Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg
Die Linksjugend [’solid] solidarisiert sich mit allen Opfern von sexualisierter Gewalt, sexuellen Übergriffen und Sexismus im Kontext ihres Engagements innerhalb der Partei DIE LINKE. Die Täter gehören aus der Partei und allen dazugehörigen Ämtern entfernt. Wir verurteilen die Abwesenheit von Awareness- und Beratungsstrukturen sowie das Wegschauen von Funktionsträger:innen innerhalb der Partei.
DIE LINKE ist ihrem feministischen Anspruch nicht nur nicht gerecht geworden, sondern scheitert auch bei der Aufarbeitung dieser Fälle. Der Umgang der Partei mit den Opfern ist geprägt von Verunglimpfungen dieser Realitätsverweigerung und Täter-Opfer-Umkehr.
Wir fordern den Parteiausschluss aller Täter und derer, die sich dazu entschieden haben sie zu schützen, sowie eine transparente und umfangreiche Aufklärung und Aufarbeitung aller Fälle der sexualisierten Gewalt und des Sexismus innerhalb der Partei. Sowohl in der Partei als auch im Jugendverband sollte es ausführliche Bildungsangebote geben. Wir fordern die Partei DIE LINKE auf, Geld bereitzustellen, um auf Landes- und Bundesebene verpflichtende Bildungsangebote zum Thema Prävention von sexualisierter Gewalt und Awareness für Mitwirkende in den Gremien der LINKEN und Linksjugend [’solid] zu finanzieren.
Die Delegierten der Linksjugend [’solid] bei Landes- und Bundesparteitagen der LINKEN seien angehalten, dies durch jeweilige Anträge einzubringen. Ebenso fordern wir die Einrichtung permanenter Awareness- und Beratungsstrukturen auf Bundes-, Landes- und Kreisebene.
Solange diese Gremien nicht existieren, bieten wir den Opfern von sexualisierter Gewalt und Sexismus unsere Unterstützung und unsere Plattform, um alle Täter innerhalb der Partei offenzulegen und den Parteiausschluss zu initiieren. DIE LINKE muss endlich ihrem feministischen Anspruch gerecht werden, denn Täter schützen heißt Probleme bekommen!
Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg
Leihmutterschaft ist ein relativ neues Phänomen, neuer als Schwangerschaftsabbrüche oder Prostitution. Dadurch gibt es weniger Abhandlungen und linke Erörterungen dazu als zu anderen feministischen Themen. Bei einer Leihmutterschaft werden durch sogenannte „In-vitro-Fertilisation“ (IVF) Ei- und Samenzellen von Wunscheltern „im Glas“ befruchtet, bevor einer oder mehrere Embryos in den Uterus der Leihmutter eingesetzt werden, welche das Kind austrägt und nach der Entbindung an die Wunscheltern gibt. Es wird zwischen kommerzieller Leihmutterschaft, in welcher die Leihmutter einen Lohn für das Austragen des Babys erhält, und altruistischer unterschieden, in der das nicht der Fall ist, da sich die Leihmutter und die Wunscheltern in dem Fall meistens bereits vorher kennen. Kommerzielle Leihmutterschaft ist also eine Form der Lohnarbeit, die nur Menschen mit Uterus betrifft. Da „Leihmutter“ der typische Begriff ist, verwenden wir diesen hier, obwohl mehr Menschen als Frauen diese Arbeit übernehmen können.
Reiche Familien, die keine Kinder zeugen können oder wollen, und die keine Kinder ohne genetische Übereinstimmungen adoptieren wollen, sind die „Arbeitgeber:innen“ in der Situation, da sie für die Zeit der Schwangerschaft den Lebensunterhalt der Schwangeren finanzieren oder nach der Geburt eine zusätzliche Zahlung leisten. Leihmutterschaft ist zudem ein komplexes Thema: Die Leihmutterschaftsagenturen in Russland werben zum Beispiel oft mit der suggerierten „Nähe“ der Leihmutter und ihrer Gene zu weißen Auftraggeber:innen. Dieser Gedanke kann der Eugenik ähneln, wenn Wunscheltern sich solche Leute als Leihmütter aussuchen, welche Eigenschaften besitzen, die sie als wünschenswert bzw. gesellschaftlich angesehen bewerten. Wiederum wird öfter aus homofeindlichen Motiven unter dem Schirm der angeblichen Notwendigkeit einer Vater-Mutter-Kind-Familie gegen die Leihmutterschaft argumentiert. In Deutschland gilt aktuell das Embryonenschutzgesetz, was sowohl Eizellspende als auch Leihmutterschaft verbietet, weshalb einige Wenige in Deutschland sich für eine Leihmutterschaft im Ausland entscheiden.
Während in vielen Staaten lediglich altruistische Leihmutterschaft erlaubt ist oder es keine gesetzliche Regelung dazu gibt, ist in einzelnen US-amerikanischen Staaten, Russland, Litauen, Zypern und an Russland angrenzenden Staaten kommerzielle und altruistische Leihmutterschaft erlaubt. In Russland versuchen russische Agenturen für Leihmutterschaft mittlerweile sogar, sich auf dem Weltmarkt zu etablieren, arbeiten aber vor allem innerhalb von Russland. Die Sozialanthropologin Veronika Siegl hat in Moskau eine Feldforschung mit zehn Leihmüttern und vier Wunschmüttern durchgeführt, die an einem Leihmutterprogramm teilnehmen. Die befragten Frauen kommen nicht aus Moskau, sondern aus anderen Regionen Russlands, der Ukraine, Belarus oder zentralasiatischen Ländern. Aus den Interviews geht nach Siegl (2015) hervor, dass es sich bei kommerzieller Leihmutterschaft um eine Arbeit handelt, „die einen großen Eingriff in den Körper bedeutet und zu der man sich nur überwinden kann, wenn es notwendig ist“ [1]. Die befragten Frauen leisten Leihmutterschaft aus finanziellen Motiven, sei es, um das eigene Leben oder das ihrer Familie finanzieren zu können oder generell weniger finanzielle Sorgen zu haben. Gleichzeitig nehmen sie die Entscheidung zur Leihmutterschaft als aktive Entscheidung wahr.
Während des Prozesses der Leihmutterschaft können die Leihmütter sich (in seltenen Fällen) dazu entscheiden, das Kind zu behalten, oder die Eltern dazu, das Kind nicht anzunehmen, beispielsweise, wenn das Kind aufgrund von äußeren Merkmalen oder einer Behinderung von den Wunscheltern plötzlich nicht mehr erwünscht ist. Entscheidet sich die Leihmutter dazu, das Kind zu behalten, erhält sie allerdings nicht das vereinbarte „Honorar“, wie das in der kommerziellen Leihmutterschaft der Fall ist. Damit ist die Leihmutter in den meisten Fällen sehr stark von der einen Familie abhängig, allein schon, weil viele Leihmütter gar nicht erst das Geld hätten, selbst ein Kind großzuziehen. Dieses Machtgefälle bei Leihmutterschaft wird dadurch verstärkt, dass im Falle von Komplikationen oder Langzeitschäden durch die Geburt oder den Fötus die Schwangere nicht immer abgesichert ist, sowohl was finanzielle Kompensation als auch medizinische Behandlung angeht. Das Honorar liegt dabei in Russland im Schnitt umgerechnet in Euro ungefähr zwischen 8.000-13.200 Euro, so Veronika Siegl. Dazu komme monatliche finanzielle Unterstützung von etwa 300-400 Euro.
Im globalen Zusammenhang wird Leihmutterschaft meist in ärmeren, nicht-westlichen Ländern ausgeübt, wohingegen die Wunscheltern meist in reicheren Ländern leben. Somit ist es mittlerweile eine Form des Outsourcings der Care-Arbeit, die (globale) soziale Ungleichheit produziert. Die Reproduktion und das Gebären neuer Menschen, die generell ein für den Kapitalismus notwendiger Teil zur Aufrechterhaltung der potenziellen Arbeitskräfte sind, werden dadurch zur direkten Ware, bei der systematisch westliche Länder von den Körpern und der Arbeitskraft ärmerer Länder profitieren.
Im Kapitalismus birgt Leihmutterschaft, selbst wenn sie altruistisch geschehen sollte, immer ein finanzielles Risiko. Im Fall einer altruistischen Leihmutterschaft wird die Leihmutter zwar offiziell nicht entlohnt, aber ist dementsprechend immer noch von den Wunscheltern abhängig, die zuverlässig alle entstehenden Kosten tragen müssen – im Unterschied zu kommerziellen Modellen sind altruistische Leihmütter zumeist mit den Wunscheltern befreundet, was einen einvernehmlichen Ablauf sehr wahrscheinlich macht. Die schwangere Person kann in den letzten Monaten der Schwangerschaft und nach der Entbindung dennoch eingeschränkt, bis keine Lohnarbeit leisten und begibt sich außerdem in das Risiko, durch die Schwangerschaft körperliche Schäden zu erfahren, welche das zukünftige Berufsleben einschränken könnten.
