Beschluss des II. Bundeskongresses am 20.-22. März 2009 in Mannheim
Auf der Welt herrscht Einigkeit: Abgesehen von einigen verlorenen Erdöllobbyist_innen bestreitet niemand mehr, dass der menschengemachte Treibhauseffekt einen zentralen Einfluss auf das Klima hat und schon jetzt – und erst recht im kommenden Jahrhundert – bedrohliche bis katastrophale Folgen bringt beziehungsweise bringen wird. Neben der Wirtschaftskrise belegt noch eine weitere Krise die Unzulänglichkeiten des kapitalistischen Wirtschaftssystems: die „Biokrise“.
Doch nicht alle haben denselben Anteil an den Ursachen der Erderwärmung: Mindestens 90% der bisher ausgestoßenen Treibhausgase gehen auf das Konto der reichen Industriestaaten im globalen Norden, pro Person wird in Deutschland mehr als fünf mal so viel CO2 ausgestoßen wie in Brasilien und etwa tausend mal so viel wie im Tschad. Auch die Folgen des Klimawandels sind ungleich verteilt: Zusätzliche Dürren, Stürme, Überschwemmungen und andere „Natur“kathastrophen treffen viele Länder des globalen Südens zuerst und zerstören dort die ohnehin oft unsicheren Lebensgrundlagen von Millionen. Das verschärft bestehende und schafft neue Fluchtursachen. Im Gegensatz zu den Industriestaaten haben Länder im globalen Süden selten die Mittel, mit Warnsystemen, Deichen oder anderen Anpassungsmaßnahmen den Risiken entgegenzutreten. Auch innerhalb der jeweiligen Länder wohnen überdurchschnittlich oft Arme in den gefährdeten Gebieten – der Hurrikan „Kathrina“ in den USA hat gezeigt, wie wenig ihre Sicherheit im Zweifelsfall zählt.
Seit anderthalb Jahrzehnten arbeitet die UNFCC (Rahmenabkommen der Vereinten Nationen zum Klimawandel) an Lösungen – von einer Vielzahl an Konferenzen ist vor allem das Kyoto-Protokoll bekannt geworden, in dem sich die Industriestaaten zu einer lächerlich geringen Emissionsreduktion verpflichteten, die sie sogleich wieder aufweichten, erst gar nicht ratifizierten, wegen des Zusammenbruchs von Industrien des ehemaligen Ostblocks schon erreicht hatten oder einfach nicht einhielten.
Wesentlicher Bestandteil des Protokolls sind die „flexiblen Mechanismen“, mit denen neue Märkte für das Recht, klimaschädliche Treibhausgase in die Atmosphäre auszustoßen, geschaffen wurden. Diese angeblichen Wundermittel im Kampf gegen den globalen Klimawandel schaffen bloß einen neuen Markt für transnationale Konzerne; effektive Maßnahmen zum Klimaschutz stellen sie nicht dar.
Mit diesen „falschen Lösungen“ wollen sich die Industrieländer aus der Verantwortung kaufen und ihr Produktions- und Konsummodell fortführen, statt die notwendigenradikalen Veränderungen einzuleiten. So bauen Energiekonzerne unbeirrt neue Kohlekraftwerke und versprechen künftige CO2-Abscheidung, werden Regenwälder für angeblich „CO2-neutralen“ Agrosprit abgebrannt und Atomkraft soll als Retterin in der Not zurückkommen. Große Solarkraftwerke in der Sahara sollen nicht etwa der afrikanischen Bevölkerung zugute kommen, sondern Strom für Europa liefern. Wir glauben nicht an diese technologischen Heilsversprechen – und wir wollen keinen „grünen Kapitalismus“, in dem noch mehr Menschen hungern, weil Ackerland für Treibstoffe statt für Lebensmittel gebraucht wird. Der Klimawandel fordert keine technische, sondern eine soziale Antwort.
Globale Klimagerechtigkeit
Die Industrieländer müssen ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 90 Prozent reduzieren. Diese Einsparungen dürfen nicht auf Schwellen- oder „Entwicklungsländer“ ausgelagert werden.
Deshalb lehnen wir den Emissionshandel und die anderen flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls ab. Technische Neuerungen für erneuerbare Energien oder Anpassungen an den schon jetzt stattfindenden Klimawandel müssen dem globalen Süden kostenlos zur Verfügung stehen – ohne Patente der Industriestaaten.
Globale Bewegungsfreiheit
Auch angesichts der Zerstörung der Lebensgrundlagen von Millionen durch die Folgen des Klimawandels erneuern wir unsere Forderung nach globaler Bewegungsfreiheit, dem Abbau der Grenzregime und gleichen Rechten für alle Menschen.
Demokratie statt Märkte
Wir wollen die Energiekonzerne vergesellschaften und demokratisch kontrollieren, um statt neuer Kohlekraftwerke und der Rückkehr der Atomkraft eine dezentrale, erneuerbare Energieversorgung aufzubauen. Wir wollen die Privatisierung der Bahn stoppen und einen flächendeckenden, öffentlichen und kostenlosen ÖPNV aufbauen.
Klimapolitische Kämpfe
…vor Ort : Wir kämpfen lokal gegen die Privatisierung und für die Rekommunalisierung der Energieversorgung, gegen neue Kohlekraftwerke, Flughafenerweiterungen und Autobahnausbauten. Wir unterstützen den bundesweiten Verkehrsaktionstag im Mai/Juni.
…und global: Im Dezember mobilisieren wir zur Weltklimakonferenz in Kopenhagen. Wir erwarten von diesem Gipfel nicht mehr als ein neues Handelssystem für Verschmutzungsrechte – und dagegen wollen wir gemeinsam mit Bewegungen aus der ganzen Welt Druck machen. Die notwenigen Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen werden nur dann Wirklichkeit werden, wenn sie von starken sozialen Bewegungen erkämpft werden.
Dazu wollen wir unseren Beitrag leisten – mit einer kraftvollen Großdemonstration und Aktionen des zivilen Ungehorsams im Umfeld des Gipfels. Unser Ziel in den klimapolitischen Kämpfen ist eine Gesellschaft, in der wirtschaften nicht mehr der Kapitalverwertung dient, sondern die Befriedigung der Bedürfnisse und den Erhalt der Lebensgrundlagen aller Menschen in den Mittelpunkt stellt.
„In einer solchen [sozialistischen] Gesellschaft gehören die Produktionsmittel allen“ (Albert Einstein in „Why Socialism“).