist der Kapitalismus nicht denkbar. Und wir sind Bestandteil einer weltweiten Bewegung, die für seine Überwindung eintritt, die angetreten ist, diese mörderische und absurde Weltordnung umzustoßen.
Unser Verband arbeitet in einem Kernland des Westens. Die Bundesrepublik gehört zu den führenden Wirtschaftsmächten. Sie profitiert von den globalen kapitalistischen Raubzügen. Es liegt auch an uns, den Opfern dieser Raubzüge hier eine Stimme zu geben und die Kräfteverhältnisse nach links zu verschieben. Wir werden nicht resignieren. Wir wollen an der Gestaltung einer besseren Welt mitwirken. Wir wollen unsere Generation politisch mobilisieren, für eine radikale, plurale junge Linke. Und das kann uns nur gelingen, wenn wir in die sozialen Kämpfe in diesem Land eingreifen und Plattform sind für Protest, Selbstorganisation und Solidarität. Dabei verlieren wir die globale Perspektive nicht aus dem Blick. An unserer Generation liegt es die klimapolitische Wende und globale Klima- und Verteilungsgerechtigkeit  durchzusetzen.
Mit diesem Beschluss gibt der Bundeskongress von Linksjugend [’solid] unserem Verband eine politische Strategie und ein Arbeitsprogramm für das Jahr 2010. Wir ziehen mit ihm zugleich Bilanz im dritten Jahr nach unserer Gründung. Wir analysieren unsere Schwächen und Erfolge und orientieren die Landesverbände auf die nächsten Schritte im weiteren Aufbau unserer Organisation.

Generation Krise: Soziale Kämpfe gegen Schwarz-Gelb
Die Wirtschaftskrise hatte in der politischen Linken im letzten Jahr die Erwartung hervorgerufen, dass die neoliberale Marktideologie nun von allein in sich zusammenbrechen müsste. Schließlich galt sie mit ihren Grundsätzen der Deregulierung und Privatisierung als ursächlich verantwortlich für den Finanzkollaps. Weit gefehlt, denn jenseits einiger symbolischer Gesten und Beschwörungsformeln haben die herrschenden Eliten Kurs gehalten. Was noch unter der Großen Koalition anfänglich als Verstaatlichungsrhetorik gehandelt wurde, entpuppte sich sehr schnell als Manöver, mit dem die Eliten Ressourcen für die Rettung ihrer Besitzstände in Anspruch nahmen. Bankenrettungspakete wurden aufgelegt, ohne dass sich etwas an der Steuerung der Banken und Krisenunternehmen änderte, von gesellschaftlicher und demokratischer Mitbestimmung war nie die Rede. Die Politik der Rettungsschirme galt also der Rettung der alten Ordnung, der Rettung des neoliberalen Marktradikalismus.
Mit Schwarz-Gelb stellt eine Koalition der Marktfreiheit und des Wertekonservatismus die Regierung der Bundesrepublik. Anders als viele Linke aber glauben, kann der Wahlsieg von Schwarz-Gelb nicht auf einen Rechtsruck in der Gesellschaft zurückgeführt werden. Vielmehr ist diese Regierungsbildung auf den beispiellosen Absturz der SPD zurückzuführen, den sie nach 11 Jahren des massiven Sozialabbaus und der deutschen Kriegsbeteiligung zu verantworten hat. Der bürgerliche Block hat bei den Wahlen sogar insgesamt über 300.000 Stimmen gegenüber dem Jahr 2005 verloren. Sowohl CDU als auch SPD haben damit jeweils ihr schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik eingefahren. Dies mag auch ein Grund sein, warum die derzeitige Regierung noch zögert, ihr Programm der neoliberalen Krisenbewältigung in vollem Umfang durchzusetzen. Spätestens nach den Landtagswahlen in NRW, droht sich das zu ändern.
Der Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb enthält ein faustdickes Umverteilungsprogramm zu Lasten der sozial Benachteiligten und lohnabhängig Beschäftigten. Steuern für Unternehmen und SpitzenverdienerInnen sollen weiter gesenkt und im Gegenzug die Kopfpauschale im Gesundheitssystem eingeführt werden. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors steht ebenso an wie weitere Privatisierungen. Und unter der Hand wurden bereits massive Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich durchgeführt – weitere werden folgen. Die Bankenrettungen und Steuersenkungen für die eigene Klientel müssen ja schließlich gegenfinanziert werden.
Während der Kriseneinschlag in der Bundesrepublik im letzten Jahr vor allem über die Kurzarbeit und mit dem Abbau von Überstunden in vielen Branchen ausgebremst wurde, wird im Jahr 2010 die Arbeitslosigkeit deutlich ansteigen. Darüber hinaus wird die Krise vor allem dafür genutzt, den Arbeitsmarkt weiter zu prekarisieren. Leiharbeit, mehr Minijobs, Dumpinglöhne und die allgemeine Herabsetzung von Tarifstandards – lohnabhängig Beschäftigte müssen zu immer mieseren Konditionen arbeiten.
Besonders stark betroffen von dem prekären Umbau der Arbeitswelt sind junge Menschen. Weniger Ausbildungsplätze, weniger Übernahmen nach der Ausbildung und wenn sich ein Job findet, dann ist es nicht selten Leiharbeit für wenig Geld, mit wenig Schutz und viel Unsicherheit. Befristete Arbeitsverträge sind inzwischen Standard, gut entlohnte, sichere Arbeitsplätze werden immer seltener.
Unsere Generation ist die Generation Krise. Von der Generation unserer Eltern unterscheiden uns vor allem Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit. Von der Mär steigenden allgemeinen Wohlstands durch unendlich wachsende Produktivität ist nichts geblieben als die unerfüllbare Sehnsucht nach einem vermeintlich erlösenden zweiten Wirtschaftswunder. Erwerbsbiografieen junger Menschen füllen seitenlange Dossiers über Praktika, Aushilfsjobs im Niedriglohnbereich und Ausbildungen ohne Übernahme – oder beschreiben den jüngst von Westerwelle, Koch und Sarrazin offen geforderten Ausschluss aus dem Volkskörper, die Marginalisierung im Stigma Hartz IV, die längst Realität geworden ist. Uns wird die Entscheidung überlassen, die unerfüllte Hoffnung nach Anerkennung und einem besseren Leben im sog. ersten Arbeitsmarkt nicht zu verlieren oder uns dem Schicksal eines verächtlichen Lebens als angebliche Schmarotzer an den im Sinne nationalen Interesses Disziplinierten hinzugeben. Schicksal? – Fehlanzeige! Unsere Entscheidung bleibt: Weder, noch! Wir spielen das Spiel nicht mit, in dem jede und jeder für sich um einen etwas besseren Lohn, etwas bessere Lebensbedingungen kämpft. Das Spiel, in dem es nur GewinnerInnen und VerliererInnen gibt, das uns darauf konditioniert, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten. Wir fordern ein selbstbestimmtes Leben abseits von Lohnarbeit und Hartz IV für uns alle. Natürlich lassen wir unsere historisch erkämpften Rechte nicht fallen, nehmen Lohndrückerei und Marginalisierung nicht hin und tun alles dafür, keinen Schritt zurückweichen zu müssen. Darüber vergessen wir nicht, dass unser Kampf allen Verhältnissen gilt, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen“ ist. Vor diesem Hintergrund organisieren wir als Teil einer emanzipatorischen Bewegung massive soziale Kämpfe gegen die andauernden Angriffe auf unser Leben und für ein ganz anderes Ganzes.
Für uns steht fest: Ohne massive gesellschaftliche Kämpfe und ohne die Angst der Regierung vor diesen Kämpfen werden wir die anhaltenden Angriffe auf unsere Zukunftschancen nicht abwehren können. Ohne eine starke außerparlamentarische Bewegung wird es auch keinen Wiederaufbau des Sozialstaats, und keine gesellschaftliche Demokratisierung geben. Unsere politischen Praxen orientieren sich deshalb an dem Ziel, den außerparlamentarischen Widerstand zu stärken und die Kräfteverhältnisse in diesem Land zu verändern.

