Nie wieder zu einem Völkermord schweigen

 Die Vertreibung und Vernichtung des palästinensischen Volkes durch den israelischen
 Staat hält weiter an und hat sich in den letzten Monaten noch intensiviert.
 Zeitgleich steigt der globale Widerstand gegen Kolonialismus, Apartheid und Genozid
 und die Proteste, die den Kampf des palästinensischen Volkes gegen die Besatzung
 unterstützen, bekommen immer mehr Zulauf. Zuletzt hatte nun auch ein Bündnis um die
 Linkspartei die größte Demonstration in Solidarität mit dem palästinensischem Volk
 organisiert. All dies hat auch innerhalb unseres Verbands verstärkt zu einem
 selbstkritischen Umdenken geführt. Unseren Beschluss „Selbstbestimmung, Sicherheit,
 Gerechtigkeit und Frieden für alle im Nahen Osten“ vom Februar 2024 betrachten wir
 heute als unzureichend. Eine selbstkritische Revision unserer bisherigen Position in
 Bezug auf die israelische Staatspolitik gegenüber dem palästinensischen Volk ist
 überfällig.
 
Konfrontiert mit einem Völkermord, haben wir als linker Jugendverband versagt. Wir
 haben versagt,
1.  den kolonialen und rassistischen Charakter des israelischen Staatsprojekts, der
 sich von seinen Anfängen bis heute in der Eroberung neuer Gebiete und in der
 Vertreibung ihrer Einwohner:innen ausdrückt, anzuerkennen
2. die Verbrechen des israelischen Staates, vom Apartheidsystem bis zum Genozid in
 Gaza, unmissverständlich beim Namen zu nennen und zu verurteilen.
3. die Legitimität der Forderungen von Palästinenser:innen und ihren Partner:innen
 nach vollständiger individueller und nationaler Gleichberechtigung und nach
 einem uneingeschränkten Rückkehrrecht anzuerkennen
4. alles in unserer Macht Stehende zu tun, um zur Verwirklichung dieser Forderung
 beizutragen

 Als Linksjugend [’solid] gestehen wir hiermit dieses historische Versagen und fordern
 unsere Partei dazu auf, uns hierin zu folgen. Die Unterdrückung des palästinensischen
 Volkes durch Israel ist ein fester Teil des undemokratischen Status quo, der von
 imperialistischen Mächten wie den USA und Deutschland in der ganzen Region
 aufrechterhalten wird. Auch Deutschlands Teilnahme am Genozid in Gaza — durch
 Rüstungsexporte, diplomatische Rückendeckung für Israel und Kriminalisierung von
 Palästinasolidarität — ist motiviert durch imperiale Interessen in der Region und
 nicht durch historische Schuldgefühle oder durch eine Liebe für Menschenrechte oder
 Demokratie. Ebenso muss auch die Befreiung Palästinas als Teil einer breiteren
 demokratischen und sozialistischen Revolution betrachtet werden, die den
 Imperialismus und Kapitalismus aus der Region herauswirft und wirkliche
 Gleichberechtigung und Selbstbestimmung schafft. Es ist unsere Aufgabe als
 Sozialist:innen in Deutschland, die revolutionären demokratischen und sozialistischen
 Bewegungen in der Region zu unterstützen und den deutschen Staat daran zu hindern,
 die Revolution mithilfe seiner Verbündeten in der Region niederzuwerfen und
 demokratische und sozialistische Ansätze zu unterdrücken.

 Die Verwirklichung der oben aufgeführten Aufgaben betrachten wir von nun an als
 unsere Pflicht als sozialistischer und internationalistischer Jugendverband. Alle
 Sprecher:innen unseres Jugendverbands und alle Verbandsmitglieder in Parlamenten und
 Gremien sind verpflichtet, diese Linie deutlich nach außen zu vertreten. Wir würdigen
 die Vorarbeit unserer palästinasolidarischen Verbandsmitglieder, die in den letzten
 Jahren innerhalb des Verbands jeden kleinen Fortschritt gegen große Widerstände
 durchsetzen mussten. Wir danken all unseren Partner:innen, insbesondere
 palästinensischen Genoss:innen, die Druck auf uns ausgeübt haben, damit wir als
 Verband endlich eine klare Position finden und laden sie dazu ein, uns beim Aufbau
 einer wirklich palästinasolidarischen, antiimperialistischen und antirassistischen
 Verbandspraxis zu unterstützen.

 Damit wir nie wieder als Verband zu einem Völkermord schweigen.