Deshalb sprechen wir uns generell gegen die Legalisierung von kommerzieller Leihmutterschaft aus, sehen altruistische Leihmutterschaft im Kapitalismus und ohne Absicherungen kritisch und sind solidarisch mit allen Leihmüttern der Welt!
Beschluss des Länderrats am 26. Februar 2022
Hinweis: Im Text sprechen wir von betroffenen Personen (Opfern) und beschuldigten Personen (Täter:innen).
Einleitung
Für viele Menschen ist Sexismus, sexuelle Belästigung und Gewalt leider Alltag.
Dies sind strukturelle Probleme in unserer Gesellschaft und daher passieren sie auch in linken Strukturen, selbst wenn wir nicht gerne darüber sprechen.
Dabei wollen gerade wir auch ein Schutzraum sein, in dem sich Betroffene sicher fühlen und offen über ihre Erfahrungen reden können. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir verstärkt auf unseren Umgang miteinander achten.
Leider verhält sich auch nicht jede:r solidarisch, wenn es in seinen:ihren Strukturen Fälle von Sexismus, sexueller Belästigung oder sexualisierter Gewalt gab. Viel zu oft wird leider Täterschutz betrieben und den Betroffenen nicht zugehört.
Das wollen wir ändern, denn für einen feministischen Jugendverband müssen wir auch feministisch handeln, selbst wenn’s mal unangenehm wird in den eigenen Reihen.
Deshalb gehen wir nun in die Offensive. Wir wollen uns aktiv mit den diesen Themen auseinandersetzen und präventiv handeln. Zudem möchten wir unsere Strukturen darauf vorbereiten, wenn Fälle von Sexismus und sexualisierter Gewalt bekannt werden, den richtigen Umgang damit zu finden.
Aus diesem Grund schlagen wir die folgende Handlungsstrategie vor:
1. Prävention
Prävention ist nur möglich, wenn wir uns eingestehen, dass Sexismus und sexualisierte Gewalt strukturelle Probleme sind, die alle Teile der Gesellschaft betreffen und somit keinen Halt vor linken Räumen machen. Daher kann es natürlich auch in unseren Strukturen zu sexistischen Aussagen, Verhalten oder auch Belästigung und Gewalt kommen.
Daher folgt hier die zwingende Notwendigkeit, sich mit den Themen auseinanderzusetzen, das Bewusstsein aller Genoss:innen dahin gehend zu sensibilisieren und Bildungsarbeit zu leisten. Hierfür benötigen wir aber Strukturen, die diese Aufgabe mit übernehmen können und die Landesverbände und Basisgruppen unterstützen.
Der Bundessprecher:innenrat wird deshalb mehrere Awarenessworkshops organisieren um mehr Menschen in dem Bereich auszubilden und ein Awarenessteam für die Bundesebene zusammenstellen, das die Landesverbände auch bei dem Aufbau eigener Strukturen unterstützen kann. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den FLINTA* Strukturen, die sich gerade schon im Aufbau befinden. Ziel soll es sein, dass in jedem Landesverband künftig Strukturen vorhanden sind, an die sich Betroffene und Beschuldigte wenden können um das Thema aufzuarbeiten.
In den nächsten Punkten wird thematisiert, wie mit Fällen und Vorwürfen umgegangen werden sollte.
2. Regelung der Zuständigkeit
Um angemessen auf Vorwürfe und Hinweise reagieren zu können und diese zu klären, ist es wichtig, das offen über die Vorwürfe gesprochen wird und Betroffene eine Ansprechperson haben. Dies kann das Awarenessteam der Basisgruppe/ des Landesverbandes sein. Ebenso können mögliche FLINTA*-Beauftragte kontaktiert werden.
Das Awarenessteam auf Bundesebene wird gerade aufgebaut. Bis dahin könnt ihr euch jederzeit an Riley Dubiel und Jay Hammes wenden. Stellvertretend ist Felix Schattmann zuständig.
Hierbei gilt: Wenn Betroffene sich an uns wenden, nehmen wir diese ernst und hören ihnen zu. Wir entscheiden nichts ohne das Einverständnis der betroffenen Personen.
Awarnessstrukturen sind ein unbedingt notwendiger Bestandteil der Strukturen eines Verbands, der sich als feministisch versteht. Sie agieren als Unterstützungs- und Ansprechstruktur für Betroffene von struktureller Diskriminierung, insbesondere von sexualisierter Gewalt.
Zur Aufgabe von Awarnesstrukturen gehören die Ansprechbarkeit bei Vorfällen und die Erarbeitung von Vorschlägen zum Umgang mit den Fällen. Das Ziel von Awarnessstrukturen ist dabei nicht als bessere Polizei „gerechte“ Strafen zu verhängen oder Ähnliches, sondern dafür zu sorgen, dass Betroffene von Diskriminierung und Gewalt wieder in die Lage versetzt werden, in Strukturen mitzuarbeiten und sich so wohl wie möglich zu fühlen.
Deshalb darf Awarnessarbeit sich nicht auf einen potenziell gewünschten Rausschmiss reduzieren, sondern sollte auch Unterstützungsarbeit für die Betroffenen beinhalten und, wenn sinnvoll, Prozesse initiieren, um problematischen Umgang der Gesamtgruppe mit problematischem Verhalten zu reflektieren. Wenn die Kapazitäten gegeben sind, kann es auch enorm sinnvoll sein, Täter:innenarbeit zu leisten, also dann, wenn Täter:innen einsichtig und zur Aufarbeitung bereit sind, transformative Arbeit zu leisten, damit sich Taten nicht wiederholen.
Ob man alle diese Aufgaben bei einem Kernteam verortet oder in verschiedene Unterteams (z.B. ein Ansprechteam, eine Unterstützungsgruppe für die Betroffenen und eine Täter:innenarbeitsgruppe) aufteilt, muss jede Struktur unter Berücksichtigung ihrer Größe selbst entscheiden, jede Gliederung des Verbands sollte aber irgendeine Form von Struktur schaffen.
Klar muss für diese Strukturen immer sein: Sie sind zur konkreten Unterstützung von konkreten Betroffenen da und Handeln im Bewusstsein von gesellschaftlichen Machtverhältnissen, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Sie sind weder eine Instanz, die bei politischen Differenzen einschreitet, noch ein Wohlfühlteam, was dafür zuständig ist, sämtliche Sorge- und Konfliktarbeit in der Gruppe zu leisten.
3. Unterstützung
Wenn Betroffene sich an das Awarenessteam/ die FLINTA*-Beauftragte oder den Bsp:r wenden, gelten für das folgende Erstgespräch (telefonisch, Videocall oder Face to Face) einige Regeln:
4. Schutz der Betroffenen
Sollte es zu Anschuldigungen oder Hinweisen von sexualisierter Gewalt oder sexueller Belästigung kommen, stellen die Ansprechpartner:innen sicher, dass zum Schutz der Betroffenen kein unerwünschter Kontakt zwischen ihr und beschuldigten Personen stattfinden muss. Dies kann einen temporären Ausschluss von Basisgruppentreffen, Aktionen und Veranstaltungen beinhalten, bis der Fall aufgeklärt ist.
5. Untersuchung
Wenn es zu Anschuldigungen oder Hinweisen auf sexualisierte Gewalt oder sexuelle Belästigung kommt, müssen diese geprüft werden.
Hierfür wendet ihr euch bitte an die vorhandenen Ansprechpartner:innen. Wenn nötig, können externe Personen hinzugezogen werden, dies geschieht allerdings nur in Absprache mit der betroffenen Person. Eine Prüfung durch neutrale Personen/ Strukturen soll voreingenommene und vorschnelle Bewertungen und Entscheidungen verhindern.
Im Rahmen der Untersuchung sollten Gespräche mit beiden Seiten geführt werden, um allen die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern und die Situation möglichst gut aufzuklären. Dabei wird keine Agenda verfolgt, sondern unabhängig, neutral und transparent vorgegangen.
6. Konsequenzen
Alle involvierten Personen, egal ob betroffen oder beschuldigt, müssen zu jedem Zeitpunkt mit Respekt behandelt werden.
Dennoch gilt hier klar der Schutz der betroffenen Personen vorrangig. Es wird von öffentlichen Auseinandersetzungen zum Schutz der Betroffenen abgesehen.