Allen Lebensweisen gerecht werden
Die Ehe ist ein Relikt vergangener Tage. Von den Religionsgemeinschaften wird sie als eine besonders verlässliche und für Kinder förderliche Lebensweise angesehen. Der Staat alimentiert die Hausfrauenehe, also die partriarchalste aller Formen des Zusammenlebens, per Ehegattensplitting. Lebensgemeinschaften, die auf Hartz-Leistungen angewiesen sind werden ebenfalls gemeinsam veranschlagt: Es ergibt sich eine Unterhaltsverpflichtung der beiden PartnerInnen füreinander. Dies gilt nicht nur für die Ehe oder das homosexuelle Pendant, die eingetragenen Lebenspartnerschaft: Dies gilt ebenfalls für die so genannten Bedarfsgemeinschaften.
linksjugend [‘solid] fordert die Aufhebung aller finanziellen Abhängigkeitsverhältnisse unter Erwachsenen! Insbesondere Lesben und Schwule akzeptieren in Ihrer Mehrzahl die überkommenen Rollenvorstellungen nicht, da sie die konservativen Leitbilder nie für sich als passend empfunden haben.
So erklärt sich, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz zwar von ein paar wertkonservativen Grünen gefordert und durchgesetzt wurde, aber kaum von Lesben und Schwulen angenommen wird.
Im vergangenen Jahr hat unser Jugendverband Materialien unter dem Motto: „Gleiche Rechte für alle: Eheprivilegien abschaffen!“ erstellt und auf den schwul-lesbischen Straßenfesten und den CSD-Paraden verteilt. Der Erfolg dieser kleinen Kampagne hat gezeigt, dass wir mit unseren emanzipatorischen Inhalten gut bei dieser besonderen Zielgruppe ankommen. Zur kommenden CSD-Saison werden wir einen Aufruf herausgeben und die Basisgruppen auffordern auch in diesem Jahr wieder auf den CSDs präsent zu sein. Zum Thema wird wieder tolles emanzipatorisches Material anhand unserer Lebensweisenposition (beschlossen auf dem BuKo 09) erstellt. Es werden wieder Aufkleber, Handzettel und Banner gedruckt.

Den Bildungsstreik weiterentwickeln
Die ersten beiden Wellen des Bildungsstreiks im letzten Jahr haben gezeigt, dass unsere Generation politisch mobilisierbar ist. Über 270.000 Schülerinnen, Schüler, Studierende und Auszubildende haben sich am Aktionstag im Juni an den Demonstrationen beteiligt und im Winter fanden in über 90 Hochschulen Besetzungen statt. Mit den breit getragenen Demonstrationen, den symbolischen Banküberfällen und anderen Aktionen des zivilen Ungehorsams handelte es sich um die größten außerparlamentarischen Proteste seit der Anti-Hartz-IV-Bewegung. Damit ist es gelungen die Probleme in den Schulen und Hochschulen in eine breite Öffentlichkeit zu tragen und Sympathien für die Anliegen der Streikenden zu wecken. Der Erfolg des Streiks war unserer Meinung nach vor allem in der Verbindung von bundesweiter Koordination und dezentraler Aktion und damit in seiner flächendeckenden, bundesweiten Präsenz begründet. Gleichzeitig aber müssen wir feststellen, dass über die aktionistischen Punktmobilisierungen hinaus eine nachhaltige und langfristige Organisierung in den Bündnissen vor Ort kaum gelungen ist. Letzteres aber ist entscheidend, um die Forderungen des Streiks vor Ort auch wirklich durchzusetzen. Eine Strategie, die für die dritte Streikwelle im Juni vornehmlich auf Eskalation und Expansion in der Mobilisierung setzt, wird deshalb einseitig bleiben und im besten Fall medial aber eben nicht politisch erfolgreich sein.
Als Defizit hat sich darüber hinaus die schwache parteiunabhängige Interessensbündelung auf der Bundesebene erwiesen. Der Bewegung fehlt es sowohl im SchülerInnen- als auch im Studierendenbereich an einer gemeinsamen Plattform für die Selbstbildung und Unterstützung der Akteure vor Ort.

