Gegen die Regierungsbeteiligung, für den Kommunismus!

Beschluss des X. Bundeskongresses am 21.-23. April 2017 in Leipzig

Es ist mal wieder ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl und wie jedes Mal wird über eine Beteiligung an einer rot-rot-grünen Bundesregierung geredet. Für uns ist klar eine Regierungsbeteiligung, um der Regierungsbeteiligung Willen, darf es nicht geben. Eine linke Regierungsbeteiligung muss sich daran messen lassen, ob sie uns näher an den Sozialismus bringt oder uns von ihm entfernt.
Wir wollen anhand der inhaltlichen Fallstricke, der potentiellen Koalitionspartner*innen und der strategischen Situation festmachen, ob wir eine Regierungsbeteiligung für sinnvoll halten.

1. Inhalte
Soziale Frage

Seit der Einführung durch die Rot-Grüne Regierung ist Hartz IV zum Synonym für Armut geworden. In allen Bundestagsparteien (außer der LINKEN) herrscht Einigkeit: Hartz IV ist ein notwendiges System für den Arbeitsmarkt und gut so wie es ist. Dabei ist die Höhe der für viele überlebensnotwendigen Zahlungen ein schlechter Witz und wehe man mach bei dem Zirkus nicht mit, dann drohen brutale Konsequenzen, bis hin zur Streichung eben dieses Geldes. Und immer mehr Menschen sind von Hartz IV abhängig, Zeit- und Leiharbeitsverträge, Teilzeit und Niedriglöhne reichen für viele nicht zum Leben aus, jedes vierte Kind muss mittlerweile von Hartz IV leben. Dabei war der von der GroKo eingeführte Mindestlohn eine Mogelpackung mit zig Ausnahmen. Die Ausnahmen gelten gerade für die, die durch den Mindestlohn geschützt werden müssten.
Unsere Konsequenz bleibt radikal. Hartz IV als System muss abgeschafft werden, der Mindestlohn muss substanziell angehoben werden. Eine 30 Stundenwoche darf keine Utopie sein. Zeit-, Werk- und Leihverträge müssen abgeschafft werden und Union Busting – das Behindern gewerkschaftlicher Arbeit – verboten werden.

Flucht
Mit den großen Fluchtbewegungen der letzten 10 Jahre, die sich 2015 verschärft haben, holte den Westen die Politik ein die sie seit Jahren in der Welt betrieben haben. Beteiligung an Kampfeinsätzen, verkauf von Waffen und Waffensystemen in Krisenregionen und systematische Ausbeutung des globalen Südens waren die maßgeblichen Fluchtursachen. Nach einer langen, beschwerlichen und gefährlichen Reise, einmal angekommen mussten viele Refugees feststellen dass sie nicht einmal hier sicher und Menschen sein können. Vom Spießrutenlauf an den Außengrenzen der Festung Europa bis hin zu menschenunwürdigen Massenunterkünften, dem Gang zu Behörden und dem Kampf um Anerkennung der eigenen Situation können viele ein trauriges Lied singen. Genau wie bei der Versorgung und Unterbringung der Refugees hat die Bundesregierung bei der Integration der Menschen in Deutschland versagt. Viele Helfer*inneninitiativen mussten auf eigene Faust die Menschen so gut es ihnen möglich war willkommen heißen.
Gerade bei der Geflüchtetenfrage müssen wir entschieden sein. Nein zu allen Abschiebungen, Bleiberecht für alle, keine rechtlichen Diskriminierungen von Refugees, Ausbau einer ernst gemeinten Entwicklungsarbeit, Stopp aller Waffenexporte und Auslandseinsätze.

