Leitantrag: Es liegt an uns

Beschluss des XVI. Bundeskongresses am 27.-29. Oktober 2023 in Frankfurt am Main

Wir müssen eine neue Strategie finden und diese gemeinsam verwirklichen. In letzter Zeit sind die Forderungen nach Veränderungen und einer neuen Ausrichtung immer lauter geworden in der Linksjugend [`solid]. Wir sind Alle Teil eines antifaschistischen, basisdemokratischen, feministischen und sozialistischen Jugendverbandes. Mit diesem Selbstverständnis ist die Basis geschaffen für die Erarbeitung einer verbandsweiten Strategie.

Um auf die Krisen unserer Zeit reagieren zu können, brauchen wir als Verband eine klare strategische Ausrichtung. Wir sind Alle Teil eines antifaschistischen, basisdemokratischen, feministischen und sozialistischen Jugendverbandes. In den letzten Jahren haben wir die Grundsteine für eine strategische Orientierung des Verbands auf massenhafte Organisierung, Selbstbefreiung und Politik, die an die Interessenlage der Menschen selbst anknüpft, gelegt. Da sich die politische Situation aber immer weiter entwickelt, ist es notwendig, diese Ausrichtung zu konkretisieren und zu aktualisieren.

Dies ist ein langer Prozess, bei welchem jegliche Strukturen und Perspektiven miteinbezogen werden müssen, um unseren basisdemokratischen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Strategie für das kommende Jahr muss inhaltliche Antworten auf anhaltende und verstärkte Krisen sowie auf einen tiefgreifenden politischen Wandel der Gesellschaft geben.

Wir befinden uns an der Schwelle zu wahrhaft dystopischen Zeiten. Es wird immer stärker erforscht, wann wir Kipp-Punkte erreichen und Forscher:innen werden dahingehend immer pessimistischer. Die aktuelle Klimakrise ist menschengemacht. Nicht, weil Menschen aus sich heraus schlecht sind, sondern weil im Kapitalismus Profit – statt den Bedürfnissen der Menschen und den Grenzen der Erde – an erster Stelle steht.

Obwohl die Uhr tickt, scheint es beinahe so, als würde die anhaltende Klimakrise in Vergessenheit geraten. Fridays for Future verliert Relevanz, linke Organisationen beteiligen sich immer weniger an der Klimabewegung, das mediale Interesse ist am Schrumpfen und auch die wahren Ursachen sowie sämtliche Ausmaße der Klimakrise werden verkannt.  Der Konflikt zwischen dem Kampf für eine gute Arbeit und gegen die Klimakrise spitzt sich zu: Viele Arbeiter:innen sehen ihre eigenen Arbeitsplätze in Grüner Klimapolitik bedroht oder haben Angst davor, dass Mehrkosten für Grünen Kapitalismus auf sie abgewälzt werden. Während es gute Ansätze gibt, wie z.B. eine wachsende Kooperation zwischen Gewerkschaften und Klimabewegung, sind diese erst in den Startlöchern.

Profitinteressen verhindern Klimaschutz und verschlimmern das Klima.

Für uns ist klar: Der Kapitalismus muss als Kernursache der Klimakrise benannt und angegriffen werden, denn diese Krise können wir innerhalb eines kapitalistischen Systems nicht überwinden. Unternehmen im Kapitalismus sind dazu gezwungen, Profit zu machen. Wenn sie sich dagegen weigern, gehen sie bankrott und verlieren ihren Standortvorteil; kurz: sie gehen im Konkurrenzkampf unter. Das Abschöpfen von Profit ist allerdings erst dadurch möglich, dass Arbeiter:innen nicht angemessen ihrer Arbeit entlohnt und nicht als die tatsächlichen Produzent:innen von gesellschaftlichem Wohlstand anerkannt werden. Kapitalismus bewegt sich dauerhaft in diesem Widerspruch, welcher ihn selbst droht, zu zerreißen: Kapitalisten sind angewiesen auf menschliche Arbeitskraft und gleichzeitig auf ihre Ausbeutung. Auch eine Klimakrise wird langfristig unbezahlbar und kurzfristige Gewinne bedeutungslos werden, wenn Kapitalismus bestehen bleibt. Und trotzdem boomen die Investitionen in fossile Rohstoffe.

Einerseits beuten Unternehmen im Kapitalismus also Natur und Menschen aus. Die Ausbeutung von Arbeitskraft ist die Basis von der Existenz von Unternehmen, die Basis von Profit und somit die Basis von Klimaschäden im Namen von Profit. Wir sagen nicht, dass wir mit einem Ende von Kapitalismus keinen Finger mehr krumm machen müssen, sondern dass wir gemeinsam planen können, wie wir auf dieser Erde leben möchten und es nicht der Markt bestimmt. Andererseits treiben die Unternehmen ein mieses Spiel, indem sie uns Grünen Kapitalismus verkaufen wollen. Versunken in Melancholie und (Des-)Illusion mag das uns zunächst wie eine okaye, wenn nicht hinnehmbare Lösung scheinen. „Klimaschutz“ ohne das Ziel, Kapitalismus zu überwinden, greift allerdings nicht Ausbeutung als Quelle von Profit und somit auch nicht Profit als Quelle von Klimaschaden an. Deshalb muss Klimaschutz den Kampf gegen Ausbeutung einschließen. Die Klimamaßnahmen, die wir fordern, müssen sozial verträglich, wenn nicht revolutionär sein.

Solange Konkurrenzzwang Unternehmen zu Profitmaximierung drängt, steht dieser über dem Klimaschutz. Im Kapitalismus steht der klimaschädliche Wachstumszwang im Mittelpunkt. Hinzu kommt, dass durch die Ausdehnung des Welthandels nach kapitalistischem Drängen Ausbeutung auf globalem Niveau intensiviert, die Abhängigkeit der Peripherie von den kapitalistischen Zentren vergrößert und der Klimawandel vorangetrieben wird. Wie eh und je ist das Ziel der Bourgeoisie, so günstig wie möglich zu produzieren, koste es die Arbeiter:innen und die Welt, was es wolle. In das Wesen vom Kapitalismus ist eingeschrieben, dass die Bourgeoisie mit Gewalt ihren Absatzmarkt ausdehnt und ihre Produktion dorthin verlagert, wo sie die Arbeiter:innen am intensivsten ausbeuten „kann“. Das hängt dann wiederum davon ab, wie hoch die Arbeitslosigkeit und der Lebensstandard vor Ort ist und wie viel Gewalt zur Erreichung dieses Ziels angewandt wird. In der zugespitzten kapitalistischen Krise setzt die herrschende Klasse in neuer Dreistigkeit auf Expansion nach Außen und Militarisierung nach Innen. Deshalb muss der Kampf gegen Imperialismus Kapitalismus angreifen und umgekehrt.

Dass die Energiekonzerne (auch in Deutschland selbst) von sich aus nicht aufhören werden, fossile Energieträger abzubauen, haben wir in Lützerath gesehen. Jedoch hat uns Lützerath ebenso gezeigt, dass wir uns in der Klimabewegung zahlreich zusammenschließen und gemeinsam gegen das System ankämpfen können. Dass die vergangenen Kämpfe um Klimagerechtigkeit in uns weiterleben und immer mehr Leute auf Basis der Klimakrise politisch aktiv werden.

Krise der Parlamentsarbeit

Obwohl der Neoliberalismus als politische Ideologie in den letzten Jahren an Einfluss verloren hat und, wie beispielsweise in Form der Corona-Hilfen, der staatlichen Intervention in die Impfstoff-Produktion oder der Einführung des Gaspreisdeckels deutlich wird, Staatsinterventionismus wieder zunimmt, scheint linke Reformpolitik grade wenig erfolgreich. Ohne den Aufbau von Gegenmacht und Hegemonie in der breiten Bevölkerung ist es illusorisch, zu denken, dass kluge Parlamentspolitik tatsächlichen Wandel bringen wird. Für DIE LINKE ist es eine Herausforderung, dass sie zwar viel fordert, aber keine Strategie hat, ihre Ziele auch durchzusetzen. Dabei ist auch ein zu unkritischer Blick auf die Rolle des Staats im Kapitalismus ein Teil des Problems.

Ganz andere Dinge machen der LINKEN ebenfalls zu schaffen: Die ständig diskutierte Abspaltung der S.W. dominiert die Medien. Dies ist zwar wenig überraschend angesichts deren Vorurteil, die gesellschaftliche Linke würde sich immer streiten und sei grundlos rebellisch. Auch die Frage nach dem Behalt des Fraktionsstatus umgibt DIE LINKE.

Dadurch wird ein Wandel der Partei DIE LINKE notwendig. Viele hoffen auf eine Erneuerung der LINKEN, wie wir als Jugendverband sie schon lange eingefordert haben. Wir werden in diesen Prozess weiterhin unsere Perspektiven einbringen, die wir in der Vergangenheit schon formuliert haben. Dabei ist für uns klar: DIE LINKE. muss trotz vergangener und bestehender Konflikte ebenso Kommunikationsbereitschaft zeigen. Wir möchten unseren Einfluss auf politische Entscheidungen der Fraktionen in den Landtagen ausweiten und sichern, indem wir auf den Listen, die die Aufstellungsversammlungen der Partei beschließen, Jugendkandidaturen aus dem Jugendverband platzieren. Jugendwahlkampagnen können eine starke Strahlkraft haben, sowohl während des Wahlkampfs als Angebot für junge Menschen DIE LINKE. zu wählen oder der Linksjugend beizutreten, als auch während der Legislatur, indem der Jugendverband so aktiv einbezogen wird ins parlamentarische Geschehen. Wir begrüßen, dass der Landesverband Thüringen nun diesem Beispiel folgt und möchten das Konzept auch auf die Landtagswahlen in Brandenburg ausweiten.

Das System verliert Rückhalt, aber Rechte gewinnen ihn immer mehr…

Aktuell macht uns jedoch nicht nur die Klimakrise oder die Zustände in unserer Mutterpartei DIE LINKE. zu schaffen, sondern vor allem der rasante Anstieg der gesellschaftlichen Zustimmung zu rechtsextremer Ideologie. Die COVID-Pandemie hat uns gezeigt, wie stark sich Arbeit intensivieren kann und damit auch Geschlechterunterschiede sich verschärfen. Wie schnell in Krisen Antisemitismus wieder Aufschwung gewinnen kann. Sie hat uns auch gezeigt, dass das aktuelle System an Rückhalt verliert. Und trotzdem bewegen wir uns wie Zombies durch die Welt, kaputt von unserer (Lohn-)Arbeit.

Das System von Ausbeutung, indem wir leben, verliert stark an Rückhalt und das in der gesamten Gesellschaft. Dies geht so weit, dass Menschen die Demokratie in Frage stellen. Es steht außer Frage, es braucht dringend Veränderung. Veränderungen, die es schaffen, dass wieder mehr Vertrauen in unser politisches System gesetzt werden kann. Insbesondere eine generelle Melancholie und Desillusion versperren neuen progressiven Ideen den Weg.

Sowohl im Osten wie auch im Westen Deutschlands nehmen rechte Parteien immer mehr Einfluss. Wie konnte es so weit kommen und was können wir als Linke dagegen tun? Klar ist, es braucht einen starken Zusammenhalt der gesellschaftlichen Linken, den wir aufbauen müssen. Eine schlagkräftige Strategie ist bei der Bekämpfung der Rechten wichtiger denn je. Zeitgleich muss uns bewusst sein, dass zahlreiche Wähler:innen der Rechten, diese nicht aus Überzeugung wählen, sondern aus Protest, Unwissenheit und generellen Unzufriedenheit. Hier können wir anknüpfen und müssen eine linke Perspektive sowie Lösungsansätze bieten.

Notwendigkeit zur Utopie

Wenn wir die Hoffnung aufgeben, ist klar, dass aktuell (besonders) Unterdrückte die Arbeit übernehmen werden, die damit verbunden ist, die Klimaschäden bestmöglich zu vermindern. Und diese Arbeit wird im Kapitalismus ins Unendliche wachsen. Es ist nämlich nicht so, dass Ölvorkommen verknappen, es werden immer mehr entdeckt! Und Kipp-Punkte bewirken, dass Schäden nicht linear, sondern exponentiell auf uns zukommen, wenn wir nicht angemessen dagegen vorgehen. Noch ist nicht alles verloren!

Gerade jetzt ist es umso wichtiger, dass nicht eine winzige Minderheit sich immer mehr Reichtum aneignet und über die restliche Bevölkerung und die Welt, in der wir leben, bestimmt. Gerade weil wir an der Schwelle zu wahrhaft dystopischen Zeiten stehen, müssen wir uns jetzt dafür einsetzen, dass wir unabhängig von Profitinteressen darüber demokratisch bestimmen können, wie wir zusammenleben.

Damit wir uns organisieren können, brauchen wir Utopien. Wir brauchen gegenseitiges Vertrauen und Hoffnung – in uns gegenseitig, in die Menschheit und in uns selbst. Ein Glück, dass wir Marxist:innen sind und an die Befreiung aller glauben. In unserer Utopie gibt jeder nach seinen Fähigkeiten und erhält jede nach ihren Bedürfnissen. Arbeit wird von Abhängigkeit befreit und wir arbeiten, weil wir die Arbeit als Antrieb der Gesellschaft sehen. Und haben trotzdem mehr Zeit für uns: Für künstlerisches Schaffen, für unsere Freunde, für gutes Essen und für Erholung. Und die Welt, in der wir leben, hindert uns nicht mehr in unserem Sein: Nicht mehr Autos bestimmen Städte, sondern die Menschen, die in ihnen wohnen.

Notwendigkeit zur Strategie

Damit wir in unserer Organisierung nicht in Melancholie versinken oder nach dem ersten Misserfolg desillusioniert werden, müssen wir uns eine Strategie überlegen, wie wir zu einem guten Leben für alle hinkommen. Und die Möglichkeit von Veränderung erfahren, damit wir Glauben gewinnen, dass wir diese auch umsetzen können.

Unsere Strategie können wir nur gemeinsam umsetzen.

Es ist wichtig, dass wir uns als Organisation finden und uns vertrauen lernen. In Zeiten wie diesen gibt uns Vertrauen Halt, macht erst Organisierung möglich und schenkt uns etwas Glück im Unglück. Vertrauen bedeutet allerdings nicht, blind auf etwas zu hoffen. Vertrauen kann erst dann wachsen, wenn die Worte von Menschen mit ihren Taten übereinstimmen und wenn alle gemeinsam Verantwortung übernehmen für unser gemeinsames Projekt: Sozialismus.