Der Bundeskongress orientiert den Verband auf die folgenden Leitlinien:

  • Linksjugend [’solid] wird sich an der Mobilisierung für die dritte Bildungsstreikwelle unter dem Aspekt “Generation Krise/ Soziale Kämpfe“ beteiligen. Hierfür suchen wir auch die Kooperation mit den Gewerkschaftsjugenden. Als Auftakt verstehen wir die Mobilisierung für die NRW-Wahlen. Ziel ist eine weitgehende Mobilisierung für die Demonstrationen der dritten Streikwelle am 9.Juni. Die Mobilisierung für die dritte Streikwelle bildet den Schwerpunkt des Verbandes im ersten Halbjahr 2010.
  • Unser Jugendverband versteht sich als Akteur innerhalb der Streikbewegung und als Dienstleister für die Proteste. Wir werden ebenso dafür werben, dass auch die LINKE ihre Ressourcen und Logistik für einen erfolgreichen Streik zur Verfügung stellt.
  • Wir bekräftigen unsere Forderung nach einem radikalen Wechsel in der Bildungspolitik. Wir wollen mehr als eine Schule für alle, die Rücknahme der Schulzeitverkürzung. Statt Studiengebühren wollen wir ein Studienhonorar wie auch die Reform des Bachelor-Master-Systems. Wir wollen das Recht auf eine gute und qualitativ hochwertige Ausbildung, eine Mindestvergütung für Azubis, von der man leben kann, die Ausbildungsplatzabgabe und eine Übernahmegarantie nach der Ausbildung.
  • Der Verband nutzt die Debatte, die sich nach dem folgenreichen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Februar zu den Hartz-IV-Regelsätzen entwickelt hat und wird seine sozialpolitischen Forderungen in den Bildungsstreik tragen. Wir wollen die Bildungsproteste mit neuen Anti-Hartz-Protesten verbinden.
  • Der Bundesverband wird ein offenes Bildungs- und Seminarprogramm für linke Bildungspolitik auflegen, für das wir bereits während der Streikmobilisierung werben. Für die Umsetzung des Programms sind der BundessprecherInnenrat und der Länderrat verantwortlich. In der Bundesgeschäftsstelle wird das streikbezogene Bildungsprogramm von der Mitarbeiterin für Politische Bildung koordiniert.
  • Das Sommercamp in diesem Jahr wird unter dem Schwerpunkt “Soziale Kämpfe/Bildungsstreik“ durchgeführt und in der Bewerbung gezielt für Streikaktive geöffnet.

Der Kampfzone den Hahn abdrehen
Deutschland ist mit immer mehr Soldaten an dem seit 8 Jahren in Afghanistan geführten Krieg beteiligt. Und die Gewaltspirale dreht sich nach oben. Die Bombardierung und Ermordung von über 100 Menschen in Kunduz durch die Bundeswehr im September letzten Jahres muss als das größte deutsche Kriegsverbrechen nach dem Ende des 2.Weltkriegs angesehen werden. Linksjugend [‘solid] lehnt den Krieg und die Unterstützung des korrupten und unbeliebten Karsai-Regimes weiterhin entschieden ab. Wir wehren uns zudem dagegen, dass die Bundeswehr die miesen Berufs- wie Ausbildungschancen und den gewachsenen ökonomischen Druck auf junge Menschen ausnutzt, um in Schulen und Jobcentern zu rekrutieren. Es ist bekannt, dass die Regionen mit hoher Jugendarbeitslosigkeit zu den bevorzugten Zielgebieten der Jugendoffiziere der Bundeswehr gehören.
Wir fordern das Verbot von Bundeswehrwerbung an den Schulen und Jobcentern, die Abschaffung Abschaffung der Bundeswehr und den damit verbunden Wehrdienstes. Wir wollen wirkliche Zukunftschancen und streiten deshalb für eine grundlegend andere Bildungspolitik. 

