Krieg und Frieden in der Ukraine

Beschluss des XV. Bundeskongresses am 04.-06. November 2022 in Magdeburg

Der Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine, der am 24. Februar dieses Jahres begann, stellt die politische Linke vor viele Herausforderungen: Wie analysieren wir den Krieg und seine Ursachen? Wie sieht eine vernünftige internationalistische Position in dieser komplexen, für viele überfordernden Lage aus? Wie beurteilen wir die Aufrüstungspolitik der Bundesregierung?

Eine linke Position zum russischen Angriff auf die Ukraine darf sich keine Illusionen über den Charakter des russischen Regimes und des Kriegs machen: Der russische Staat wurde von niemandem dazu gezwungen, die Ukraine anzugreifen. Putin hat in verschiedenen Reden und der Ablehnung von Angeboten im Vorfeld der Invasion deutlich gemacht: Dem russischen Staatsapparat geht es nicht um eine geopolitische Neutralität der Ukraine, sondern um die Vernichtung der Ukraine in ihrer bisherigen Form und die territoriale Expansion Russlands. Natürlich findet die imperiale Expansion Russlands auch im Kontext innerimperialistischer Konflikte statt – auch der Westen versucht, die Ukraine ins eigene imperiale Lager zu ziehen, und nutzt dafür unter anderem die finanzielle Abhängigkeit des ukrainischen Staats im Zuge seiner hohen Verschuldung aus.

Für uns als internationalistischen Jugendverband muss klar sein, dass wir imperialistische Machtpolitik grundsätzlich ablehnen und deshalb auch im Fall der Ukraine gegen die Politik beider Machtblöcke stehen müssen. Konkret ist es aber gerade Russland und nicht die NATO, die in die Ukraine einmarschiert und sie annektieren will.

In diesem Krieg kann es also für Sozialist:innen und Gegner:innen des Imperialismus keine Äquidistanz geben: Der auf verschiedenen Wegen sich artikulierende Widerstand der ukrainischen Bevölkerung gegen den russischen Angriff ist richtig, und ihm gilt unsere Solidarität und Unterstützung. Das gilt sowohl für Sabotage, zivilen Ungehorsam und Nicht-Kooperation in den besetzten Gebieten als auch für bewaffneten Kampf gegen die russischen Angriffe. In der Partei „DIE LINKE“ teilweise vertretene Forderungen danach, sich im Krieg tendenziell äquidistant zu verhalten und als Erstes alle Sanktionen gegen das russische Regime zu beenden, um die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitals nicht zu gefährden, haben nichts mit linker Politik zu tun, weshalb wir sie klar ablehnen.

Gleichzeitig muss uns klar sein: Unsere Solidarität mit dem Widerstand in der Ukraine sieht grundlegend anders aus als das, was die Bundesregierung uns gerade als Ukrainesolidarität verkauft. Die Ampelkoalition verurteilt den russischen Angriff auf die Ukraine, um dann russische Gaslieferungen mit Gaslieferungen aus Aserbaidschan und Katar zu ersetzen – während Aserbaidschan selbst den kleineren Nachbarn Armenien regelmäßig angreift und in Katar tausende Arbeiter:innen in den Tod getrieben werden, um WM-Stadien zu bauen. Mit Menschenrechten hat das nichts zu tun, und ein grundsätzliches Problem mit imperialistischen Angriffskriegen hat die Regierung ganz offensichtlich nicht. Die Bundesregierung betrachtet den Ukrainekrieg aus geopolitischer Perspektive, und unterstützt die Ukraine aus instrumentellen Erwägungen, um die eigene Einflusssphäre zu verteidigen und die Ukraine im Anschluss noch stärker in die vom deutschen Kapital dominierte europäische Wirtschaft zu integrieren. Die Aufrüstungspolitik, die die deutsche Regierung vorantreibt, und die nicht nur ein gigantisches Konjunkturpaket für die deutsche Rüstungsindustrie ist, sondern Deutschlands ökonomische und politische Vorherrschaft in Europa nun auch militärisch absichern will, bringt den Menschen in der Ukraine überhaupt nichts. Das ist nur ein Vorwand. Dieser deutschen Machtpolitik leisten wir Widerstand.

Unsere Solidarität gilt insbesondere den Linken in der Ukraine, Russland und dem in die russische Kriegslogistik tief involvierten Belarus, die Widerstand gegen das russische Regime und seinen Krieg leisten. Die ukrainische Linke ist dabei einer besonders herausfordernden Situation ausgesetzt: Sozialistische Organisationen wie die Gruppe Sotsialnyi Rukh sind einerseits Teil des Widerstands gegen den russischen Angriffskrieg, sind aber anderseits auch mit der neoliberalen Zelensky-Regierung konfrontiert, die Arbeiter:innenrechte massiv einschränkt. Diese Position ist schwierig, da in Kriegszeiten oft eine Burgfrieden-Stimmung herrscht, die Regierungskritik erschwert, aber diese Kritik ist genau die Richtige. In Russland und Belarus ist durch die immer verzweifeltere Politik des Regimes der Widerstand gegen den Krieg im Aufwind. Während in Russland alle großen Parteien hinter dem Krieg stehen, leisten viele Linke außerhalb des Parlaments Widerstand gegen die Invasion. Russische Sozialist:innen organisieren trotz der brutalen Repressionen Proteste gegen den Krieg. Eine besonders wichtige Rolle spielen neben offenen Protesten aber Sabotageaktionen: Verschiedene linke, oft anarchistische klandestine Gruppen haben in den vergangenen Monaten immer wieder verschiedene Sabotageakte u.a. gegen für die Invasion verwendete Bahninfrastruktur durchgeführt, um der Logistik des Regimes so Probleme zu bereiten. Dafür drohen ihnen drakonische Strafen. In Belarus haben sich Bahnarbeiter:innen geweigert, die Kriegslogistik zu unterstützen – was vom belarussischen Regime mit neuen Repressionen gegen die Gewerkschaftsbewegung beantwortet wurde.

Wir als Jugendverband wollen konkrete Solidarität organisieren und rufen unsere Basisgruppen und Landesverbände auf, hier kreativ zu werden, um mit Aktionen wie Solipartys und anderen Spendenaktionen direkte Unterstützung an linke Gruppen und Antirepressionsstrukturen in den betroffenen Ländern zu organisieren und zu diesen Kontakte aufzubauen.

Spenden

0
    0
    Deine Bestellung
    Du hast kein Material ausgewähltZum Shop