Deshalb möchten wir uns immer dagegen aussprechen, wenn Genoss:innen nicht als allererstes ein Gespräch miteinander suchen. Wir müssen nicht alle die größten Fans von unseren Persönlichkeiten sein, müssen als Genoss:innen allerdings solidarisch miteinander sein. Dazu gehört, im Zweifel uns gegenseitig zu vertrauen, bis uns das Gegenteil bewiesen wurde. Auch dann suchen wir zunächst das Gespräch und wenden uns weder an Twitter noch an einen Gossip-Kreis.

Um unseren Zusammenhalt zu stärken, ist unverzichtbar, dass wir auf Großveranstaltungen wie dem Sommercamp lange zusammenkommen und uns immer wieder daran erinnern, dass wir trotz Dissensen vor allem eins sind: Genoss:innen. Auch, wenn der Strategieprozess nie aufhört und immer wieder evaluiert werden muss, soll Grundpfeiler unserer Strategie folgendes sein:

Unser Plan: Wir müssen eine Massenbasis aufbauen.

Gemeinsam als Organisation für Sozialismus zu kämpfen, kann nicht heißen, sich von einer breiteren Bewegung zu isolieren. Eine breite Arbeiter:innenbewegung, feministische und antirassistische Bewegung muss allerdings erst einmal entstehen. Das wird sie nicht im Internet, nicht im Überzeugen von Rechten, sondern im gemeinsamen Organisieren und Druck-Aufbauen.

Damit sich eine Massenbewegung herausbilden kann, spielen Massenorganisationen eine zentrale Rolle. Organisationen, in denen nicht nur Leute, die Geisteswissenschaften studieren oder studiert haben, sich versammeln, sondern alle Arbeiter:innen. Wie genau wir dahin kommen und in welcher Organisation genau, bleibt offen. Deshalb ist wichtig, dass wir uns als Organisation nächstes Jahr damit beschäftigen, wer wir selbst sind und wer wir als Linksjugend [´solid] sein wollen.

Um dem Sozialismus näher zu kommen, müssen wir den Kapitalismus an seinen Widersprüchen angreifen, die ihn drohen, zu zerreißen. Dafür ist erstens notwendig, dass wir diese Widersprüche und ihre aktuelle Gestalt erkennen, aktuell bedeutende Kämpfe als solche wahrnehmen (lernen) oder zu bedeutenden Kämpfen machen und zweitens, gemeinsam als Linksjugend [`solid] eingreifen. Es ist wichtig, dass wir stärker auf Arbeitskämpfe setzen als die Kämpfe, die das Kapital unmittelbar unter Druck setzen und eine starke Politisierungs- und Organisationskraft haben. 

Was wir dafür brauchen.

Wir müssen uns überlegen, wie wir sinnvoll wo intervenieren und mit wem. Gleichzeitig lassen sich kluge Pläne nicht in stillem und isoliertem Philosophieren schmieden, sondern am besten im Kampf: Statt in Selbstbeschäftigung zu versinken, müssen wir uns stattdessen auch stärker in konkreten bedeutenden aktuellen Kämpfen beteiligen. Diese Kämpfe sollen vor allem solche sein, die uns am stärksten betreffen: Damit unsere Mitglieder sich stärker untereinander organisieren, ist es wichtig, dass wir die Bildung von Auszubildenden- und Schüler:innengruppen weiter vorantreiben. Damit wir wissen, in welchen Arbeitskämpfen unsere Mitglieder ohnehin involviert sind, weil sie ihre eigenen Jobs betreffen, führen wir eine Umfrage darüber durch, in welcher Branche unsere Mitglieder lohnarbeiten, ob sie gewerkschaftlich aktiv sind und wenn ja, in welcher Gewerkschaft.

Außerdem ist wichtig, dass unsere Landesverbände in eine stärkere Kommunikation miteinander gehen, damit wir in der Lage sind, gemeinsam Schlagkraft aufzubauen: Der Austausch über aktuelle Projekte, Strukturen und gemeinsame Ziele spielt dabei eine besonders große Rolle und dient ebenso dem Erfahrungsaustausch sowie dem Entwickeln einer gemeinsamen Praxis. Wir wollen die Zusammenarbeit von Landesverbänden und dem Bundesverband stärken, um strukturell schwache Regionen zu unterstützen. Es braucht einen starken linken Jugendverband auf allen Ebenen, von Basis über die Landesverbände bis hin zum Bundesverband, um gemeinsam für unsere Utopie zu kämpfen.

Damit wir das gemeinsam tun können, ist wichtig, dass wir unsere Sehschärfe in unseren politischen Bildungsprogrammen stärken. Diese sollen sich einerseits an Neumitglieder, andererseits an theoretisch sicherere Mitglieder richten. Wir möchten auch mehr Mitglieder für Bildungsarbeit ausbilden. 

Weil wir auch in Selbstbeschäftigung und in der Auseinandersetzung in konkreten Kämpfen hin und wieder an unsere Grenzen stoßen werden, möchten wir uns stärker international mit sozialistischen Organisationen vernetzen. Wir halten ein langfristiges, mindestens jährliches Treffen mit einem Austausch über die politische Lage vor Ort und über die eigenen Organisationen für zentral.

Umbruch nutzen, Einfluss gewinnen, Linke Forderungen durchsetzen.

Den Umbruch, in dem sich die Partei befindet, wollen wir als Jugendverband strategisch nutzen, um unsere Forderungen durchzubringen. Hierbei können unsere Jugendkandidaturen ein wichtiges Mittel sein. Es braucht soziale Lösungen für soziale Probleme. Wir fordern folgende Maßnahmen, um kurzfristig die Situation der präkarisierten der Gesellschaft zu verbessern, während wir langfristig für ein gutes Leben für alle in einer klassenlosen Gesellschaft kämpfen:

Wir fordern eine Abschaffung der Schuldenbremse, insbesondere für Investitionen in Bildung, Soziales und Infrastruktur. Wir unterstützen als Jugendverband die Kampagne „100 Milliarden für Bildung.“

Wir fordern einen (Alters-)Armutsfesten Mindestlohn von 16€. Außerdem fordern wir weiterhin eine Mindestausbildungsvergütung von 1400€ Brutto. Mindestlohn, Ausbildungsvergütungen und Bafög sollen jährlich an die Inflation angepasst werden.

Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für alle! Städte und Kommunen sollen ihr Vorkaufsrecht für Immobilen nutzen, damit keine Investor*innen vom Wohnungsmarkt profitieren, sondern die Kund*innen von städtischen und kommunalen Wohnungsgesellschaften. Der Wohnungsmarkt muss langfristig vergesellschaftet werden, damit Immobilien kein Spekulationsobjekt bleiben. Überall dort, wo es keine städtischen oder kommunalen Wohnungsunternehmen gibt, müssen sie gegründet werden. Zudem ist es wichtig, dass wir darauf hinwirken, dass der städtische (Sozial- )Wohnungsbau vorangetrieben wird, und nicht dem privaten Markt überlassen wird.

Kostenloser, ausfinanzierter und ausgebauter ÖPNV jetzt! Wir wollen das 49€-Ticket zum 0€-Ticket machen. Es muss endlich genug Geld für den Ausbau des ÖPNV geben. Insbesondere für Randgebiete und ländliche Gegenden. Als Linksjugend unterstützen wir die Kampagne „Wir fahren zusammen“ und sind bereits in einigen Landesverbänden mit den Organisator:innen vernetzt.

Außerdem fordern wir Steuererhöhungen für Topverdiener:innen, und Entlastungen für Arbeiter:innen. Die Vermögenssteuer braucht ein Comeback!

Wir als Mitglieder der Linksjugend [´solid] kämpfen gemeinsam für eine Befreiung aller.

Wir kämpfen für Sozialismus, ein Ende des Patriarchats und von Rassismus und für ein gutes Leben für alle. Deshalb ist wichtig, dass in unserem Verband nicht vor allem Männer aktiv sind und im Verhältnis mindestens so viele Leute aktiv sind, die von Rassismus betroffen sind, wie in der Gesamtbevölkerung, auch, wenn unser Ziel größer sein sollte. Wir müssen uns als Verband ernsthaft darüber Gedanken machen, wie wir das gemeinsam erreichen können. Schließlich liegt es vor allem im Interesse von denen, die besonders starke Unterdrückung erfahren, sich selbst zu befreien.

Lasst uns gemeinsam kämpfen – für ein gutes Leben für alle!

Für eine gerechte Ausbildung: Lebensbedingungen von Auszubildenden verbessern

Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg

Die Betriebe sind leer!
Kein Wunder, warum solltest du auch eine Ausbildung anfangen, wenn du von deinem Gehalt oft nicht einmal eine eigene Wohnung, Fahrkarte oder Sprit und Essen zahlen kannst? Über Geld sparen oder Hobbies reden wir da noch nicht einmal. Wieso soll ich Erzieher:in werden, wo ich in einigen Bundesländern meine Ausbildung selbst zahlen muss? Wieso soll ich mich drei Jahre lang im Handwerk oder Büro ausbeuten lassen, wenn ich davon nicht einmal genug habe, um am Ende des Monats mit Freund:innen gemeinsam zu einem Konzert zu gehen oder eine Bar zu besuchen?

Was es braucht, ist eine radikale Verbesserung der Verhältnisse, um Ausbildungen wieder attraktiver zu machen.

Deshalb setzt sich die Linksjugend [’solid] für folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von Auszubildenden ein:
– Die Mindestvergütung für Auszubildende muss auf 1600€ brutto angehoben werden. Diese muss steuerfrei zur Verfügung gestellt werden.
– Die Bahn muss für Auszubildende bundesweit kostenlos nutzbar sein.
– Es braucht einen unkomplizierten Zugang zu Wohnungen und Wohngeld.
– Dafür müssen deutlich mehr Sozialwohnungen gebaut und auch langfristig erhalten bleiben.
– Ist das Angebot an Sozialwohnungen den lokalen Bedürfnissen entsprechend gegeben, muss die Einkommensgrenze für den Anspruch auf eben diese erhöht werden, um mehr Menschen günstigen Wohnraum zu ermöglichen.
– Es braucht einen Ausbau des ÖPNV, um kurze Wege zwischen Ausbildungsstelle und Wohnung zu ermöglichen.

Bahn für alle

Beschluss des XIV. Bundeskongresses am 26.-28. November 2021 online

Effektiver Klimaschutz braucht eine sozial-ökologische Verkehrswende. Und die kann nur mit einer leistungsfähigen Bahn sowie einem günstigen ÖPNV, der alle erreicht, gelingen. Damit die Bahn nach der Privatisierung und dem gescheiterten Börsengang aber wieder leistungsfähiger wird, braucht es eine grundlegende Bahnreform, hin zu einem Unternehmen, das sich am Gemeinwohl statt am Profit orientiert.

Deshalb fordert die Linksjugend [‘solid]:

  • die Umwandlung der DB AG in eine Anstalt öffentlichen Rechts für Infrastruktur und Betrieb mit staatlichem Auftrag zur Versorgung der Bevölkerung mit Mobilität und somit unter demokratische Kontrolle steht
  • den massiven Ausbau der Schieneninfrastruktur, u.a. durch Reaktivierung stillge- legter Strecken und Elektrifizierung sowie verpflichtenden Gütergleisanschlüssen
  • den entgeltfreien Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Schienenfernverkehr, im ersten Schritt für Schülis, Azubis und Studis, dann für alle
  • ein flächendeckendes Busnetz, das Jugendliche ohne Führerschein an das Bahnnetz anschließt

Mit Hinblick auf die Zerschlagungspläne von FDP und Grünen unterstützt der Bundesverband die Proteste von Initiativen und der Gewerkschaften (u.a. EVG) und ruft zu Demonstrationen auf

Die Linksjugend [‘solid] erklärt sich solidarisch mit den Beschäftigten bei der Bahn, deren Löhne und Arbeitsbedingungen durch eine drohende Privatisierung des Betriebs massiv gefährdet sind.

Lohnarbeit und Soziales

Beschluss des I. Bundeskongresses am 4.-6. April 2008 in Leipzig

Längere Arbeitszeiten, höherer Druck am Arbeitsplatz, sinkende Reallöhne und zunehmende Ausbeutung kennzeichnen die Entwicklungen in der Arbeitswelt. Wer nicht das Vergnügen hat, seine Arbeitskraft verkaufen zu dürfen, dem bleibt nichts anderes übrig als die Armut durch Arbeitslosengeld II und Sozialleistungen. Dadurch wächst auch der Druck auf alle anderen, die arbeitslos sind, ihre Ausbildung machen oder andere notwendige aber unbezahlte Arbeit verrichten, wie Hausarbeit und die viel gelobten ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Wer arbeitet, kann wenig über seine Tätigkeit und sein Leben bestimmen, nicht nur der Arbeitstag ist dem Diktat des Kapitals unterworfen, sondern auch die Freizeitindustrie muss Profit abwerfen. Frauen haben neben dem tendenziell niedrigeren Lohn auch oft noch die besonders schwierige Aufgabe Arbeit und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen, was durch gestiegene Lebenshaltungskosten und zu wenige Kitaplätze nicht einfacher wird.

Die Arbeiter:innenklasse steht zwar nicht mehr zum Großteil am Fließband, aber die Arbeitsbedingungen in der Dienstleistungsgesellschaft gleichen immer mehr denjenigen, denen Fabrikarbeiter im vorletzten Jahrhundert ausgesetzt waren. Die Ausbeutung ist nicht weniger geworden, sie hat nur ein anderes Gesicht. Die Stechuhr hat jetzt ein digitales Display und ist mit einer Magnetkarte zu bedienen und Scheinselbstständigkeit wird zur modernen Leibeigenschaft. Die Arbeitswelt hat sich in den letzten hundert Jahren stark verändert, doch die Konfliktlinien zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in oder anders gesagt zwischen Kapital und Lohnarbeit sind die Selben geblieben.

Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der nicht einige wenige entscheiden wie und unter welchen Bedingungen Arbeit verrichtet wird, welche Arbeit entlohnt wird und welche gefälligst kostenlos zu verrichten ist. Wir denken, dass jede Arbeit, die gesellschaftlich notwendig ist, auch gesellschaftlich organisiert und entsprechend bezahlt werden sollte. Wir denken dabei sowohl an die Produktion von Gütern, Dienstleistungen aber auch Wäsche waschen, kochen, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, und vieles mehr.

In einer Gesellschaft, in der die Produktionsmittel nicht mehr in der Hand einer privilegierten Schicht sind, und die Menschen selbst entscheiden, welche Arbeiten für den Erhalt und die Verbesserung der Gesellschaft nötig sind, kann auch jede notwendige Arbeit vergütet werden. Denn wir sind auch davon überzeugt, dass jede:r Einzelne etwas zu dieser Gesellschaft beisteuern kann. Wir stehen auch für einen konsequenten Bruch mit der Standortlogik der Unternehmer, die nur die zynische Wahl zwischen Lohn- und Tarifdumping einerseits und Schließung und Verlagerung der Betriebe andererseits lässt. Unsere Antwort auf Fabriksschliessungen, Produktionsverlagerungen und Massenentlassungen ist die Forderung nach Verstaatlichung unter Arbeiter:innenkontrolle. Nur die Beschäftigten selbst können garantieren, dass die Unternehmensentwicklung auf die Bedürfnisse der Gesellschaft abgestimmt ist, und nicht auf die Gewinnsucht der Aktionäre. Wir verstehen diese Verstaatlichungen einzelner Betriebe als ersten Schritt hin zu einer demokratisch geführten Wirtschaft mit gesamtgesellschaftlichem Produktionsplan.

Wir warten aber nicht auf bessere Zeiten und kämpfen auch unter kapitalistischen Bedingungen für jede Verbesserung: Ein gesetzlicher Mindestlohn, kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich, Gleichstellung der Frauen im Beruf, eine Verbesserung der Rechte der Arbeitnehmer:innen und Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das Ende der erniedrigenden Hartz IV-Gesetze sind für uns Grundbedingung für ein menschenwürdiges Leben.

Leitantrag

Beschluss des III. Bundeskongresses am 26.-28. März 2010 in Frankfurt am Main

Intro
Unsere Generation lebt in einer Zeit der beschleunigten Umbrüche und verschärften Widersprüche. Die Krisenmeldungen überstürzen sich: Globale Märkte zermalmen ganze Volkswirtschaften und die Welt erlebt eine Wirtschaftskrise, die bereits das Ausmaß der großen Depression der 1930er Jahre überschreitet. Zugleich steht uns eine dramatische Erderwärmung bevor – mit radikalen Folgen für die Lebensbedingungen auf diesem Planeten.
Und doch leben wir auch in einer Zeit des politischen Stillstands. Die Krisen brechen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit ein, um scheinbar routiniert verdaut zu werden. Oft wird resigniert oder geleugnet und die herrschenden Eliten des Westens rufen das Ende der Wirtschaftskrise aus, noch bevor die Schockwellen des Finanzkollapses die Realwirtschaft vollständig erreicht haben. Zu wirksamen Regulierungen des Finanzmarktsektors ist es noch nicht gekommen. Und dabei geht es einer unvorstellbar großen Zahl von Menschen schon jetzt durch die Krise schlechter und ihre Zahl wird nochmals steigen. Weltweit verlieren viele Millionen ihre Arbeit und ihren Lebensunterhalt und auch die extreme Armut wird neue Rekordhöhen verzeichnen.
Stillstand herrscht auch in der Klimapolitik. Die dringend notwendige industrie- und energiepolitische Wende wird weiter blockiert und die Regierungen zocken lediglich um die Abwälzung der Folgekosten.
Klimawandel, Energiekrise, Ernährungskrise und Weltwirtschaftskrise – die Krisen haben System, sie müssen als Wirkung des Kapitalismus verstanden werden. Als Jugendverband kämpfen wir deshalb für eine antikapitalistische, eine sozialistische Perspektive. Wir sagen: Der Kapitalismus erleidet keine Krisen, er ist die Krise und war seit seinem Bestehen schon eine Katastrophe für Mensch und Natur. Ohne Profit, ohne Ausbeutung und Ausgrenzung ist der Kapitalismus nicht denkbar. Und wir sind Bestandteil einer weltweiten Bewegung, die für seine Überwindung eintritt, die angetreten ist, diese mörderische und absurde Weltordnung umzustoßen.
Unser Verband arbeitet in einem Kernland des Westens. Die Bundesrepublik gehört zu den führenden Wirtschaftsmächten. Sie profitiert von den globalen kapitalistischen Raubzügen. Es liegt auch an uns, den Opfern dieser Raubzüge hier eine Stimme zu geben und die Kräfteverhältnisse nach links zu verschieben. Wir werden nicht resignieren. Wir wollen an der Gestaltung einer besseren Welt mitwirken. Wir wollen unsere Generation politisch mobilisieren, für eine radikale, plurale junge Linke. Und das kann uns nur gelingen, wenn wir in die sozialen Kämpfe in diesem Land eingreifen und Plattform sind für Protest, Selbstorganisation und Solidarität. Dabei verlieren wir die globale Perspektive nicht aus dem Blick. An unserer Generation liegt es die klimapolitische Wende und globale Klima- und Verteilungsgerechtigkeit  durchzusetzen.
Mit diesem Beschluss gibt der Bundeskongress von Linksjugend [’solid] unserem Verband eine politische Strategie und ein Arbeitsprogramm für das Jahr 2010. Wir ziehen mit ihm zugleich Bilanz im dritten Jahr nach unserer Gründung. Wir analysieren unsere Schwächen und Erfolge und orientieren die Landesverbände auf die nächsten Schritte im weiteren Aufbau unserer Organisation.

Generation Krise: Soziale Kämpfe gegen Schwarz-Gelb
Die Wirtschaftskrise hatte in der politischen Linken im letzten Jahr die Erwartung hervorgerufen, dass die neoliberale Marktideologie nun von allein in sich zusammenbrechen müsste. Schließlich galt sie mit ihren Grundsätzen der Deregulierung und Privatisierung als ursächlich verantwortlich für den Finanzkollaps. Weit gefehlt, denn jenseits einiger symbolischer Gesten und Beschwörungsformeln haben die herrschenden Eliten Kurs gehalten. Was noch unter der Großen Koalition anfänglich als Verstaatlichungsrhetorik gehandelt wurde, entpuppte sich sehr schnell als Manöver, mit dem die Eliten Ressourcen für die Rettung ihrer Besitzstände in Anspruch nahmen. Bankenrettungspakete wurden aufgelegt, ohne dass sich etwas an der Steuerung der Banken und Krisenunternehmen änderte, von gesellschaftlicher und demokratischer Mitbestimmung war nie die Rede. Die Politik der Rettungsschirme galt also der Rettung der alten Ordnung, der Rettung des neoliberalen Marktradikalismus.
Mit Schwarz-Gelb stellt eine Koalition der Marktfreiheit und des Wertekonservatismus die Regierung der Bundesrepublik. Anders als viele Linke aber glauben, kann der Wahlsieg von Schwarz-Gelb nicht auf einen Rechtsruck in der Gesellschaft zurückgeführt werden. Vielmehr ist diese Regierungsbildung auf den beispiellosen Absturz der SPD zurückzuführen, den sie nach 11 Jahren des massiven Sozialabbaus und der deutschen Kriegsbeteiligung zu verantworten hat. Der bürgerliche Block hat bei den Wahlen sogar insgesamt über 300.000 Stimmen gegenüber dem Jahr 2005 verloren. Sowohl CDU als auch SPD haben damit jeweils ihr schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik eingefahren. Dies mag auch ein Grund sein, warum die derzeitige Regierung noch zögert, ihr Programm der neoliberalen Krisenbewältigung in vollem Umfang durchzusetzen. Spätestens nach den Landtagswahlen in NRW, droht sich das zu ändern.
Der Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb enthält ein faustdickes Umverteilungsprogramm zu Lasten der sozial Benachteiligten und lohnabhängig Beschäftigten. Steuern für Unternehmen und SpitzenverdienerInnen sollen weiter gesenkt und im Gegenzug die Kopfpauschale im Gesundheitssystem eingeführt werden. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors steht ebenso an wie weitere Privatisierungen. Und unter der Hand wurden bereits massive Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich durchgeführt – weitere werden folgen. Die Bankenrettungen und Steuersenkungen für die eigene Klientel müssen ja schließlich gegenfinanziert werden.
Während der Kriseneinschlag in der Bundesrepublik im letzten Jahr vor allem über die Kurzarbeit und mit dem Abbau von Überstunden in vielen Branchen ausgebremst wurde, wird im Jahr 2010 die Arbeitslosigkeit deutlich ansteigen. Darüber hinaus wird die Krise vor allem dafür genutzt, den Arbeitsmarkt weiter zu prekarisieren. Leiharbeit, mehr Minijobs, Dumpinglöhne und die allgemeine Herabsetzung von Tarifstandards – lohnabhängig Beschäftigte müssen zu immer mieseren Konditionen arbeiten.
Besonders stark betroffen von dem prekären Umbau der Arbeitswelt sind junge Menschen. Weniger Ausbildungsplätze, weniger Übernahmen nach der Ausbildung und wenn sich ein Job findet, dann ist es nicht selten Leiharbeit für wenig Geld, mit wenig Schutz und viel Unsicherheit. Befristete Arbeitsverträge sind inzwischen Standard, gut entlohnte, sichere Arbeitsplätze werden immer seltener.
Unsere Generation ist die Generation Krise. Von der Generation unserer Eltern unterscheiden uns vor allem Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit. Von der Mär steigenden allgemeinen Wohlstands durch unendlich wachsende Produktivität ist nichts geblieben als die unerfüllbare Sehnsucht nach einem vermeintlich erlösenden zweiten Wirtschaftswunder. Erwerbsbiografieen junger Menschen füllen seitenlange Dossiers über Praktika, Aushilfsjobs im Niedriglohnbereich und Ausbildungen ohne Übernahme – oder beschreiben den jüngst von Westerwelle, Koch und Sarrazin offen geforderten Ausschluss aus dem Volkskörper, die Marginalisierung im Stigma Hartz IV, die längst Realität geworden ist. Uns wird die Entscheidung überlassen, die unerfüllte Hoffnung nach Anerkennung und einem besseren Leben im sog. ersten Arbeitsmarkt nicht zu verlieren oder uns dem Schicksal eines verächtlichen Lebens als angebliche Schmarotzer an den im Sinne nationalen Interesses Disziplinierten hinzugeben. Schicksal? – Fehlanzeige! Unsere Entscheidung bleibt: Weder, noch! Wir spielen das Spiel nicht mit, in dem jede und jeder für sich um einen etwas besseren Lohn, etwas bessere Lebensbedingungen kämpft. Das Spiel, in dem es nur GewinnerInnen und VerliererInnen gibt, das uns darauf konditioniert, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten. Wir fordern ein selbstbestimmtes Leben abseits von Lohnarbeit und Hartz IV für uns alle. Natürlich lassen wir unsere historisch erkämpften Rechte nicht fallen, nehmen Lohndrückerei und Marginalisierung nicht hin und tun alles dafür, keinen Schritt zurückweichen zu müssen. Darüber vergessen wir nicht, dass unser Kampf allen Verhältnissen gilt, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen“ ist. Vor diesem Hintergrund organisieren wir als Teil einer emanzipatorischen Bewegung massive soziale Kämpfe gegen die andauernden Angriffe auf unser Leben und für ein ganz anderes Ganzes.
Für uns steht fest: Ohne massive gesellschaftliche Kämpfe und ohne die Angst der Regierung vor diesen Kämpfen werden wir die anhaltenden Angriffe auf unsere Zukunftschancen nicht abwehren können. Ohne eine starke außerparlamentarische Bewegung wird es auch keinen Wiederaufbau des Sozialstaats, und keine gesellschaftliche Demokratisierung geben. Unsere politischen Praxen orientieren sich deshalb an dem Ziel, den außerparlamentarischen Widerstand zu stärken und die Kräfteverhältnisse in diesem Land zu verändern.

Allen Lebensweisen gerecht werden
Die Ehe ist ein Relikt vergangener Tage. Von den Religionsgemeinschaften wird sie als eine besonders verlässliche und für Kinder förderliche Lebensweise angesehen. Der Staat alimentiert die Hausfrauenehe, also die partriarchalste aller Formen des Zusammenlebens, per Ehegattensplitting. Lebensgemeinschaften, die auf Hartz-Leistungen angewiesen sind werden ebenfalls gemeinsam veranschlagt: Es ergibt sich eine Unterhaltsverpflichtung der beiden PartnerInnen füreinander. Dies gilt nicht nur für die Ehe oder das homosexuelle Pendant, die eingetragenen Lebenspartnerschaft: Dies gilt ebenfalls für die so genannten Bedarfsgemeinschaften.
linksjugend [‘solid] fordert die Aufhebung aller finanziellen Abhängigkeitsverhältnisse unter Erwachsenen! Insbesondere Lesben und Schwule akzeptieren in Ihrer Mehrzahl die überkommenen Rollenvorstellungen nicht, da sie die konservativen Leitbilder nie für sich als passend empfunden haben.
So erklärt sich, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz zwar von ein paar wertkonservativen Grünen gefordert und durchgesetzt wurde, aber kaum von Lesben und Schwulen angenommen wird.
Im vergangenen Jahr hat unser Jugendverband Materialien unter dem Motto: „Gleiche Rechte für alle: Eheprivilegien abschaffen!“ erstellt und auf den schwul-lesbischen Straßenfesten und den CSD-Paraden verteilt. Der Erfolg dieser kleinen Kampagne hat gezeigt, dass wir mit unseren emanzipatorischen Inhalten gut bei dieser besonderen Zielgruppe ankommen. Zur kommenden CSD-Saison werden wir einen Aufruf herausgeben und die Basisgruppen auffordern auch in diesem Jahr wieder auf den CSDs präsent zu sein. Zum Thema wird wieder tolles emanzipatorisches Material anhand unserer Lebensweisenposition (beschlossen auf dem BuKo 09) erstellt. Es werden wieder Aufkleber, Handzettel und Banner gedruckt.