Never, never, never give up! Zivilen Ungehorsam organisieren!
Als linker Jugendverband ist es unsere Aufgabe, insbesondere junge Menschen für sozialistische Ideale, internationale Solidarität und den Kampf ums Ganze zu gewinnen. Wie bereits im Bildungsstreik so auch bei den Nazi-Blockaden in Dresden haben vor allen Dingen Jugendliche gezeigt, was wir erreichen können und wie sich gesellschaftlicher Widerstand breit verankern lässt. Der Nazi- „Trauermarsch“ fand im zwölften aufeinanderfolgenden Jahr erstmals nicht mehr statt. Erfolgreich haben wir AntifaschistInnen den Nazis damit fürs erste einen der symbolträchtigsten „Gedenktage“ streitig gemacht! Der Jugendverband hat im Vorfeld maßgeblich dazu beigetragen: In allen AGs des Bündnis „Dresden Nazifrei“ waren wir Akteur und haben gemeinsam mit linksradikalen und breit aufgestellten zivilgesellschaftlichen Kräften an der Blockade des Naziaufmarschs gearbeitet und geschlossen agiert. Nach anfänglicher Zurückhaltung haben dadurch nun auch die Skeptiker erkannt: Antifaschismus dürfen wir nicht dem Staat überlassen – das machen wir lieber selbst! Mit diesem Erfolg im Rücken haben wir nun die Chance, Zivilen Ungehorsam als ein legitimes und auch effektives Mittel, sowohl im zivilgesellschaftlichen als auch im linksradikalen Spektrum zu etablieren. Blockaden nach dem Vorbild Köln, Jena oder Dresden eigenen sich eben deswegen so gut für eine solche Verankerung, weil sie explizit den Schulterschluss zwischen allen antifaschistischen Kräften – egal welcher Richtung – organisieren und vereinen. Genau dieser Schulterschluss ist es denn auch, der dem Staat missfällt, denn durch die breite Solidarisierung konkretisieren und organisieren wir sowohl gesellschaftlichen Protest als auch aktiven Widerstand gegen die bestehenden Verhältnisse. Aber: Für das Jahr 2011 hat sich auf Seite der Nazis bereits ein neuer Vorbereitungskreis für den Nazi-Aufmarsch konstituiert. Das bedeutet für uns, dass wir nächstes Jahr erst recht gefordert sind. Durch unseren Erfolg ist es jetzt möglich langfristig bundes- und landesweite Blockadebündnisse aufzubauen. Wir werden diese Chance ergreifen und daher in der zweiten Jahreshälfte 2010 hier einen wesentlichen Arbeitsschwerpunkt setzen. Bestandteil unserer antifaschistischen Arbeit sollte die Ausweitung und ein stückweit Professionalisierung solcher Protestformen sein. Der Bundeskongress setzt dem entsprechend folgende Leitlinien: Der Bundesjugendverband bringt sich aktiv in den Aufbau eines Blockadebündnisses gegen den Nazi-Aufmarsch im Februar 2011 in Dresden auf bundesweiter und – wo möglich – auch regionaler und lokaler Ebene ein. Er beteiligt sich aktiv an einer bundesweiten Antifa-Konferenz des Bündnisses „Dresden nazifrei!“, um gemeinsam mit den dort organisierten Akteuren aus dem zivilgesellschaftlichen wie linksradikalen Spektrum die Erfahrungen der vergangenen Blockaden zu reflektieren und Schlüsse für gemeinsame zukünftige Anti-Nazi-Blockaden zu ziehen. Auf Bundesebene wird ein Antifaschistisches-Aktions-Modul entwickelt, dass exemplarisch darstellt, wie in den einzelnen Landesverbänden langfristig ein Aktionsnetzwerk – ähnlich dem in Jena – aufgebaut werden kann, das sich vor Ort aktiv in die Organisation und Umsetzung von Nazi-Blockaden einbringt. Zur Entwicklung des Moduls wird insbesondere auf die bereits bestehende verbandsinternen Struktur, die sich im Zuge der Dresdenvorbereitung gebildet hat, aufgebaut und darüber hinaus die enge Zusammenarbeit mit dem Jenaer Aktionsnetzwerk, sowie dem Netzwerk Skills for Action gesucht. Die theoretische Aufarbeitung und Analyse des vergangenen Faschismus und heutigen Rassismus wird durch die weitere Verbreitung der Broschüre „Block Facism“, der Konzeption von Abrufveranstaltungen und dem Aufbau eines ReferentInnen-Pools durch den Bundesjugendverband ausgebaut.