Nach der Untersuchung eines Falles ist zu entscheiden, wie mit der beschuldigten Person künftig umgegangen werden soll. Dieser Umgang ist aber individuell und orientiert sich an den Wünschen und Bedürfnissen der betroffenen Person.
Zentral ist, dass seitens der übergriffigen Person die grundsätzliche Bereitschaft vorhanden ist, sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen und Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. In diesem Fall kann Täter:innenarbeit stattfinden.
Um der betroffenen Person zu ermöglichen, weiterhin Teil von Strukturen zu sein, sind zeitlich begrenzte Ausschlüsse von bestimmten Treffen denkbar. Ebenso denkbar ist es, als Gruppe über Aufforderung oder Abwahl übergriffige Personen temporär aus verantwortungsvollen Positionen zu entfernen.
Bei Fällen, wo keinerlei Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme gezeigt wird oder wo betroffene Personen aktiv eingeschüchtert werden, sind Ausschlussverfahren über die zuständigen Schiedskommissionen ggf. sinnvoll.
Alle diese Konsequenzen dürfen aber kein Automatismus sein, entscheidend ist, was die betroffene Person braucht, um wieder teilhaben zu können und was die Gruppe braucht, um sicherzustellen, dass es zu keinen weiteren Übergriffen kommt. Deshalb braucht es immer eine konkrete Auseinandersetzung mit der konkreten Situation. In keinem Fall dürfen Konsequenzen von Awarnesstrukturen aus einem straforientierten Gerechtigkeitsempfinden heraus gegen den Willen der betroffenen Person durchgesetzt werden.
Beschluss des XIV. Bundeskongresses am 26.-28. November 2021 online
Als feministischer Verband solidarisieren wir uns als Linksjugend [’solid] sich mit den Betroffenen des Gesetzes zu Schwangerschaftsabbrüchen in Polen.
Selbstbestimmung ist ein integraler Teil der Emanzipation gegenüber dem Patriarchat und notwendig für ein inklusives Gesundheitssystem für alle. Die restriktiven Gesetze in Polen gefährden die Gesundheit der ungewollten Schwangeren, wenn sie illegale und potenziell tödliche Schwangerschaftsabbrüche durchführen oder einen Fötus weiter austragen müssen. Auch fundamentalistisch motiviertes Stigma verhindert, dass Menschen verhüten oder Schwangerschaften abbrechen können. Sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht!
Auch in Deutschland ist die Lage mehr als unideal: „Lebensschützer*innen“ protestieren regelmäßig gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, §218 und §219 erschweren Informationen über medizinische Praktiken und es gibt immer noch zu wenig Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Wir fordern daher die Abschaffung von §218 und §219 und stattdessen bessere Informationsangebote zu Schwangerschaftsabbrüchen und Aufklärung in Schulen.
In vielen Ländern sind Gesetze immer noch restriktiv und veraltetsind, gilt. Ursache füruns: internationale und intersektionale Solidarität die Stärkung reaktionärer Kräfte in vielen Ländern, auch gerade des globalen Südens, ist das systematische In Unterentwicklung Halten durch Krieg und Austeritätspolitik in Form von bspw. Freihandelsabkommen. Die Degradierung der Frau als Kinderproduzent*in im Privatem bildet einem Zusammenhang zu der Degradierung der Gesamtbevölkerung vor Ort und dient der Legitimation der sozialen Ungleichheit. Nicht zuletzt die damit einhergehenden schlechten Gesundheitswesen machen dann einen sicheren Umgang mit ungewollter Schwangerschaft komplett unmöglich.
Lernen können wir von Rojava: Die Befreiung der Frau und die Befreiung von Krieg und Ausbeutung bilden eine Einheit. Inmitten widrigster Bedingungen wird! interreligiös und interkulturell das gemeinsame Bedürfnis nach Demokratie, Sozialer Gerechtigkeit und Bildung realisiert. Abtreibungen sind dort erlaubt. Internationale und feministische Solidarität bedeutet damit der globale Kampf gegen Rechts und soziale Ungleichheit. Der Schutz der demokratischen Alternativen auf der ganzen Welt und das Lernen voneinander.
Der BSpR wird in Zusammenarbeit mit dem BAK Feminismus daher sobald wie möglich umsetzen:
Beschluss des XIV. Bundeskongresses am 26.-28. November 2021 online
„Die institutionalisierte Intoleranz und Unterdrückung, denen wir heute gegenüberstehen, hat es nicht immer gegeben. Sie sind zusammen mit der Einteilung der Gesellschaft in Ausbeuter und Ausgebeutete entstanden. (…) Der Kampf gegen unerträgliche Zustände nimmt auf der ganzen Welt zu. Und die kämpferische Rolle von transsexuellen Frauen, Männern und jugendlichen in der heutigen Fightback-Bewegung hilft bereits dabei, die Zukunft zu gestalten.“ – Leslie Feinberg
Materialistischer Feminismus begreift Patriarchat und Binarismus, d.h. die äußere Zuschreibung von Menschen als weiblich oder männlich als historisches Produkt der Klassengesellschaft. In der bürgerlichen Kernfamilie findet das System seine moderne Form als Grundlage der sozialen Reproduktion des Kapitalismus. Es entstand zusammen mit der Arbeitsteilung und der damit einhergehenden Zuschreibung von Männlichkeit und Weiblichkeit zu verschiedenen Arbeitsformen, wobei Reproduktionsarbeit als weiblich definiert wurde.
Dass die heute weitestgehend noch als Norm geltende Binarität in Europa entstanden ist und sich von da aus auch auf Gesellschaften, die auf verschiedene Weisen selbst patriarchal waren, aber mehr als zwei Geschlechter kannten, ausgebreitet hat, zeigt ebenfalls, dass Binarität ein historisches Produkt und kein naturgegebener Fakt ist.
Der Kern der Analyse ist dabei nicht das unterdrückte einzelne Subjekt, das sich von der Gesellschaft, die es unterdrückt, einfach befreien muss, um sein „wahres Selbst“ zu finden. Ebenso kann es nicht das Ziel sein, zu vorherigen idealisierten Gesellschaftsstrukturen zurückzukehren.
Die vom Patriarchat unterdrückten Gruppen bilden an sich eine Interessensgemeinschaft, nicht nur durch ihre Stellung im Patriarchat, sondern auch durch ökonomische Marginalisierung und Gewalterfahrung, von denen sie beide betroffen sind. Jedoch hat sie noch kein gemeinsames Bewusstsein.
Dieses gilt es, gemeinsam aufzubauen, einerseits durch Klärungsprozesse, andererseits durch gemeinsame Kämpfe. Die Probleme, die innerhalb dieser Klärungsprozesse auftreten, sind weder von vornherein gelöst noch unlösbar. Wenn eine Frau den Wunsch äußert, im Frauenhaus keiner männlich gelesenen Person zu begegnen, dann ist das zuallererst ein pragmatisches Problem und muss nicht zur politischen Unvereinbarkeit stilisiert werden. Wenn man hingegen wegen des Mangels an Frauenhäusern, fordert, dass die knappen Ressourcen doch wenigstens den „eigentlichen“ Subjekten des Feminismus zur Verfügung stehen müssten, dann ist die Trennungslinie zwischen trans und cis Frauen an dieser Stelle nicht zu unterscheiden von einer zwischen schwarzen und weißen, oder armen und reichen Frauen. Die selektive Einteilung von trans Menschen, besonders trans Frauen, von Seiten einiger transfeindlicher Feminist:innen findet oft an willkürlichen, sich von Fall zu Fall auch widersprechender Kategorien statt: Zum Beispiel, sich zu sehr an Stereotype an Weiblichkeit anpassend, aber andererseits anderen Transfeind:innen nicht feminin genug.
In diesen Fällen werden bestimmte trans Menschen als Faustpfand gegen andere trans Menschen hergenommen, damit die Person sich gegen den Vorwurf der Transfeindlichkeit abschirmen kann.
Auch das Festklammern an Biologismen, also die Rhetorik von einem biologischen Geschlecht versus „gefühltem“ Geschlecht zeugt bestenfalls von einem positivistischen Vulgärmaterialismus, der nicht in der Lage ist, die gesellschaftlichen Machtverhältnisse herauszufordern, sieht er die gegebenen Umstände doch auf die eine oder andere Weise als gesetzt an, wodurch er schon fast wieder in eine idealistische Haltung zurückfällt.
Bei dieser Analyse ist zwischen Fehlleitung und Ideologie zu unterscheiden. Da wir vor ungelösten Klärungsprozessen stehen und eine Spaltung der sozialistischen feministischen Bewegung ohne wenigstens den ernsthaften Versuch einer Klärung zuerst die Macht rechter wie „linker“ bürgerlichen Kräfte stärken wird, richtet sich der Antrag explizit gegen den Ausschluss von Radikalfeminist:innen.