Den Bildungsstreik weiterentwickeln
Die ersten beiden Wellen des Bildungsstreiks im letzten Jahr haben gezeigt, dass unsere Generation politisch mobilisierbar ist. Über 270.000 Schülerinnen, Schüler, Studierende und Auszubildende haben sich am Aktionstag im Juni an den Demonstrationen beteiligt und im Winter fanden in über 90 Hochschulen Besetzungen statt. Mit den breit getragenen Demonstrationen, den symbolischen Banküberfällen und anderen Aktionen des zivilen Ungehorsams handelte es sich um die größten außerparlamentarischen Proteste seit der Anti-Hartz-IV-Bewegung. Damit ist es gelungen die Probleme in den Schulen und Hochschulen in eine breite Öffentlichkeit zu tragen und Sympathien für die Anliegen der Streikenden zu wecken. Der Erfolg des Streiks war unserer Meinung nach vor allem in der Verbindung von bundesweiter Koordination und dezentraler Aktion und damit in seiner flächendeckenden, bundesweiten Präsenz begründet. Gleichzeitig aber müssen wir feststellen, dass über die aktionistischen Punktmobilisierungen hinaus eine nachhaltige und langfristige Organisierung in den Bündnissen vor Ort kaum gelungen ist. Letzteres aber ist entscheidend, um die Forderungen des Streiks vor Ort auch wirklich durchzusetzen. Eine Strategie, die für die dritte Streikwelle im Juni vornehmlich auf Eskalation und Expansion in der Mobilisierung setzt, wird deshalb einseitig bleiben und im besten Fall medial aber eben nicht politisch erfolgreich sein.
Als Defizit hat sich darüber hinaus die schwache parteiunabhängige Interessensbündelung auf der Bundesebene erwiesen. Der Bewegung fehlt es sowohl im SchülerInnen- als auch im Studierendenbereich an einer gemeinsamen Plattform für die Selbstbildung und Unterstützung der Akteure vor Ort.

Der Bundeskongress orientiert den Verband auf die folgenden Leitlinien:

  • Linksjugend [’solid] wird sich an der Mobilisierung für die dritte Bildungsstreikwelle unter dem Aspekt “Generation Krise/ Soziale Kämpfe“ beteiligen. Hierfür suchen wir auch die Kooperation mit den Gewerkschaftsjugenden. Als Auftakt verstehen wir die Mobilisierung für die NRW-Wahlen. Ziel ist eine weitgehende Mobilisierung für die Demonstrationen der dritten Streikwelle am 9.Juni. Die Mobilisierung für die dritte Streikwelle bildet den Schwerpunkt des Verbandes im ersten Halbjahr 2010.
  • Unser Jugendverband versteht sich als Akteur innerhalb der Streikbewegung und als Dienstleister für die Proteste. Wir werden ebenso dafür werben, dass auch die LINKE ihre Ressourcen und Logistik für einen erfolgreichen Streik zur Verfügung stellt.
  • Wir bekräftigen unsere Forderung nach einem radikalen Wechsel in der Bildungspolitik. Wir wollen mehr als eine Schule für alle, die Rücknahme der Schulzeitverkürzung. Statt Studiengebühren wollen wir ein Studienhonorar wie auch die Reform des Bachelor-Master-Systems. Wir wollen das Recht auf eine gute und qualitativ hochwertige Ausbildung, eine Mindestvergütung für Azubis, von der man leben kann, die Ausbildungsplatzabgabe und eine Übernahmegarantie nach der Ausbildung.
  • Der Verband nutzt die Debatte, die sich nach dem folgenreichen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Februar zu den Hartz-IV-Regelsätzen entwickelt hat und wird seine sozialpolitischen Forderungen in den Bildungsstreik tragen. Wir wollen die Bildungsproteste mit neuen Anti-Hartz-Protesten verbinden.
  • Der Bundesverband wird ein offenes Bildungs- und Seminarprogramm für linke Bildungspolitik auflegen, für das wir bereits während der Streikmobilisierung werben. Für die Umsetzung des Programms sind der BundessprecherInnenrat und der Länderrat verantwortlich. In der Bundesgeschäftsstelle wird das streikbezogene Bildungsprogramm von der Mitarbeiterin für Politische Bildung koordiniert.
  • Das Sommercamp in diesem Jahr wird unter dem Schwerpunkt “Soziale Kämpfe/Bildungsstreik“ durchgeführt und in der Bewerbung gezielt für Streikaktive geöffnet.

Der Kampfzone den Hahn abdrehen
Deutschland ist mit immer mehr Soldaten an dem seit 8 Jahren in Afghanistan geführten Krieg beteiligt. Und die Gewaltspirale dreht sich nach oben. Die Bombardierung und Ermordung von über 100 Menschen in Kunduz durch die Bundeswehr im September letzten Jahres muss als das größte deutsche Kriegsverbrechen nach dem Ende des 2.Weltkriegs angesehen werden. Linksjugend [‘solid] lehnt den Krieg und die Unterstützung des korrupten und unbeliebten Karsai-Regimes weiterhin entschieden ab. Wir wehren uns zudem dagegen, dass die Bundeswehr die miesen Berufs- wie Ausbildungschancen und den gewachsenen ökonomischen Druck auf junge Menschen ausnutzt, um in Schulen und Jobcentern zu rekrutieren. Es ist bekannt, dass die Regionen mit hoher Jugendarbeitslosigkeit zu den bevorzugten Zielgebieten der Jugendoffiziere der Bundeswehr gehören.
Wir fordern das Verbot von Bundeswehrwerbung an den Schulen und Jobcentern, die Abschaffung Abschaffung der Bundeswehr und den damit verbunden Wehrdienstes. Wir wollen wirkliche Zukunftschancen und streiten deshalb für eine grundlegend andere Bildungspolitik. 

Never, never, never give up! Zivilen Ungehorsam organisieren!
Als linker Jugendverband ist es unsere Aufgabe, insbesondere junge Menschen für sozialistische Ideale, internationale Solidarität und den Kampf ums Ganze zu gewinnen. Wie bereits im Bildungsstreik so auch bei den Nazi-Blockaden in Dresden haben vor allen Dingen Jugendliche gezeigt, was wir erreichen können und wie sich gesellschaftlicher Widerstand breit verankern lässt. Der Nazi- „Trauermarsch“ fand im zwölften aufeinanderfolgenden Jahr erstmals nicht mehr statt. Erfolgreich haben wir AntifaschistInnen den Nazis damit fürs erste einen der symbolträchtigsten „Gedenktage“ streitig gemacht! Der Jugendverband hat im Vorfeld maßgeblich dazu beigetragen: In allen AGs des Bündnis „Dresden Nazifrei“ waren wir Akteur und haben gemeinsam mit linksradikalen und breit aufgestellten zivilgesellschaftlichen Kräften an der Blockade des Naziaufmarschs gearbeitet und geschlossen agiert. Nach anfänglicher Zurückhaltung haben dadurch nun auch die Skeptiker erkannt: Antifaschismus dürfen wir nicht dem Staat überlassen – das machen wir lieber selbst! Mit diesem Erfolg im Rücken haben wir nun die Chance, Zivilen Ungehorsam als ein legitimes und auch effektives Mittel, sowohl im zivilgesellschaftlichen als auch im linksradikalen Spektrum zu etablieren. Blockaden nach dem Vorbild Köln, Jena oder Dresden eigenen sich eben deswegen so gut für eine solche Verankerung, weil sie explizit den Schulterschluss zwischen allen antifaschistischen Kräften – egal welcher Richtung – organisieren und vereinen. Genau dieser Schulterschluss ist es denn auch, der dem Staat missfällt, denn durch die breite Solidarisierung konkretisieren und organisieren wir sowohl gesellschaftlichen Protest als auch aktiven Widerstand gegen die bestehenden Verhältnisse. Aber: Für das Jahr 2011 hat sich auf Seite der Nazis bereits ein neuer Vorbereitungskreis für den Nazi-Aufmarsch konstituiert. Das bedeutet für uns, dass wir nächstes Jahr erst recht gefordert sind. Durch unseren Erfolg ist es jetzt möglich langfristig bundes- und landesweite Blockadebündnisse aufzubauen. Wir werden diese Chance ergreifen und daher in der zweiten Jahreshälfte 2010 hier einen wesentlichen Arbeitsschwerpunkt setzen. Bestandteil unserer antifaschistischen Arbeit sollte die Ausweitung und ein stückweit Professionalisierung solcher Protestformen sein. Der Bundeskongress setzt dem entsprechend folgende Leitlinien: Der Bundesjugendverband bringt sich aktiv in den Aufbau eines Blockadebündnisses gegen den Nazi-Aufmarsch im Februar 2011 in Dresden auf bundesweiter und – wo möglich – auch regionaler und lokaler Ebene ein. Er beteiligt sich aktiv an einer bundesweiten Antifa-Konferenz des Bündnisses „Dresden nazifrei!“, um gemeinsam mit den dort organisierten Akteuren aus dem zivilgesellschaftlichen wie linksradikalen Spektrum die Erfahrungen der vergangenen Blockaden zu reflektieren und Schlüsse für gemeinsame zukünftige Anti-Nazi-Blockaden zu ziehen. Auf Bundesebene wird ein Antifaschistisches-Aktions-Modul entwickelt, dass exemplarisch darstellt, wie in den einzelnen Landesverbänden langfristig ein Aktionsnetzwerk – ähnlich dem in Jena – aufgebaut werden kann, das sich vor Ort aktiv in die Organisation und Umsetzung von Nazi-Blockaden einbringt. Zur Entwicklung des Moduls wird insbesondere auf die bereits bestehende verbandsinternen Struktur, die sich im Zuge der Dresdenvorbereitung gebildet hat, aufgebaut und darüber hinaus die enge Zusammenarbeit mit dem Jenaer Aktionsnetzwerk, sowie dem Netzwerk Skills for Action gesucht. Die theoretische Aufarbeitung und Analyse des vergangenen Faschismus und heutigen Rassismus wird durch die weitere Verbreitung der Broschüre „Block Facism“, der Konzeption von Abrufveranstaltungen und dem Aufbau eines ReferentInnen-Pools durch den Bundesjugendverband ausgebaut.

Gegen neoimperialistische Kriege – Bundeswehr abschaffen!
Eine unter vielen, aber die aggressivste Form des Klassenkampfes von oben sind neoimperialistische Kriege, wie sie derzeit von den USA z.B. im Irak oder von der NATO unter maßgeblicher Beteiligung der BRD in Afghanistan geführt werden. Sie vernichten die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen, die Natur sowie die Leben von Millionen Menschen weltweit. Sie verschärfen und zementieren die Ausbeutung und Unterdrückung des globalen Proletariats und sie machen die Möglichkeiten antikapitalistischer Bewegungen in den betroffenen Staaten zunichte. Ein Internationalismus, der seinen Namen noch verdient, bezieht offen und deutlich Stellung gegen diese Kriege, ihre Planung, Vorbereitung und gegen ihre Profiteure. Der Umbau der Streitkräfte sowohl der Bundeswehr, als auch der EU und der NATO zu Interventionsarmeen sind ein strategisches Instrument zur Ressourcen- und Machtsicherung der kapitalistischen Kernstaaten. Mit ihnen als Apparat zur Erhaltung und Vertiefung der herrschenden Produktionsverhältnisse ist eine Überwindung derselben nicht zu erreichen. Rüstungsindustrie / Interessen der deutschen Wirtschaft In dieser Zeit der in Politik und Presse allgemein gegenwärtigen Krise versucht die Bundeswehr in gesteigertem Maße, die daraus resultierend vermehrte Perspektivlosigkeit vieler SchulabgängerInnen auszunutzen und diese für eine Karriere in der Bundeswehr als BerufssoldatIn, inklusive deren vielfältigem Ausbildungsprogramm in zivilen Berufen, welche auch militärisch genutzt werden, zu begeistern. Der Wehrdienst ist das Kernelement der Instrumente zur Heranführung an die Bundeswehr. Er dient dazu, ein Gemeinschaftsgefühl und Loyalität durch Verinnerlichung eines Systems von Disziplin zu generieren und den SoldatInnen so den eigenen Willen durch ein funktionales System von Befehl und Gehorsam zu ersetzen. Das kann für mündige Menschen keine Alternative sein! Die Bundeswehr arbeitet seit geraumer Zeit an ihrer Außendarstellung, um sich für junge Menschen interessant zu machen, ihr Ansehen in der Gesellschaft zu steigern und einen stetigen Nachschub an billigen Arbeitskräften sicher zu stellen. Dazu will auch die neue Bundesregierung beitragen, die im Koalitionsvertrag die Einführung von einem „Maßnamenpaket zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr“ für das Jahr 2010 vorsieht. Die Soldaten sollen als „Staatsbürger in Uniform“ mit einem positiven Bild in der Gesellschaft verankert sein. Der Aufbau und die Vernetzung der „Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (ZMZ-I) seitens der Bundeswehr auf kommunaler Ebene, ist eine Aushöhlung des Grundgesetzes. Die Grenzen von innerer und äußerer Sicherheit verschwimmen zunehmend. Internationale Einsätze unter Beteiligung Deutschlands und Heimatschutz sowie der Einsatz der Bundeswehr im inneren sind deshalb zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Ökologisches
Der gescheiterte Weltklimagipfel in Kopenhagen im vergangenen Dezember muss in einer Hinsicht als Wendepunkt verstanden werden: Kopenhagen war die Geburtsstunde einer globalen Klimabewegung. Deutlich geworden ist zugleich, dass wir von einem klimapolitischen Kurswechsel weit entfernt sind und die offiziellen Verhandlungsrunden der Regierungen sich – wenn überhaupt –  nur im Zeitlupentempo bewegen. Richtig ist, dass die klimapolitische Wende in den nächsten 10 Jahren kommen muss, damit die Kipp-Punkte des Klimas in 20 oder 30 Jahren vermieden werden. Wenn es der Weltgesellschaft nicht gelingt sehr bald radikal anders zu wirtschaften, den Ausstoß von Treibhausgasen massiv zu reduzieren und endlich umzusteuern, dann wird die globale Durchschnittstemperatur am Ende dieses Jahrhunderts deutlich angestiegen sein. Die Politik der nächsten 10 Jahre entscheidet also existenziell über die Lebensverhältnisse der künftigen Generationen, über die Vernichtung der menschlichen Lebensgrundlagen. Der ökologische Imperativ, die absolute Notwendigkeit alles auch unter der ökologischen Frage zu betrachten, macht es für uns unabdingbar den Sozialismusbegriff ökologisch zu denken. Es kann und soll für uns kein Sozialismusbegriff ohne ökologische Perspektive, wie auch keine ökologische Perspektive mehr ohne den Sozialismusbegriff geben.
Die außerparlamentarische Mobilisierung nach Kopenhagen war insofern ein Erfolg, als dass es den Staats- und Regierungschefs des atlantischen Westen nicht gelungen ist, aus dem Gipfel zumindest einen PR-Erfolg zu machen. Ebenso erfreulich ist, dass die Länder des Trikonts sich selbstbewusst einem Abkommen verweigert haben, welches ihnen einseitig die Lasten einer klimapolitischen Kurskorrektur aufgelastet hätte. Wir nehmen zudem ernsthaft besorgt zur Kenntnis, mit welcher Zielstrebigkeit der Atomausstieg von der schwarz-gelben Bundesregierung verschleppt wird und die Atomenergie wieder in der deutschen Energieversorgung verankert werden soll. Auch den Versuch einen Atomausstieg gegen die Klimafrage auszuspielen werden wir nicht zulassen. In diesem Kontext unterstützen wir als Jugendverband die stärker werdende Antiatombewegung und werden uns hier in Zukunft als sichtbare Bündnispartnerin einbringen. Ein Ziel ist dabei Schnittstellen zwischen dem Kampf gegen den Klimawandel und die Renaissance der Atomkraft sichtbarer zu machen und das Hirngespinst der „sauberen“ Atomenergie“ zu entlarven. Als sozialistischer Jugendverband verweisen wir deswegen auch explizit darauf, dass das Prinzip die Energieproduktion der Gewinnmaximierung unterzuordnen, ökologische Probleme schafft, die die ganze Umweltbewegung betreffen.
In den anstehenden Monaten wird sich entscheiden, ob die Proteste in Kopenhagen tatsächlich ein neues Seattle darstellen, den Beginn einer breiteren Massenbewegung. Die Aufgabe unseres Verbandes ist dabei einerseits eine massenfähige antikapitalistische Klimapolitik zu formulieren, andererseits praktische und programmatische Angebote für den bislang größtenteils noch unspezifischen Protest zu erarbeiten. Wir wissen dabei, dass wir selbst erst begonnen haben, unser Verbandsprofil in diesem Bereich zu schärfen und bei vielen Fragen noch Klärungs- und Diskussionsbedarf haben.