Gegen neoimperialistische Kriege – Bundeswehr abschaffen!
Eine unter vielen, aber die aggressivste Form des Klassenkampfes von oben sind neoimperialistische Kriege, wie sie derzeit von den USA z.B. im Irak oder von der NATO unter maßgeblicher Beteiligung der BRD in Afghanistan geführt werden. Sie vernichten die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen, die Natur sowie die Leben von Millionen Menschen weltweit. Sie verschärfen und zementieren die Ausbeutung und Unterdrückung des globalen Proletariats und sie machen die Möglichkeiten antikapitalistischer Bewegungen in den betroffenen Staaten zunichte. Ein Internationalismus, der seinen Namen noch verdient, bezieht offen und deutlich Stellung gegen diese Kriege, ihre Planung, Vorbereitung und gegen ihre Profiteure. Der Umbau der Streitkräfte sowohl der Bundeswehr, als auch der EU und der NATO zu Interventionsarmeen sind ein strategisches Instrument zur Ressourcen- und Machtsicherung der kapitalistischen Kernstaaten. Mit ihnen als Apparat zur Erhaltung und Vertiefung der herrschenden Produktionsverhältnisse ist eine Überwindung derselben nicht zu erreichen. Rüstungsindustrie / Interessen der deutschen Wirtschaft In dieser Zeit der in Politik und Presse allgemein gegenwärtigen Krise versucht die Bundeswehr in gesteigertem Maße, die daraus resultierend vermehrte Perspektivlosigkeit vieler SchulabgängerInnen auszunutzen und diese für eine Karriere in der Bundeswehr als BerufssoldatIn, inklusive deren vielfältigem Ausbildungsprogramm in zivilen Berufen, welche auch militärisch genutzt werden, zu begeistern. Der Wehrdienst ist das Kernelement der Instrumente zur Heranführung an die Bundeswehr. Er dient dazu, ein Gemeinschaftsgefühl und Loyalität durch Verinnerlichung eines Systems von Disziplin zu generieren und den SoldatInnen so den eigenen Willen durch ein funktionales System von Befehl und Gehorsam zu ersetzen. Das kann für mündige Menschen keine Alternative sein! Die Bundeswehr arbeitet seit geraumer Zeit an ihrer Außendarstellung, um sich für junge Menschen interessant zu machen, ihr Ansehen in der Gesellschaft zu steigern und einen stetigen Nachschub an billigen Arbeitskräften sicher zu stellen. Dazu will auch die neue Bundesregierung beitragen, die im Koalitionsvertrag die Einführung von einem „Maßnamenpaket zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr“ für das Jahr 2010 vorsieht. Die Soldaten sollen als „Staatsbürger in Uniform“ mit einem positiven Bild in der Gesellschaft verankert sein. Der Aufbau und die Vernetzung der „Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (ZMZ-I) seitens der Bundeswehr auf kommunaler Ebene, ist eine Aushöhlung des Grundgesetzes. Die Grenzen von innerer und äußerer Sicherheit verschwimmen zunehmend. Internationale Einsätze unter Beteiligung Deutschlands und Heimatschutz sowie der Einsatz der Bundeswehr im inneren sind deshalb zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Ökologisches
Der gescheiterte Weltklimagipfel in Kopenhagen im vergangenen Dezember muss in einer Hinsicht als Wendepunkt verstanden werden: Kopenhagen war die Geburtsstunde einer globalen Klimabewegung. Deutlich geworden ist zugleich, dass wir von einem klimapolitischen Kurswechsel weit entfernt sind und die offiziellen Verhandlungsrunden der Regierungen sich – wenn überhaupt –  nur im Zeitlupentempo bewegen. Richtig ist, dass die klimapolitische Wende in den nächsten 10 Jahren kommen muss, damit die Kipp-Punkte des Klimas in 20 oder 30 Jahren vermieden werden. Wenn es der Weltgesellschaft nicht gelingt sehr bald radikal anders zu wirtschaften, den Ausstoß von Treibhausgasen massiv zu reduzieren und endlich umzusteuern, dann wird die globale Durchschnittstemperatur am Ende dieses Jahrhunderts deutlich angestiegen sein. Die Politik der nächsten 10 Jahre entscheidet also existenziell über die Lebensverhältnisse der künftigen Generationen, über die Vernichtung der menschlichen Lebensgrundlagen. Der ökologische Imperativ, die absolute Notwendigkeit alles auch unter der ökologischen Frage zu betrachten, macht es für uns unabdingbar den Sozialismusbegriff ökologisch zu denken. Es kann und soll für uns kein Sozialismusbegriff ohne ökologische Perspektive, wie auch keine ökologische Perspektive mehr ohne den Sozialismusbegriff geben.
Die außerparlamentarische Mobilisierung nach Kopenhagen war insofern ein Erfolg, als dass es den Staats- und Regierungschefs des atlantischen Westen nicht gelungen ist, aus dem Gipfel zumindest einen PR-Erfolg zu machen. Ebenso erfreulich ist, dass die Länder des Trikonts sich selbstbewusst einem Abkommen verweigert haben, welches ihnen einseitig die Lasten einer klimapolitischen Kurskorrektur aufgelastet hätte. Wir nehmen zudem ernsthaft besorgt zur Kenntnis, mit welcher Zielstrebigkeit der Atomausstieg von der schwarz-gelben Bundesregierung verschleppt wird und die Atomenergie wieder in der deutschen Energieversorgung verankert werden soll. Auch den Versuch einen Atomausstieg gegen die Klimafrage auszuspielen werden wir nicht zulassen. In diesem Kontext unterstützen wir als Jugendverband die stärker werdende Antiatombewegung und werden uns hier in Zukunft als sichtbare Bündnispartnerin einbringen. Ein Ziel ist dabei Schnittstellen zwischen dem Kampf gegen den Klimawandel und die Renaissance der Atomkraft sichtbarer zu machen und das Hirngespinst der „sauberen“ Atomenergie“ zu entlarven. Als sozialistischer Jugendverband verweisen wir deswegen auch explizit darauf, dass das Prinzip die Energieproduktion der Gewinnmaximierung unterzuordnen, ökologische Probleme schafft, die die ganze Umweltbewegung betreffen.
In den anstehenden Monaten wird sich entscheiden, ob die Proteste in Kopenhagen tatsächlich ein neues Seattle darstellen, den Beginn einer breiteren Massenbewegung. Die Aufgabe unseres Verbandes ist dabei einerseits eine massenfähige antikapitalistische Klimapolitik zu formulieren, andererseits praktische und programmatische Angebote für den bislang größtenteils noch unspezifischen Protest zu erarbeiten. Wir wissen dabei, dass wir selbst erst begonnen haben, unser Verbandsprofil in diesem Bereich zu schärfen und bei vielen Fragen noch Klärungs- und Diskussionsbedarf haben.

Der Bundeskongress setzt folgende Leitlinien:

  • Für uns – die Linksjugend [’solid] – ist unser sozialistisches Selbstverständnis untrennbar ökologisch. Unsere Politik zielt auf Veränderungen, die der kapitalistischen Produktions- und Verwertungslogik und ihrer Grundlagen widersprechen und damit eine Brücke bilden in eine sozialistische Gesellschaft.
  • Marktförmige Lösungsvorschläge, die von einem “Green New Deal“ phantasieren, lehnen wir ab. Ein grüner Kapitalismus ist nicht möglich, denn der Widerspruch zwischen Kapital und Natur kann nicht aufgehoben werden. Eine von einer Renditelogik getriebene Wirtschaftsform wird nicht in der Lage sein, den Klimakollaps demokratisch und gerecht zu verhindern. Wir bekämpfen deshalb auch alle chauvinistischen Lösungsvorschläge. Soziale Sicherheit, eine saubere Energieversorgung wie Umwelt sind unterschiedslos für alle Menschen realisierbar und sie sind Menschenrecht.
  • Wir kämpfen für einen Ausbruch aus dem fossilen Zeitalter, fordern die Vergesellschaftung wie Dezentralisierung des Energiesektors und die Abschaltung aller Atomkraftwerke wie es das Atomausstiegsgestz ursprünglich vorsieht sowie den Beginn vom Ausstieg aus der Kohleverstromung. Wir fordern zudem Reparationszahlungen des die Klimaveränderungen verursachenden Nordens an den Süden.
  • Der Bundesverband wird das Materialangebot zu diesem Thema ausweiten und dabei an den bisherigen Materialien des Verbandes anknüpfen. Inwiefern die Veröffentlichung dieser Materialien im zweiten Halbjahr 2010 mit einer Programmkonferenz begleitet wird, entscheiden Länderrat und BundessprecherInnenrat.
  • Der Bundesverband wird sich an den Protesten zu den in Bonn stattfindenden Vorverhandlungen Anfang Juni 2010 für die 16. UN- Klimakonferenz in Mexiko beteiligen und unterstützen.