Transfeindliches Verhalten liegt insbesondere aber nicht ausschließlich dann vor, wenn trans Menschen absichtlich gemisgendert werden, ihnen offen ihr Geschlecht abgesprochen wird, nichtbinäres Empfinden der eigenen Geschlechtlichkeit generell für „Unsinn“ erklärt und trans Menschen pauschal unter den Verdacht gestellt werden, mittels Lügen in Frauen- oder Lesbenräume eindringen zu wollen.
Doch müssen trans Menschen, für die die Zerschlagung des Patriarchats eine Überlebensfrage ist, sich in der Linksjugend organisieren können. Darum ist der Ausschluss von Personen, die sich transfeindlich geäußert haben, eine Grundvoraussetzung des feministischen Kampfes in Deutschland. Ebenso sind die diversen Einzelberichte über unsägliches Verhalten, von Scherzkandidaturen auf der Liste zur Sicherung der Mindestquotierung durch cis Männer, die sich zum Spaß als trans erklärt hatten bis hin zu Versuchen, die Kandidatur von trans Frauen in der Partei die Linke zu verhindern, die den Antragssteller:innen zu Ohren gekommen sind, nicht einfach peinlich, sondern ein Zeichen von tief verankertem Chauvinismus.
Die Linksjugend beschließt,
Beschluss des I. Bundeskongresses am 4.-6. April 2008 in Leipzig
„Noch immer werden Machtpositionen vor allem von Männern ausgeübt, verdienen Frauen weniger Geld – auch für die gleiche Arbeit-, müssen einen Großteil der unbezahlten Arbeit in Haushalt, Pflege und Kindererziehung leisten und sind überdurchschnittlich oft von unsicheren Arbeitsverhältnissen betroffen. Dies ist die Folge einer Gesellschaftsstruktur, die Menschen in zwei Geschlechter einteilt und diesen unterschiedliche soziale Rollen zuweist, wie zum Beispiel der Frau die Rolle als „aufopfernde Mutter“ oder dem Mann als „karrierebewusster Ernährer“. Diese Einteilungen und Zuweisungen sind biologisch nicht begründbar, sondern sind sozial konstruiert und reproduziert, indem man von kleinauf wie ein „Junge“ oder „Mädchen“ bzw. „Mann“ oder „Frau“ behandelt wird, dies als „natürlich“ hinnimmt und weiterträgt.
Wir wollen diese Rollenzuschreibungen überwinden und lehnen ein binäres Geschlechtermodell ab.Wir treten für eine Gesellschaft ein, in der sich jeder frei von geschlechtsspezifischen Zwängen entwickeln kann und sich Identität nicht über ein Geschlecht definiert. Desweiteren richten wir uns gegen die Diskriminierung und Benachteiligung von sexuellen „Identitäten“ und Formen des Zusammenlebens jenseits der heterosexuellen Norm.
Wir stehen für die Pluralität der Identitäten und der selbstbestimmten Sexualität. Daher fordern wir den freien Zugang zu Verhütungsmitteln sowie den legalen Schwangerschaftsabbruch und die Abschaffung jeglicher Privilegien der Ehe. Selbstverständlich fordern wir zudem die gleichen Verdienst- und Arbeitsmöglichkeiten unabhängig vom Geschlecht und den sexuellen Neigungen.
Beschluss des II. Bundeskongresses am 20.-22. März 2009 in Mannheim
Die Ehe ist ein Relikt vergangener Tage. Längst ist es nicht mehr so, dass eine Beziehung ein Leben lang hält. Viel mehr gibt es immer mehr Patchwork – Familien mit „meinen“, „deinen“ und „unseren“ Kindern. Man ist viel selbstverständlicher als je zuvor auch ohne Trauschein zusammen. Die Zahl allein erziehender Eltern wächst, aber auch die Bereitschaft Kinder als Co-Mütter bzw. – Väter zu betreuen. Immer öfter sind die besten FreundInnen eine wichtigere Konstante im Leben als die aktuelle Liebesbeziehung. Für all diese, von der Norm „Ehe“ abweichenden Lebenswirklichkeiten, bestehen bislang keine individuell anpassbaren rechtlichen Regelungsmöglichkeiten.
Insbesondere Lesben und Schwule haben in ihrer Mehrzahl die überkommenen Rollenerwartungen und Leitbilder des Zusammenlebens für sich nie als passend empfunden. Sie stehen mit ihrer sexuellen Orientierung entgegen der Norm. Daher fällt ihnen die kritische Hinterfragung eben dieser Norm leichter als Heterosexuellen.
Es kann nicht verwundern, dass insbesondere lesbische Frauen die feministische Patrichatskritik vorangebracht haben. Ein großer Teil der lesbischen Frauen und ein Teil der schwulen Männer lehnt die vorgefundene Ehe für sich strikt ab. Dies nicht allein aus praktischen Gründen, sondern auch aus einem politischen Bewusstsein heraus.
Die Behauptung, von konservativer Seite, die Ehe sei eine besonders verlässliche, verantwortungsvolle und für Kinder förderliche Lebensform, ist mit Blick auf die Realität als Mythos zu bezeichnen. Die Qualität von Beziehungen ist nicht aus der Lebensweise abzuleiten! Solange dieser Mythos in der gesellschaftlichen Diskussion virulent ist, scheint eine Diskriminierung aller übrigen Lebensformen für Teile der BürgerInnenschaft durchaus plausibel.
Für Linksjugend [‘solid] ist nicht einzusehen, warum die Vielfalt der Lebensformen vom Gesetzgeber bislang völlig ignoriert wurde. Allein die Ehe und die Lebenspartnerschaft – als ihr homosexuelles Pedant – sind als zwischenmenschliche Bindung anerkannt. Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz hat die damalige rot-grüne Bundesregierung das erste Sondergesetz für Homosexuelle seit der Abschaffung des Schwulenparagraphen 175 Strafgesetzbuch (Homosexuelle Handlungen / aufgehoben 1994) geschaffen. Wieso der Gesetzgeber glaubt, mit diesen beiden Gesetzen die volle Bandbreite der zwischenmenschlichen Beziehungen beschreiben zu können und wo der Qualitative Unterschied zwischen Homo- und Heterosexuellen Beziehungen besteht ist für Linksjugend [‘solid] nicht nach zu vollziehen.
Die Ehe wird (unabhängig davon, ob Kinder betreut werden oder nicht) vom Staat materiell gefördert: Per Ehegattensplitting wird die patriachalste Form des Zusammenlebens, die Hausfrauenehe subventioniert. Der Gesetzgeber hat diese Regelung 1958 eingeführt, um patriachale Strukturen zu festigen. Heute, in 2008, kostet dies den Staatshaushalt rund 22 Milliarden Euro im Jahr, und alle Parteien außer der LINKEN finden dies auch nicht weiter problematisch. Darüber hinaus genießen Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst eine Reihe finanzieller Vorteile. Alle fiskalischen Alimentierungen der Ehe müssen abgeschafft werden!
Wir sehen als ersten Schritt zur Gleichstellung aller Lebensweisen die Aufhebung der finanziellen Abhängigkeitsverhältnisse unter Erwachsenen an. Es muss konsequent zu einen Individualprinzip übergegangen werden. Jeder und jede hat einen Anspruch auf eine eigenständige Existenzsicherung – ungeachtet der Beziehung in der er oder sie lebt! Die entwürdigende Unterhaltsverpflichtung zwischen Erwachsenen ist genau so wie das Ehegattensplitting aufzuheben.
Auch fordert Linksjugend [‘solid] Rechte wie das Aufenthaltsrecht für Partner aus Nicht-EU-Staaten, das Auskunfts- und Vertretungsrecht im Krankheitsfall sowie das Zeugnisverweigerungsrecht für alle nur denkbaren Beziehungen. Es ist nicht einzusehen, dass andere Beziehungsformen als die Ehe und die Lebenspartnerschaft in diesen Punkten benachteiligt sind.
Beschluss des III. Bundeskongresses am 26.-28. März 2010 in Frankfurt am Main
Der Jugendverband wird in diesem Jahr eine Veranstaltung zum Thema Feminismus durchführen, der sich explizit an Frauen richtet. Diese soll jungen Frauen und insbesondere weiblichen Neumitgliedern die Chance geben, über den Stand des Feminismus in der Gesellschaft, aber insbesondere auch im Jugendverband zu debattieren, Möglichkeiten zu erarbeiten, wie gezielt auch junge Frauen für linke Politik begeistert werden können und vor allem Raum zum Austausch von eigenen Erfahrungen bieten.