Friedensfrage
Eine der grundlegenden Fragen linker Politik ist die Frage nach Frieden. Sie ist unmittelbar mit der sozialen Frage, Antikapitalismus und der Zerstörung der Lebensgrundlagen im globalen Süden verbunden. Der Kapitalismus in seiner Logik, lebt vom Krieg und seiner Verbreitung. In den letzten Jahren konnten wir die Auswirkungen mal wieder deutlich sehen. Zwar haben die Konflikte weltweit abgenommen, jedoch ihre Qualität und Bedeutung hat immer weiter zugenommen. Gerade die Konflikte der letzten Jahre zeigen das sehr deutlich. Syrien wurde zum blutigen Schaufeld des Kampfes des Westens gegen den Osten und ihrer jeweiligen Verbündeten um die Vorherrschaft im Nahen-Osten. Die Ukraine wurde ebenfalls zum Stellvertreterkrieg der Großmächte um Märkte und Ressourcen. Und Deutschland ist ganz vorne mit dabei. Durch die Mitgliedschaft in der NATO und der EUFOR beteiligt sich Deutschland weltweit an Kämpfen und Einsätzen zur Sicherung eigener wirtschaftlicher Interessen. Ob an der Küste von Somalia oder der russischen Westgrenze. Und das lässt sich die Bundesregierung teuer kosten 35-40 Milliarden Euro beträgt der jährliche Wehretat und wenn es nach dem Willen der NATO und der CDU/CSU geht, dann soll Deutschland die 2% des BIP als Mitgliedsbeitrag einhalten. Dies würde praktisch bedeuten, dass der Etat auf 65-70 Milliarden Euro fasst verdoppelt wird. Doch das ist nicht alles. Die neue Bundeswehr der Ursula von der Leyen schmeißt jährlich Millionen von Steuergeldern in die Werbung für Nachwuchs für die neue Interventionstruppe.
Für uns heißt die Konsequenz daraus die Ablehnung dieser kapitalistischen Kriegspolitik und damit verbunden die Austritt aus der NATO und EUFOR sowie jeglicher Einsätze der Bundeswehr im Ausland.

Solange für eine solche Politik keine Regierungsmehrheit möglich ist, sehen wir den Platz der LINKEN in der parlamentarischen Opposition und unsere KoalitionspartnerInnen in der sozialen Bewegungen und den Gewerkschaften. Das bedeutet nicht, dass wir eine Politik des Nein-Sagens und der Fundamentalopposition vertreten oder nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.
Wir verstehen, dass viele Menschen sich von einem rot-rot-grünen Regierungswechsel eine sozialere Politik erhoffen. An der LINKEN wird eine sozialere Politik nicht scheitern, wenn SPD und Grüne sie tatsächlich umsetzen wollen. DIE LINKE sollte bereit sein, einen Beitrag zu leisten CDU/CSU-geführte Regierungen abzuwählen und rot-grünen Regierungen so ins Amt zu verhelfen. Sie sollte außerdem Zustimmung zu jedem Gesetzesentwurf garantieren, der die Lebenssituation der abhängig Beschäftigten, Erwerbslosen, sozial Benachteiligten, RentnerInnen oder Jugendlichen verbessert. Zustimmung zu Sozialabbau, Streichung von Stellen im öffentlichen Dienst, Privatisierungen, Aufrüstung, Diskriminierung von MigrantInnen und anderen Menschen, einer militaristischen Außenpolitik etc. soll es mit ihr aber nicht geben. Deshalb kann sie keiner SPD-Grünen-Regierung einen Blankoscheck ausfüllen, indem sie ihr als Koalitionspartner beitreten oder sie per Tolerierungsvertrag unterstützt. Sie sollte im Parlament eine Politik der Einzelfallentscheidung umsetzen und je nach Inhalt der Gesetzesinitiativen entscheiden. Soziale und fortschrittliche Gesetze sind mit ihr durchzusetzen, für arbeitnehmerfeindliche Gesetze, Krieg und Sozialabbau müssten SPD und Grüne sich dann die Mehrheiten bei CDU/CSU suchen.