Perspektiven für eine antikapitalistische Praxis
Schlechte rot-rote Koalitionsverträge, leere öffentliche Haushalte, eine noch zu schwache gesellschaftliche Linke und immense Herausforderungen in den Bereichen Soziales, Klima und Frieden verleiten zum Aufgeben und Verzweifeln. Die entscheidende Frage für uns aber ist, wie wir die anstehenden Abwehrkämpfe erfolgreich bestehen können und darüber hinaus in eine sozialistische Transformationsstrategie überleiten können.
Am Anfang steht die simple, aber wichtigste Erkenntnis, dass wir schlicht >mehr< werden müssen! Wie im Abschnitt „Den Verband stärken“ beschrieben, geht es zudem auch um ein qualitatives >mehr<. Erfahrung und politische Fitness erhöhen natürlich die Wirkung der eigenen Arbeit. Was soll nun aber neben unseren Hauptaufgaben, dem ‚mehr und besser werden‘, der konkrete sozialistische d.h. antikapitalistische Gehalt der eigenen politischen Praxis sein? Der Sozialismus kommt nicht dadurch, dass wir oft genug seinen Namen rufen. Vielmehr muss unser Wille zur Überwindung der allgemeinen Zumutungen aus unserer Praxis selbst hervorgehen. Das heißt, dass unsere Aktionen und Texte eine nachvollziehbare Negation des Bestehenden anstreben. Nicht so oberflächlich wie der Punkrock die Gesellschaft negiert oder so esoterisch wie so genannte individualistische Strömungen Teilbereiche der Gesellschaft negieren. Nein, wir wollen durch bewusste und politisch kommunizierbare Grenzüberschreitungen gesellschaftliche Zumutungen in Frage stellen und in der Negation Lösungen aufzeigen. Hierbei kommen wir jedoch häufig in bestimmte „linke“ Sackgassen.
Ein Beispiel: Unter den Vorzeichen des Klimawandels, bringt uns die Forderung zur Rettung eines Autokonzerns (im Sinne der abhängig Beschäftigten) in eine zwiespältige Lage: Zum einen besteht die Umweltproblematik, zum anderen das Profitinteresse der Konzerneigner, welches nun mit Steuergeldern abgesichert werden soll. Uns jedoch geht es um die Lohnarbeiter_innen. „Vergesellschaftung!“, heißt es dann häufig von linker Seite, eine gute Forderung – die jedoch den meisten Menschen, selbst wenn sie sie teilen, abwegig erscheint.
Eine politische Praxis, die durch nachvollziehbare Grenzüberschreitungen, gesellschaftliche Zumutungen aufdeckt und überwindet, wäre im Fall eines von der Pleite bedrohten Unternehmens zB. die Besetzung oder Übernahme des Betriebes durch die Arbeiter_innen selbst. Eine Aneignung der Werte also, die ohnehin durch die Lohnarbeiter_innen geschaffen wurden. Diese würden nun Kreditgeber suchen um die Produktion wieder in Gang zu setzten, evtl. unterstützt sogar der Staat die Umstellung auf klimaverträgliche Technologien – aber an diesem Punkt sind wir längst wieder in normalen kapitalistischen Abläufen angekommen. Was bleibt, wäre die Erfahrung der Selbstermächtigung. Dies ist nicht zu unterschätzen, denn nicht nur die beteiligten Lohnarbeiter_innen, sondern auch viele die das verfolgt haben, könnten dann eine andere Vorstellung von „Politik machen“ haben, die viel schwerer wiegt als unzählige linke Flugblätter und Reden. Eine Aneigungspraxis, die bestehende Herrschafts- und Eigentumsverhältnisse in Frage stellt, muss von den Menschen jedoch erst erlernt werden oder – besser – für möglich und „gerecht“ gehalten werden.
Selbstermächtigung kennt viele Formen, im Kern muss es darum gehen, das eigene Leben und die gesellschaftliche Situation selbst zu gestalten, bzw. diesem Ideal möglichst nahe zu kommen. Als Jugendverband können wir dies meist nur in der Aneignung öffentlicher Räume erproben. Auch die kurzzeitige Besetzung von Plätzen und Räumen sowie die Aneignung von Möglichkeiten (zB. kollektives Schwarzfahren) kann Sinn machen, solange keine überzogenen Hoffnungen verbreitet werden, die dann zu großen Enttäuschungen führen. Es geht hierbei um die Erprobungen einer sozialistischen Praxis unter denkbar schlechten Bedingungen. Aber genauso, wie der Bildungssteik, an dessen Erfolg wir Anteil hatten, einen großen Sieg darin findet, Zehntausenden das Mittel der Demonstration und des Streikes näher gebracht zu haben, die sonst mit Politik kaum in Berührung kommen, so sind gut dosierte und durchdachte Aktionen zivilen Ungehorsams und eine gut erklärte radikale Kritik immer auch ein Beitrag zur Normalisierung einer sozialistischen Ideenwelt und Praxis, die diesen Namen wirklich verdient. Dies zu entwickeln, zu verbreiten und in jeder Hinsicht nach unseren Möglichkeiten zu steigern, ist der Kern für unser Verständnis von sozialistischer Politik heute.