Das Ziel sollte die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des feministischen Profils des Jugendverbandes sein. Eine genaue inhaltliche Ausgestaltung obliegt einer Arbeitsgruppe, der sich hauptsächlich interessierte weibliche Mitglieder anschließen können. Über die Höhe der zu veranschlagenden Mittel entscheidet der BSPR. Die Unterkunft ist vom Bundesverband zu stellen, die Fahrtkosten sollen ebenfalls unter den üblichen Konditionen übernommen werden. Trotzdem sollte auch eine Bildung männlich sozialisierter Mitglieder vorangetrieben haben, deshalb werden weiterhin Workshops und Seminare zu den Themen ‚Feminismus‟ und ‚Antisexismus‟ für alle InteressentInnen angeboten und beworben.
Beschluss des III. Bundeskongresses am 26.-28. März 2010 in Frankfurt am Main
Intro
Unsere Generation lebt in einer Zeit der beschleunigten Umbrüche und verschärften Widersprüche. Die Krisenmeldungen überstürzen sich: Globale Märkte zermalmen ganze Volkswirtschaften und die Welt erlebt eine Wirtschaftskrise, die bereits das Ausmaß der großen Depression der 1930er Jahre überschreitet. Zugleich steht uns eine dramatische Erderwärmung bevor – mit radikalen Folgen für die Lebensbedingungen auf diesem Planeten.
Und doch leben wir auch in einer Zeit des politischen Stillstands. Die Krisen brechen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit ein, um scheinbar routiniert verdaut zu werden. Oft wird resigniert oder geleugnet und die herrschenden Eliten des Westens rufen das Ende der Wirtschaftskrise aus, noch bevor die Schockwellen des Finanzkollapses die Realwirtschaft vollständig erreicht haben. Zu wirksamen Regulierungen des Finanzmarktsektors ist es noch nicht gekommen. Und dabei geht es einer unvorstellbar großen Zahl von Menschen schon jetzt durch die Krise schlechter und ihre Zahl wird nochmals steigen. Weltweit verlieren viele Millionen ihre Arbeit und ihren Lebensunterhalt und auch die extreme Armut wird neue Rekordhöhen verzeichnen.
Stillstand herrscht auch in der Klimapolitik. Die dringend notwendige industrie- und energiepolitische Wende wird weiter blockiert und die Regierungen zocken lediglich um die Abwälzung der Folgekosten.
Klimawandel, Energiekrise, Ernährungskrise und Weltwirtschaftskrise – die Krisen haben System, sie müssen als Wirkung des Kapitalismus verstanden werden. Als Jugendverband kämpfen wir deshalb für eine antikapitalistische, eine sozialistische Perspektive. Wir sagen: Der Kapitalismus erleidet keine Krisen, er ist die Krise und war seit seinem Bestehen schon eine Katastrophe für Mensch und Natur. Ohne Profit, ohne Ausbeutung und Ausgrenzung ist der Kapitalismus nicht denkbar. Und wir sind Bestandteil einer weltweiten Bewegung, die für seine Überwindung eintritt, die angetreten ist, diese mörderische und absurde Weltordnung umzustoßen.
Unser Verband arbeitet in einem Kernland des Westens. Die Bundesrepublik gehört zu den führenden Wirtschaftsmächten. Sie profitiert von den globalen kapitalistischen Raubzügen. Es liegt auch an uns, den Opfern dieser Raubzüge hier eine Stimme zu geben und die Kräfteverhältnisse nach links zu verschieben. Wir werden nicht resignieren. Wir wollen an der Gestaltung einer besseren Welt mitwirken. Wir wollen unsere Generation politisch mobilisieren, für eine radikale, plurale junge Linke. Und das kann uns nur gelingen, wenn wir in die sozialen Kämpfe in diesem Land eingreifen und Plattform sind für Protest, Selbstorganisation und Solidarität. Dabei verlieren wir die globale Perspektive nicht aus dem Blick. An unserer Generation liegt es die klimapolitische Wende und globale Klima- und Verteilungsgerechtigkeit durchzusetzen.
Mit diesem Beschluss gibt der Bundeskongress von Linksjugend [’solid] unserem Verband eine politische Strategie und ein Arbeitsprogramm für das Jahr 2010. Wir ziehen mit ihm zugleich Bilanz im dritten Jahr nach unserer Gründung. Wir analysieren unsere Schwächen und Erfolge und orientieren die Landesverbände auf die nächsten Schritte im weiteren Aufbau unserer Organisation.
Generation Krise: Soziale Kämpfe gegen Schwarz-Gelb
Die Wirtschaftskrise hatte in der politischen Linken im letzten Jahr die Erwartung hervorgerufen, dass die neoliberale Marktideologie nun von allein in sich zusammenbrechen müsste. Schließlich galt sie mit ihren Grundsätzen der Deregulierung und Privatisierung als ursächlich verantwortlich für den Finanzkollaps. Weit gefehlt, denn jenseits einiger symbolischer Gesten und Beschwörungsformeln haben die herrschenden Eliten Kurs gehalten. Was noch unter der Großen Koalition anfänglich als Verstaatlichungsrhetorik gehandelt wurde, entpuppte sich sehr schnell als Manöver, mit dem die Eliten Ressourcen für die Rettung ihrer Besitzstände in Anspruch nahmen. Bankenrettungspakete wurden aufgelegt, ohne dass sich etwas an der Steuerung der Banken und Krisenunternehmen änderte, von gesellschaftlicher und demokratischer Mitbestimmung war nie die Rede. Die Politik der Rettungsschirme galt also der Rettung der alten Ordnung, der Rettung des neoliberalen Marktradikalismus.
Mit Schwarz-Gelb stellt eine Koalition der Marktfreiheit und des Wertekonservatismus die Regierung der Bundesrepublik. Anders als viele Linke aber glauben, kann der Wahlsieg von Schwarz-Gelb nicht auf einen Rechtsruck in der Gesellschaft zurückgeführt werden. Vielmehr ist diese Regierungsbildung auf den beispiellosen Absturz der SPD zurückzuführen, den sie nach 11 Jahren des massiven Sozialabbaus und der deutschen Kriegsbeteiligung zu verantworten hat. Der bürgerliche Block hat bei den Wahlen sogar insgesamt über 300.000 Stimmen gegenüber dem Jahr 2005 verloren. Sowohl CDU als auch SPD haben damit jeweils ihr schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik eingefahren. Dies mag auch ein Grund sein, warum die derzeitige Regierung noch zögert, ihr Programm der neoliberalen Krisenbewältigung in vollem Umfang durchzusetzen. Spätestens nach den Landtagswahlen in NRW, droht sich das zu ändern.
Der Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb enthält ein faustdickes Umverteilungsprogramm zu Lasten der sozial Benachteiligten und lohnabhängig Beschäftigten. Steuern für Unternehmen und SpitzenverdienerInnen sollen weiter gesenkt und im Gegenzug die Kopfpauschale im Gesundheitssystem eingeführt werden. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors steht ebenso an wie weitere Privatisierungen. Und unter der Hand wurden bereits massive Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich durchgeführt – weitere werden folgen. Die Bankenrettungen und Steuersenkungen für die eigene Klientel müssen ja schließlich gegenfinanziert werden.
Während der Kriseneinschlag in der Bundesrepublik im letzten Jahr vor allem über die Kurzarbeit und mit dem Abbau von Überstunden in vielen Branchen ausgebremst wurde, wird im Jahr 2010 die Arbeitslosigkeit deutlich ansteigen. Darüber hinaus wird die Krise vor allem dafür genutzt, den Arbeitsmarkt weiter zu prekarisieren. Leiharbeit, mehr Minijobs, Dumpinglöhne und die allgemeine Herabsetzung von Tarifstandards – lohnabhängig Beschäftigte müssen zu immer mieseren Konditionen arbeiten.
Besonders stark betroffen von dem prekären Umbau der Arbeitswelt sind junge Menschen. Weniger Ausbildungsplätze, weniger Übernahmen nach der Ausbildung und wenn sich ein Job findet, dann ist es nicht selten Leiharbeit für wenig Geld, mit wenig Schutz und viel Unsicherheit. Befristete Arbeitsverträge sind inzwischen Standard, gut entlohnte, sichere Arbeitsplätze werden immer seltener.