Der Bundeskongress setzt folgende Leitlinien:

  • Für uns – die Linksjugend [’solid] – ist unser sozialistisches Selbstverständnis untrennbar ökologisch. Unsere Politik zielt auf Veränderungen, die der kapitalistischen Produktions- und Verwertungslogik und ihrer Grundlagen widersprechen und damit eine Brücke bilden in eine sozialistische Gesellschaft.
  • Marktförmige Lösungsvorschläge, die von einem “Green New Deal“ phantasieren, lehnen wir ab. Ein grüner Kapitalismus ist nicht möglich, denn der Widerspruch zwischen Kapital und Natur kann nicht aufgehoben werden. Eine von einer Renditelogik getriebene Wirtschaftsform wird nicht in der Lage sein, den Klimakollaps demokratisch und gerecht zu verhindern. Wir bekämpfen deshalb auch alle chauvinistischen Lösungsvorschläge. Soziale Sicherheit, eine saubere Energieversorgung wie Umwelt sind unterschiedslos für alle Menschen realisierbar und sie sind Menschenrecht.
  • Wir kämpfen für einen Ausbruch aus dem fossilen Zeitalter, fordern die Vergesellschaftung wie Dezentralisierung des Energiesektors und die Abschaltung aller Atomkraftwerke wie es das Atomausstiegsgestz ursprünglich vorsieht sowie den Beginn vom Ausstieg aus der Kohleverstromung. Wir fordern zudem Reparationszahlungen des die Klimaveränderungen verursachenden Nordens an den Süden.
  • Der Bundesverband wird das Materialangebot zu diesem Thema ausweiten und dabei an den bisherigen Materialien des Verbandes anknüpfen. Inwiefern die Veröffentlichung dieser Materialien im zweiten Halbjahr 2010 mit einer Programmkonferenz begleitet wird, entscheiden Länderrat und BundessprecherInnenrat.
  • Der Bundesverband wird sich an den Protesten zu den in Bonn stattfindenden Vorverhandlungen Anfang Juni 2010 für die 16. UN- Klimakonferenz in Mexiko beteiligen und unterstützen.

Perspektiven für eine antikapitalistische Praxis
Schlechte rot-rote Koalitionsverträge, leere öffentliche Haushalte, eine noch zu schwache gesellschaftliche Linke und immense Herausforderungen in den Bereichen Soziales, Klima und Frieden verleiten zum Aufgeben und Verzweifeln. Die entscheidende Frage für uns aber ist, wie wir die anstehenden Abwehrkämpfe erfolgreich bestehen können und darüber hinaus in eine sozialistische Transformationsstrategie überleiten können.
Am Anfang steht die simple, aber wichtigste Erkenntnis, dass wir schlicht >mehr< werden müssen! Wie im Abschnitt „Den Verband stärken“ beschrieben, geht es zudem auch um ein qualitatives >mehr<. Erfahrung und politische Fitness erhöhen natürlich die Wirkung der eigenen Arbeit. Was soll nun aber neben unseren Hauptaufgaben, dem ‚mehr und besser werden‘, der konkrete sozialistische d.h. antikapitalistische Gehalt der eigenen politischen Praxis sein? Der Sozialismus kommt nicht dadurch, dass wir oft genug seinen Namen rufen. Vielmehr muss unser Wille zur Überwindung der allgemeinen Zumutungen aus unserer Praxis selbst hervorgehen. Das heißt, dass unsere Aktionen und Texte eine nachvollziehbare Negation des Bestehenden anstreben. Nicht so oberflächlich wie der Punkrock die Gesellschaft negiert oder so esoterisch wie so genannte individualistische Strömungen Teilbereiche der Gesellschaft negieren. Nein, wir wollen durch bewusste und politisch kommunizierbare Grenzüberschreitungen gesellschaftliche Zumutungen in Frage stellen und in der Negation Lösungen aufzeigen. Hierbei kommen wir jedoch häufig in bestimmte „linke“ Sackgassen.
Ein Beispiel: Unter den Vorzeichen des Klimawandels, bringt uns die Forderung zur Rettung eines Autokonzerns (im Sinne der abhängig Beschäftigten) in eine zwiespältige Lage: Zum einen besteht die Umweltproblematik, zum anderen das Profitinteresse der Konzerneigner, welches nun mit Steuergeldern abgesichert werden soll. Uns jedoch geht es um die Lohnarbeiter_innen. „Vergesellschaftung!“, heißt es dann häufig von linker Seite, eine gute Forderung – die jedoch den meisten Menschen, selbst wenn sie sie teilen, abwegig erscheint.
Eine politische Praxis, die durch nachvollziehbare Grenzüberschreitungen, gesellschaftliche Zumutungen aufdeckt und überwindet, wäre im Fall eines von der Pleite bedrohten Unternehmens zB. die Besetzung oder Übernahme des Betriebes durch die Arbeiter_innen selbst. Eine Aneignung der Werte also, die ohnehin durch die Lohnarbeiter_innen geschaffen wurden. Diese würden nun Kreditgeber suchen um die Produktion wieder in Gang zu setzten, evtl. unterstützt sogar der Staat die Umstellung auf klimaverträgliche Technologien – aber an diesem Punkt sind wir längst wieder in normalen kapitalistischen Abläufen angekommen. Was bleibt, wäre die Erfahrung der Selbstermächtigung. Dies ist nicht zu unterschätzen, denn nicht nur die beteiligten Lohnarbeiter_innen, sondern auch viele die das verfolgt haben, könnten dann eine andere Vorstellung von „Politik machen“ haben, die viel schwerer wiegt als unzählige linke Flugblätter und Reden. Eine Aneigungspraxis, die bestehende Herrschafts- und Eigentumsverhältnisse in Frage stellt, muss von den Menschen jedoch erst erlernt werden oder – besser – für möglich und „gerecht“ gehalten werden.
Selbstermächtigung kennt viele Formen, im Kern muss es darum gehen, das eigene Leben und die gesellschaftliche Situation selbst zu gestalten, bzw. diesem Ideal möglichst nahe zu kommen. Als Jugendverband können wir dies meist nur in der Aneignung öffentlicher Räume erproben. Auch die kurzzeitige Besetzung von Plätzen und Räumen sowie die Aneignung von Möglichkeiten (zB. kollektives Schwarzfahren) kann Sinn machen, solange keine überzogenen Hoffnungen verbreitet werden, die dann zu großen Enttäuschungen führen. Es geht hierbei um die Erprobungen einer sozialistischen Praxis unter denkbar schlechten Bedingungen. Aber genauso, wie der Bildungssteik, an dessen Erfolg wir Anteil hatten, einen großen Sieg darin findet, Zehntausenden das Mittel der Demonstration und des Streikes näher gebracht zu haben, die sonst mit Politik kaum in Berührung kommen, so sind gut dosierte und durchdachte Aktionen zivilen Ungehorsams und eine gut erklärte radikale Kritik immer auch ein Beitrag zur Normalisierung einer sozialistischen Ideenwelt und Praxis, die diesen Namen wirklich verdient. Dies zu entwickeln, zu verbreiten und in jeder Hinsicht nach unseren Möglichkeiten zu steigern, ist der Kern für unser Verständnis von sozialistischer Politik heute.

Den Verband stärken
Unser Verband war in den vergangenen Monaten politisch erfolgreich. Wir waren der einzige parteinahe Jugendverband, der in den ersten beiden Bildungsstreikwellen bundesweit verankert war und wir haben unsere Positionen bislang auch erfolgreich in die Streikbündnisse einbringen können. Der Mitgliederzuwachs war stark, befördert auch durch die Weltrettenkampagne und durch “Aufmucken-gegen

Solidaritätserklärung mit dem Streik bei der CFM (Charité Facility Management) in Berlin

Beschluss des IV. Bundeskongresses am 13.-15. Mai 2011 in Hannover

Hiermit erklären wir unsere uneingeschränkte Solidarität mit dem Streik der Beschäftigten bei der Charité-Tochtergesellschaft CFM für einen Tarifvertrag und eine Angleichung der Löhne an das Charité-Niveau.

Die Beschäftigten der CFM (Charité Facility Management) kämpfen für einen Tarifvertrag und gegen Hungerlöhne und Prekarisierung. Hier gibt es teilweise Löhne von 5,50 Euro, Einsatz von LeiharbeiterInnen und Befristungen von Arbeitsverträgen.

Es ist nicht zu akzeptieren, dass die Senatsparteien SPD und LINKE einerseits Mindestlöhne fordern, andererseits zulassen, dass in einem Betrieb, in dem mit der Charité zu 51 Prozent ein landeseigenes Unternehmen Mehrheitsgesellschafter ist, diese Ansprüche nicht eingehalten werden. Wir fordern von SPD und LINKE, dass sie unverzüglich dafür sorgen, dass die Forderungen der Streikenden vollständig erfüllt werden.

Wir protestieren außerdem gegen den Einsatz von LeiharbeiterInnen und gegen die von Arbeitgeberseite ausgesprochenen Drohungen gegenüber streikwilligen Beschäftigten.

Stellungnahme zum Arbeitsbegriff

Beschluss des IV. Bundeskongresses am 13.-15. Mai 2011 in Hannover

Der vorliegende Text wird nicht als Verbandsposition beschlossen, sondern als Startpunkt für eine innerverbandliche Debatte zur Kenntnis genommen.
Auf den Verbandsveranstaltungen bis zum Bundeskongress 2012 sind geeignete Foren, Workshops, Seminare, Texte und andere hilfreiche Formate und Ressourcen zu suchen und für diese Debatte zur Verfügung zu stellen.
Die ZORA-Redaktion wird aufgefordert, in ihren kommenden Ausgaben in geeignetem Rahmen Debattenseiten zur Verfügung zu stellen. Hierbei sollen Bündnispartner_innen mit einbezogen und verschiedene Meinungen zugänglich gemacht werden.
Landesverbände und Ortsgruppen werden gebeten, diese Debatte zu führen.
Der Verlauf der Debatte wird in geeigneter Form dokumentiert und mindestens teilweise öffentlich zugänglich gemacht.

Zum Arbeitsbegriff
Der Begriff der Arbeit ist zentral in den politischen Debatten der Bundesrepublik. “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit” fordern DGB, SPD und LINKE, “Arbeit muss sich wieder lohnen” die FDP. Arbeitslosigkeit wird immer wieder als eines der zentralen Probleme benannt und “Vollbeschäftigung” als Ziel entgegengehalten. “Arbeit soll das Land regieren” plakatierte gar die PDS im Bundestagswahlkampf 2002. Fast alle sind sich also einig: Arbeit ist toll und es kann nie genug davon geben.
Diesem großen Konsens fast aller Politiker_innen zum Trotz, ist die Bestimmung des Begriffes Arbeit alles andere als leicht. Einen Arbeitsplatz hat, wer einer bezahlten Beschäftigung nachgeht. Arbeitslos hingegen ist, wer kein solches Arbeitsverhältnis vorweisen kann. Dem entgegen stehen Begriffe wie ehrenamtliche Arbeit, Garten- oder Hausarbeit. Obwohl also der Arbeitsbegriff in unserer Gesellschaft auch als zielgerichtete und schöpferische Tätigkeit des Menschen – unabhängig von jeder Lohnzahlung – auftaucht, dominiert in gesellschaftlichen und politischen Debatten ganz klar ein Arbeitsbegriff, der sich explizit auf “Lohnarbeit” bezieht.
Was aber befähigt bestimmte Formen der Arbeit dazu, als Lohnarbeit (also “bezahlte” Arbeit) aufzutreten? Und sind alle Formen der Arbeit, die nicht bezahlt sind, für die Katz? Wer bekommt die Früchte der Arbeit?