Den Verband stärken
Unser Verband war in den vergangenen Monaten politisch erfolgreich. Wir waren der einzige parteinahe Jugendverband, der in den ersten beiden Bildungsstreikwellen bundesweit verankert war und wir haben unsere Positionen bislang auch erfolgreich in die Streikbündnisse einbringen können. Der Mitgliederzuwachs war stark, befördert auch durch die Weltrettenkampagne und durch “Aufmucken-gegen

Kampagne „Stop Ilisu – Rettet Hasankeyf“

Beschluss des IV. Bundeskongresses am 13.-15. Mai 2011 in Hannover

Wir unterstützen die zum einen die lokale Initiative zur Rettung von Hasankeyf und zum anderen die in Deutschland von der Nichtregierungsorganisation „Gegenströmung“, der österreichischen „ECA Watch“ und der schweizerischen „Erklärung von Bern“ geführte Kampagne „Stop Ilisu – Rettet Hasankeyf“

Wir fordern die türkische Regierung auf, den Bau des Ilisu-Staudamms umgehend zu stoppen.

Wir fordern die EU auf, sich dafür einzusetzen, dass die Türkei als EU Beitrittskandidat die internationalen Kriterien der Weltbank und des Weltkommission für Talsperren (WCD) zu Talsperren, Umsiedlung und ökologischen Auswirkungen beim Ilisu-Staudamm erfüllt.

Wir fordern die europäischen und internationalen Grossaktionäre – insbesondere die spanische BBVA – auf, auf die beiden türkischen Privatkreditgeber Akbank und insbesondere Garantibank so einzuwirken, dass die Kredite zurückgezogen werden.

Mitmachen, selber machen, Atomlobby kaputt machen

Beschluss des IV. Bundeskongresses am 13.-15. Mai 2011 in Hannover

Angesichts der Stärke der Anti-Atom-Bewegung in Deutschland und einem Umdenken sogar in konservativen Kreisen, besteht gerade jetzt die Möglichkeit die Stilllegung aller Atomkraftwerke durchzusetzen. Die Großdemonstrationen der letzten Monate und der Castortransport im letzten Jahr haben gezeigt, dass hunderttausende Menschen auf die Straße gehen und Tausende sich an Aktionen des zivilen Ungehorsams beteiligen. Gerade das Zusammenspiel der Breite der Bewegung und der Radikalität wesentlicher Teile machen die Stärke der Anti-Atom-Bewegung aus.

In den kommenden Wochen und Monaten kommt es darauf an jedes Befriedungsangebot der Bundesregierung zurückzuweisen, das hinter der sofortigen Stilllegung aller Atomanlagen zurückbleibt. Dies mit der ganzen Breite und Radikalität der Bewegung auszudrücken ist Ziel der Aktion „Block Brokdorf“. Schon im letzten Jahr brachte der vielfältige Widerstand gegen den Castortransport die Polizei an die Grenzen ihrer Kapazitäten. Wenn die Bundesregierung beabsichtigt die Atomkraftwerke noch Monate und Jahre weiter laufen zu lassen, werden wir dieses Jahr darüber hinaus gehen – in Brokdorf im Juni und im Wendland im November.

Wir mobilisieren nach Brokdorf und wir werden uns zahlreich an den Blockaden beteiligen. Für November mobilisieren zum Castortransport von der Südblockade über die Aktionen an der Schiene bis zu den Straßenblockaden im Wendland. Dabei unterstützen wir die vielfältigen Aktionsformen von Kundgebungen und Mahnwachen bis zu Aktionen des zivilen Ungehorsams, wie Sitzblockaden und „Castor? Schottern!“. Als Bewegungsverband sehen wir unsere Aufgabe nicht nur in der Mobilisierung , sondern auch in der Vorbereitung der verschiedenen Aktionen. Das wollen wir in der Breite des Verbandes tragen und uns mit unseren Basisgruppen und Landesverbände aktiv beteiligen.

Im letzten Jahr wurden die Castorproteste von dänischen Aktivisten unterstützt. In diesem Jahr wollen wir unsere internationale Kooperation vor allem bei der Südblockade auf die wachsende französische Anti-Atom-Bewegung ausweiten.

Der Bundessprecher:innenrat wird beauftragt:

  • Inhaltliches Material gegen Atomkraft zu erstellen, z.B. eine neue Zora und bundesweite Flyer und Broschüren gegen Atomkraft. Sie sollen erklären, warum alle Atomkraftwerke sofort stillgelegt werden müssen und können, warum wir die Vergesellschaftung der Energiekonzerne fordern und welche Formen des Widerstands wir für sinnvoll halten.
  • Plakate und Aufkleber gegen Atomkraft zu erstellen und bundesweit zu verbreiten.

Auf allen Ebenen des Verbandes organisieren wir eine Präsenz auf und Mobilisierung zu den Großdemonstrationen wie am 28.5. sowie den Aktionen zivilen Ungehorsams wie in Brokdorf und im Wendland. Zum Castor findet ein bundesweites Vorbereitungstreffen statt, zu dem alle Mitglieder die Fahrtkosten erstattet bekommen.

Kapitalismus stilllegen, Atomkraft abschalten!

Beschluss des IV. Bundeskongresses am 13.-15. Mai 2011 in Hannover

Im März 2011 wurde im japanischen Fukushima das Restrisiko zur Realität. 25 Jahre nach der verherrenden Katastrophe im ukrainischen AKW Tschernobyl zeigte sich wieder, dass die Gefahren der Atomkraft nicht beherrschbar sind. Kurz vor Fukshima war die schwarz-gelbe Regierung unter Merkel noch zu dem Schluss gekommen, dass die veralteten deutschen AKWs doch so sicher seien, dass sie noch für weitere Jahrzehnte laufen können. Während schon der rot-grüne Atomkonsens von 2001 einen Jahrzehnte langen Weiterbetrieb der Atomanlagen vorsah, verschob schwarz-gelb das Ziel einer Stromversorgung ohne Atomkraft erneut auf unabsehbare Zeit. Als Grund sprachen sie von Atomkraft als unverzichtbare Brückentechnologie in eine CO2-ausstoßfreie Zukunft, wenn in Deutschland nicht die Lichter ausgehen sollten. Durch die Stärke der Anti-Atombewegung sah sich die Bundesregierung nach Fukushima, auch wegen der anstehenden Wahlen, gezwungen zu mindestens einige AKWs vorrübergehen abzuschalten. Nur eine Abschaltung der ältesten und marodesten AKWs kann aber keine die Lösung sein. Auch im Normalbetrieb gehen von der Atomkraft so große Risiken für Mensch und Natur aus, dass die einzige Forderung sein kann: Sofortige Stilllegung aller Atomanlagen!