Unsere Generation ist die Generation Krise. Von der Generation unserer Eltern unterscheiden uns vor allem Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit. Von der Mär steigenden allgemeinen Wohlstands durch unendlich wachsende Produktivität ist nichts geblieben als die unerfüllbare Sehnsucht nach einem vermeintlich erlösenden zweiten Wirtschaftswunder. Erwerbsbiografieen junger Menschen füllen seitenlange Dossiers über Praktika, Aushilfsjobs im Niedriglohnbereich und Ausbildungen ohne Übernahme – oder beschreiben den jüngst von Westerwelle, Koch und Sarrazin offen geforderten Ausschluss aus dem Volkskörper, die Marginalisierung im Stigma Hartz IV, die längst Realität geworden ist. Uns wird die Entscheidung überlassen, die unerfüllte Hoffnung nach Anerkennung und einem besseren Leben im sog. ersten Arbeitsmarkt nicht zu verlieren oder uns dem Schicksal eines verächtlichen Lebens als angebliche Schmarotzer an den im Sinne nationalen Interesses Disziplinierten hinzugeben. Schicksal? – Fehlanzeige! Unsere Entscheidung bleibt: Weder, noch! Wir spielen das Spiel nicht mit, in dem jede und jeder für sich um einen etwas besseren Lohn, etwas bessere Lebensbedingungen kämpft. Das Spiel, in dem es nur GewinnerInnen und VerliererInnen gibt, das uns darauf konditioniert, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten. Wir fordern ein selbstbestimmtes Leben abseits von Lohnarbeit und Hartz IV für uns alle. Natürlich lassen wir unsere historisch erkämpften Rechte nicht fallen, nehmen Lohndrückerei und Marginalisierung nicht hin und tun alles dafür, keinen Schritt zurückweichen zu müssen. Darüber vergessen wir nicht, dass unser Kampf allen Verhältnissen gilt, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen“ ist. Vor diesem Hintergrund organisieren wir als Teil einer emanzipatorischen Bewegung massive soziale Kämpfe gegen die andauernden Angriffe auf unser Leben und für ein ganz anderes Ganzes.
Für uns steht fest: Ohne massive gesellschaftliche Kämpfe und ohne die Angst der Regierung vor diesen Kämpfen werden wir die anhaltenden Angriffe auf unsere Zukunftschancen nicht abwehren können. Ohne eine starke außerparlamentarische Bewegung wird es auch keinen Wiederaufbau des Sozialstaats, und keine gesellschaftliche Demokratisierung geben. Unsere politischen Praxen orientieren sich deshalb an dem Ziel, den außerparlamentarischen Widerstand zu stärken und die Kräfteverhältnisse in diesem Land zu verändern.
Allen Lebensweisen gerecht werden
Die Ehe ist ein Relikt vergangener Tage. Von den Religionsgemeinschaften wird sie als eine besonders verlässliche und für Kinder förderliche Lebensweise angesehen. Der Staat alimentiert die Hausfrauenehe, also die partriarchalste aller Formen des Zusammenlebens, per Ehegattensplitting. Lebensgemeinschaften, die auf Hartz-Leistungen angewiesen sind werden ebenfalls gemeinsam veranschlagt: Es ergibt sich eine Unterhaltsverpflichtung der beiden PartnerInnen füreinander. Dies gilt nicht nur für die Ehe oder das homosexuelle Pendant, die eingetragenen Lebenspartnerschaft: Dies gilt ebenfalls für die so genannten Bedarfsgemeinschaften.
linksjugend [‘solid] fordert die Aufhebung aller finanziellen Abhängigkeitsverhältnisse unter Erwachsenen! Insbesondere Lesben und Schwule akzeptieren in Ihrer Mehrzahl die überkommenen Rollenvorstellungen nicht, da sie die konservativen Leitbilder nie für sich als passend empfunden haben.
So erklärt sich, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz zwar von ein paar wertkonservativen Grünen gefordert und durchgesetzt wurde, aber kaum von Lesben und Schwulen angenommen wird.
Im vergangenen Jahr hat unser Jugendverband Materialien unter dem Motto: „Gleiche Rechte für alle: Eheprivilegien abschaffen!“ erstellt und auf den schwul-lesbischen Straßenfesten und den CSD-Paraden verteilt. Der Erfolg dieser kleinen Kampagne hat gezeigt, dass wir mit unseren emanzipatorischen Inhalten gut bei dieser besonderen Zielgruppe ankommen. Zur kommenden CSD-Saison werden wir einen Aufruf herausgeben und die Basisgruppen auffordern auch in diesem Jahr wieder auf den CSDs präsent zu sein. Zum Thema wird wieder tolles emanzipatorisches Material anhand unserer Lebensweisenposition (beschlossen auf dem BuKo 09) erstellt. Es werden wieder Aufkleber, Handzettel und Banner gedruckt.
Den Bildungsstreik weiterentwickeln
Die ersten beiden Wellen des Bildungsstreiks im letzten Jahr haben gezeigt, dass unsere Generation politisch mobilisierbar ist. Über 270.000 Schülerinnen, Schüler, Studierende und Auszubildende haben sich am Aktionstag im Juni an den Demonstrationen beteiligt und im Winter fanden in über 90 Hochschulen Besetzungen statt. Mit den breit getragenen Demonstrationen, den symbolischen Banküberfällen und anderen Aktionen des zivilen Ungehorsams handelte es sich um die größten außerparlamentarischen Proteste seit der Anti-Hartz-IV-Bewegung. Damit ist es gelungen die Probleme in den Schulen und Hochschulen in eine breite Öffentlichkeit zu tragen und Sympathien für die Anliegen der Streikenden zu wecken. Der Erfolg des Streiks war unserer Meinung nach vor allem in der Verbindung von bundesweiter Koordination und dezentraler Aktion und damit in seiner flächendeckenden, bundesweiten Präsenz begründet. Gleichzeitig aber müssen wir feststellen, dass über die aktionistischen Punktmobilisierungen hinaus eine nachhaltige und langfristige Organisierung in den Bündnissen vor Ort kaum gelungen ist. Letzteres aber ist entscheidend, um die Forderungen des Streiks vor Ort auch wirklich durchzusetzen. Eine Strategie, die für die dritte Streikwelle im Juni vornehmlich auf Eskalation und Expansion in der Mobilisierung setzt, wird deshalb einseitig bleiben und im besten Fall medial aber eben nicht politisch erfolgreich sein.
Als Defizit hat sich darüber hinaus die schwache parteiunabhängige Interessensbündelung auf der Bundesebene erwiesen. Der Bewegung fehlt es sowohl im SchülerInnen- als auch im Studierendenbereich an einer gemeinsamen Plattform für die Selbstbildung und Unterstützung der Akteure vor Ort.
Der Bundeskongress orientiert den Verband auf die folgenden Leitlinien:
Der Kampfzone den Hahn abdrehen
Deutschland ist mit immer mehr Soldaten an dem seit 8 Jahren in Afghanistan geführten Krieg beteiligt. Und die Gewaltspirale dreht sich nach oben. Die Bombardierung und Ermordung von über 100 Menschen in Kunduz durch die Bundeswehr im September letzten Jahres muss als das größte deutsche Kriegsverbrechen nach dem Ende des 2.Weltkriegs angesehen werden. Linksjugend [‘solid] lehnt den Krieg und die Unterstützung des korrupten und unbeliebten Karsai-Regimes weiterhin entschieden ab. Wir wehren uns zudem dagegen, dass die Bundeswehr die miesen Berufs- wie Ausbildungschancen und den gewachsenen ökonomischen Druck auf junge Menschen ausnutzt, um in Schulen und Jobcentern zu rekrutieren. Es ist bekannt, dass die Regionen mit hoher Jugendarbeitslosigkeit zu den bevorzugten Zielgebieten der Jugendoffiziere der Bundeswehr gehören.
Wir fordern das Verbot von Bundeswehrwerbung an den Schulen und Jobcentern, die Abschaffung Abschaffung der Bundeswehr und den damit verbunden Wehrdienstes. Wir wollen wirkliche Zukunftschancen und streiten deshalb für eine grundlegend andere Bildungspolitik.
Never, never, never give up! Zivilen Ungehorsam organisieren!