2. Regierungspartnerinnen
SPD

Trotz aller Absichtsbekundungen seit der Schröder-Regierung hat die SPD in den vergangenen Jahren bei den Koalitionen mit der CDU wenig von ihrem Versprechen umgesetzt, die Agenda-Politik abzuschaffen oder abzumildern. Der Mindestlohn entlarvte sich als Mogelpackung und auch ihre Absicht sich für eine friedlichere Welt einzusetzen ging gründlich daneben. Dies sind nur einige der vielen nicht eingehaltenen Versprechen, die die SPD bereits seit Jahren wie ein Mantra aufsagt und sich gleichzeitig wundert, warum es den Menschen in Deutschland immer schlechter geht, um ihnen anschließend noch mehr zu versprechen. Die SPD wird seit Jahren von einer Machtclique beherrscht die nicht im geringsten die Absicht hat die von Schröder eingeführte Politik zu ändern. Eben diese Clique wird es sein, die die SPD in den Wahlkampf führen wird und nach dem Wahlkampf in die Koalitionsverhandlungen – zu diesem rechten Flügel gehört auch Martin Schulz.
Wenn man von den bestimmenden Leuten in der SPD spricht, spricht man vom Seeheimer Kreis und damit dem „rechten Flügel“ der SPD. Nato-Doppel-Beschluss, Agenda 2010 und die Neuausrichtung der SPD auf den neoliberalen Kurs sind nur einige Projekte, die der Seeheimer Kreis in seiner Existenz verwirklicht hat. Es war die Institution in der SPD, die die SPD von der klassenbewussten Rhetorik der alten Sozial-Demokratie, zur Rhetorik der gesellschaftlichen Einigkeit, Chancengleichheit und Eigenverantwortung und damit zum Neoliberalismus geführt hatte. Auch heute steht die SPD unter der Führung des Kreises in „Regierungsverantwortung“, wie sie es auf ihrer eigenen Webseite darstellen.
Es ist aber nicht nur die Regierung, die für unsere Betrachtung wichtig ist, es ist die Partei selbst und damit natürlich ihre höchsten Gremien. Seit 1998 war die SPD mit einer Unterbrechung von vier Jahren an der Regierung. Fast 15 Jahre lang hat sie die Politik Deutschlands mitdiktiert und die Weichen für all die Probleme gegen die wir kämpfen gesetzt. Agenda 2010, Kosovo, Afghanistan, die mehr schlechte als rechte Gesundheitsreform und die Kürzung der Renten… die Liste könnte noch so weiter gehen. Über weite Strecken des bereits begonnen Wahlkampfes hatte die SPD bekräftigt an der Agenda 2010 fest halten zu wollen, das Militär stabil halten zu wollen und das Thema Refugees hatte sie bisher galant umschifft.

Die Grünen
Die Grüne Partei, einst die Erben der 68er Bewegung, befinden sich im historischen Prozess einer zweiten wende nach Rechts. Grundsteine dafür wurden bereits in der Rot-Grünen Regierungskoalition gelegt. Mit dem gesellschaftlichen Aufstieg der ehemaligen Revoluzer*innen veränderte sich auch die Partei und vermeintliche Sachzwänge einer Regierung wurden zu ihrer Handlungsgrundlage. Eine Bewegung, die als Stimme für Frieden und soziale Gerechtigkeit gestartet ist musste schnell feststellen, dass Grundsatzpositionen schnell über Bord gehen können, wenn der Druck des Regierens zu groß wird. Unter genau diesen Umständen wurden die Agenda 2010 und der Kosovo- und, später auch, der Afghanistaneinsatz beschlossen. Die Kernkompetenz des Natur- und Umweltschutzes haben sich die Grünen zwar behalten, sonst wären sie noch denkbar schneller von der politischen Bildfläche verschwunden, jedoch haben sie den ursprünglichen Gedanken des Kampfes gegen Naturschädigung, Ausbeutung der Ressourcen und damit auch der Menschen vom antikapitalistischen Grundgedanken entkoppelt und lediglich zu einer Wachstumsfrage gemacht.
In den Jahren nach der Regierung versuchten sich die Grünen zu sammeln, um nach den Veränderungen die sie einholten herauszufinden wer sie den nun wirklich sind. Regierungs- oder Oppositionspartei, Friedens- oder Kriegspartei, liberal oder neoliberal, links oder bürgerliche Mitte. Dafür hatten sie lange Zeit, Zeit in der die Grünen sich in den Ländern in Regierung und Opposition üben konnten, in der sie im Bundestag Opposition sein konnten und die Zeit in der sie all die Fragen beantworten konnte die so dringlich an standen. Seit der historischen Niederlage der FDP bei der Bundestagswahl 2013 wurde eine bestimmte Nische des politischen Spektrums frei, um die Teile der Grünen nicht nur gekämpft hatten, sondern die ihnen auf den Leib geschneidert war. Die Nische der reichen, (bildungs)bürgerlichen, moralistischen Liberalen. Und so begann wieder der alte Kampf der Realos gegen die Fundis, es ging um nichts geringeres als die Zukunft der Partei – die Realos aber haben gewonnen.
Nichts zeigt diese Entwicklung besser als die Manifestation der gutbetuchten, elitären und neoliberalen Bürgers als das Spitzenduo der Grünen. Katrin Göring-Eckard hatte sich bereits 2013 an die Spitze des Wahlkampfes 2013 gesetzt und ihn geführt. Lustlos, mit Themen die, die Menschen in diesem Land nicht bewegen, fern ab der Realität in diesem Land; eher entsprechend der Realität ihres Milieus. Da ist Cem Özdemir nicht anders. Mit Inbrunst beschwört der Spitzenkandidat einen Republikanischen Geist und appelliert an die Wichtigkeit unserer gemeinsamen liberalen Werte. Für wen sie gelten dürfte wohl klar sein. So ist auch die Themensetzung der Grünen im Bundestagswahlkampf fern dessen was gesellschaftlich relevant ist. Zwar sprechen die Grünen von sozialer Gerechtigkeit und Vermögenssteuern für Reiche, doch das kauft ihnen niemand ab. Nicht mit diesen Spitzen, nicht nach dieser Entwicklung.