Der Wettbewerb, das schlechtere Leben und warum wir arbeiten müssen
Also langsam: In unserer Gesellschaft ist die Arbeitskraft, also die Möglichkeit, Arbeit zu verausgaben und auszuführen, eine Ware. Weil uns die verschiedenen Mittel zur Bedürfnisbefriedigung (Nahrungsmittel, Kleidung, Wasser; aber auch MP3-Player, Cocktails und Hängematten) ebenfalls als Waren begegnen – das heißt, dass der Zugriff darauf nur durch Tausch möglich ist – benötigen die Menschen Geld, um an diese zu gelangen. Der übergroße Teil der Menschen erhält dieses aus Lohnzahlungen. Die Höhe des Lohns ist nichts weiter als der Preis, für den die Menschen ihre Arbeitskraft am entsprechenden Markt (“Arbeitsmarkt”) veräußern. De facto gibt es also einen Arbeitszwang. Der ist allerdings nicht durch eine personale Herrschaft bestimmt, wie beispielsweise in der Sklaverei oder im Feudalismus. Niemand steht mit der Peitsche da und treibt die Leute in den Steinbruch. Vielmehr ist der Arbeitszwang ein vermittelter, apersonaler Zwang. Denn wer nicht arbeitet (egal, ob willentlich oder nicht), der hat nicht nur kaum Geld für die Sachen, die der Mensch so braucht und möchte; der wird auch in unserer Gesellschaft schnell stigmatisiert und ausgegrenzt. Doch auch die, die “Arbeit haben” sind oft nicht zufrieden. Der ständige Wettbewerb mit den anderen Arbeitskraftverkäufer_innen ist ein Wettbewerb nach unten. Es geht nicht um möglichst gute Arbeitsbedingungen, möglichst hohe Löhne und viel Spaß an der Arbeit. Den Zuschlag für einen Arbeitsplatz erhält, wer bereit ist, viele unbezahlte Überstunden zu leisten, einen geringeren Lohn akzeptiert als die Mitbewerber_innen und bei Problemen die Klappe hält. Dieser Wettbewerb gewinnt vor allem auch dadurch an Fahrt, dass es ein ständiges Überangebot an der Ware Arbeitskraft gibt. Viele Arbeitslose sind schließlich bereit, für einen noch geringeren Lohn zu arbeiten, um überhaupt einen Arbeitsplatz zu erheischen.

Der Hass auf Arbeitslose und der Wunsch nach negativer Herstellung von “Gerechtigkeit”
Die, die jedoch einen Job haben, richten ihre Kritik nicht gegen die Verhältnisse, in denen die Arbeit so organisiert ist. Ihre eigene schlechte Situation empfinden viele als ungerecht gegenüber denen, die keine Arbeit haben. Arbeitslose seien faul, leisten keinen Beitrag zur Gesellschaft und machen sich auf Kosten derer, die arbeiten, ein schönes Leben. Der Versuch, “Gerechtigkeit” herzustellen, führt dann seitens der Arbeitenden eben nicht zu einer positiven Aufhebung der gefühlten, selbst erlebten Ungerechtigkeit und misslichen Lage, sondern “den Anderen” (den “schmarotzenden Arbeitslosen”) soll es wenigstens genauso schlecht gehen wie einem selbst.
Der gesellschaftliche Hass auf Arbeitslose, die ihren Beitrag zum Gemeinschaftswohlstand angeblich nicht leisten, ist nur denkbar in einer Gesellschaft, in der Arbeit zentrales kollektives und individuelles Identitätsmerkmal ist. Alles kreist um die Arbeit. Wenn ein Mensch einen anderen kennenlernt, ist die Frage nach dem Beruf fast genauso selbstverständlich wie die Frage nach Alter oder Name. Junge Freelancer und Selbstständige prahlen beispielsweise mit ihren Projekten und basteln an ihrem Vorzeigeportfolio. Von nichts kommt nichts und wer nichts tut, ist nichts.

Widerspruch in der Wertschätzung der Arbeit
Aber auch der Besitz eines Arbeitsplatzes garantiert keine Wertschätzung durch andere. Verschiedenen Jobs schlägt Anerkennung in unterschiedlichem Maß entgegen. Die Arbeit im Marketingbetrieb beispielsweise ist angesehener als der Job bei der Stadtreinigung. Diese Unterscheidung mag zunächst – aufgrund des Einkommens und notwendigen Qualifizierungsgrades – plausibel erscheinen, verträgt sich jedoch nicht mit oben genanntem Punkt. Denn wo durch den Vorwurf, wer nicht arbeitet sei ein Schmarotzer, Arbeit als Lohnarbeit gleichzeitig als wichtiger Beitrag zum gesamtgesellschaftlichen Wohlstand gilt, erscheint die Lohnarbeit auch immer als gesellschaftlich wertvolle Arbeit. Das allerdings steht in einem tatsächlichen Gegensatz zur Wertschätzung verschiedener Formen der Lohnarbeit. Denn zweifelsohne hätten wir ein größeres Problem mit riesigen Müllbergen auf den Straßen als mit dem plötzlichen Verschwinden der Werbung; dennoch bekommen eben jene, die in der Werbebranche arbeiten, mehr Anerkennung als diejenigen, die Toiletten putzen oder Pfandflaschen einsammeln.

Das Verschwinden des Charakters der konkreten Arbeit oder: Warum Brötchen gebacken werden
Dass die Wertschätzung einzelner Arbeiten wider Erwarten nicht von deren tatsächlicher Relevanz, also von der unterschiedlichen Nützlichkeit der von ihnen erzeugten Gebrauchswerte abhängt, liegt daran, welchen Zweck Arbeit und Produktion im Kapitalismus haben. Wenn in einer Bäckerei Brötchen gebacken werden, ist es naheliegend, dass der Gebrauchswert des Brötchens Ziel seiner Herstellung ist. Genauer: Menschen haben Hunger, also ist es naheliegend, Nahrungsmittel herzustellen – logisch! Nur: So einfach ist es nicht. Schließlich werden die Brötchen als Gebrauchswerte (Sattmacher) auch nicht nach Bedürfnissen ausgegeben. Wer Hunger hat, bekommt deshalb noch lange kein Brötchen. Nur wer Hunger hat, Brötchen vorfindet und diese auch zu zahlen bereit ist – also zu tauschen gegen Geld – wird Eigentümer_in des Brötchens, kann es verspeisen und so den kleinen oder großen Hunger besiegen. Kein Tausch, kein Brötchen – so läuft das. Und genau dafür werden die Brötchen auch hergestellt: Um sie zu tauschen, um Geld dafür zu erhalten. Dass die Ware dabei auf der anderen Seite des Tausches eventuell auch ein Bedürfnis befriedigt, ist ein netter Nebeneffekt, aber eben nicht Sinn und Zweck der Produktion.

Wir halten also fest: Zwar werden reihenweise Gebrauchswerte in unserer Gesellschaft hergestellt, aber nur, weil sie neben Gebrauchswert auch Tauschwert haben. Kein Unternehmen stellt die schönsten und nützlichsten Dinge (Gebrauchswerte) her, ohne dass diese einen am Markt umsetzbaren Tauschwert haben. Die Zielrichtung der Produktion ist nicht das Produkt selbst, nicht das Brötchen, sondern das tauschbare Ding. Ob das jetzt ein Brötchen, ein Gewehr oder ein Laptop ist, interessiert nur am Rande. Aber was passiert dann mit der Arbeit, die diese Dinge herstellt? Der konkrete Charakter der Arbeit, also die spezifische Tätigkeit für die Herstellung des Brötchens (Teig rühren, backen) verschwindet hinter der abstrakten Verausgabung von Arbeit. Arbeit kann aussehen wie immer sie mag (Denkarbeit oder Handarbeit, kompliziert oder einfach) und benutzen was sie will (Hammer oder Laptop, Dynamit oder Massageöl). Da die Bestimmung des jeweilig hergestellten Arbeitsproduktes der Tausch ist und der eigentliche Gebrauchswert in den Hintergrund rückt, ist eben auch die spezifische Art der Arbeit, die abhängig ist vom Gebrauchswert der Ware, nicht mehr unmittelbar zu erkennen. Die Unterschiede in der Herstellung eines Brötchens verglichen mit der Herstellung von Sonnencreme verschwinden. Was zählt, ist die Herstellung von Tauschwert, also geronnene Arbeitskraft, also die Arbeit selbst. Kurzum: Die Arbeit ist Selbstzweck. Weil die Arbeit von ihrer konkreten Form entfremdet ist, findet auch in ihrer gesellschaftlichen Betrachtung kaum eine Beachtung ihrer konkreten Form oder der von ihr hergestellten Gebrauchswerte statt. Da die Menschen zudem arbeiten, um feste Tauschwerte in Form von Geld zu erhalten, zählt eine Arbeit mehr, die mehr Geld einbringt – unabhängig vom Nutzen der Gebrauchswerte, die sie produziert.

Gleichsam darf man aber nicht den Fehler begehen, denjenigen Arbeiten ihre Legitimation abzuerkennen, deren erzeugter Gebrauchswert gering ist. Die Menschen, die diese Arbeiten ausführen, sind dem allgemeinen Zwang zur Arbeit unterworfen wie andere auch. Die Herstellung von Panzern und Werbeclips ist also nicht Schuld der sie Produzierenden. Sie müssen schließlich bei Nichtannahme der Arbeit Einschnitte in ihr persönliches Wohlergehen befürchten. Schuld sind die Verhältnisse, in denen dieser Zwang besteht und in denen die Herstellung von Gebrauchswerten zur Bedürfnisbefriedigung eben nur nebensächlich ist.

Den Kritiker_innen der Arbeit wird immer wieder mitgeteilt, die Arbeit könne gar nicht reduziert werden, da Bedürfnisse unendlich seien. Nein, vielmehr tendiere sie immer dazu, sich selbst zu vermehren. Oder sie könne zumindest nicht absinken, weil da, wo ein Bedürfnis befriedigt ist, an seine Stelle ein neues tritt, das ebenfalls befriedigt werden will. Diese Aussage verkennt indes einen ganz wesentlichen Fakt: Entspannung, Geselligkeit, Schlaf und der reine Verbrauch von Gebrauchsgütern sind ebenfalls Bedürfnisse. Bedürfnisse jedoch, die mit dem Schaffen neuer Gebrauchswerte nicht immer kompatibel sind.

Produktivität und ein schönes Leben
Die Zunahme der Produktivität in allen Bereichen der Lohnarbeit ist bekannt und wird auch wirtschaftlich begrüßt. Der Golf VI wird um 15% effizienter hergestellt als der Golf V, d.h. es müssen 15% mehr Golf VI verkauft werden, damit alle Menschen ihren Arbeitsplatz behalten können. Die aktuelle Wirtschaftstheorie versucht das Problem wie folgt zu erklären: In dem Maß, in dem Menschen durch Produktivitätssteigerungen (Prozessinnovation) nicht mehr benötigt werden, werden neue Güter erfunden (Produktinnovation), also auch neue Bedürfnisse geweckt und somit wieder neue Arbeitsplätze geschaffen. Beide Prozesse wirken jedoch gegeneinander. Da der Mensch rein physikalisch nicht unendlich viel konsumieren kann – und sei es, weil der Tag nur 24 Stunden hat – gewinnt langläufig die Prozessinnovation überhand, was sich dann in Überproduktionskrisen, darauffolgend empirisch in höheren Arbeitslosenzahlen niederschlägt.
Könnte der Konflikt aufgelöst werden, indem z.B. der gewerkschaftlichen Forderung Folge geleistet wird, die Produktivität nicht weiter zu steigern, z.B. in dem kritisiert wird, dass Betriebe neue effizientere Maschinen kaufen, die menschliche Arbeitskraft ersetzen?
Dies steht im Widerspruch zu der grundsätzlich positiven Wirkung von Produktivitätssteigerung, die es den Menschen ermöglicht, arbeitsintensive Tätigkeiten an Maschinen zu delegieren und die dafür frei werdenden Ressourcen beispielsweise für Müßiggang und Kultur nutzen zu können.

Praktische Verbesserungen
Die im Text genannten Probleme lassen sich zweifelsfrei nicht einfach realpolitisch in unserer Gesellschaft lösen. Gleichwohl ist eine Suche nach realpolitischen Instrumenten zur Minderung des Leides durch Arbeit eine sinnvolle Sache. Statt immer weniger Menschen immer mehr Arbeiten und damit auch immer mehr Menschen immer weniger Einkommen zu Teil kommen zu lassen, ist eine Arbeitszeitverkürzung und damit fairere Verteilung der Arbeit ein denkbarer Lösungsansatz. Ein wesentliches Problem bleibt dabei jedoch unangetastet: nützliche, für die Gesellschaft notwendige Arbeit – wie beispielsweise im Ehrenamt – ist oft unbezahlt. Die Verwandlung des Ehrenamts in bezahlte Arbeit, wie auch von der Partei DIE LINKE angestrebt, kann indes nicht wirklich eine Lösung sein. Zum einen blieben andere Formen nützlicher Arbeit ausgegrenzt, zum anderen entstünde ein neues Problem: Das Ehrenamt wie auch andere Formen freiwilliger und unbezahlter Arbeit sind nicht zuletzt deshalb attraktiv, weil sie eben weitgehend zwanglose Formen der Arbeit sind. Eine Verwandlung von Ehrenamt in klassische Formen der Lohnarbeit ist daher keine gute Option.

What about Grundeinkommen
Eine bereits seit längerem und zunehmend intensiv geführte Debatte ist die um das Grundeinkommen. Die Agierenden kommen dabei aus verschiedenen politischen Lagern. Kein Wunder also, dass die Modelle, die Gründe, die Höhe und Argumente durch und durch verschieden sind. Eine sympathische Idee ist die des bedingungslosen Grundeinkommens von diversen linken Zusammenschlüssen. Es geht von der Idee aus, dass alle Menschen eine grundlegende Lebensberechtigung haben. Diese Lebensberechtigung ist nicht nur ein Recht zum Über- sondern zum richtigen Leben, also mit voller Teilhabe an der Gesellschaft. Darüber hinaus würde das bedingungslose Grundeinkommen nicht nur die Situation der prekarisierten (Lohn-)Arbeitslosen verbessern, sondern auch das Empowerment von lohnabhängig Beschäftigten – die plötzlich nicht mehr im Angesicht des drohenden Arbeitsplatzverlustes und damit einhergehender Verarmung jede Zumutung ihrer Arbeitgeber_innen akzeptieren müssen.