Als linker Jugendverband ist es unsere Aufgabe, insbesondere junge Menschen für sozialistische Ideale, internationale Solidarität und den Kampf ums Ganze zu gewinnen. Wie bereits im Bildungsstreik so auch bei den Nazi-Blockaden in Dresden haben vor allen Dingen Jugendliche gezeigt, was wir erreichen können und wie sich gesellschaftlicher Widerstand breit verankern lässt. Der Nazi- „Trauermarsch“ fand im zwölften aufeinanderfolgenden Jahr erstmals nicht mehr statt. Erfolgreich haben wir AntifaschistInnen den Nazis damit fürs erste einen der symbolträchtigsten „Gedenktage“ streitig gemacht! Der Jugendverband hat im Vorfeld maßgeblich dazu beigetragen: In allen AGs des Bündnis „Dresden Nazifrei“ waren wir Akteur und haben gemeinsam mit linksradikalen und breit aufgestellten zivilgesellschaftlichen Kräften an der Blockade des Naziaufmarschs gearbeitet und geschlossen agiert. Nach anfänglicher Zurückhaltung haben dadurch nun auch die Skeptiker erkannt: Antifaschismus dürfen wir nicht dem Staat überlassen – das machen wir lieber selbst! Mit diesem Erfolg im Rücken haben wir nun die Chance, Zivilen Ungehorsam als ein legitimes und auch effektives Mittel, sowohl im zivilgesellschaftlichen als auch im linksradikalen Spektrum zu etablieren. Blockaden nach dem Vorbild Köln, Jena oder Dresden eigenen sich eben deswegen so gut für eine solche Verankerung, weil sie explizit den Schulterschluss zwischen allen antifaschistischen Kräften – egal welcher Richtung – organisieren und vereinen. Genau dieser Schulterschluss ist es denn auch, der dem Staat missfällt, denn durch die breite Solidarisierung konkretisieren und organisieren wir sowohl gesellschaftlichen Protest als auch aktiven Widerstand gegen die bestehenden Verhältnisse. Aber: Für das Jahr 2011 hat sich auf Seite der Nazis bereits ein neuer Vorbereitungskreis für den Nazi-Aufmarsch konstituiert. Das bedeutet für uns, dass wir nächstes Jahr erst recht gefordert sind. Durch unseren Erfolg ist es jetzt möglich langfristig bundes- und landesweite Blockadebündnisse aufzubauen. Wir werden diese Chance ergreifen und daher in der zweiten Jahreshälfte 2010 hier einen wesentlichen Arbeitsschwerpunkt setzen. Bestandteil unserer antifaschistischen Arbeit sollte die Ausweitung und ein stückweit Professionalisierung solcher Protestformen sein. Der Bundeskongress setzt dem entsprechend folgende Leitlinien: Der Bundesjugendverband bringt sich aktiv in den Aufbau eines Blockadebündnisses gegen den Nazi-Aufmarsch im Februar 2011 in Dresden auf bundesweiter und – wo möglich – auch regionaler und lokaler Ebene ein. Er beteiligt sich aktiv an einer bundesweiten Antifa-Konferenz des Bündnisses „Dresden nazifrei!“, um gemeinsam mit den dort organisierten Akteuren aus dem zivilgesellschaftlichen wie linksradikalen Spektrum die Erfahrungen der vergangenen Blockaden zu reflektieren und Schlüsse für gemeinsame zukünftige Anti-Nazi-Blockaden zu ziehen. Auf Bundesebene wird ein Antifaschistisches-Aktions-Modul entwickelt, dass exemplarisch darstellt, wie in den einzelnen Landesverbänden langfristig ein Aktionsnetzwerk – ähnlich dem in Jena – aufgebaut werden kann, das sich vor Ort aktiv in die Organisation und Umsetzung von Nazi-Blockaden einbringt. Zur Entwicklung des Moduls wird insbesondere auf die bereits bestehende verbandsinternen Struktur, die sich im Zuge der Dresdenvorbereitung gebildet hat, aufgebaut und darüber hinaus die enge Zusammenarbeit mit dem Jenaer Aktionsnetzwerk, sowie dem Netzwerk Skills for Action gesucht. Die theoretische Aufarbeitung und Analyse des vergangenen Faschismus und heutigen Rassismus wird durch die weitere Verbreitung der Broschüre „Block Facism“, der Konzeption von Abrufveranstaltungen und dem Aufbau eines ReferentInnen-Pools durch den Bundesjugendverband ausgebaut.
Gegen neoimperialistische Kriege – Bundeswehr abschaffen!
Eine unter vielen, aber die aggressivste Form des Klassenkampfes von oben sind neoimperialistische Kriege, wie sie derzeit von den USA z.B. im Irak oder von der NATO unter maßgeblicher Beteiligung der BRD in Afghanistan geführt werden. Sie vernichten die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen, die Natur sowie die Leben von Millionen Menschen weltweit. Sie verschärfen und zementieren die Ausbeutung und Unterdrückung des globalen Proletariats und sie machen die Möglichkeiten antikapitalistischer Bewegungen in den betroffenen Staaten zunichte. Ein Internationalismus, der seinen Namen noch verdient, bezieht offen und deutlich Stellung gegen diese Kriege, ihre Planung, Vorbereitung und gegen ihre Profiteure. Der Umbau der Streitkräfte sowohl der Bundeswehr, als auch der EU und der NATO zu Interventionsarmeen sind ein strategisches Instrument zur Ressourcen- und Machtsicherung der kapitalistischen Kernstaaten. Mit ihnen als Apparat zur Erhaltung und Vertiefung der herrschenden Produktionsverhältnisse ist eine Überwindung derselben nicht zu erreichen. Rüstungsindustrie / Interessen der deutschen Wirtschaft In dieser Zeit der in Politik und Presse allgemein gegenwärtigen Krise versucht die Bundeswehr in gesteigertem Maße, die daraus resultierend vermehrte Perspektivlosigkeit vieler SchulabgängerInnen auszunutzen und diese für eine Karriere in der Bundeswehr als BerufssoldatIn, inklusive deren vielfältigem Ausbildungsprogramm in zivilen Berufen, welche auch militärisch genutzt werden, zu begeistern. Der Wehrdienst ist das Kernelement der Instrumente zur Heranführung an die Bundeswehr. Er dient dazu, ein Gemeinschaftsgefühl und Loyalität durch Verinnerlichung eines Systems von Disziplin zu generieren und den SoldatInnen so den eigenen Willen durch ein funktionales System von Befehl und Gehorsam zu ersetzen. Das kann für mündige Menschen keine Alternative sein! Die Bundeswehr arbeitet seit geraumer Zeit an ihrer Außendarstellung, um sich für junge Menschen interessant zu machen, ihr Ansehen in der Gesellschaft zu steigern und einen stetigen Nachschub an billigen Arbeitskräften sicher zu stellen. Dazu will auch die neue Bundesregierung beitragen, die im Koalitionsvertrag die Einführung von einem „Maßnamenpaket zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr“ für das Jahr 2010 vorsieht. Die Soldaten sollen als „Staatsbürger in Uniform“ mit einem positiven Bild in der Gesellschaft verankert sein. Der Aufbau und die Vernetzung der „Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (ZMZ-I) seitens der Bundeswehr auf kommunaler Ebene, ist eine Aushöhlung des Grundgesetzes. Die Grenzen von innerer und äußerer Sicherheit verschwimmen zunehmend. Internationale Einsätze unter Beteiligung Deutschlands und Heimatschutz sowie der Einsatz der Bundeswehr im inneren sind deshalb zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Ökologisches
Der gescheiterte Weltklimagipfel in Kopenhagen im vergangenen Dezember muss in einer Hinsicht als Wendepunkt verstanden werden: Kopenhagen war die Geburtsstunde einer globalen Klimabewegung. Deutlich geworden ist zugleich, dass wir von einem klimapolitischen Kurswechsel weit entfernt sind und die offiziellen Verhandlungsrunden der Regierungen sich – wenn überhaupt – nur im Zeitlupentempo bewegen. Richtig ist, dass die klimapolitische Wende in den nächsten 10 Jahren kommen muss, damit die Kipp-Punkte des Klimas in 20 oder 30 Jahren vermieden werden. Wenn es der Weltgesellschaft nicht gelingt sehr bald radikal anders zu wirtschaften, den Ausstoß von Treibhausgasen massiv zu reduzieren und endlich umzusteuern, dann wird die globale Durchschnittstemperatur am Ende dieses Jahrhunderts deutlich angestiegen sein. Die Politik der nächsten 10 Jahre entscheidet also existenziell über die Lebensverhältnisse der künftigen Generationen, über die Vernichtung der menschlichen Lebensgrundlagen. Der ökologische Imperativ, die absolute Notwendigkeit alles auch unter der ökologischen Frage zu betrachten, macht es für uns unabdingbar den Sozialismusbegriff ökologisch zu denken. Es kann und soll für uns kein Sozialismusbegriff ohne ökologische Perspektive, wie auch keine ökologische Perspektive mehr ohne den Sozialismusbegriff geben.