3. Strategischer Rahmen
Regierungsbeteiligung, eine Einladung in den Abgrund
Die Bilanz linker Regierungsbeteiligungen in Europa seit 1974 fiel verheerend aus. Nicht nur haben die linken Parteien es nicht geschafft substantielle Verbesserungen herbeizuführen, sie haben durch ihre Beteiligung an den Regierungen die Situationen teilweise sogar verschlimmert. Die Geschichte linker Regierungsbeteiligungen sind gepflastert mit Kürzungen an den falschen Stellen und Auslandseinsätzen der jeweiligen Armeen – auch linke passen sich in Regierungen zu oft vermeintlichen Sachzwängen an. Der Neoliberalismus trägt eine stahlharte Logik in sich und diese kann nicht durchbrochen werden mit Partnern die diese nicht nur als ihre eigene anerkennen sondern auch befördern.
Wir dürfen uns nicht von vermeintliche Heilversprechen beirren lassen und stattdessen nüchtern die bisherigen Regierungserfahrungen analysieren.

Veränderung durch Bewegung
Wir müssen erkennen dass die Linke eine Bewegung braucht, die Kämpfe bereit ist auszutragen. Wir machen uns über unsere Erfolge auf der Straße in den letzten Jahren sicherlich keine Illusionen, sie waren entsprechend der Kräfteverhältnisse bescheiden, aber wir hatten immerhin Erfolge: Den Mindestlohn, keine offene Beteiligung am Irakkrieg, Aufschübe bei TTIP und CETA, eine Abschaffung der Studiengebüren oder eine zwischenzeitliche Lockerung der Residenzpflicht. Von der Arbeitslosen- bis zur Flüchtlings- von der Friedens- bis zur Umwelt- und Antiglobalisierungsbewegung müssen wir präsent sein und für eine bessere Welt kämpfen, das gilt nicht nur für uns als linksjugend [’solid] sondern auch für die Partei DIE LINKE. Dafür wollen wir einstehen und kämpfen für eine ehrliche, authentische Partei die radikale Fragen stellt und sich der Antworten nicht scheut.
Wenn wir die Fakten nüchtern betrachten, sehen wir, dass eine Regierung mit SPD und den Bündnisgrünen kein Schritt in die richtige Richtung ist. Mit dieser Regierung wird es keine entscheidend sozialere, friedlichere und humanere Politik geben und eine LINKE, die diese Positionen nicht jeden Tag klar und deutlich vertritt, ist zum Scheitern verurteilt. Statt den bequemen Regierungssesseln wählen wir die Straße und die Kämpfe als den Weg zur Veränderung!

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