Alles bleibt wie’s ist – oder nicht?
Alle diese realpolitischen Veränderungsvorschläge sind jedoch chancenlos, wenn die Grundeinstellung zur Arbeit sich nicht wandelt. Solange es keine Abwendung vom Arbeitsfetischismus gibt, muss die Befreiung der Arbeit und damit die Freiheit des Menschen von selbstgewählter Beherrschung notwendigerweise scheitern. Wir suchen daher die Debatte um den Umgang mit der Arbeit und ihrer gesellschaftlichen Funktion. Wir laden alle ein, mit uns zu diskutieren, wie wir Menschen uns in Zukunft zur Arbeit verhalten wollen.

Bundeswehr raus aus den Schulen und Hochschulen – Kriege und Militarisierung stoppen!

Beschluss des IV. Bundeskongresses am 13.-15. Mai 2011 in Hannover

Auf dem Weg zur Armee im Einsatz
Ob weltweit oder hierzulande auf dem Arbeitsamt oder in den Schulen: Die Bundeswehr befindet sich in der Offensive. Die Bundeswehr hat sich über Jahrzehnte hinweg stetig von einer formalen Verteidigungsarmee hin  zu einer Angriffsarmee gewandelt. Die Bundeswehr ist heute wieder Militärmacht und steht als nun vollwertiges Mitglied an der Seite seiner Bündnispartner innerhalb der NATO. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Militärbündnisses geht es um die Sicherung und Erschließung von Rohstoffzugängen, Handelswegen, geostrategischen Einflusssphären und die Verteidigung hegemonialer Ansprüche. Die Transformation der Bundeswehr zu einer Freiwilligen- und Berufsarmee  und die Unterordnung der zivilen Politik unter das Primat einer umfassend integrierten Sicherheitspolitik ist Abschluss einer langen Entwicklung seit 1949. Die Bundeswehr ist heute, trotz Grundgesetz, wieder voll einsatzfähig und überall mit dabei wo es hässlich wird. Die Militarisierung der Schulen und Hochschulen ist ein zentraler Bestandteil dieses Prozesses.

So ist die Bundeswehr vor der Haustür in doppelter Mission unterwegs. Einerseits wird fleißig um Nachwuchs für die Truppen geworben, andererseits wird an der Zustimmung zum Kurs der Regierung in Sachen Afghanistan und ähnlichen Militäreinsätzen gefeilt. Denn die Bundeswehr steht vor großen Herausforderungen. Nicht nur, dass ein Großteil der Bevölkerung den Einsatz in Afghanistan ablehnt. Der Versuch, durch gezielte millionenschwere Öffentlichkeitsarbeit die Stimmung zu kippen, blieb bisher ebenso erfolglos. Auch fehlt der Bundeswehr der Nachwuchs, wofür neben dem oft angeführten so genannten „demografischen Wandel“ unter anderem die mangelnde Attraktivität des Berufsbildes Soldat_in verantwortlich gemacht werden kann. Aufgrund der überalterten Personalstruktur der Bundeswehr werden zudem immer mehr Fachkräfte benötigt. Nun kommt zum 01. Juli 2011 auch noch die Aussetzung der Wehrpflicht dazu. Schon ohne die Aussetzung der Wehrpflicht bräuchte die Bundeswehr jährlich 20.000 neue Rekrut_innen. Um diese Zielmarke zukünftig erreichen zu können, schafft die Bundeswehr spezielle Anreize und wirbt noch aggressiver an Arbeitsämtern, bei Ausbildungsmessen und an Schulen und Hochschulen.

Armee der Armen? – Rekrutierung junger Arbeitsloser
Dass sich die Bundeswehr die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die durch die schlechte Wirtschaftslage noch verschärft wird, zu Nutze macht und junge Arbeitslose mit wenig bis gar keinen Berufsperspektiven rekrutiert, ist kein neues Phänomen, aber eines, welches immer größere Ausmaße annimmt. Seit den unter 25-Jährigen Hartz-IV-Empfänger_innen besondere Sanktionen drohen, wenn sie Jobangebote ablehnen, ist die Situation besonders brisant. Denn dadurch stellt sich die Bundeswehr den Arbeitsämtern als attraktiver Arbeitgeber dar. Dort besitzt die Bundeswehr mittlerweile in einer wachsenden Zahl sogar eigene Büros. Kooperationsverträge mit Arbeitsämtern sind längst keine Seltenheit mehr. So wird die Bundeswehr zunehmend zu einer „Armee der Armen“, die diejenigen jungen Menschen anheuert, die kaum Aussicht auf einen Job oder eine Ausbildung mehr haben. Anstelle der aufdringlichen Präsenz der Bundeswehr müssen zivile Berufsangebote geschaffen werden. Hartz IV grundsätzlich und im Besonderen die Hartz-IV-Sanktionen gehören abgeschafft, damit über sie kein Druck ausgeübt werden kann, Jobs bei der Bundeswehr anzunehmen. Es darf keinen Missbrauch der Ängste junger Menschen für die Rekrutierung zur Bundeswehr geben. Kooperationsvereinbarungen müssen seitens der Arbeitsämter gekündigt und durch die Politik verboten werden.

Früh übt sich: Bundeswehr wirbt an Schulen
Auf eine zweifelhafte Tradition können die so genannten Jugendoffiziere zurückschauen, die durch die Schulen der Bundesrepublik touren, um über die Arbeit der Bundeswehr zu informieren. 1958 wurde dieser Beruf ins Leben gerufen, um den Widerstand in der Bevölkerung gegen die erneute Militarisierung der Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg zu bekämpfen. Offiziell dürfen sie nicht für die Karriere bei der Bundeswehr werben. Allerdings tun die Jugendoffiziere es indirekt doch, wenn sie beispielsweise über das kostenlose Hochschulstudium informieren – eine viel versprechende Jobperspektive inklusive. In Zeiten von Studiengebühren und einer unsicheren Berufsperspektive ist das ein nicht zu vernachlässigender Anreiz für den Einstieg bei der Bundeswehr. Wer sich bei einer entsprechenden Bundeswehruni einschreibt, verpflichtet sich jedoch gleichzeitig zu Auslandseinsätzen. Doch die Besuche der Jugendoffiziere sind nur der eine Teil der Einflussnahme auf den Unterricht. Immer wichtiger werden aus Sicht der Bundeswehr die Weiterbildungen von Referendar_innen. Während Eltern und Schüler_innen gegen offensichtlich einseitige Propaganda von Jugendoffizieren noch protestieren können, entzieht sich die Ausbildung der jungen Lehrkräfte, die vermeintlich ausgewogen agieren, ihrer Kenntnis.

Gerade das POL&IS-Simulationsspiel (Politik & Internationale Sicherheit), welches an Schulen wie Hochschulen immer wieder als hervorragende Ergänzung zum Unterricht betrachtet wird, ist ein Beispiel für die klar einseitige Vermittlung von Informationen über weltpolitische Zusammenhänge im Bereich der Ökonomie. Es macht die Teilnehmer_innen mit der vermeintlichen Alternativlosigkeit von Krieg vertraut, da das Spiel politische Umwälzungen nicht zulässt, während NATO-Verträge geachtet werden müssen.

Die Linksjugend [’solid] spricht sich gegen jegliche Präsenz der Bundeswehr an Schulen aus und ruft Schüler_innen, Lehrkräfte sowie Eltern auf, Druck auf die Schulleitung auszuüben, keine Bundeswehr einzuladen oder Protest zu organisieren, wenn sich der Besuch nicht mehr abwenden lässt. Die Linksjugend [’solid] lehnt es diesbezüglich ab, den Jugendoffizieren lediglich andere Dikussionsteilnehmer_innen z.B. aus der Friedensbewegung gegenüber zu stellen. So ist die Friedensbewegung nicht mit den gleichen finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet wie die Bundeswehr. Während Jugendoffiziere für ihre Arbeit in den Schulen hohe Gehälter kassieren, arbeiten Aktivist_innen in der Friedensbewegung oft ehrenamtlich und genießen keine professionelle rhetorische Ausbildung.

Letztlich muss zuallererst die Zusammenarbeit zwischen den Kultusministerien und der Bundeswehr gestoppt und rückgängig gemacht werden. Entsprechende Kooperationsvereinbarungen, die die Grundlage für diese Zusammenarbeit darstellen und die es mittlerweile in acht Bundesländern gibt, müssen aufgehoben und für die Zukunft verboten werden. Mit Schüler_innen, Lehrkräften und Eltern wollen wir zusammen mit Bündnispartner_innen wie den Gewerkschaften und aus der Friedensbewegung über die Rechte in der Auseinandersetzung mit der Bundeswehr an Schulen aufklären.

Auch an Hochschulen macht die Bundeswehr klassische Informationsveranstaltungen, um von der Notwendigkeit von Kriegseinsätzen zu überzeugen. Darüber hinaus werden kriegsrelevante Forschungs- und Lehrprojekte durchgeführt und immer öfter werden Lehrstühle von Rüstungsunternehmen gesponsort, deren Arbeit unter anderem darin besteht, neue Kriegsstrategien und -technik zu entwickeln. Allein das Bundesverteidigungsministerium hat 2009 Drittmittel in Höhe von 7,6 Milliarden Euro an deutsche Hochschulen vergeben. Wir setzen uns zusammen mit dem Studierendenverband Linke.SDS dafür ein, dass an den Hochschulen keine militärrelevanten Projekte mehr durchgeführt, geschweige denn gefördert werden. Stattdessen wollen wir darauf hinwirken, dass die Bundesländer eine Zivilklausel in ihre Hochschulgesetze bzw. die Hochschulen eine Zivilklausel in ihre Leitbilder aufnehmen, die solche Engagements verhindern.

Kindersoldaten bei der Bundeswehr
In der Bundeswehr verpflichten sich 16-Jährige und werden als Soldat_innen ausgebildet. Doch noch schlimmer ist es, dass die Bundeswehr im Ausland im Zuge der sogenannten „humanitären“ Missionen Kinder im Alter von teilweise erst 14 Jahren an der Waffe ausbildet. Dies ist eine unhaltbare Situation. Es sollte selbstverständlich sein, dass auch die BRD sich an die Beschlüsse gegen den Einsatz und die Ausbildung von Kindersoldaten hält. Die „Straight 18“-Regelung muss umgesetzt werden, was bedeutet, dass die Bundeswehr nicht an Schulen, also bei Minderjährigen werben darf. Die Ausbeutung der Menschen zum Krieg, die viel zu oft gerade Kinder trifft, muss hier für Deutschland als ein erster Schritt zumindest eingegrenzt werden. Die Medien und die Öffentlichkeit prangern für ihre Kriegspropaganda allzu oft den Einsatz von Kindersoldaten in Afrika an. Ihre Doppelmoral zeigt sich, wenn Deutschland nicht nur Kindersoldaten ausbildet, sondern auch in der Bundeswehr selbst unter 18-Jährige, also dem Gesetz nach Kinder, den Dienst an der Waffe schieben lässt. Wir wollen die volle Umsetzung der Kinderrechtskonvention sowie die Einhaltung der „Straight 18“-Regelung.

Um den Ruf bemüht: Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr
Jährlich fließen Millionen von Euro in die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr. Öffentliche Gelöbnisse, Besuche bei Messen und in so genannte Jugendsportevents, bei denen Jugendliche ganz unvermittelt mit Soldat_innen ins Gespräch kommen sollen. Dass es dabei weniger um Sport als vielmehr um Rekrutierung geht, wird schon beim Blick auf die Teilnahmebedingungen deutlich. Denn nur Jugendliche mit deutscher Staatsbürgerschaft – und somit potenzielle Rekrut_innen – dürfen sich für die Sportwettbewerbe anmelden. Gewinnen kann man Reisen mit der Luftwaffe oder zu Bundeswehrstellen im Ausland. Für die „Bw Adventure Games“, die militärischen Drill als Abenteuerspiel verkaufen, wird die Teilnahme zum Teil sogar über die Jugendzeitschrift BRAVO verlost.

Eine andere öffentliche Inszenierung der Bundeswehr sind die Gelöbniszeremonien, bei der militärische Rituale offen banalisiert werden. Kalkül dabei ist die Verankerung des Militärischen in der Gesellschaft. Gelöbnisse dieser Art wurden in der Weimarer Republik hinter Mauern abgehalten und finden erst seit dem Nationalsozialismus wieder in einer ausgewählten Öffentlichkeit statt. In der Regel werden die Gelöbnisse durch ein großes Aufgebot an Polizei von Protesten abgeschirmt. Diese Proteste unterstützt die Linksjugend [’solid] ebenso wie Protest gegen Messestände und andere Events der Bundeswehr. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass dieser Widerstand und ein Nicht-Hinnehmen des Werbens als vermeintliche Normalität Erfolge hervorbringen kann. Wir rufen dazu auf, öffentliche Auftritte der Bundeswehr zu stören und in diesen Zusammenhängen auf das Wirken an deutschen Schulen und in Kriegen weltweit hinzuweisen.

Die Linksjugend [‘solid] fordert:

  • das Ende aller Kriege und den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan!
  • den sofortigen Austritt Deutschlands aus der NATO bzw. die sofortige Auflösung der NATO!
  • die Abschaffung von Hartz IV und stattdessen die Schaffung ausreichender Ausbildungsplätze mit garantierter Übernahme sowie ausreichender Studienplätze für alle
  • die Aufhebung aller bestehenden Kooperationsvereinbarungen zwischen Bundeswehr und den Kultusministerien der Länder und ein Ende der Finanzierung von Referendariatsausbildungen oder POL&IS-Simulationsspielen durch die Landeszentralen für politische Bildung
  • dass das Werben der Bundeswehr in staatlichen Bildungseinrichtungen wie Schulen, Hochschulen aber auch auf den Arbeitsämtern per Gesetz verboten wird
  • die Aufnahme einer Zivilklausel in die jeweiligen Hochschulgesetze der Länder sowie in die Leitbilder der Universitäten
  • die Förderung der Kooperation von staatlichen Bildungseinrichtungen mit friedenspolitischen Organisationen und Gruppen und somit die staatliche Förderung der Friedenserziehung
  • dass die BRD sich zur „Straight 18“-Regelung bekennt und die Kinderrechtskonvention in vollem Maße ratifiziert und umsetzt
  • die Enteignung der Rüstungsindustrie, die Überführung in öffentliches Eigentum unter demokratische Verwaltung durch die Beschäftigten und die Umstellung der Produktion auf friedliche Zwecke
  • das sofortige Ende der staatlichen Finanzierung jeglicher Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr, ob in Form von Gelöbnissen, Sportevents oder Messeständen, Fernseh- oder Internetwerbung
  • die Abschaffung der Bundeswehr, beginnend mit den kriegsfähigen Teilen

Die Linksjugend [‘solid] wird bundesweit koordiniert Anstrengungen unternehmen, verschiedene Formen des Protests und Widerstands gegen die Präsenz der Bundeswehr an Schulen, Hochschulen, auf Arbeitsämtern und bei Ausbildungsmessen zu initiieren und zu unterstützen. Sie organisiert Informationsveranstaltungen, erstellt umfangreiche Materialien und beteiligt sich an entsprechenden Bündnissen. Als Jugendverband werden wir uns außerdem an den Protesten gegen den NATO-Gipfel im Dezember 2011 in Bonn beteiligen und entsprechende Aktivitäten mitvorbereiten

Jung. Perspektivlos. Alternativlos?