Die außerparlamentarische Mobilisierung nach Kopenhagen war insofern ein Erfolg, als dass es den Staats- und Regierungschefs des atlantischen Westen nicht gelungen ist, aus dem Gipfel zumindest einen PR-Erfolg zu machen. Ebenso erfreulich ist, dass die Länder des Trikonts sich selbstbewusst einem Abkommen verweigert haben, welches ihnen einseitig die Lasten einer klimapolitischen Kurskorrektur aufgelastet hätte. Wir nehmen zudem ernsthaft besorgt zur Kenntnis, mit welcher Zielstrebigkeit der Atomausstieg von der schwarz-gelben Bundesregierung verschleppt wird und die Atomenergie wieder in der deutschen Energieversorgung verankert werden soll. Auch den Versuch einen Atomausstieg gegen die Klimafrage auszuspielen werden wir nicht zulassen. In diesem Kontext unterstützen wir als Jugendverband die stärker werdende Antiatombewegung und werden uns hier in Zukunft als sichtbare Bündnispartnerin einbringen. Ein Ziel ist dabei Schnittstellen zwischen dem Kampf gegen den Klimawandel und die Renaissance der Atomkraft sichtbarer zu machen und das Hirngespinst der „sauberen“ Atomenergie“ zu entlarven. Als sozialistischer Jugendverband verweisen wir deswegen auch explizit darauf, dass das Prinzip die Energieproduktion der Gewinnmaximierung unterzuordnen, ökologische Probleme schafft, die die ganze Umweltbewegung betreffen.
In den anstehenden Monaten wird sich entscheiden, ob die Proteste in Kopenhagen tatsächlich ein neues Seattle darstellen, den Beginn einer breiteren Massenbewegung. Die Aufgabe unseres Verbandes ist dabei einerseits eine massenfähige antikapitalistische Klimapolitik zu formulieren, andererseits praktische und programmatische Angebote für den bislang größtenteils noch unspezifischen Protest zu erarbeiten. Wir wissen dabei, dass wir selbst erst begonnen haben, unser Verbandsprofil in diesem Bereich zu schärfen und bei vielen Fragen noch Klärungs- und Diskussionsbedarf haben.
Der Bundeskongress setzt folgende Leitlinien:
Perspektiven für eine antikapitalistische Praxis
Schlechte rot-rote Koalitionsverträge, leere öffentliche Haushalte, eine noch zu schwache gesellschaftliche Linke und immense Herausforderungen in den Bereichen Soziales, Klima und Frieden verleiten zum Aufgeben und Verzweifeln. Die entscheidende Frage für uns aber ist, wie wir die anstehenden Abwehrkämpfe erfolgreich bestehen können und darüber hinaus in eine sozialistische Transformationsstrategie überleiten können.
Am Anfang steht die simple, aber wichtigste Erkenntnis, dass wir schlicht >mehr< werden müssen! Wie im Abschnitt „Den Verband stärken“ beschrieben, geht es zudem auch um ein qualitatives >mehr<. Erfahrung und politische Fitness erhöhen natürlich die Wirkung der eigenen Arbeit. Was soll nun aber neben unseren Hauptaufgaben, dem ‚mehr und besser werden‘, der konkrete sozialistische d.h. antikapitalistische Gehalt der eigenen politischen Praxis sein? Der Sozialismus kommt nicht dadurch, dass wir oft genug seinen Namen rufen. Vielmehr muss unser Wille zur Überwindung der allgemeinen Zumutungen aus unserer Praxis selbst hervorgehen. Das heißt, dass unsere Aktionen und Texte eine nachvollziehbare Negation des Bestehenden anstreben. Nicht so oberflächlich wie der Punkrock die Gesellschaft negiert oder so esoterisch wie so genannte individualistische Strömungen Teilbereiche der Gesellschaft negieren. Nein, wir wollen durch bewusste und politisch kommunizierbare Grenzüberschreitungen gesellschaftliche Zumutungen in Frage stellen und in der Negation Lösungen aufzeigen. Hierbei kommen wir jedoch häufig in bestimmte „linke“ Sackgassen.
Ein Beispiel: Unter den Vorzeichen des Klimawandels, bringt uns die Forderung zur Rettung eines Autokonzerns (im Sinne der abhängig Beschäftigten) in eine zwiespältige Lage: Zum einen besteht die Umweltproblematik, zum anderen das Profitinteresse der Konzerneigner, welches nun mit Steuergeldern abgesichert werden soll. Uns jedoch geht es um die Lohnarbeiter_innen. „Vergesellschaftung!“, heißt es dann häufig von linker Seite, eine gute Forderung – die jedoch den meisten Menschen, selbst wenn sie sie teilen, abwegig erscheint.
Eine politische Praxis, die durch nachvollziehbare Grenzüberschreitungen, gesellschaftliche Zumutungen aufdeckt und überwindet, wäre im Fall eines von der Pleite bedrohten Unternehmens zB. die Besetzung oder Übernahme des Betriebes durch die Arbeiter_innen selbst. Eine Aneignung der Werte also, die ohnehin durch die Lohnarbeiter_innen geschaffen wurden. Diese würden nun Kreditgeber suchen um die Produktion wieder in Gang zu setzten, evtl. unterstützt sogar der Staat die Umstellung auf klimaverträgliche Technologien – aber an diesem Punkt sind wir längst wieder in normalen kapitalistischen Abläufen angekommen. Was bleibt, wäre die Erfahrung der Selbstermächtigung. Dies ist nicht zu unterschätzen, denn nicht nur die beteiligten Lohnarbeiter_innen, sondern auch viele die das verfolgt haben, könnten dann eine andere Vorstellung von „Politik machen“ haben, die viel schwerer wiegt als unzählige linke Flugblätter und Reden. Eine Aneigungspraxis, die bestehende Herrschafts- und Eigentumsverhältnisse in Frage stellt, muss von den Menschen jedoch erst erlernt werden oder – besser – für möglich und „gerecht“ gehalten werden.
Selbstermächtigung kennt viele Formen, im Kern muss es darum gehen, das eigene Leben und die gesellschaftliche Situation selbst zu gestalten, bzw. diesem Ideal möglichst nahe zu kommen. Als Jugendverband können wir dies meist nur in der Aneignung öffentlicher Räume erproben. Auch die kurzzeitige Besetzung von Plätzen und Räumen sowie die Aneignung von Möglichkeiten (zB. kollektives Schwarzfahren) kann Sinn machen, solange keine überzogenen Hoffnungen verbreitet werden, die dann zu großen Enttäuschungen führen. Es geht hierbei um die Erprobungen einer sozialistischen Praxis unter denkbar schlechten Bedingungen. Aber genauso, wie der Bildungssteik, an dessen Erfolg wir Anteil hatten, einen großen Sieg darin findet, Zehntausenden das Mittel der Demonstration und des Streikes näher gebracht zu haben, die sonst mit Politik kaum in Berührung kommen, so sind gut dosierte und durchdachte Aktionen zivilen Ungehorsams und eine gut erklärte radikale Kritik immer auch ein Beitrag zur Normalisierung einer sozialistischen Ideenwelt und Praxis, die diesen Namen wirklich verdient. Dies zu entwickeln, zu verbreiten und in jeder Hinsicht nach unseren Möglichkeiten zu steigern, ist der Kern für unser Verständnis von sozialistischer Politik heute.
Den Verband stärken
Unser Verband war in den vergangenen Monaten politisch erfolgreich. Wir waren der einzige parteinahe Jugendverband, der in den ersten beiden Bildungsstreikwellen bundesweit verankert war und wir haben unsere Positionen bislang auch erfolgreich in die Streikbündnisse einbringen können. Der Mitgliederzuwachs war stark, befördert auch durch die Weltrettenkampagne und durch “Aufmucken-gegen
Beschluss des VI. Bundeskongresses am 26.-28. April 2013 in Magdeburg
• Der Bundesverband legt sein Augenmerk auf die feministische politische Bildung und Sensibilisierung im Jugendverband, z.B. in Form von Bildungsangeboten auf Bundesverbandsveranstaltungen, die das Zustimmungskonzept und Awareness-Grundsätze zum Thema haben.
• Der Bundesverband sorgt für eine ausreichende Finanzierung der Awareness-Group, in Form v.a. Fahrtkosten, damit diese ihre Aufgaben auf den verschiedenen Jugendverbandsveranstaltungen nachkommen kann.
• Der BSPR wird in Zusammenarbeit mit dem LR beauftragt, die Awareness-Group in den LVs zu bewerben und zu verankern, etwa indem dieser Antrag auch auf den Mitgliederversammlungen der Landesverbände eingebracht und diskutiert wird.
• Der Bundesverband trägt das Awareness-Konzept und die Struktur auch an den Studierendenverband SDS heran.
• Der BSpR evaluiert zu jedem BuKo die Awarenessarbeit und stellt sie in seinem Bericht vor. Inhalt soll sein, auf wie vielen Veranstaltungen die Awareness-Group vertreten war, wozu sie eingeladen wurde und wo sie nicht aktiv war und warum.