Schon beim Abbau des Urans werden Mensch und Natur geschädigt. Die freigesetzte Radioaktivität versucht das Trinkwasser und den Boden in den Abbaugebieten. Oftmals wird die meist indigene Bevölkerung vertrieben und ihres Landes beraubt. Bei der Aufbereitung des Urans, beim Betrieb der Atomkraftwerke und dann bei der Wiederaufbereitung der Brennstäbe wird Atommüll produziert, für den es keine sichere Lagerstätte gibt. Die Risiken während des Hin- und Hertransportes des radioaktiven Materials ist groß, die Gewinne der Konzern, die daran mit verdienen, auch. Das größte Risiko liegt allerdings in der Lagerung des Abfalls. Die Idee den tausende Jahre strahlenden Müll einfach unter der Erde zu verscharren, ist schierer Wahnsinn. Davon auszugehen, dass Menschen in einigen tausend Jahren noch wissen wo welcher gefährliche Müll eingelagert wurde, obwohl nach einigen Jahrzehnten nicht mehr klar ist, was für Abfall im ersten versuchsweisen Endlager Asse entsorgt wurde, ist entweder naiv oder zynisch. Hier stand nicht die Sicherheit im Vordergrund, sondern der Druck eine Lösung für ein selbstgemachtes Dilemma zu finden, nämlich auf Biegen und Brechen ein Lager für die schon existierenden Atommüllberge zu finden um noch mehr Müll produzieren zu können. Wenn jetzt der Atommüll aus den Schächten der Asse geholt werden muss, da diese sich mit Wasser füllen, ist dies der endgültige Beweis dafür das Salzgestein nicht für eine Endlagerung geeignet ist. Wenn nun am Salzstock Gorleben als Endlager festgehalten wird, zeigt dies erneut, dass hier der Profit Weniger vor der Gesundheit und den Interessen Vieler geht. Insgesamt kann keine Gesteinsart hundertausende Jahre eine ausreichend sichere Lagerstätte bieten. Das bedeutet, dass es keine Endlager geben kann, sondern der Müll unter ständiger Beobachtung jeder Zeit rückholbar gelagert werden muss. Eine Aufgabe für tausende nachfolgende Generationen.

Das trotz dieser bekannten Risiken und Probleme überhaupt Atomkraftwerke betrieben werden, ist kein Zufall, sondern dient den Profitinteressen der großen Energiekonzerne.

RWE, ENBW, e.on und Vattenfall, die ein quasi Monopol bilden, dominieren die Entscheidung wie und woraus Strom erzeugt wird. Trotz zahlreicher Lippenbekenntnissen mehr Erneuerbare Energien einzusetzten ist ihr Anteil kaum gestiegen. Lediglich 3,9 % dieses Stroms wird von den großen Konzernen produziert. Die gleichen Konzerne planen und bauen neue Kohlekraftwerke und treiben die unterirdische Endlagerung von CO2 voran. Auch bei dieser „Endlagerung“ sind die Risiken noch nicht absehbar. Trotz massiver Gewinne, schalten sie jährlich 800.000 Haushalten den Strom ab, wenn diese ihre Rechnung nicht mehr bezahlen können.

Um den Umstieg auf eine ökologische und soziale Energieversorgung zu vollziehen, braucht es offensichtlich die Veränderung der grundlegenden Machtstrukturen.

Wie geht es anders?
Das Ziel ist klar: 100% erneuerbare Energien, demokratisch, ökologisch und sozial. Diese Notwendigkeit ergibt sich auch aus dem menschengemachten Klimawandel, dessen verherrende Auswirkungen bereits im globalen Süden deutlich werden. Vor allem Industrieländer wie Deutschland haben durch den massiven Einsatz fossiler Brennstoffe diese Entwicklung ausgelöst. Weder beim „Erdgipfel“ in Rio 1992 noch bei den Klimakonferenzen von Kioto und Kopenhagen (1997 und 2009) wurde der notwendige grundlegende Umbau der Energieerzeugung auch nur in Erwägung gezogen. Solange die Profitinteressen der Konzerne den Ausschlaggeben, werden sie bis zum bitteren Ende an Kohle und Atomkraft festhalten. Appelle, Bitten und Selbstverpflichtungen sind da wie Wattebäuschchen werfen. Sieht hübsch aus, bringt aber nichts.

Daher sehen wir nur die Enteignung der Konzerne als Möglichkeit auf eine ökologische und soziale Stromversorgung umzustellen. Doch auch in Staatshand gab und gibt es Atom- und Kohlekraftwerke. Auch staatliche Unternehmen werden immer mehr unter Profitzwang gestellt. Energie ist für uns aber ein Grundrecht, das jedem Menschen zusteht zu nutzen. Um die Beteiligung der Bevölkerung zu gewährleisten, schlagen wir ein Modell der regionalen gesellschaftlichen Kontrolle vor. Dies kann nur durch eine Energieerzeugung in kleinen, dezentralen und demokratischen Einheiten passieren. Die vier großen Energiekonzerne müssen dafür nicht nur enteignet, sondern auch in diese kleinen Einheiten aufgelöst werden.

Es ist an der Zeit unsere Energieversorgung der Kapitalistischen Warenlogik zu entreißen!!! Energiewende heißt Bruch mit den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen!!!

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