Beschluss des VI. Bundeskongresses am 26.-28. April 2013 in Magdeburg

Wir fordern: Gute Ausbildung, gute Arbeit, gutes Leben!

Die oben genannten Zustände sind für junge Menschen und uns als linken Jugendverband unerträglich. Wir wollen, dass ein gutes Leben für jeden Menschen nach seiner eigenen subjektiven Auffassung ermöglicht wird. Es ist daher auch unbedingt nötig, dass wir für gerechte und qualitativ hochwertige Arbeits- und Arbeitsverhältnisse kämpfen, die nicht der kapitalistischen Marktlogik unterworfen sind.

Zu unseren Forderungen, die wir im Jugendwahlkampf zum Ausdruck bringen wollen, gehören:

1. Gerechtere Verteilung von Arbeit durch radikale Arbeitszeitverkürzung

Wir fordern eine Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. Denn ein gutes Leben führen bedeutet Zeit für andere Beschäftigungen als den Lohnerwerb zu haben. Wir widersprechen dem neoliberalen Zeitgeist, dass Selbsterfüllung nur im Beruf zu finden ist, sondern fordern Zeit für Freunde, Familie, Sport, Kultur und Muße. Es ist außerdem eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, die Arbeitszeit anzupassen. Denn eine Verkürzung der Arbeitszeit bedeutet auch eine Vermehrung der Vollzeitstellen und somit zu einem breiteren Zugang zum Arbeitsmarkt, von dem viele Erwerbslose profitieren könnten. Die radikale Verkürzung der Arbeitszeit ist ein wirkungsvolles Instrument, die kapitalistische Umverteilung zwischen Kapitaleigner und Lohnarbeiter zumindest ein wenig abzuschwächen. Nicht zuletzt ermöglicht eine Arbeitszeitverkürzung auch eine gerechtere Verteilung von Arbeit verbunden mit der Perspektive, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

2. Gerechte Löhne und Ausbildungsvergütungen

Um gleichberechtigt an der Gesellschaft teilnehmen zu können, sind materielle Ressourcen erforderlich. Nur angemessene Löhne können dies ermöglichen. Daher fordern wir flächendeckende Mindestlöhne und gedeckelte Spitzeneinkommen. Jeder Mensch muss von seinem Einkommen leben können, ohne auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein. Konzepte, die Mindestbedarf am Existenzminimum bemessen, lehnen wir ab. Leben bedeutet materiell so versorgt zu sein, dass eine aktive Teilnahme an der Gesellschaft möglich ist.

3. Ausbildung und Übernahme für alle

Alle Jugendlichen, die eine Ausbildung machen wollen, sollen eine  Garantie auf einen wohnortnahen und vollwertigen Ausbildungsplatz in der gewünschten  Fachrichtung bekommen. Unternehmen, die nicht ausbilden, müssen in einen  Fonds einzahlen, der denjenigen zugute kommt, die ihrer  gesellschaftlichen Pflicht nachkommen. Damit junge Erwachsene nach der Ausbildung ein eigenständiges Leben ohne Zukunftsangst aufbauen können, fordern wir zudem die unbefristete gesetzliche Übernahme aller Azubis nach der Ausbildung.

4. Qualitativ hochwertige Ausbildung

 Zu einem guten Leben und einer guten Arbeit gehört auch eine Ausbildung, die ihren Namen verdient. Azubis sind im Betrieb, um nach Plan etwas zu lernen, nicht, um als billige Kräfte ausgebeutet zu werden. Dennoch sind ausbildungsfremde Tätigkeiten, schlechte Betreuung und Anleitung sowie Überstunden an der Tagesordnung. Wir sagen: Damit muss Schluss sein. Wir fordern eine bessere pädagogische Ausbildung und Qualitätskontrolle von Ausbilder:innen sowie der Einhaltung des Ausbildungsrahmenplans. Der Jugendarbeitsschutz muss gestärkt und weiter ausgebaut werden. Zudem sollten Überstunden nicht nur bei Minderjährigen, sondern bei allen Azubis generell verboten sein.

5. Orientierungsjahr für alle

Wir fordern die gesetzliche Einführung eines Orientierungsjahres mit finanzieller Unterstützung der Berufs- bzw. Studien- oder Arbeitsplatzsuchenden. Viele Schüler:innen, Student:innen und Auszubildende sind sich oft nicht im Klaren, welchen Beruf sie eigentlich ausüben wollen.

Die gesetzliche Einführung eines Orientierungsjahres, welches bis zum Erreichen des 35. Lebensjahres geltend gemacht werden kann, soll es Jugendlichen ermöglichen den Schritt in ein eigenständiges Leben ohne Zwänge zu meistern. Es soll ihnen ermöglichen, eigenen Wünsche und Möglichkeiten abzuwägen und diese für sich selbst zu formulieren. Dazu ist eine sanktionsfreie finanzielle Unterstützung von mindestens 750 Euro pro Monat zu gewähren, um erste Erfahrungen und Schritte bei finanzieller Unabhängigkeit zu ermöglichen.

Das Orientierungsjahr ist dabei frei gestaltbar. Die Arbeitsagentur unterstützt die Jugendlichen bei ihrer Ausbildungs- Studienplatzwahl, indem sie unverbindliche Praktika und Gasthöre:innen Angebote an die Jugendlichen weiterleiten.

Gute Ausbildung, gute Arbeit, gutes Leben

Beschluss des VII. Bundeskongresses am 28.-30. März 2014 in Frankfurt am Main

Es ist das Jahr 2014, seit nunmehr fast 6 Jahren tobt die Krise in Europa. Zunehmend weniger hört man Schreckensmeldungen von den Auswüchsen dieser Krise. Armut, Hoffnungs- und Ausweglosigkeit verschwinden allmählich aus der medialen Berichterstattung. Die Probleme aber bleiben. Die Jugendarbeitslosigkeit in den Ländern Südeuropas ist mit teilweise über 50 Prozent, weiterhin dramatisch hoch. Doch auch in den östlichen und einigen westlichen europäischen Staaten ist fast ein Viertel aller Jugendlichen arbeitslos. Zudem finden sich Jugendliche immer öfter in prekären Arbeitsverhältnissen wieder. Bereits jetzt spricht man von einer verlorenen Generation.

In Deutschland beträgt die Jugendarbeitslosigkeit derzeit 7,4 %. Doch zu glauben den Jugendlichen in Deutschland gehe es gut ist ein Trugschluss. Ein Faktor für die „geringe“ Arbeitslosigkeit ist sicherlich die duale Ausbildung, die es so nur in Deutschland und Österreich gibt. Doch auch aus der dualen Ausbildung ergeben sich vielfältige Probleme. 

Im Jahr 2013 gab es 824.626 Bewerber*innen auf Ausbildungsplätze in Deutschland, davon offiziell 15.650 Unversorgte. Die Wahrheit sieht anders aus. Von den 824.626 Bewerber*innen haben 273.355 keinen Ausbildungsplatz zugewiesen bekommen. Von diesen 273.355 warten 60.379 auf einen Ausbildungsplatz. Weitere 107.393 wurden in Fortbildungen, Praktika oder Berufsvorbereitungen gesteckt. Der Verbleib der restlichen 89.933 ist unbekannt. Zusätzlich werden nicht alle Bewerber:innen für ausbildungsreif erachtet. Damit wird jede Verantwortung für das gesellschaftliche Problem auf die Betroffenen abgeschoben. Die Kriterien zur Feststellung der Ausbildungsreife sind höchst fragwürdig und kaum objektiv zu erfassen.

Vorrangiges Ziel ist offenbar nicht die Ausbildung der Jugendlichen, sondern eine marktkonforme Selektion der Jugendlichen. Nur die für die Unternehmen besonders profitablen werden ausgebildet. Die Zahl der dadurch vorab abgelehnten Bewerber:innen ist unbekannt. Gleichzeitig blieben 33.275 Ausbildungsstellen offen. Die meisten sind im Gastgewerbe, Hotellerie und Lebensmittelverkauf. Diese sind besonders unbeliebt, da sie oft durch hohe Überstundenanzahl und schlechte Bezahlung auffallen. Viele Jugendliche brechen ihre Ausbildung ab, weil die Bedingungen zu schlecht und die Betriebe nicht ausbildungsreif sind.  Zudem sinkt die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge und die Zahl der Ausbildungsbetriebe seit Jahren. Sie befindet sich derzeit auf einem historischen Tiefstand mit 551.272 neuen Verträgen und sank zum Vorjahr um 3.2 %. Nur noch 21,7 % der Betriebe bilden aus.

Ein großes Problem sind nach wie vor die Ausbildungsbedingungen in den Betrieben. Immer öfter wird Flexibilität und Eigeninitiative von den Azubis gefordert, das spiegelt sich in der Lebensrealität dieser Jugendlichen wider. So geben 29.3 % der Auszubildenden an, öfter ausbildungsfremde Tätigkeiten verrichten zu müssen. Weitere 30.4 % sagen, dass sie nicht richtig bei ihrer Ausbildung betreut werden. Gleichzeitig sagen 36.5 %, das sie regelmäßig Überstunden machen müssen, 19.5% sogar über 40 Stunden in der Woche hinaus. All die Zeit die man für Überstunden, ausbildungfremde Tätigkeiten oder zum Nachholen des Stoffes, den einer*em der Ausbilder*innen nicht beigebracht hat, aufwendet, gehen von der Lernzeit und den Prüfungsvorbereitungen ab. Dadurch steigt der Leistungsdruck auf Azubis und die damit verbundenen Existenzängste.

Die Ausbildungsvergütung ist in ganz Deutschland immer noch sehr unterschiedlich, ob Ost oder West, weiblich oder männlich oder die verschiedensten Branchen. So werden derzeit 72,9 % der  Azubis unter 750 Euro im Monat vergütet. Frauen* werden oft bei der Ausbildungsvergütung benachteiligt so beträgt die durchschnittliche Ausbildungsvergütung bei Frauen* 628 Euro/Monat, zum Vergleich beträgt dieser bei Männern 716 Euro/Monat, branchenspezifisch sind die Unterschiede teilweise sogar größer. Auch ist der Unterschied zwischen Ost und West deutlich sichtbar, während eine durchschnittliche Ausbildungsvergütung im Westen 737 Euro/Monat beträgt, ist sie im Osten 674 Euro/Monat. Auch deswegen wandern viele Jugendliche aus dem Osten ab, um bessere Ausbildungen im Westen zu finden, das führt dazu, dass im Osten die Arbeitsverhältnisse für die Azubis, die bleiben, immer prekärer werden.

Auch die Übernahme nach der Ausbildung spielt eine große Rolle für die Azubis. Im Jahr 2013 wurden lediglich 29.6% im Anschluss an die Ausbildung übernommen, davon waren 36.6% befristete Verträge. Auch dabei werden Frauen* deutlich benachteiligt. Lediglich 22.8% der Frauen* werden übernommen, zum Vergleich liegt die Zahl bei den männlichen Kollegen bei 35.8%. 

Aus diesen Zahlen ergibt sich eine traurige Bilanz. Während die Industrie vom Fachkräftemangel spricht, haben tausende junge Menschen immer noch keinen Ausbildungsplatz, die die einen haben müssen oft Überstunden leisten werden nicht richtig ausgebildet oder müssen ausbildungsfremde Tätigkeiten verrichten, die Bezahlung der meisten Azubis ist schlecht und immer noch sehr unterschiedlich was von ihrem Geschlecht oder ihrem Wohnort abhängt, zudem werden sie eher selten übernommen und wenn dann haben viele nur eine befristete Stelle. Die einzige Antwort der Politik bisher ist eine dubiose Ausbildungsgarantie, die vorsieht, dass Jugendliche aus den Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit in Länder wie Deutschland oder Österreich verlagert werden um hier die „Lücken“ mit billigen Arbeitskräften zu füllen.

Darum fordern wir:

  • Mehr Ausbildungsplätze  und eine stärkere in die Pflichtnahme großer Unternehmen bei diesem Prozess. Notwendig ist eine Umlagefinanzierung der beruflichen Bildung: wer nicht ausbildet muss zahlen.
  • Eine Mindestvergütung von 1200 Euro unabhängig von Geschlecht und Region.
  • Bessere Ausbildungsbedingungen, ohne Überstunden und dem Verrichten ausbildungsfremder Tätigkeiten dafür mit mehr und besseren Ausbilder*innen die sich um die Azubis kümmern.
  • Wir bestehen auf eine Pflicht zur Übernahme der Ausgebildeten an ihren jeweiligen Standorten im erlernten Beruf.
  • Investitionen für mehr und bessere Ausbildungs- und Arbeitsplätze in Europa, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Außerdem wollen wir Investitionen in Bereiche des öffentlichen Lebens, wie öffentlichen Nahverkehr, Gesundheit, Bildung, Kultur und Sport.
  • Eine neue Diskussion über den Begriff der Ausbildungsreife
  • Die Stärkung der der Jugend Auszubildenden Vertretungen in den Betrieben
  • Wir streben mehr Zusammenarbeit mit den Gewerschaftsjugenden, in den Fragen zur Ausbildung und den Rechten von jungen Arbeiter*innen, an.

    Diese Forderungen sollen keine leeren Worthülsen bleiben. Daher muss sich der Jugendverbandverband in Zukunft mit dem Thema Jugend und Arbeit stärker auseinandersetzen. Dafür soll der Jugendverband Infomaterial, in Form von Flyern, Aufklebern usw. erstellen, womit sich ein BAK befassen könnte.

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